Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

ist Gottes wille/ und sage dir nicht mehr. Do gedacht er ihm: Verläst sie ihr Leben hier/ so bin ich schuldig daran/ und ließ sie in die Zelle geben/ und machet einen strich in die Zelle mit seinem Staba/ und sprach zu ihr: Bistu in dem Theil/ so wil ich in den andern Theil seyn/ und komme nich über den Kreiß zu mir/ und bete mit Fleiß. Da sprach sie: Das wil ich gern thun. Vnd sie schlieff gar wenig/ und hätte nicht gemaches. Da der Tag kam/ da gedacht sie ihr: Was esse ich heut: Nun hat mein lieber Wirth nichts/ daß er mir geb; Ich werde hier Kummer leiden müssen. Da stund S. Johannes auff/ und beter mit grosser Andacht. Da stund die liebe Jungsfrau auch auff/ und lernet seine gute Sitten. Da sprach er: Wir wollen miteinander gehen nach Speise. Das thäte sie. Aber ihre Speise war nichts anders den Kraut/ das aßen sie manchen Tag für den Hunger / migrosser Demütigkeit/ und beteten/ und wacheten/ und dieneten unsern Herrn mit grossen Fleiß. Die Vbung neidet der Feind/ und trug ihnen beyden Haß/ und rieth ihnen/ und gab ihnen bösen Rath/ und schaffet/ daß S. Johannes über den Kreiß zu der Jungfrauen gieng/ in ihr halb Theil/ und umpfing sie lieblichen zu umfangen/ und gewan grosse Liebe zu ihr/ und machet/ daß die Jungfrau in grosse Sünde fiel durch seinen Willen. Darnach gewunnen sie beyde grosse Reue umb ihre Sünde/ und war

ist Gottes wille/ und sage dir nicht mehr. Do gedacht er ihm: Verläst sie ihr Leben hier/ so bin ich schuldig daran/ und ließ sie in die Zelle geben/ und machet einen strich in die Zelle mit seinem Staba/ und sprach zu ihr: Bistu in dem Theil/ so wil ich in den andern Theil seyn/ und komme nich über den Kreiß zu mir/ und bete mit Fleiß. Da sprach sie: Das wil ich gern thun. Vnd sie schlieff gar wenig/ und hätte nicht gemaches. Da der Tag kam/ da gedacht sie ihr: Was esse ich heut: Nun hat mein lieber Wirth nichts/ daß er mir geb; Ich werde hier Kummer leiden müssen. Da stund S. Johannes auff/ und beter mit grosser Andacht. Da stund die liebe Jungsfrau auch auff/ und lernet seine gute Sitten. Da sprach er: Wir wollen miteinander gehen nach Speise. Das thäte sie. Aber ihre Speise war nichts anders den Kraut/ das aßen sie manchen Tag für den Hunger / migrosser Demütigkeit/ und beteten/ und wacheten/ und dieneten unsern Herrn mit grossen Fleiß. Die Vbung neidet der Feind/ und trug ihnen beyden Haß/ und rieth ihnen/ und gab ihnen bösen Rath/ und schaffet/ daß S. Johannes über den Kreiß zu der Jungfrauen gieng/ in ihr halb Theil/ und umpfing sie lieblichen zu umfangen/ und gewan grosse Liebe zu ihr/ und machet/ daß die Jungfrau in grosse Sünde fiel durch seinen Willen. Darnach gewunnen sie beyde grosse Reue umb ihre Sünde/ und war

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0180" n="160"/>
ist                      Gottes wille/ und sage dir nicht mehr. Do gedacht er ihm: Verläst sie ihr Leben                      hier/ so bin ich schuldig daran/ und ließ sie in die Zelle geben/ und machet                      einen strich in die Zelle mit seinem Staba/ und sprach zu ihr: Bistu in dem                      Theil/ so wil ich in den andern Theil seyn/ und komme nich über den Kreiß zu                      mir/ und bete mit Fleiß. Da sprach sie: Das wil ich gern thun. Vnd sie schlieff                      gar wenig/ und hätte nicht gemaches. Da der Tag kam/ da gedacht sie ihr: Was                      esse ich heut: Nun hat mein lieber Wirth nichts/ daß er mir geb; Ich werde hier                      Kummer leiden müssen. Da stund S. Johannes auff/ und beter mit grosser Andacht.                      Da stund die liebe Jungsfrau auch auff/ und lernet seine gute Sitten. Da sprach                      er: Wir wollen miteinander gehen nach Speise. Das thäte sie. Aber ihre Speise                      war nichts anders den Kraut/ das aßen sie manchen Tag für den Hunger /                      migrosser Demütigkeit/ und beteten/ und wacheten/ und dieneten unsern Herrn                      mit grossen Fleiß. Die Vbung neidet der Feind/ und trug ihnen beyden Haß/ und                      rieth ihnen/ und gab ihnen bösen Rath/ und schaffet/ daß S. Johannes über den                      Kreiß zu der Jungfrauen gieng/ in ihr halb Theil/ und umpfing sie lieblichen                      zu umfangen/ und gewan grosse Liebe zu ihr/ und machet/ daß die Jungfrau in                      grosse Sünde fiel durch seinen Willen. Darnach gewunnen sie beyde grosse Reue                      umb ihre Sünde/ und war
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0180] ist Gottes wille/ und sage dir nicht mehr. Do gedacht er ihm: Verläst sie ihr Leben hier/ so bin ich schuldig daran/ und ließ sie in die Zelle geben/ und machet einen strich in die Zelle mit seinem Staba/ und sprach zu ihr: Bistu in dem Theil/ so wil ich in den andern Theil seyn/ und komme nich über den Kreiß zu mir/ und bete mit Fleiß. Da sprach sie: Das wil ich gern thun. Vnd sie schlieff gar wenig/ und hätte nicht gemaches. Da der Tag kam/ da gedacht sie ihr: Was esse ich heut: Nun hat mein lieber Wirth nichts/ daß er mir geb; Ich werde hier Kummer leiden müssen. Da stund S. Johannes auff/ und beter mit grosser Andacht. Da stund die liebe Jungsfrau auch auff/ und lernet seine gute Sitten. Da sprach er: Wir wollen miteinander gehen nach Speise. Das thäte sie. Aber ihre Speise war nichts anders den Kraut/ das aßen sie manchen Tag für den Hunger / migrosser Demütigkeit/ und beteten/ und wacheten/ und dieneten unsern Herrn mit grossen Fleiß. Die Vbung neidet der Feind/ und trug ihnen beyden Haß/ und rieth ihnen/ und gab ihnen bösen Rath/ und schaffet/ daß S. Johannes über den Kreiß zu der Jungfrauen gieng/ in ihr halb Theil/ und umpfing sie lieblichen zu umfangen/ und gewan grosse Liebe zu ihr/ und machet/ daß die Jungfrau in grosse Sünde fiel durch seinen Willen. Darnach gewunnen sie beyde grosse Reue umb ihre Sünde/ und war

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/180
Zitationshilfe: Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/180>, abgerufen am 24.11.2024.