Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] 2 Wer die Charybdis will vermeiden, muss bei der Scylla Schiffbruch leiden.

Charybdis und Scylla sind die Namen, die man früher zwei Strudeln des Mittelländischen Meeres unweit des Hafens von Messina gab. Diese beiden, einander gegenüberliegenden Schlünde waren dem Seefahrer, besonders als sich die Schiffahrt noch in ihrer Kindheit befand, äusserst gefährlich. Virgil und die Geschichte des Ulysses beweisen uns hinlänglich, wie man zu jener Zeit über diese Strudel dachte, und die Vorsichtsmassregeln, die jeder Schiffer nahm, um sie zu vermeiden. Sehr häufig aber wurden die, welche mit aller Anstrengung der Charybdis entronnen waren, von der Scylla ergriffen, daher der Sinn des obigen Sprichworts, dass wer ein Uebel vermeiden wolle, oft in ein anderes, noch schlimmeres falle. Wahrscheinlich verdankt dies alte Sprichwort der Fabel des Homer seine Entstehung, nach welcher Ulysses, während er aus Furcht vor der Charybdis mit seinem Schiffe zu nahe an die Scylla gerieth, sechs von seinen Begleitern verlor.

Frz.: Tomber de Charybde en Scylla. (Lendroy, 1374.)

Lat.: Incidit in Scyllam, qui vult vitare Charybdim. (Wiegand, 715.)

*3 Aus der Charybdis in die Scylla fallen.


Chasonim.

Chasonim sind Narronim. (Jüd.-deutsch.) - Tendlau, 821.

Der Chassen muss ein Narr (s. d.) sein. Chasonim = Mehrzahl von Chassen; Narronim, von Narr, des Reims wegen mit hebräischer Biegung.


Chassen.

1 Der Chassen muss e Narr sein. (Jüd.- deutsch.) - Tendlau, 821.

Vermuthlich weil er, als der Vorbeter, bei diesen Mahlzeiten nicht selten als Lustigmacher fungirte. (S. Chasonim.)

2 E Chassen muss e Fresser sein. (Jüd.-deutsch.) - Tendlau, 809.

Derselbe wurde nämlich als solcher nicht nur häufig zu Mahlzeiten, Hochzeiten, Beschneidungen u. s. w. gebeten, sondern er erhielt auch als Gefälle seines Amts die Kaldaunen der geschlachteten Thiere, sodass er allerdings zu reichlichem Essen Veranlassung hatte.


Chaussee.

Chaussee und Vollgesöff sind Herr. (Rheinhessen.)


Cheen.

1 Cheen geht über Schön. (Jüd.-deutsch.) - Tendlau, 738.

Anmuth geht über Schönheit.

2 Das erstmol is Cheen, das zwaatmol schön, das drittmol schlagt mer uf die Zähn. (Jüd.-deutsch.) - Tendlau, 899.

Witze und Neckereien, wie anmuthig sie anfänglich sein mögen, sie werden später lästig.

3 Er hot seinen ganzen Cheen uf'n geworfen. (Jüd.-deutsch.) - Tendlau, 39.

Von jemand, dem man sehr hold ist.

4 Sie hat den Cheen von Esther. (Jüd.-deutsch.) - Tendlau, 39.

Von anmuthigen Frauen.


Chelbenah.

Chelbene1 gehört nach darunter. (Jüd.- deutsch.) - Tendlau, 582.

1) Nämlich Galbaum (2 Mos. 30, 34), ein stark und widrig riechendes Gummi Syriens, das auch unter das Räucherwerk im Tempel gethan wurde, um anzudeuten, dass unter den Frommen auch der Sünder geduldet werden müsse.


Chiddesch.

Was get es Chiddesch?1 Uf Wein macht mer Kiddesch2. (Jüd.-deutsch.) - Tendlau, 501.

1) Neuigkeit.

2) Der Segen, der an Feiertagen über den Wein gesprochen wird. - Scherzhafte Antwort auf die Frage, was es Neues gebe.


Chilek.

*1 Ich fall' um den Chilek nicht die Treppe hinunter. (Jüd.-deutsch.) - Tendlau, 587.

Wenn von zwei Personen die Rede ist, und jemand der einen vor der andern den Vorzug geben will, um zu sagen, dass beide einander nichts nehmen. Der Chilek (Unterschied zwischen beiden) ist nicht so bedeutend, dass es sich lohnte, sich, um ihn zu erlangen, die Treppe hinabzustürzen. Dieselbe Bedeutung hat die folgende Redensart:

*2 Ich kaaf den Chilek nicht theuer. (Jüd.-deutsch.) - Tendlau, 587.


China.

1 In China braucht man papierne Kähne und eiserne Ruderer.

Bezieht sich auf die Hindernisse, welche die mitunter reissenden oder gar durch Felsen gesperrten Ströme der Schiffahrt entgegensetzen. - China kommt zur Charakterisirung [Spaltenumbruch] in den Sprichwörtern verschiedener Völker vor. Der Spanier sagt von jemand, dem das Glück günstig gewesen ist: Ihm ist China zugefallen; obgleich er den Chinesen für einen Dummkopf hält; wenigstens ruft er, wenn er meint, dass man ihn übervortheilen will, aus: Sind wir denn Chinesen? (Somos Chinos?) Von einem Menschen, der sich durch allerhand Dinge vor andern auszeichnet, sagt der Neugrieche: Es ist ein Chinese; und von jemand, der viel Geld hat, der Portugiese: Er hat viel China. (Reinsberg VI, 101.)

2 In China wirft man nichts weg.

Das übervölkerte Land treibt zur Sparsamkeit und zu sorgfältiger Benutzung des Bodens und der Erzeugnisse desselben.

3 Wenn du ganz China kaufst, so werden doch immer Länder an die deinigen grenzen.

Alles kann man nicht haben.


Chocolade.

* Das ist (er hat, liebt u. s. w.) danziger Chocolade.

Nämlich Geld. Die Redensart hat ihren Ursprung von der Einnahme Danzigs durch die Franzosen am 24. Mai 1807. Napoleon liess den Marschall Lefebvre, der die Einnahme erreicht hatte, zu sich kommen und gab ihm ein Päckchen danziger Chocolade zum Andenken an den Sieg mit den Worten: "Kleine Geschenke unterhalten die Freundschaft." Bei der Oeffnung fand der Marschall 100000 Kronthaler in Banknoten darin.

Holl.: Hebt gij wel Dantziger chocolade? (Harrebomee, I, 107.)


Cholera.

Die Cholera war bei uns früher auch nicht da.


Chor.

*1 Ein Chor der Rache. - Sandvoss, 185.

*2 Einen zu Chore treiben.

Kirre machen, zur Vernunft bringen.

*3 Mit einem zu Chor gehen. - Mathesy, I, 130b.

*4 Ueber den Chor hinaustanzen (oder: ausserhalb des Chores tanzen). (Altgr.)

Von denen, die etwas thun, was mit ihren Vorsätzen, Grundsätzen oder mit den Gesetzen der Gesellschaft nicht übereinstimmt. Die, welche die Chöre aufführten, waren an eine bestimmte Grenze, einen bestimmten Rhythmus gebunden.


Chorherr.

1 Wir können nicht alle Chorherren sein. - Kirchhofer, 219.

*2 Es ist ein sauberer Chorherr.


Chratte.

Wenn es Paar bin e nangere si, muss eine de Chratte trüge. (Oberaargau.) - Schweiz, 72, 21.


Chriesi (Kirschen).

1 D' Chriesi hend Stei für keinen allein; d' Chriesi hend Stiel, 's 'kas essen, wer will. - Kirchhofer, 305.

2 Hättest keine Chriesi gessen, hättest keine Steine im Bauch. - Kirchhofer, 305.

3 Wie viel Chriesi, so viel Stein. - Kirchhofer, 305.


Chrisam.

*1 An dem ist Chrisam1 und Taufe verloren. - Sailer, 301; Kirchhofer, 132; Henisch, 624; Simrock, 1437a; Eiselein, 106; Mayer, II, 78.

1) Mathesy (I, 138a) hat Craesam oder Tauffe. - Alles, Mühe und Kosten umsonst verwenden. Wol ursprünglich von solchen Proselyten, die um des Gewinnes wegen einen andern Glauben angenommen.

Lat.: Oleum et operam perdidit. (Philippi, II, 64.)

*2 Er soll den Chrisam auf seinen Kopf bekommen.


Chrisamskinder.

Chrisamskinder rührt kein Schinder. - Fischart, Gesch.


Christ.

1 Aller Christen jammer stirbt hie. - Henisch, 602.

2 An einem Christen stirbt nichts, nur sein Creutz vnnd elend. - Henisch, 602.

3 Bey den Christen will jedermann fewer holen vnnd Ritter an jhnen werden. - Henisch, 602.

4 Christen an der König Höf sind Wildtprät. - Zeytbuch, II, CXLIIIb.

5 Christen haben ausswendig streit, inwendig furcht. - Henisch, 602.

6 Christen haben ein Seel voll Gottes vnd einen Leib voll leidens. - Henisch, 602.

7 Christen haben keine Nachbarn. - Simrock, 1450.

8 Christen haben keine Planeten, sondern Gott zum Propheten. - Simrock, 7939.

[Spaltenumbruch] 2 Wer die Charybdis will vermeiden, muss bei der Scylla Schiffbruch leiden.

Charybdis und Scylla sind die Namen, die man früher zwei Strudeln des Mittelländischen Meeres unweit des Hafens von Messina gab. Diese beiden, einander gegenüberliegenden Schlünde waren dem Seefahrer, besonders als sich die Schiffahrt noch in ihrer Kindheit befand, äusserst gefährlich. Virgil und die Geschichte des Ulysses beweisen uns hinlänglich, wie man zu jener Zeit über diese Strudel dachte, und die Vorsichtsmassregeln, die jeder Schiffer nahm, um sie zu vermeiden. Sehr häufig aber wurden die, welche mit aller Anstrengung der Charybdis entronnen waren, von der Scylla ergriffen, daher der Sinn des obigen Sprichworts, dass wer ein Uebel vermeiden wolle, oft in ein anderes, noch schlimmeres falle. Wahrscheinlich verdankt dies alte Sprichwort der Fabel des Homer seine Entstehung, nach welcher Ulysses, während er aus Furcht vor der Charybdis mit seinem Schiffe zu nahe an die Scylla gerieth, sechs von seinen Begleitern verlor.

Frz.: Tomber de Charybde en Scylla. (Lendroy, 1374.)

Lat.: Incidit in Scyllam, qui vult vitare Charybdim. (Wiegand, 715.)

*3 Aus der Charybdis in die Scylla fallen.


Chasonim.

Chasonim sind Narronim. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 821.

Der Chassen muss ein Narr (s. d.) sein. Chasonim = Mehrzahl von Chassen; Narronim, von Narr, des Reims wegen mit hebräischer Biegung.


Chassen.

1 Der Chassen muss e Narr sein. (Jüd.- deutsch.) – Tendlau, 821.

Vermuthlich weil er, als der Vorbeter, bei diesen Mahlzeiten nicht selten als Lustigmacher fungirte. (S. Chasonim.)

2 E Chassen muss e Fresser sein. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 809.

Derselbe wurde nämlich als solcher nicht nur häufig zu Mahlzeiten, Hochzeiten, Beschneidungen u. s. w. gebeten, sondern er erhielt auch als Gefälle seines Amts die Kaldaunen der geschlachteten Thiere, sodass er allerdings zu reichlichem Essen Veranlassung hatte.


Chaussee.

Chaussee und Vollgesöff sind Herr. (Rheinhessen.)


Cheen.

1 Cheen geht über Schön. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 738.

Anmuth geht über Schönheit.

2 Das erstmol is Cheen, das zwaatmol schön, das drittmol schlagt mer uf die Zähn. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 899.

Witze und Neckereien, wie anmuthig sie anfänglich sein mögen, sie werden später lästig.

3 Er hot seinen ganzen Cheen uf'n geworfen. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 39.

Von jemand, dem man sehr hold ist.

4 Sie hat den Cheen von Esther. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 39.

Von anmuthigen Frauen.


Chelbenah.

Chelbene1 gehört nach darunter. (Jüd.- deutsch.) – Tendlau, 582.

1) Nämlich Galbaum (2 Mos. 30, 34), ein stark und widrig riechendes Gummi Syriens, das auch unter das Räucherwerk im Tempel gethan wurde, um anzudeuten, dass unter den Frommen auch der Sünder geduldet werden müsse.


Chiddesch.

Was get es Chiddesch?1 Uf Wein macht mer Kiddesch2. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 501.

1) Neuigkeit.

2) Der Segen, der an Feiertagen über den Wein gesprochen wird. – Scherzhafte Antwort auf die Frage, was es Neues gebe.


Chilek.

*1 Ich fall' um den Chilek nicht die Treppe hinunter. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 587.

Wenn von zwei Personen die Rede ist, und jemand der einen vor der andern den Vorzug geben will, um zu sagen, dass beide einander nichts nehmen. Der Chilek (Unterschied zwischen beiden) ist nicht so bedeutend, dass es sich lohnte, sich, um ihn zu erlangen, die Treppe hinabzustürzen. Dieselbe Bedeutung hat die folgende Redensart:

*2 Ich kaaf den Chilek nicht theuer. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 587.


China.

1 In China braucht man papierne Kähne und eiserne Ruderer.

Bezieht sich auf die Hindernisse, welche die mitunter reissenden oder gar durch Felsen gesperrten Ströme der Schiffahrt entgegensetzen. – China kommt zur Charakterisirung [Spaltenumbruch] in den Sprichwörtern verschiedener Völker vor. Der Spanier sagt von jemand, dem das Glück günstig gewesen ist: Ihm ist China zugefallen; obgleich er den Chinesen für einen Dummkopf hält; wenigstens ruft er, wenn er meint, dass man ihn übervortheilen will, aus: Sind wir denn Chinesen? (Somos Chinos?) Von einem Menschen, der sich durch allerhand Dinge vor andern auszeichnet, sagt der Neugrieche: Es ist ein Chinese; und von jemand, der viel Geld hat, der Portugiese: Er hat viel China. (Reinsberg VI, 101.)

2 In China wirft man nichts weg.

Das übervölkerte Land treibt zur Sparsamkeit und zu sorgfältiger Benutzung des Bodens und der Erzeugnisse desselben.

3 Wenn du ganz China kaufst, so werden doch immer Länder an die deinigen grenzen.

Alles kann man nicht haben.


Chocolade.

* Das ist (er hat, liebt u. s. w.) danziger Chocolade.

Nämlich Geld. Die Redensart hat ihren Ursprung von der Einnahme Danzigs durch die Franzosen am 24. Mai 1807. Napoleon liess den Marschall Lefebvre, der die Einnahme erreicht hatte, zu sich kommen und gab ihm ein Päckchen danziger Chocolade zum Andenken an den Sieg mit den Worten: „Kleine Geschenke unterhalten die Freundschaft.“ Bei der Oeffnung fand der Marschall 100000 Kronthaler in Banknoten darin.

Holl.: Hebt gij wel Dantziger chocolade? (Harrebomée, I, 107.)


Cholera.

Die Cholera war bei uns früher auch nicht da.


Chor.

*1 Ein Chor der Rache.Sandvoss, 185.

*2 Einen zu Chore treiben.

Kirre machen, zur Vernunft bringen.

*3 Mit einem zu Chor gehen.Mathesy, I, 130b.

*4 Ueber den Chor hinaustanzen (oder: ausserhalb des Chores tanzen). (Altgr.)

Von denen, die etwas thun, was mit ihren Vorsätzen, Grundsätzen oder mit den Gesetzen der Gesellschaft nicht übereinstimmt. Die, welche die Chöre aufführten, waren an eine bestimmte Grenze, einen bestimmten Rhythmus gebunden.


Chorherr.

1 Wir können nicht alle Chorherren sein.Kirchhofer, 219.

*2 Es ist ein sauberer Chorherr.


Chratte.

Wenn es Paar bin e nangere si, muss eine de Chratte trüge. (Oberaargau.) – Schweiz, 72, 21.


Chriesi (Kirschen).

1 D' Chriesi hend Stei für keinen allein; d' Chriesi hend Stiel, 's 'kas essen, wer will.Kirchhofer, 305.

2 Hättest keine Chriesi gessen, hättest keine Steine im Bauch.Kirchhofer, 305.

3 Wie viel Chriesi, so viel Stein.Kirchhofer, 305.


Chrisam.

*1 An dem ist Chrisam1 und Taufe verloren.Sailer, 301; Kirchhofer, 132; Henisch, 624; Simrock, 1437a; Eiselein, 106; Mayer, II, 78.

1) Mathesy (I, 138a) hat Craesam oder Tauffe. – Alles, Mühe und Kosten umsonst verwenden. Wol ursprünglich von solchen Proselyten, die um des Gewinnes wegen einen andern Glauben angenommen.

Lat.: Oleum et operam perdidit. (Philippi, II, 64.)

*2 Er soll den Chrisam auf seinen Kopf bekommen.


Chrisamskinder.

Chrisamskinder rührt kein Schinder.Fischart, Gesch.


Christ.

1 Aller Christen jammer stirbt hie.Henisch, 602.

2 An einem Christen stirbt nichts, nur sein Creutz vnnd elend.Henisch, 602.

3 Bey den Christen will jedermann fewer holen vnnd Ritter an jhnen werden.Henisch, 602.

4 Christen an der König Höf sind Wildtprät.Zeytbuch, II, CXLIIIb.

5 Christen haben ausswendig streit, inwendig furcht.Henisch, 602.

6 Christen haben ein Seel voll Gottes vnd einen Leib voll leidens.Henisch, 602.

7 Christen haben keine Nachbarn.Simrock, 1450.

8 Christen haben keine Planeten, sondern Gott zum Propheten.Simrock, 7939.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"><pb facs="#f0294" n="[266]"/><cb n="531"/>
2 Wer die Charybdis will vermeiden, muss bei der Scylla Schiffbruch leiden.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Charybdis und Scylla sind die Namen, die man früher zwei Strudeln des Mittelländischen Meeres unweit des Hafens von Messina gab. Diese beiden, einander gegenüberliegenden Schlünde waren dem Seefahrer, besonders als sich die Schiffahrt noch in ihrer Kindheit befand, äusserst gefährlich. Virgil und die Geschichte des Ulysses beweisen uns hinlänglich, wie man zu jener Zeit über diese Strudel dachte, und die Vorsichtsmassregeln, die jeder Schiffer nahm, um sie zu vermeiden. Sehr häufig aber wurden die, welche mit aller Anstrengung der Charybdis entronnen waren, von der Scylla ergriffen, daher der Sinn des obigen Sprichworts, dass wer ein Uebel vermeiden wolle, oft in ein anderes, noch schlimmeres falle. Wahrscheinlich verdankt dies alte Sprichwort der Fabel des Homer seine Entstehung, nach welcher Ulysses, während er aus Furcht vor der Charybdis mit seinem Schiffe zu nahe an die Scylla gerieth, sechs von seinen Begleitern verlor.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Tomber de Charybde en Scylla. (<hi rendition="#i">Lendroy, 1374.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Incidit in Scyllam, qui vult vitare Charybdim. (<hi rendition="#i">Wiegand, 715.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*3 Aus der Charybdis in die Scylla fallen.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Chasonim.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Chasonim sind Narronim.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 821.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Der Chassen muss ein  Narr (s. d.) sein. Chasonim = Mehrzahl von Chassen; Narronim, von Narr, des Reims wegen mit hebräischer Biegung.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Chassen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Der Chassen muss e Narr sein.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.- deutsch.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 821.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Vermuthlich weil er, als der Vorbeter, bei diesen Mahlzeiten nicht selten als Lustigmacher fungirte. (S.  Chasonim.)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 E Chassen muss e Fresser sein.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 809.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Derselbe wurde nämlich als solcher nicht nur häufig zu Mahlzeiten, Hochzeiten, Beschneidungen u. s. w. gebeten, sondern er erhielt auch als Gefälle seines Amts die Kaldaunen der geschlachteten Thiere, sodass er allerdings zu reichlichem Essen Veranlassung hatte.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Chaussee.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Chaussee und Vollgesöff sind Herr.</hi> (<hi rendition="#i">Rheinhessen.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Cheen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Cheen geht über Schön.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 738.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Anmuth geht über Schönheit.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Das erstmol is Cheen, das zwaatmol schön, das drittmol schlagt mer uf die Zähn.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 899.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Witze und Neckereien, wie anmuthig sie anfänglich sein mögen, sie werden später lästig.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Er hot seinen ganzen Cheen uf'n geworfen.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 39.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Von jemand, dem man sehr hold ist.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Sie hat den Cheen von Esther.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 39.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Von anmuthigen Frauen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Chelbenah.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Chelbene<hi rendition="#sup">1</hi> gehört nach darunter.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.- deutsch.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 582.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Nämlich Galbaum (<hi rendition="#i">2 Mos. 30, 34</hi>), ein stark und widrig riechendes Gummi Syriens, das auch unter das Räucherwerk im Tempel gethan wurde, um anzudeuten, dass unter den Frommen auch der Sünder geduldet werden müsse.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Chiddesch.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Was get es Chiddesch?<hi rendition="#sup">1</hi> Uf Wein macht mer Kiddesch<hi rendition="#sup">2</hi>.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 501.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Neuigkeit.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">2</hi>) Der Segen, der an Feiertagen über den Wein gesprochen wird. &#x2013; Scherzhafte Antwort auf die Frage, was es Neues gebe.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Chilek.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*1 Ich fall' um den Chilek nicht die Treppe hinunter.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 587.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn von zwei Personen die Rede ist, und jemand der einen vor der andern den Vorzug geben will, um zu sagen, dass beide einander nichts nehmen. Der Chilek (Unterschied zwischen beiden) ist nicht so bedeutend, dass es sich lohnte, sich, um ihn zu erlangen, die Treppe hinabzustürzen. Dieselbe Bedeutung hat die folgende Redensart:</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*2 Ich kaaf den Chilek nicht theuer.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 587.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">China.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 In China braucht man papierne Kähne und eiserne Ruderer.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Bezieht sich auf die Hindernisse, welche die mitunter reissenden oder gar durch Felsen gesperrten Ströme der Schiffahrt entgegensetzen. &#x2013; China kommt zur Charakterisirung <cb n="532"/>
in den Sprichwörtern verschiedener Völker vor. Der Spanier sagt von jemand, dem das Glück günstig gewesen ist: Ihm ist China zugefallen; obgleich er den Chinesen für einen Dummkopf hält; wenigstens ruft er, wenn er meint, dass man ihn übervortheilen will, aus: Sind wir denn Chinesen? (Somos Chinos?) Von einem Menschen, der sich durch allerhand Dinge vor andern auszeichnet, sagt der Neugrieche: Es ist ein Chinese; und von jemand, der viel Geld hat, der Portugiese: Er hat viel China. (<hi rendition="#i">Reinsberg VI, 101.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 In China wirft man nichts weg.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Das übervölkerte Land treibt zur Sparsamkeit und zu sorgfältiger Benutzung des Bodens und der Erzeugnisse desselben.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Wenn du ganz China kaufst, so werden doch immer Länder an die deinigen grenzen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Alles kann man nicht haben.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Chocolade.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Das ist (er hat, liebt u. s. w.) danziger Chocolade.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Nämlich Geld. Die Redensart hat ihren Ursprung von der Einnahme Danzigs durch die Franzosen am 24. Mai 1807. Napoleon liess den Marschall Lefebvre, der die Einnahme erreicht hatte, zu sich kommen und gab ihm ein Päckchen danziger Chocolade zum Andenken an den Sieg mit den Worten: &#x201E;Kleine Geschenke unterhalten die Freundschaft.&#x201C; Bei der Oeffnung fand der Marschall 100000 Kronthaler in Banknoten darin.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Hebt gij wel Dantziger chocolade? (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 107.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Cholera.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Die Cholera war bei uns früher auch nicht da.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Chor.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*1 Ein Chor der Rache.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sandvoss, 185.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*2 Einen zu Chore treiben.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Kirre machen, zur Vernunft bringen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*3 Mit einem zu Chor gehen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Mathesy, I, 130<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*4 Ueber den Chor hinaustanzen (oder: ausserhalb des Chores tanzen).</hi> (<hi rendition="#i">Altgr.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Von denen, die etwas thun, was mit ihren Vorsätzen, Grundsätzen oder mit den Gesetzen der Gesellschaft nicht übereinstimmt. Die, welche die Chöre aufführten, waren an eine bestimmte Grenze, einen bestimmten Rhythmus gebunden.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Chorherr.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Wir können nicht alle Chorherren sein.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Kirchhofer, 219.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*2 Es ist ein sauberer Chorherr.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Chratte.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Wenn es Paar bin e nangere si, muss eine de Chratte trüge.</hi> (<hi rendition="#i">Oberaargau.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schweiz, 72, 21.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head><hi rendition="#b">Chriesi</hi> (Kirschen).</head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 D' Chriesi hend Stei für keinen allein; d' Chriesi hend Stiel, 's 'kas essen, wer will.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Kirchhofer, 305.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Hättest keine Chriesi gessen, hättest keine Steine im Bauch.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Kirchhofer, 305.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Wie viel Chriesi, so viel Stein.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Kirchhofer, 305.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Chrisam.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*1 An dem ist Chrisam<hi rendition="#sup">1</hi> und Taufe verloren.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sailer, 301; Kirchhofer, 132; Henisch, 624; Simrock, 1437<hi rendition="#sup">a</hi>; Eiselein, 106; Mayer, II, 78.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) <hi rendition="#i">Mathesy (I, 138<hi rendition="#sup">a</hi>)</hi> hat Craesam oder Tauffe. &#x2013; Alles, Mühe und Kosten umsonst verwenden. Wol ursprünglich von solchen Proselyten, die um des Gewinnes wegen einen andern Glauben angenommen.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Oleum et operam perdidit. (<hi rendition="#i">Philippi, II, 64.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*2 Er soll den Chrisam auf seinen Kopf bekommen.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Chrisamskinder.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Chrisamskinder rührt kein Schinder.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Fischart, Gesch.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Christ.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Aller Christen jammer stirbt hie.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 602.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 An einem Christen stirbt nichts, nur sein Creutz vnnd elend.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 602.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Bey den Christen will jedermann fewer holen vnnd Ritter an jhnen werden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 602.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Christen an der König Höf sind Wildtprät.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Zeytbuch, II, CXLIII<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Christen haben ausswendig streit, inwendig furcht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 602.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Christen haben ein Seel voll Gottes vnd einen Leib voll leidens.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 602.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Christen haben keine Nachbarn.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 1450.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Christen haben keine Planeten, sondern Gott zum Propheten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 7939.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[266]/0294] 2 Wer die Charybdis will vermeiden, muss bei der Scylla Schiffbruch leiden. Charybdis und Scylla sind die Namen, die man früher zwei Strudeln des Mittelländischen Meeres unweit des Hafens von Messina gab. Diese beiden, einander gegenüberliegenden Schlünde waren dem Seefahrer, besonders als sich die Schiffahrt noch in ihrer Kindheit befand, äusserst gefährlich. Virgil und die Geschichte des Ulysses beweisen uns hinlänglich, wie man zu jener Zeit über diese Strudel dachte, und die Vorsichtsmassregeln, die jeder Schiffer nahm, um sie zu vermeiden. Sehr häufig aber wurden die, welche mit aller Anstrengung der Charybdis entronnen waren, von der Scylla ergriffen, daher der Sinn des obigen Sprichworts, dass wer ein Uebel vermeiden wolle, oft in ein anderes, noch schlimmeres falle. Wahrscheinlich verdankt dies alte Sprichwort der Fabel des Homer seine Entstehung, nach welcher Ulysses, während er aus Furcht vor der Charybdis mit seinem Schiffe zu nahe an die Scylla gerieth, sechs von seinen Begleitern verlor. Frz.: Tomber de Charybde en Scylla. (Lendroy, 1374.) Lat.: Incidit in Scyllam, qui vult vitare Charybdim. (Wiegand, 715.) *3 Aus der Charybdis in die Scylla fallen. Chasonim. Chasonim sind Narronim. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 821. Der Chassen muss ein Narr (s. d.) sein. Chasonim = Mehrzahl von Chassen; Narronim, von Narr, des Reims wegen mit hebräischer Biegung. Chassen. 1 Der Chassen muss e Narr sein. (Jüd.- deutsch.) – Tendlau, 821. Vermuthlich weil er, als der Vorbeter, bei diesen Mahlzeiten nicht selten als Lustigmacher fungirte. (S. Chasonim.) 2 E Chassen muss e Fresser sein. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 809. Derselbe wurde nämlich als solcher nicht nur häufig zu Mahlzeiten, Hochzeiten, Beschneidungen u. s. w. gebeten, sondern er erhielt auch als Gefälle seines Amts die Kaldaunen der geschlachteten Thiere, sodass er allerdings zu reichlichem Essen Veranlassung hatte. Chaussee. Chaussee und Vollgesöff sind Herr. (Rheinhessen.) Cheen. 1 Cheen geht über Schön. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 738. Anmuth geht über Schönheit. 2 Das erstmol is Cheen, das zwaatmol schön, das drittmol schlagt mer uf die Zähn. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 899. Witze und Neckereien, wie anmuthig sie anfänglich sein mögen, sie werden später lästig. 3 Er hot seinen ganzen Cheen uf'n geworfen. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 39. Von jemand, dem man sehr hold ist. 4 Sie hat den Cheen von Esther. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 39. Von anmuthigen Frauen. Chelbenah. Chelbene1 gehört nach darunter. (Jüd.- deutsch.) – Tendlau, 582. 1) Nämlich Galbaum (2 Mos. 30, 34), ein stark und widrig riechendes Gummi Syriens, das auch unter das Räucherwerk im Tempel gethan wurde, um anzudeuten, dass unter den Frommen auch der Sünder geduldet werden müsse. Chiddesch. Was get es Chiddesch?1 Uf Wein macht mer Kiddesch2. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 501. 1) Neuigkeit. 2) Der Segen, der an Feiertagen über den Wein gesprochen wird. – Scherzhafte Antwort auf die Frage, was es Neues gebe. Chilek. *1 Ich fall' um den Chilek nicht die Treppe hinunter. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 587. Wenn von zwei Personen die Rede ist, und jemand der einen vor der andern den Vorzug geben will, um zu sagen, dass beide einander nichts nehmen. Der Chilek (Unterschied zwischen beiden) ist nicht so bedeutend, dass es sich lohnte, sich, um ihn zu erlangen, die Treppe hinabzustürzen. Dieselbe Bedeutung hat die folgende Redensart: *2 Ich kaaf den Chilek nicht theuer. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 587. China. 1 In China braucht man papierne Kähne und eiserne Ruderer. Bezieht sich auf die Hindernisse, welche die mitunter reissenden oder gar durch Felsen gesperrten Ströme der Schiffahrt entgegensetzen. – China kommt zur Charakterisirung in den Sprichwörtern verschiedener Völker vor. Der Spanier sagt von jemand, dem das Glück günstig gewesen ist: Ihm ist China zugefallen; obgleich er den Chinesen für einen Dummkopf hält; wenigstens ruft er, wenn er meint, dass man ihn übervortheilen will, aus: Sind wir denn Chinesen? (Somos Chinos?) Von einem Menschen, der sich durch allerhand Dinge vor andern auszeichnet, sagt der Neugrieche: Es ist ein Chinese; und von jemand, der viel Geld hat, der Portugiese: Er hat viel China. (Reinsberg VI, 101.) 2 In China wirft man nichts weg. Das übervölkerte Land treibt zur Sparsamkeit und zu sorgfältiger Benutzung des Bodens und der Erzeugnisse desselben. 3 Wenn du ganz China kaufst, so werden doch immer Länder an die deinigen grenzen. Alles kann man nicht haben. Chocolade. * Das ist (er hat, liebt u. s. w.) danziger Chocolade. Nämlich Geld. Die Redensart hat ihren Ursprung von der Einnahme Danzigs durch die Franzosen am 24. Mai 1807. Napoleon liess den Marschall Lefebvre, der die Einnahme erreicht hatte, zu sich kommen und gab ihm ein Päckchen danziger Chocolade zum Andenken an den Sieg mit den Worten: „Kleine Geschenke unterhalten die Freundschaft.“ Bei der Oeffnung fand der Marschall 100000 Kronthaler in Banknoten darin. Holl.: Hebt gij wel Dantziger chocolade? (Harrebomée, I, 107.) Cholera. Die Cholera war bei uns früher auch nicht da. Chor. *1 Ein Chor der Rache. – Sandvoss, 185. *2 Einen zu Chore treiben. Kirre machen, zur Vernunft bringen. *3 Mit einem zu Chor gehen. – Mathesy, I, 130b. *4 Ueber den Chor hinaustanzen (oder: ausserhalb des Chores tanzen). (Altgr.) Von denen, die etwas thun, was mit ihren Vorsätzen, Grundsätzen oder mit den Gesetzen der Gesellschaft nicht übereinstimmt. Die, welche die Chöre aufführten, waren an eine bestimmte Grenze, einen bestimmten Rhythmus gebunden. Chorherr. 1 Wir können nicht alle Chorherren sein. – Kirchhofer, 219. *2 Es ist ein sauberer Chorherr. Chratte. Wenn es Paar bin e nangere si, muss eine de Chratte trüge. (Oberaargau.) – Schweiz, 72, 21. Chriesi (Kirschen). 1 D' Chriesi hend Stei für keinen allein; d' Chriesi hend Stiel, 's 'kas essen, wer will. – Kirchhofer, 305. 2 Hättest keine Chriesi gessen, hättest keine Steine im Bauch. – Kirchhofer, 305. 3 Wie viel Chriesi, so viel Stein. – Kirchhofer, 305. Chrisam. *1 An dem ist Chrisam1 und Taufe verloren. – Sailer, 301; Kirchhofer, 132; Henisch, 624; Simrock, 1437a; Eiselein, 106; Mayer, II, 78. 1) Mathesy (I, 138a) hat Craesam oder Tauffe. – Alles, Mühe und Kosten umsonst verwenden. Wol ursprünglich von solchen Proselyten, die um des Gewinnes wegen einen andern Glauben angenommen. Lat.: Oleum et operam perdidit. (Philippi, II, 64.) *2 Er soll den Chrisam auf seinen Kopf bekommen. Chrisamskinder. Chrisamskinder rührt kein Schinder. – Fischart, Gesch. Christ. 1 Aller Christen jammer stirbt hie. – Henisch, 602. 2 An einem Christen stirbt nichts, nur sein Creutz vnnd elend. – Henisch, 602. 3 Bey den Christen will jedermann fewer holen vnnd Ritter an jhnen werden. – Henisch, 602. 4 Christen an der König Höf sind Wildtprät. – Zeytbuch, II, CXLIIIb. 5 Christen haben ausswendig streit, inwendig furcht. – Henisch, 602. 6 Christen haben ein Seel voll Gottes vnd einen Leib voll leidens. – Henisch, 602. 7 Christen haben keine Nachbarn. – Simrock, 1450. 8 Christen haben keine Planeten, sondern Gott zum Propheten. – Simrock, 7939.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:54:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:54:38Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/294
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [266]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/294>, abgerufen am 25.11.2024.