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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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lich konnte Hanns seine Execution ungestört vollen-
den. Als er mein zartes Hintertheilchen so lange
zergerbt hatte, als diese und noch eine zweite Ruthe
halten wollte, ließ er mich los, und sagte in aller
Gelassenheit: nun geh, Bestie, und sags deiner
Mutter. Er durfte mir dies nicht erst heißen, denn
so wie ich nur aus seinen Händen war, lief ich,
die Höschen in den Händen tragend, schreiend wie
ein Besessener zur Mutter. Sie hatte meine Stim-
me von weitem gehört, kam mir entgegen gesprun-
gen, und konnte, da sie meinen Jammer vernahm
und den Schaden besah, ihren eigenen Augen kaum
glauben, konnte nicht begreifen, wie ein Hausknecht
sich so vermessen könnte!

Das nöthigste schien ihr, mich zu entkleiden,
den beschädigten Theil mit einem heilenden Oel zu
bestreichen, und mich zu Bette zu bringen, welches
alles sie unter unzähligen Thränen selbst that. So-
dann lief sie hinaus, um den Verbrecher aufzusu-
chen, sie begegnete ihm im Hause, da er eben in
aller Gelassenheit eine Tracht Holz in die Küche
trug. Die Wuth der gekränkten Mutter war so
groß, daß sie den gehörigen Schimpfnamen nicht
gleich finden konnte, stumm also gieng sie nach in
die Küche, nahm den nächsten Knippel, den sie
fand, und eilte Hannsen damit zu züchtigen. Die-

ser

lich konnte Hanns ſeine Execution ungeſtoͤrt vollen-
den. Als er mein zartes Hintertheilchen ſo lange
zergerbt hatte, als dieſe und noch eine zweite Ruthe
halten wollte, ließ er mich los, und ſagte in aller
Gelaſſenheit: nun geh, Beſtie, und ſags deiner
Mutter. Er durfte mir dies nicht erſt heißen, denn
ſo wie ich nur aus ſeinen Haͤnden war, lief ich,
die Hoͤschen in den Haͤnden tragend, ſchreiend wie
ein Beſeſſener zur Mutter. Sie hatte meine Stim-
me von weitem gehoͤrt, kam mir entgegen geſprun-
gen, und konnte, da ſie meinen Jammer vernahm
und den Schaden beſah, ihren eigenen Augen kaum
glauben, konnte nicht begreifen, wie ein Hausknecht
ſich ſo vermeſſen koͤnnte!

Das noͤthigſte ſchien ihr, mich zu entkleiden,
den beſchaͤdigten Theil mit einem heilenden Oel zu
beſtreichen, und mich zu Bette zu bringen, welches
alles ſie unter unzaͤhligen Thraͤnen ſelbſt that. So-
dann lief ſie hinaus, um den Verbrecher aufzuſu-
chen, ſie begegnete ihm im Hauſe, da er eben in
aller Gelaſſenheit eine Tracht Holz in die Kuͤche
trug. Die Wuth der gekraͤnkten Mutter war ſo
groß, daß ſie den gehoͤrigen Schimpfnamen nicht
gleich finden konnte, ſtumm alſo gieng ſie nach in
die Kuͤche, nahm den naͤchſten Knippel, den ſie
fand, und eilte Hannſen damit zu zuͤchtigen. Die-

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[89/0093] lich konnte Hanns ſeine Execution ungeſtoͤrt vollen- den. Als er mein zartes Hintertheilchen ſo lange zergerbt hatte, als dieſe und noch eine zweite Ruthe halten wollte, ließ er mich los, und ſagte in aller Gelaſſenheit: nun geh, Beſtie, und ſags deiner Mutter. Er durfte mir dies nicht erſt heißen, denn ſo wie ich nur aus ſeinen Haͤnden war, lief ich, die Hoͤschen in den Haͤnden tragend, ſchreiend wie ein Beſeſſener zur Mutter. Sie hatte meine Stim- me von weitem gehoͤrt, kam mir entgegen geſprun- gen, und konnte, da ſie meinen Jammer vernahm und den Schaden beſah, ihren eigenen Augen kaum glauben, konnte nicht begreifen, wie ein Hausknecht ſich ſo vermeſſen koͤnnte! Das noͤthigſte ſchien ihr, mich zu entkleiden, den beſchaͤdigten Theil mit einem heilenden Oel zu beſtreichen, und mich zu Bette zu bringen, welches alles ſie unter unzaͤhligen Thraͤnen ſelbſt that. So- dann lief ſie hinaus, um den Verbrecher aufzuſu- chen, ſie begegnete ihm im Hauſe, da er eben in aller Gelaſſenheit eine Tracht Holz in die Kuͤche trug. Die Wuth der gekraͤnkten Mutter war ſo groß, daß ſie den gehoͤrigen Schimpfnamen nicht gleich finden konnte, ſtumm alſo gieng ſie nach in die Kuͤche, nahm den naͤchſten Knippel, den ſie fand, und eilte Hannſen damit zu zuͤchtigen. Die- ſer

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/93>, abgerufen am 14.05.2024.