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Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.

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148.

Leibliche Eltern bringen auß Geld-Begierigkeit ihr Kind umb.

ANno 1618. kam zu Leipzig eines Gastwirths Sohn/ welcher 23. Jahr aus gewesen / einmal/ die Seinigen heimzusuchen/ wieder zu Hause/ kehrete bey seinen noch diese Zeit lebenden Eltern (doch ihnen unwissent/ daß es ihr Sohn war) ein / bat umb Herberge/ und gab ihnen 300. Reichsthaler in Verwahrung/ besuchte hierauff seine in der Zeit ausgesteuerten Schwestern/ und ludt dieselben mit ihren Männern den andern Tag zu ihn in seine Heerberge bey seinen Eltern zur Mahlzeit zu kommen/ wobey er sich über Essens seinen Eltern kund thun wolte / gieng hierauff von seinen Schwägern und Schwestern wol gesegnet wieder heim / und ward zur Ruhe gewiesen. Nun beliebte den Eltern das verfluchte Geld / fasseten einen Muth/ und brachten umb deß vergänglichen Silbers willen ihr eigenes Kind umb. Den folgenden Tag kamen die eingeladenen Schwestern und Schwäger/ fragten nach den angekommenen Gast/ ihren Bruder und Schwager. Wie dieses der Vater hörete/ daß es sein Sohn gewesen wäre/ gieng er heimlich hin / erhieng sich. Die Mutter/ die mit Hand angeleget/ und diese That ihren Töchtern nunmehr offenbahret hat-

148.

Leibliche Eltern bringen auß Geld-Begierigkeit ihr Kind umb.

ANno 1618. kam zu Leipzig eines Gastwirths Sohn/ welcher 23. Jahr aus gewesen / einmal/ die Seinigen heimzusuchen/ wieder zu Hause/ kehrete bey seinen noch diese Zeit lebenden Eltern (doch ihnen unwissent/ daß es ihr Sohn war) ein / bat umb Herberge/ und gab ihnen 300. Reichsthaler in Verwahrung/ besuchte hierauff seine in der Zeit ausgesteuerten Schwestern/ und ludt dieselben mit ihren Männern den andern Tag zu ihn in seine Heerberge bey seinen Eltern zur Mahlzeit zu kommen/ wobey er sich über Essens seinen Eltern kund thun wolte / gieng hierauff von seinen Schwägern und Schwestern wol gesegnet wieder heim / und ward zur Ruhe gewiesen. Nun beliebte den Eltern das verfluchte Geld / fasseten einen Muth/ und brachten umb deß vergänglichen Silbers willen ihr eigenes Kind umb. Den folgenden Tag kamen die eingeladenen Schwestern und Schwäger/ fragten nach den angekommenen Gast/ ihren Bruder und Schwager. Wie dieses der Vater hörete/ daß es sein Sohn gewesen wäre/ gieng er heimlich hin / erhieng sich. Die Mutter/ die mit Hand angeleget/ und diese That ihren Töchtern nunmehr offenbahret hat-

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[323/0343] 148. Leibliche Eltern bringen auß Geld-Begierigkeit ihr Kind umb. ANno 1618. kam zu Leipzig eines Gastwirths Sohn/ welcher 23. Jahr aus gewesen / einmal/ die Seinigen heimzusuchen/ wieder zu Hause/ kehrete bey seinen noch diese Zeit lebenden Eltern (doch ihnen unwissent/ daß es ihr Sohn war) ein / bat umb Herberge/ und gab ihnen 300. Reichsthaler in Verwahrung/ besuchte hierauff seine in der Zeit ausgesteuerten Schwestern/ und ludt dieselben mit ihren Männern den andern Tag zu ihn in seine Heerberge bey seinen Eltern zur Mahlzeit zu kommen/ wobey er sich über Essens seinen Eltern kund thun wolte / gieng hierauff von seinen Schwägern und Schwestern wol gesegnet wieder heim / und ward zur Ruhe gewiesen. Nun beliebte den Eltern das verfluchte Geld / fasseten einen Muth/ und brachten umb deß vergänglichen Silbers willen ihr eigenes Kind umb. Den folgenden Tag kamen die eingeladenen Schwestern und Schwäger/ fragten nach den angekommenen Gast/ ihren Bruder und Schwager. Wie dieses der Vater hörete/ daß es sein Sohn gewesen wäre/ gieng er heimlich hin / erhieng sich. Die Mutter/ die mit Hand angeleget/ und diese That ihren Töchtern nunmehr offenbahret hat-

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Zitationshilfe: Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/343>, abgerufen am 22.11.2024.