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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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Goldschmidt, Günther, Hoefer, Köster, Laven, Lübben, Lohrengel, Mindermann, Mussäus, Peter, Raabe, Sartorius, Schambach, Schild, K. Schiller, Schleicher, Schuster, Schwerin, Stöber, Weyden, Woeste (vgl. Quellenverzeichniss), als den Weg, der zur Vervollständigung unsers Sprichwörterschatzes und mithin zur Kenntniss unsers Volkslebens führt. Und was den letzten Punkt betrifft, so wird gerade das Sammeln der vereinzelten und localen Sprichwörter, um welches ich seit mehr denn zehn Jahren wiederholentlich gebeten, das geeignete Mittel dazu. Das Volk ist kein abstracter Begriff, es ist ein lebendiger Organismus, den man weniger aus den hochdeutschen als aus den mundartlichen Sprichwörtern kennen lernt.1 Die hochdeutschen Sprichwörter: "Morgenstund hat Gold im Mund"; "Hoffnung lässt nicht zu Schanden werden"; "Geduld überwindet alles", u. dgl. enthalten so allgemeine Gedanken, Ansichten, Grundsätze, wie sie beinahe jedes Volk auf der Erde haben kann und auch der Hauptsache nach haben wird. Wer aber z. B. die erwähnten Schriften von Baumgarten, Goldschmidt, Schambach, K. Schiller u. a. liest, der thut einen Blick in das wirkliche Volksleben von Oberösterreich, Oldenburg, Hannover, Mecklenburg u. s. w.

So viel nun aber auch seit etwa zwei Jahrzehnten auf diesem Felde geschehen ist, so haben wir doch erst den Weg betreten und noch nicht zurückgelegt; was geschehen ist, zeigt nur, wie viel noch geschehen soll.

Ich will hier gar nicht von den Kinder- und Volksliedern, von den Sitten und Gebräuchen u. dgl. reden, die man sammelt, sondern blos bei einem Gegenstande, den Sprichwörtern, bleiben. Es wird gewiss keine übertriebene Annahme sein, wenn ich behaupte, dass durchschnittlich in jedem Orte Deutschlands und seinem Umkreise Ein Sprichwort lebt, das bisher noch nicht durch "Schreibfinger" gegangen und unter eine Druckpresse gekommen ist. Hier sind die Fundgruben, aus denen unser in Schrift übergegangener Sprichwörterschatz seinen lebendigen Zuwachs erhalten kann. Ich habe mir nun gedacht, dass es jedem deutschen Lehrer bei einiger Aufmerksamkeit im Laufe eines Jahres möglich sein werde, ein bisher ungedrucktes Sprichwort an seinem Orte zu hören, und dass ihm sein Amt so viel Zeit übriglasse, dies auf einem Zettel aufzuzeichnen und der nächsten Buchhandlung zur Weiterbeförderung zu übergeben; und ich habe mich zu verschiedenen malen mit diesem Wunsche an die Lehrer gewandt. Wie viele davon Kenntniss genommen, geht aus dem Verzeichniss der Mitarbeiter hervor. Wir würden auf diesem Wege 50-80000 bisher ungedruckte Sprichwörter erhalten. Was aber bisher nicht gethan ist, das bleibt noch zu thun; und ich hoffe von dem, was ich hier im Vorwort sage, eine anregende Wirkung. Es kommt oft nur auf den ersten Schritt an. Es ist mit dem Sprichwörtersammeln eine eigene Sache. Man kann nicht herumgehen und es betreiben etwa wie das Sammeln von Knochen und Lumpen, man würde wenig oder keine finden; denn man kann sich in einem noch so reichen Besitz von Sprichwörtern befinden, sie fallen einem gar nicht einmal ein, wenn man sie herzählen will; aber sie stellen sich sofort, wenn ein Fall eintritt, auf den sie passen; dann muss man sie aber sogleich festnehmen. Sie kommen im Gespräch oder werden durch ein anderes mehr oder weniger verwandtes hervorgerufen.

Ich möchte hier an einen Fall erinnern, der zeigt, was zu erreichen ist, wenn man anfängt. Herr Lehrer Frischbier in Königsberg gehörte in den funfziger Jahren zu den ersten, die mir Beiträge aus dem Volksmunde zugehen liessen; er klagte damals, dass sie ihm aus der Provinz sehr spärlich zuflössen. Als er 1864 seine Sammlung drucken liess, hatte sie mit den aus ältern Schriften beigefügten die Zahl von mehr als 1100 erreicht. Das Büchlein ging in die Provinz; wer darin las, dem fielen andere Sprichwörter seines Orts und seiner Gegend ein. Der Herausgeber konnte bereits im folgenden Jahre eine zweite Auflage veranstalten, die über 4000 zählt. Ich meine, ähnliche Versuche in allen Theilen Deutschlands würden ähnliche Ergebnisse liefern. Wie ich mich freuen würde, wenn man sie machte; so wünschte ich auch, dass behufs der Vervollständigung unsers nationalen Sprichwörterschatzes die Besitzer des Deutschen Sprichwörter-Lexikon ihre Exemplare durchschiessen liessen und dass sie alles zur Berichtigung und Ergänzung ihnen Begegnende am betreffenden Orte eintrügen, damit eine spätere Auflage auf den Punkt gefördert werden könnte, der jetzt zu erreichen noch nicht möglich ist.

Verhältniss zum Mittelhochdeutschen. Der wissenschaftliche Standpunkt verlangt ein Zurückgehen auf die Quellen der Sprichwörter, die nicht unmittelbar aus dem Volksmunde geschöpft sind, sondern bereits der Literatur angehören. Eine grosse Anzahl unserer hochdeutschen und zwar bekanntesten Sprichwörter hat ihre Quellen in Schriften, die jenseit der neuhochdeutschen Literatur liegen. Es wird keines langen Beweises bedürfen, dass zur Bearbeitung eines Werks, wie das Deutsche Sprichwörter-Lexikon ist, streng genommen ein Verein von Kräften, und zwar an einem Orte, der die reichste Bibliothek besitzt, gehört. Da ich mich nun zu einer Zeit, als ich die Grösse der Aufgabe noch gar nicht erkannte,

1 Wackernagel in seinem Handbuch deutscher Poesie (Berlin 1837) sprach sich im Vorwort (S. 13) dahin aus: "Seit Anfang des 16. Jahrhunderts, wo Ant. Tunnicius und J. Agricola selbstvernommene Sprichwörter zusammengestellt haben, ist wenig mehr aus dem Munde des Volks selbst, das meiste aus Büchern nachgesammelt worden. Auch das Sprichwort rühmt sich, nicht hochdeutsch, sondern provinziell zu sein. Eine Originallese in den verschiedenen Provinzen würde uns zugleich über das hauptsächlichste wissenschaftliche Interesse, über die Geschichte des Sprichworts Belehrung geben oder dieselbe vorbereiten."

Goldschmidt, Günther, Hoefer, Köster, Laven, Lübben, Lohrengel, Mindermann, Mussäus, Peter, Raabe, Sartorius, Schambach, Schild, K. Schiller, Schleicher, Schuster, Schwerin, Stöber, Weyden, Woeste (vgl. Quellenverzeichniss), als den Weg, der zur Vervollständigung unsers Sprichwörterschatzes und mithin zur Kenntniss unsers Volkslebens führt. Und was den letzten Punkt betrifft, so wird gerade das Sammeln der vereinzelten und localen Sprichwörter, um welches ich seit mehr denn zehn Jahren wiederholentlich gebeten, das geeignete Mittel dazu. Das Volk ist kein abstracter Begriff, es ist ein lebendiger Organismus, den man weniger aus den hochdeutschen als aus den mundartlichen Sprichwörtern kennen lernt.1 Die hochdeutschen Sprichwörter: „Morgenstund hat Gold im Mund“; „Hoffnung lässt nicht zu Schanden werden“; „Geduld überwindet alles“, u. dgl. enthalten so allgemeine Gedanken, Ansichten, Grundsätze, wie sie beinahe jedes Volk auf der Erde haben kann und auch der Hauptsache nach haben wird. Wer aber z. B. die erwähnten Schriften von Baumgarten, Goldschmidt, Schambach, K. Schiller u. a. liest, der thut einen Blick in das wirkliche Volksleben von Oberösterreich, Oldenburg, Hannover, Mecklenburg u. s. w.

So viel nun aber auch seit etwa zwei Jahrzehnten auf diesem Felde geschehen ist, so haben wir doch erst den Weg betreten und noch nicht zurückgelegt; was geschehen ist, zeigt nur, wie viel noch geschehen soll.

Ich will hier gar nicht von den Kinder- und Volksliedern, von den Sitten und Gebräuchen u. dgl. reden, die man sammelt, sondern blos bei einem Gegenstande, den Sprichwörtern, bleiben. Es wird gewiss keine übertriebene Annahme sein, wenn ich behaupte, dass durchschnittlich in jedem Orte Deutschlands und seinem Umkreise Ein Sprichwort lebt, das bisher noch nicht durch „Schreibfinger“ gegangen und unter eine Druckpresse gekommen ist. Hier sind die Fundgruben, aus denen unser in Schrift übergegangener Sprichwörterschatz seinen lebendigen Zuwachs erhalten kann. Ich habe mir nun gedacht, dass es jedem deutschen Lehrer bei einiger Aufmerksamkeit im Laufe eines Jahres möglich sein werde, ein bisher ungedrucktes Sprichwort an seinem Orte zu hören, und dass ihm sein Amt so viel Zeit übriglasse, dies auf einem Zettel aufzuzeichnen und der nächsten Buchhandlung zur Weiterbeförderung zu übergeben; und ich habe mich zu verschiedenen malen mit diesem Wunsche an die Lehrer gewandt. Wie viele davon Kenntniss genommen, geht aus dem Verzeichniss der Mitarbeiter hervor. Wir würden auf diesem Wege 50-80000 bisher ungedruckte Sprichwörter erhalten. Was aber bisher nicht gethan ist, das bleibt noch zu thun; und ich hoffe von dem, was ich hier im Vorwort sage, eine anregende Wirkung. Es kommt oft nur auf den ersten Schritt an. Es ist mit dem Sprichwörtersammeln eine eigene Sache. Man kann nicht herumgehen und es betreiben etwa wie das Sammeln von Knochen und Lumpen, man würde wenig oder keine finden; denn man kann sich in einem noch so reichen Besitz von Sprichwörtern befinden, sie fallen einem gar nicht einmal ein, wenn man sie herzählen will; aber sie stellen sich sofort, wenn ein Fall eintritt, auf den sie passen; dann muss man sie aber sogleich festnehmen. Sie kommen im Gespräch oder werden durch ein anderes mehr oder weniger verwandtes hervorgerufen.

Ich möchte hier an einen Fall erinnern, der zeigt, was zu erreichen ist, wenn man anfängt. Herr Lehrer Frischbier in Königsberg gehörte in den funfziger Jahren zu den ersten, die mir Beiträge aus dem Volksmunde zugehen liessen; er klagte damals, dass sie ihm aus der Provinz sehr spärlich zuflössen. Als er 1864 seine Sammlung drucken liess, hatte sie mit den aus ältern Schriften beigefügten die Zahl von mehr als 1100 erreicht. Das Büchlein ging in die Provinz; wer darin las, dem fielen andere Sprichwörter seines Orts und seiner Gegend ein. Der Herausgeber konnte bereits im folgenden Jahre eine zweite Auflage veranstalten, die über 4000 zählt. Ich meine, ähnliche Versuche in allen Theilen Deutschlands würden ähnliche Ergebnisse liefern. Wie ich mich freuen würde, wenn man sie machte; so wünschte ich auch, dass behufs der Vervollständigung unsers nationalen Sprichwörterschatzes die Besitzer des Deutschen Sprichwörter-Lexikon ihre Exemplare durchschiessen liessen und dass sie alles zur Berichtigung und Ergänzung ihnen Begegnende am betreffenden Orte eintrügen, damit eine spätere Auflage auf den Punkt gefördert werden könnte, der jetzt zu erreichen noch nicht möglich ist.

Verhältniss zum Mittelhochdeutschen. Der wissenschaftliche Standpunkt verlangt ein Zurückgehen auf die Quellen der Sprichwörter, die nicht unmittelbar aus dem Volksmunde geschöpft sind, sondern bereits der Literatur angehören. Eine grosse Anzahl unserer hochdeutschen und zwar bekanntesten Sprichwörter hat ihre Quellen in Schriften, die jenseit der neuhochdeutschen Literatur liegen. Es wird keines langen Beweises bedürfen, dass zur Bearbeitung eines Werks, wie das Deutsche Sprichwörter-Lexikon ist, streng genommen ein Verein von Kräften, und zwar an einem Orte, der die reichste Bibliothek besitzt, gehört. Da ich mich nun zu einer Zeit, als ich die Grösse der Aufgabe noch gar nicht erkannte,

1 Wackernagel in seinem Handbuch deutscher Poesie (Berlin 1837) sprach sich im Vorwort (S. 13) dahin aus: „Seit Anfang des 16. Jahrhunderts, wo Ant. Tunnicius und J. Agricola selbstvernommene Sprichwörter zusammengestellt haben, ist wenig mehr aus dem Munde des Volks selbst, das meiste aus Büchern nachgesammelt worden. Auch das Sprichwort rühmt sich, nicht hochdeutsch, sondern provinziell zu sein. Eine Originallese in den verschiedenen Provinzen würde uns zugleich über das hauptsächlichste wissenschaftliche Interesse, über die Geschichte des Sprichworts Belehrung geben oder dieselbe vorbereiten.“
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[XX/0018] Goldschmidt, Günther, Hoefer, Köster, Laven, Lübben, Lohrengel, Mindermann, Mussäus, Peter, Raabe, Sartorius, Schambach, Schild, K. Schiller, Schleicher, Schuster, Schwerin, Stöber, Weyden, Woeste (vgl. Quellenverzeichniss), als den Weg, der zur Vervollständigung unsers Sprichwörterschatzes und mithin zur Kenntniss unsers Volkslebens führt. Und was den letzten Punkt betrifft, so wird gerade das Sammeln der vereinzelten und localen Sprichwörter, um welches ich seit mehr denn zehn Jahren wiederholentlich gebeten, das geeignete Mittel dazu. Das Volk ist kein abstracter Begriff, es ist ein lebendiger Organismus, den man weniger aus den hochdeutschen als aus den mundartlichen Sprichwörtern kennen lernt. 1 Die hochdeutschen Sprichwörter: „Morgenstund hat Gold im Mund“; „Hoffnung lässt nicht zu Schanden werden“; „Geduld überwindet alles“, u. dgl. enthalten so allgemeine Gedanken, Ansichten, Grundsätze, wie sie beinahe jedes Volk auf der Erde haben kann und auch der Hauptsache nach haben wird. Wer aber z. B. die erwähnten Schriften von Baumgarten, Goldschmidt, Schambach, K. Schiller u. a. liest, der thut einen Blick in das wirkliche Volksleben von Oberösterreich, Oldenburg, Hannover, Mecklenburg u. s. w. So viel nun aber auch seit etwa zwei Jahrzehnten auf diesem Felde geschehen ist, so haben wir doch erst den Weg betreten und noch nicht zurückgelegt; was geschehen ist, zeigt nur, wie viel noch geschehen soll. Ich will hier gar nicht von den Kinder- und Volksliedern, von den Sitten und Gebräuchen u. dgl. reden, die man sammelt, sondern blos bei einem Gegenstande, den Sprichwörtern, bleiben. Es wird gewiss keine übertriebene Annahme sein, wenn ich behaupte, dass durchschnittlich in jedem Orte Deutschlands und seinem Umkreise Ein Sprichwort lebt, das bisher noch nicht durch „Schreibfinger“ gegangen und unter eine Druckpresse gekommen ist. Hier sind die Fundgruben, aus denen unser in Schrift übergegangener Sprichwörterschatz seinen lebendigen Zuwachs erhalten kann. Ich habe mir nun gedacht, dass es jedem deutschen Lehrer bei einiger Aufmerksamkeit im Laufe eines Jahres möglich sein werde, ein bisher ungedrucktes Sprichwort an seinem Orte zu hören, und dass ihm sein Amt so viel Zeit übriglasse, dies auf einem Zettel aufzuzeichnen und der nächsten Buchhandlung zur Weiterbeförderung zu übergeben; und ich habe mich zu verschiedenen malen mit diesem Wunsche an die Lehrer gewandt. Wie viele davon Kenntniss genommen, geht aus dem Verzeichniss der Mitarbeiter hervor. Wir würden auf diesem Wege 50-80000 bisher ungedruckte Sprichwörter erhalten. Was aber bisher nicht gethan ist, das bleibt noch zu thun; und ich hoffe von dem, was ich hier im Vorwort sage, eine anregende Wirkung. Es kommt oft nur auf den ersten Schritt an. Es ist mit dem Sprichwörtersammeln eine eigene Sache. Man kann nicht herumgehen und es betreiben etwa wie das Sammeln von Knochen und Lumpen, man würde wenig oder keine finden; denn man kann sich in einem noch so reichen Besitz von Sprichwörtern befinden, sie fallen einem gar nicht einmal ein, wenn man sie herzählen will; aber sie stellen sich sofort, wenn ein Fall eintritt, auf den sie passen; dann muss man sie aber sogleich festnehmen. Sie kommen im Gespräch oder werden durch ein anderes mehr oder weniger verwandtes hervorgerufen. Ich möchte hier an einen Fall erinnern, der zeigt, was zu erreichen ist, wenn man anfängt. Herr Lehrer Frischbier in Königsberg gehörte in den funfziger Jahren zu den ersten, die mir Beiträge aus dem Volksmunde zugehen liessen; er klagte damals, dass sie ihm aus der Provinz sehr spärlich zuflössen. Als er 1864 seine Sammlung drucken liess, hatte sie mit den aus ältern Schriften beigefügten die Zahl von mehr als 1100 erreicht. Das Büchlein ging in die Provinz; wer darin las, dem fielen andere Sprichwörter seines Orts und seiner Gegend ein. Der Herausgeber konnte bereits im folgenden Jahre eine zweite Auflage veranstalten, die über 4000 zählt. Ich meine, ähnliche Versuche in allen Theilen Deutschlands würden ähnliche Ergebnisse liefern. Wie ich mich freuen würde, wenn man sie machte; so wünschte ich auch, dass behufs der Vervollständigung unsers nationalen Sprichwörterschatzes die Besitzer des Deutschen Sprichwörter-Lexikon ihre Exemplare durchschiessen liessen und dass sie alles zur Berichtigung und Ergänzung ihnen Begegnende am betreffenden Orte eintrügen, damit eine spätere Auflage auf den Punkt gefördert werden könnte, der jetzt zu erreichen noch nicht möglich ist. Verhältniss zum Mittelhochdeutschen. Der wissenschaftliche Standpunkt verlangt ein Zurückgehen auf die Quellen der Sprichwörter, die nicht unmittelbar aus dem Volksmunde geschöpft sind, sondern bereits der Literatur angehören. Eine grosse Anzahl unserer hochdeutschen und zwar bekanntesten Sprichwörter hat ihre Quellen in Schriften, die jenseit der neuhochdeutschen Literatur liegen. Es wird keines langen Beweises bedürfen, dass zur Bearbeitung eines Werks, wie das Deutsche Sprichwörter-Lexikon ist, streng genommen ein Verein von Kräften, und zwar an einem Orte, der die reichste Bibliothek besitzt, gehört. Da ich mich nun zu einer Zeit, als ich die Grösse der Aufgabe noch gar nicht erkannte, 1 Wackernagel in seinem Handbuch deutscher Poesie (Berlin 1837) sprach sich im Vorwort (S. 13) dahin aus: „Seit Anfang des 16. Jahrhunderts, wo Ant. Tunnicius und J. Agricola selbstvernommene Sprichwörter zusammengestellt haben, ist wenig mehr aus dem Munde des Volks selbst, das meiste aus Büchern nachgesammelt worden. Auch das Sprichwort rühmt sich, nicht hochdeutsch, sondern provinziell zu sein. Eine Originallese in den verschiedenen Provinzen würde uns zugleich über das hauptsächlichste wissenschaftliche Interesse, über die Geschichte des Sprichworts Belehrung geben oder dieselbe vorbereiten.“

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. XX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/18>, abgerufen am 21.11.2024.