Wallner, Franz: Der arme Josy. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 147–167. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.wann mich lieb und vertraute mir nicht nur die Paar Gulden zur Fortsetzung meiner Reise an, sondern empfahl mich auch einem Weinhändler, welchen seine Berufsgeschäfte zwei Tage später in die Hauptstadt Kroatiens führten, und der mir mit gutmüthiger Freundlichkeit einen Platz in seinem Wägelchen anbot. Ich übergebe hiermit die Namen meiner damaligen Wohlthäter feierlichst der Unsterblichkeit: der Gastgeber war -- ich will sogar hoffen, ist noch -- ein Krainer und heißt oder hieß Kirschhofer, und der Weinhändler Demeter. In Bezug auf Agram selbst hatte mich meine Phantasie nicht getäuscht; keine civilisirte Stadt hat eine solche Reihe auffallender Stadt-Erscheinungen auszuweisen; die kroatischen Volksfeste (welchen ich einmal einen eigenen Aufsatz zu widmen denke), die dortigen Sitten und Gebräuche sind so originell und interessant, daß ich in reger Bewunderung dieser auffallenden Erscheinungen mehr trauriges Abenteuer auf der Hinreise rasch vergessen hätte, wenn nicht der Umstand, daß die Sicherheit der Hauptstadt -- ich spreche vom Jahre 1833 -- nicht viel größer schien, als die der Landstraße, mir die fatale Begebenheit wieder frisch ins Gedächtniß gerufen hätte. Kein Tag und vollends keine Nacht verging, ohne daß irgend ein friedlicher Bewohner beraubt und bestohlen worden wäre; ja, der Unfug und die Frechheit des Raubgesindels nahm auf so furchtbar beunruhigende wann mich lieb und vertraute mir nicht nur die Paar Gulden zur Fortsetzung meiner Reise an, sondern empfahl mich auch einem Weinhändler, welchen seine Berufsgeschäfte zwei Tage später in die Hauptstadt Kroatiens führten, und der mir mit gutmüthiger Freundlichkeit einen Platz in seinem Wägelchen anbot. Ich übergebe hiermit die Namen meiner damaligen Wohlthäter feierlichst der Unsterblichkeit: der Gastgeber war — ich will sogar hoffen, ist noch — ein Krainer und heißt oder hieß Kirschhofer, und der Weinhändler Demeter. In Bezug auf Agram selbst hatte mich meine Phantasie nicht getäuscht; keine civilisirte Stadt hat eine solche Reihe auffallender Stadt-Erscheinungen auszuweisen; die kroatischen Volksfeste (welchen ich einmal einen eigenen Aufsatz zu widmen denke), die dortigen Sitten und Gebräuche sind so originell und interessant, daß ich in reger Bewunderung dieser auffallenden Erscheinungen mehr trauriges Abenteuer auf der Hinreise rasch vergessen hätte, wenn nicht der Umstand, daß die Sicherheit der Hauptstadt — ich spreche vom Jahre 1833 — nicht viel größer schien, als die der Landstraße, mir die fatale Begebenheit wieder frisch ins Gedächtniß gerufen hätte. Kein Tag und vollends keine Nacht verging, ohne daß irgend ein friedlicher Bewohner beraubt und bestohlen worden wäre; ja, der Unfug und die Frechheit des Raubgesindels nahm auf so furchtbar beunruhigende <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0013"/> wann mich lieb und vertraute mir nicht nur die Paar Gulden zur Fortsetzung meiner Reise an, sondern empfahl mich auch einem Weinhändler, welchen seine Berufsgeschäfte zwei Tage später in die Hauptstadt Kroatiens führten, und der mir mit gutmüthiger Freundlichkeit einen Platz in seinem Wägelchen anbot. Ich übergebe hiermit die Namen meiner damaligen Wohlthäter feierlichst der Unsterblichkeit: der Gastgeber war — ich will sogar hoffen, ist noch — ein Krainer und heißt oder hieß Kirschhofer, und der Weinhändler Demeter.</p><lb/> <p>In Bezug auf Agram selbst hatte mich meine Phantasie nicht getäuscht; keine civilisirte Stadt hat eine solche Reihe auffallender Stadt-Erscheinungen auszuweisen; die kroatischen Volksfeste (welchen ich einmal einen eigenen Aufsatz zu widmen denke), die dortigen Sitten und Gebräuche sind so originell und interessant, daß ich in reger Bewunderung dieser auffallenden Erscheinungen mehr trauriges Abenteuer auf der Hinreise rasch vergessen hätte, wenn nicht der Umstand, daß die Sicherheit der Hauptstadt — ich spreche vom Jahre 1833 — nicht viel größer schien, als die der Landstraße, mir die fatale Begebenheit wieder frisch ins Gedächtniß gerufen hätte.</p><lb/> <p>Kein Tag und vollends keine Nacht verging, ohne daß irgend ein friedlicher Bewohner beraubt und bestohlen worden wäre; ja, der Unfug und die Frechheit des Raubgesindels nahm auf so furchtbar beunruhigende<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
wann mich lieb und vertraute mir nicht nur die Paar Gulden zur Fortsetzung meiner Reise an, sondern empfahl mich auch einem Weinhändler, welchen seine Berufsgeschäfte zwei Tage später in die Hauptstadt Kroatiens führten, und der mir mit gutmüthiger Freundlichkeit einen Platz in seinem Wägelchen anbot. Ich übergebe hiermit die Namen meiner damaligen Wohlthäter feierlichst der Unsterblichkeit: der Gastgeber war — ich will sogar hoffen, ist noch — ein Krainer und heißt oder hieß Kirschhofer, und der Weinhändler Demeter.
In Bezug auf Agram selbst hatte mich meine Phantasie nicht getäuscht; keine civilisirte Stadt hat eine solche Reihe auffallender Stadt-Erscheinungen auszuweisen; die kroatischen Volksfeste (welchen ich einmal einen eigenen Aufsatz zu widmen denke), die dortigen Sitten und Gebräuche sind so originell und interessant, daß ich in reger Bewunderung dieser auffallenden Erscheinungen mehr trauriges Abenteuer auf der Hinreise rasch vergessen hätte, wenn nicht der Umstand, daß die Sicherheit der Hauptstadt — ich spreche vom Jahre 1833 — nicht viel größer schien, als die der Landstraße, mir die fatale Begebenheit wieder frisch ins Gedächtniß gerufen hätte.
Kein Tag und vollends keine Nacht verging, ohne daß irgend ein friedlicher Bewohner beraubt und bestohlen worden wäre; ja, der Unfug und die Frechheit des Raubgesindels nahm auf so furchtbar beunruhigende
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
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