Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.[Spaltenumbruch] gross wie ein Handteller sein: Athies, Fourques, Ennemain sont trois villages en une main. (Reinsberg V, 140.) Und von sechs andern Dörfern lassen sie das Sprichwort sagen, dass sie zusammen in einem Haufen liegen: Salleux, Sallouel, Ver, Bacouel, Plachy, Oubion (Buyon). (Reinsberg V, 163.) 26 Wo ein Dorf ist ane Nid, ich weiss wol, dass es öde lit. - Freidank. *27 Doss seyn mer Bühmsche Dörffer. - Robinson, 439; Reinsberg V, 38. Sagt jemand, dem eine Sache fremd vorkommt, von der er keine Kenntniss besitzt. Wie die einen meinen, ist die Redensart daher entstanden, weil die Namen den der böhmischen Sprache unkundigen Deutschen so schwer auszusprechen sind, dass man unverständliche und unbekannte Dinge damit bezeichnete. Andere leiten den Ursprung aus dem Dreissigjährigen Kriege her, der in Böhmen alles verwüstet hatte, sodass der Anblick eines dortigen Dorfes entweder wegen der Seltenheit derselben oder wegen ihrer verwüsteten Gestalt eine Art Verwunderung erregte. Noch andere verlegen seinen Ursprung in den Hussitenkrieg, indem ebenfalls so viele Dörfer verwüstet wurden, dass man selten eins erblickte. Berckenmeyer sagt in seinem Antiquarius: "Böhmen war im Jahre 1466 so sehr ruinirt, dass man weit und breit kein Dorf sehen konnte, woher dies Sprichwort entstand." - Die Herleitung der Redensart aus Jakob Böhme's dunkeln Schriften (vgl. Act. Philos., I, 600) ist mehr als gezwungen. Vgl. über die Redensart auch Zeileri Epist., II, 95. - Jüdisch-deutsch heisst es bei Tendlau (Nr. 112) Das sen polnische Dörfer für mich. Dem deutschen Juden lag durch den Verkehr mit Polen diese Bezeichnung näher. Frz.: C'est du grec, de l'hebreu, de l'algebre pour lui. (Starschedel, 389; Kritzinger, 18.) *28 Er ist nie aus seinem Dorfe herausgekommen. Frz.: Il n'a jamais perdu de vue le clocher de son village. (Lendroy, 448.) *29 Er solt ehe eyn dorff verzeren, dann eyn hauss gewinnen. - Franck, II, 66b; Tappius, 79a; Lehmann, II, 146, 5; Henisch, 732; Sutor, 81; Sailer, 300. Lat.: Promus magis quam condus. Dorfgericht. Vom Dorfgericht zum Stadtgericht, vom Stadtgericht zum Hofgericht, vom Hofgericht zum Kammergericht. - Graf, 477, 640. Dorfkrähe. * Es ist eine geputzte Dorfkrähe. (Niederlausitz.) Eine verputzte Frauensperson vom Lande. Dörflein. 1 Es ist kein dorfflin so klein, es wirt des iars einmal kirchweyhe darynnen. - Agricola I, 342; Latendorf, 128; Henisch, 731; Sailer, 234; Eiselein, 123; Sutor, 161; Siebenkees, 293; Grimm, II, 1282; Pistor., V, 44; Estor, I, 197; Egenolff, 135a; Franck, II, 7; Gruter, I, 34; Petri, II, 266; Graf, 548, 83. Niemand ist so arm, dass er nicht zuweilen einen Freudentag habe; da es aber auf den Kirmessen selten ohne Zank abgeht, so gebraucht man das Sprichwort scherzweise auch, wenn Leute, z. B. Ehegatten, einmal miteinander in Zwist gerathen. Holl.: Er is geen dorpje zoo klein, of er is eenmal 's jaars kermis. - Het is een slecht (arm) dorp, waar het nimmer kermis is. (Harrebomee, I, 149.) 2 Es ist kein Dörflein so klein, Hammerschmiede müssen drin sein. 3 Es ist kein Dörflein so klein, Schulmeister müssen drin sein. - Volksbote, VII. 4 Jedes Dörffl hat sein Kirchtag. - Sutor, 972. Lat.: Semel in anno ridet Apollo. (Sutor, 972.) Dorfleute. Dorfleute haben hölzerne Trompeten. Dorfmann. Der Dorfmann übel ist bericht, kann der Pfaff den Glauben nicht. - Freidank. Dorfschulz. Jeder Dorfschulz hält sich wichtiger als der Kaiser. Dorfteufel. *1 Dorfteufel trinken. - Meisner, 54. *2 Es ist ein dummer Dorfteufel. Dorn. 1 An den Dornen bleibt viel Wolle hängen. 2 Auch unter Dornen wachsen Rosen. It.: Anco tra le spine nascono le rose. (Bohn I, 72.) - Il fiore tra le spine spicca et odora. (Pazzaglia, 124, 6.) Lat.: Rosa etiam inter vepres. (Gaal, 300.) Poln.: Czasem tez i miedzypokrzywami lilia rosnie. 3 Auss Dornen wachsen Rosen. - Lehmann, 172, 60. Lat.: Quum pusilla est spina bona videtur. (Eiselein, 123.) [Spaltenumbruch] 4 Dass die Dornen werden geacht, das haben allein die Rosen gemacht. - Henisch, 735; Lehmann, 262, 19; Eiselein, 123; Simrock, 1670. 5 Der Dorn kratzt das Pferd nicht. Der Ton ist hier auf der. Von daher ist nichts zu fürchten; der ist viel zu ohnmächtig, ungeschickt u. s. w., um mir etwas anzuhaben. 6 Der Dorn spitzt sich in der Jugend. 7 Der Dorn sticht, ein Degen durchbohrt. - Eiselein, 123; Simrock, 1674. Lat.: Arista pungit, mucro ferri perforat. (Eiselein, 123.) 8 Die Dornen stechen sich wol, aber sie halten doch zusammen. So sind auch schlechte Leute oft eins für ihre Zwecke, wenn sie sich auch zuweilen ausschelten. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. 9 Die Dornen wachsen eher als die Rosen. 10 Dorn schützen Rosen. - Petri, II, 154. 11 Dorn vnd Distel stechen sehr, falsche Zungen noch viel mehr. - Lehmann, II, 86, 184; Pauli, Postilla, 97a; Gruter, III, 22; Simrock, 1672. 12 Dörnen lassen das Stechen nit. - Lehmann, 97, 9. 13 Dornen ohne Rosen pflückt nur der Blinde. Und wol auch dieser kaum, denn Blinde haben ein feines Gefühl; also wol nur der Thor. 14 Dornen schützen den Baum. Die Chinesen sagen: Um ihn zu schützen, legt man Dornen um den Baum, legt man sie aber zu fest an, so verletzen sie seine Rinde. (Reinsberg III, 139.) 15 Dörner kommen vor den Rosen und der Charfreitag vor Ostern. - Mayer, II, 158. 16 Ein Dorn hat eine feine Spitze, aber den sie sticht, der fühlt sie wohl. 17 Ein Dorn macht keine Hecke. 18 Fürchte nicht der Dornen Stechen, willst du schöne Rosen brechen. - Simrock, 1671. 19 Lieber in Dorn vnd Distel baden, dann mit falschen Zungen seyn beladen. - Lehmann, II, 86, 184; 434, 76; Pauli, Postilla, 97a; Simrock, 1673. 20 Man muss Dornen Dornen sein lassen. 21 Mancher ist einem (im Leben) ein Dorn im Auge, könte er jhn nach dem Todt mit den Nägeln wieder ausgraben, er wird es nicht sparen. - Lehmann, II, 410, 46; Sailer, 80; Gruter, III, 68. Von Veränderung der Ansichten. 22 Mit dem Dorn (den man ausreisst) wird auch der Kohl verletzt. - Tendlau, 827. Folgen schlimmer Gesellschaft. Mitgegangen, mitgefangen u. s. w. 23 Ohne Dornen keine Rosen. Nichts ohne Mühe. Kein Gut ohne Anstrengung. Frz.: Il n'y a point de roses sans epines. - L'epine tient a la rose. 24 So viel Dorn ein Rosenstock, so viel Haar' ein Ziegenbock, so viel Flöh' ein Pudelhund, so viel Lug in Pfaffenmund. 25 Unter den Dornen gehe nicht barfuss! 26 Unter Dornen wachsen Rosen. - Eiselein, 123; Simrock, 1669; Reinsberg II, 134. 27 Vnter den dörnen leg schuh an. - Henisch, 733; Lehmann, II, 792, 113; Simrock, 1677. 28 Von Dornen liest man keine Trauben. - Lehmann, 100, 61; Körte, 932; Simrock, 1675; Reinsberg II, 59. 29 Was ein Dorn werden will, muss die Spitze in die Höhe kehren. - Winckler, XVII, 38. 30 Was zum Dorn werden will, spitzt sich (sticht) früh. (S. Nessel.) - Lehmann, 541, 70; Simrock, 1676; Struve, II, 15; Boebel, 146; Reinsberg II, 61. Engl.: It early pricks, that will be a thorn. (Gaal, 299.) Frz.: Le vrai talent ne tarde pas a percer. - L'epine en naissant va la pointe devant. - On voit deja ou l'epine veut poindre. (Bohn I, 33.) Holl.: Het moet vroeg steken, dat een goede doorn zal worden. (Harrebomee, I, 148.) It.: Se sara rosa, fiorira, s'ella ha spina pugnera. Lat.: Protinus adparet, quae fructum planta datura est. (Philippi, II, 112.) Ung.: Minden botnak vegen a feje. 31 Wenn der Dorn klein ist, so scheint er gut zu sein. - Henisch, 736. Die Kindheit ist stets liebenswürdig, wie selbst ein Dorn unschädlich ist, bis er durch das Alter hart geworden.
[Spaltenumbruch] gross wie ein Handteller sein: Athies, Fourques, Ennemain sont trois villages en une main. (Reinsberg V, 140.) Und von sechs andern Dörfern lassen sie das Sprichwort sagen, dass sie zusammen in einem Haufen liegen: Salleux, Sallouel, Ver, Bacouel, Plachy, Oubion (Buyon). (Reinsberg V, 163.) 26 Wo ein Dorf ist ane Nid, ich weiss wol, dass es öde lit. – Freidank. *27 Doss seyn mer Bühmsche Dörffer. – Robinson, 439; Reinsberg V, 38. Sagt jemand, dem eine Sache fremd vorkommt, von der er keine Kenntniss besitzt. Wie die einen meinen, ist die Redensart daher entstanden, weil die Namen den der böhmischen Sprache unkundigen Deutschen so schwer auszusprechen sind, dass man unverständliche und unbekannte Dinge damit bezeichnete. Andere leiten den Ursprung aus dem Dreissigjährigen Kriege her, der in Böhmen alles verwüstet hatte, sodass der Anblick eines dortigen Dorfes entweder wegen der Seltenheit derselben oder wegen ihrer verwüsteten Gestalt eine Art Verwunderung erregte. Noch andere verlegen seinen Ursprung in den Hussitenkrieg, indem ebenfalls so viele Dörfer verwüstet wurden, dass man selten eins erblickte. Berckenmeyer sagt in seinem Antiquarius: „Böhmen war im Jahre 1466 so sehr ruinirt, dass man weit und breit kein Dorf sehen konnte, woher dies Sprichwort entstand.“ – Die Herleitung der Redensart aus Jakob Böhme's dunkeln Schriften (vgl. Act. Philos., I, 600) ist mehr als gezwungen. Vgl. über die Redensart auch Zeileri Epist., II, 95. – Jüdisch-deutsch heisst es bei Tendlau (Nr. 112) Das sen polnische Dörfer für mich. Dem deutschen Juden lag durch den Verkehr mit Polen diese Bezeichnung näher. Frz.: C'est du grec, de l'hébreu, de l'algèbre pour lui. (Starschedel, 389; Kritzinger, 18.) *28 Er ist nie aus seinem Dorfe herausgekommen. Frz.: Il n'a jamais perdu de vue le clocher de son village. (Lendroy, 448.) *29 Er solt ehe eyn dorff verzeren, dann eyn hauss gewinnen. – Franck, II, 66b; Tappius, 79a; Lehmann, II, 146, 5; Henisch, 732; Sutor, 81; Sailer, 300. Lat.: Promus magis quam condus. Dorfgericht. Vom Dorfgericht zum Stadtgericht, vom Stadtgericht zum Hofgericht, vom Hofgericht zum Kammergericht. – Graf, 477, 640. Dorfkrähe. * Es ist eine geputzte Dorfkrähe. (Niederlausitz.) Eine verputzte Frauensperson vom Lande. Dörflein. 1 Es ist kein dorfflin so klein, es wirt des iars einmal kirchweyhe darynnen. – Agricola I, 342; Latendorf, 128; Henisch, 731; Sailer, 234; Eiselein, 123; Sutor, 161; Siebenkees, 293; Grimm, II, 1282; Pistor., V, 44; Estor, I, 197; Egenolff, 135a; Franck, II, 7; Gruter, I, 34; Petri, II, 266; Graf, 548, 83. Niemand ist so arm, dass er nicht zuweilen einen Freudentag habe; da es aber auf den Kirmessen selten ohne Zank abgeht, so gebraucht man das Sprichwort scherzweise auch, wenn Leute, z. B. Ehegatten, einmal miteinander in Zwist gerathen. Holl.: Er is geen dorpje zoo klein, of er is eenmal 's jaars kermis. – Het is een slecht (arm) dorp, waar het nimmer kermis is. (Harrebomée, I, 149.) 2 Es ist kein Dörflein so klein, Hammerschmiede müssen drin sein. 3 Es ist kein Dörflein so klein, Schulmeister müssen drin sein. – Volksbote, VII. 4 Jedes Dörffl hat sein Kirchtag. – Sutor, 972. Lat.: Semel in anno ridet Apollo. (Sutor, 972.) Dorfleute. Dorfleute haben hölzerne Trompeten. Dorfmann. Der Dorfmann übel ist bericht, kann der Pfaff den Glauben nicht. – Freidank. Dorfschulz. Jeder Dorfschulz hält sich wichtiger als der Kaiser. Dorfteufel. *1 Dorfteufel trinken. – Meisner, 54. *2 Es ist ein dummer Dorfteufel. Dorn. 1 An den Dornen bleibt viel Wolle hängen. 2 Auch unter Dornen wachsen Rosen. It.: Anco tra le spine nascono le rose. (Bohn I, 72.) – Il fiore tra le spine spicca et odora. (Pazzaglia, 124, 6.) Lat.: Rosa etiam inter vepres. (Gaal, 300.) Poln.: Czasem tez i miedzypokrzywami lilia rosnie. 3 Auss Dornen wachsen Rosen. – Lehmann, 172, 60. Lat.: Quum pusilla est spina bona videtur. (Eiselein, 123.) [Spaltenumbruch] 4 Dass die Dornen werden geacht, das haben allein die Rosen gemacht. – Henisch, 735; Lehmann, 262, 19; Eiselein, 123; Simrock, 1670. 5 Der Dorn kratzt das Pferd nicht. Der Ton ist hier auf der. Von daher ist nichts zu fürchten; der ist viel zu ohnmächtig, ungeschickt u. s. w., um mir etwas anzuhaben. 6 Der Dorn spitzt sich in der Jugend. 7 Der Dorn sticht, ein Degen durchbohrt. – Eiselein, 123; Simrock, 1674. Lat.: Arista pungit, mucro ferri perforat. (Eiselein, 123.) 8 Die Dornen stechen sich wol, aber sie halten doch zusammen. So sind auch schlechte Leute oft eins für ihre Zwecke, wenn sie sich auch zuweilen ausschelten. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. 9 Die Dornen wachsen eher als die Rosen. 10 Dorn schützen Rosen. – Petri, II, 154. 11 Dorn vnd Distel stechen sehr, falsche Zungen noch viel mehr. – Lehmann, II, 86, 184; Pauli, Postilla, 97a; Gruter, III, 22; Simrock, 1672. 12 Dörnen lassen das Stechen nit. – Lehmann, 97, 9. 13 Dornen ohne Rosen pflückt nur der Blinde. Und wol auch dieser kaum, denn Blinde haben ein feines Gefühl; also wol nur der Thor. 14 Dornen schützen den Baum. Die Chinesen sagen: Um ihn zu schützen, legt man Dornen um den Baum, legt man sie aber zu fest an, so verletzen sie seine Rinde. (Reinsberg III, 139.) 15 Dörner kommen vor den Rosen und der Charfreitag vor Ostern. – Mayer, II, 158. 16 Ein Dorn hat eine feine Spitze, aber den sie sticht, der fühlt sie wohl. 17 Ein Dorn macht keine Hecke. 18 Fürchte nicht der Dornen Stechen, willst du schöne Rosen brechen. – Simrock, 1671. 19 Lieber in Dorn vnd Distel baden, dann mit falschen Zungen seyn beladen. – Lehmann, II, 86, 184; 434, 76; Pauli, Postilla, 97a; Simrock, 1673. 20 Man muss Dornen Dornen sein lassen. 21 Mancher ist einem (im Leben) ein Dorn im Auge, könte er jhn nach dem Todt mit den Nägeln wieder ausgraben, er wird es nicht sparen. – Lehmann, II, 410, 46; Sailer, 80; Gruter, III, 68. Von Veränderung der Ansichten. 22 Mit dem Dorn (den man ausreisst) wird auch der Kohl verletzt. – Tendlau, 827. Folgen schlimmer Gesellschaft. Mitgegangen, mitgefangen u. s. w. 23 Ohne Dornen keine Rosen. Nichts ohne Mühe. Kein Gut ohne Anstrengung. Frz.: Il n'y a point de roses sans épines. – L'épine tient à la rose. 24 So viel Dorn ein Rosenstock, so viel Haar' ein Ziegenbock, so viel Flöh' ein Pudelhund, so viel Lug in Pfaffenmund. 25 Unter den Dornen gehe nicht barfuss! 26 Unter Dornen wachsen Rosen. – Eiselein, 123; Simrock, 1669; Reinsberg II, 134. 27 Vnter den dörnen leg schuh an. – Henisch, 733; Lehmann, II, 792, 113; Simrock, 1677. 28 Von Dornen liest man keine Trauben. – Lehmann, 100, 61; Körte, 932; Simrock, 1675; Reinsberg II, 59. 29 Was ein Dorn werden will, muss die Spitze in die Höhe kehren. – Winckler, XVII, 38. 30 Was zum Dorn werden will, spitzt sich (sticht) früh. (S. Nessel.) – Lehmann, 541, 70; Simrock, 1676; Struve, II, 15; Boebel, 146; Reinsberg II, 61. Engl.: It early pricks, that will be a thorn. (Gaal, 299.) Frz.: Le vrai talent ne tarde pas à percer. – L'épine en naissant va la pointe devant. – On voit déjà où l'épine veut poindre. (Bohn I, 33.) Holl.: Het moet vroeg steken, dat een goede doorn zal worden. (Harrebomée, I, 148.) It.: Se sarà rosa, fiorirà, s'ella ha spina pugnerà. Lat.: Protinus adparet, quae fructum planta datura est. (Philippi, II, 112.) Ung.: Minden botnak végén a feje. 31 Wenn der Dorn klein ist, so scheint er gut zu sein. – Henisch, 736. Die Kindheit ist stets liebenswürdig, wie selbst ein Dorn unschädlich ist, bis er durch das Alter hart geworden.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p rendition="#et"><pb facs="#f0367" n="[339]"/><cb n="677"/> gross wie ein Handteller sein: Athies, Fourques, Ennemain sont trois villages en une main. (<hi rendition="#i">Reinsberg V, 140.</hi>) Und von sechs andern Dörfern lassen sie das Sprichwort sagen, dass sie zusammen in einem Haufen liegen: Salleux, Sallouel, Ver, Bacouel, Plachy, Oubion (Buyon). (<hi rendition="#i">Reinsberg V, 163.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">26 Wo ein Dorf ist ane Nid, ich weiss wol, dass es öde lit.</hi> – <hi rendition="#i">Freidank.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*27 Doss seyn mer Bühmsche Dörffer.</hi> – <hi rendition="#i">Robinson, 439; Reinsberg V, 38.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Sagt jemand, dem eine Sache fremd vorkommt, von der er keine Kenntniss besitzt. Wie die einen meinen, ist die Redensart daher entstanden, weil die Namen den der böhmischen Sprache unkundigen Deutschen so schwer auszusprechen sind, dass man unverständliche und unbekannte Dinge damit bezeichnete. Andere leiten den Ursprung aus dem Dreissigjährigen Kriege her, der in Böhmen alles verwüstet hatte, sodass der Anblick eines dortigen Dorfes entweder wegen der Seltenheit derselben oder wegen ihrer verwüsteten Gestalt eine Art Verwunderung erregte. Noch andere verlegen seinen Ursprung in den Hussitenkrieg, indem ebenfalls so viele Dörfer verwüstet wurden, dass man selten eins erblickte. <hi rendition="#i">Berckenmeyer</hi> sagt in seinem <hi rendition="#i">Antiquarius:</hi> „Böhmen war im Jahre 1466 so sehr ruinirt, dass man weit und breit kein Dorf sehen konnte, woher dies Sprichwort entstand.“ – Die Herleitung der Redensart aus <hi rendition="#i">Jakob Böhme's</hi> dunkeln Schriften (vgl. <hi rendition="#i">Act. Philos., I, 600</hi>) ist mehr als gezwungen. Vgl. über die Redensart auch <hi rendition="#i">Zeileri Epist., II, 95.</hi> – Jüdisch-deutsch heisst es bei <hi rendition="#i">Tendlau</hi> (Nr. 112) Das sen polnische Dörfer für mich. Dem deutschen Juden lag durch den Verkehr mit Polen diese Bezeichnung näher.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: C'est du grec, de l'hébreu, de l'algèbre pour lui. (<hi rendition="#i">Starschedel, 389; Kritzinger, 18.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*28 Er ist nie aus seinem Dorfe herausgekommen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Il n'a jamais perdu de vue le clocher de son village. (<hi rendition="#i">Lendroy, 448.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*29 Er solt ehe eyn dorff verzeren, dann eyn hauss gewinnen.</hi> – <hi rendition="#i">Franck, II, 66<hi rendition="#sup">b</hi>; Tappius, 79<hi rendition="#sup">a</hi>; Lehmann, II, 146, 5; Henisch, 732; Sutor, 81; Sailer, 300.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Promus magis quam condus.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dorfgericht.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Vom Dorfgericht zum Stadtgericht, vom Stadtgericht zum Hofgericht, vom Hofgericht zum Kammergericht.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 477, 640.</hi></p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dorfkrähe.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Es ist eine geputzte Dorfkrähe.</hi> (<hi rendition="#i">Niederlausitz.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et">Eine verputzte Frauensperson vom Lande.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dörflein.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Es ist kein dorfflin so klein, es wirt des iars einmal kirchweyhe darynnen.</hi> – <hi rendition="#i">Agricola I, 342; Latendorf, 128; Henisch, 731; Sailer, 234; Eiselein, 123; Sutor, 161; Siebenkees, 293; Grimm, II, 1282; Pistor., V, 44; Estor, I, 197; Egenolff, 135<hi rendition="#sup">a</hi>; Franck, II, 7; Gruter, I, 34; Petri, II, 266; Graf, 548, 83.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Niemand ist so arm, dass er nicht zuweilen einen Freudentag habe; da es aber auf den Kirmessen selten ohne Zank abgeht, so gebraucht man das Sprichwort scherzweise auch, wenn Leute, z. B. Ehegatten, einmal miteinander in Zwist gerathen.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Er is geen dorpje zoo klein, of er is eenmal 's jaars kermis. – Het is een slecht (arm) dorp, waar het nimmer kermis is. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 149.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Es ist kein Dörflein so klein, Hammerschmiede müssen drin sein.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Es ist kein Dörflein so klein, Schulmeister müssen drin sein.</hi> – <hi rendition="#i">Volksbote, VII.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Jedes Dörffl hat sein Kirchtag.</hi> – <hi rendition="#i">Sutor, 972.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Semel in anno ridet Apollo. (<hi rendition="#i">Sutor, 972.</hi>)</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dorfleute.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Dorfleute haben hölzerne Trompeten.</hi> </p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dorfmann.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Der Dorfmann übel ist bericht, kann der Pfaff den Glauben nicht.</hi> – <hi rendition="#i">Freidank.</hi></p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dorfschulz.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Jeder Dorfschulz hält sich wichtiger als der Kaiser.</hi> </p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dorfteufel.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*1 Dorfteufel trinken.</hi> – <hi rendition="#i">Meisner, 54.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*2 Es ist ein dummer Dorfteufel.</hi> </p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dorn.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 An den Dornen bleibt viel Wolle hängen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Auch unter Dornen wachsen Rosen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Anco tra le spine nascono le rose. (<hi rendition="#i">Bohn I, 72.</hi>) – Il fiore tra le spine spicca et odora. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 124, 6.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Rosa etiam inter vepres. (<hi rendition="#i">Gaal, 300.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Czasem tez i miedzypokrzywami lilia rosnie.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Auss Dornen wachsen Rosen.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 172, 60.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Quum pusilla est spina bona videtur. (<hi rendition="#i">Eiselein, 123.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><cb n="678"/> 4 Dass die Dornen werden geacht, das haben allein die Rosen gemacht.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 735; Lehmann, 262, 19; Eiselein, 123; Simrock, 1670</hi>.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Der Dorn kratzt das Pferd nicht.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Der Ton ist hier auf der. Von daher ist nichts zu fürchten; der ist viel zu ohnmächtig, ungeschickt u. s. w., um mir etwas anzuhaben.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Der Dorn spitzt sich in der Jugend.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Der Dorn sticht, ein Degen durchbohrt.</hi> – <hi rendition="#i">Eiselein, 123; Simrock, 1674.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Arista pungit, mucro ferri perforat. (<hi rendition="#i">Eiselein, 123.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">8 Die Dornen stechen sich wol, aber sie halten doch zusammen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">So sind auch schlechte Leute oft eins für ihre Zwecke, wenn sie sich auch zuweilen ausschelten. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">9 Die Dornen wachsen eher als die Rosen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">10 Dorn schützen Rosen.</hi> – <hi rendition="#i">Petri, II, 154.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">11 Dorn vnd Distel stechen sehr, falsche Zungen noch viel mehr.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, II, 86, 184; Pauli, Postilla, 97<hi rendition="#sup">a</hi>; Gruter, III, 22; Simrock, 1672.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">12 Dörnen lassen das Stechen nit.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 97, 9.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">13 Dornen ohne Rosen pflückt nur der Blinde.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Und wol auch dieser kaum, denn Blinde haben ein feines Gefühl; also wol nur der Thor.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">14 Dornen schützen den Baum.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Die Chinesen sagen: Um ihn zu schützen, legt man Dornen um den Baum, legt man sie aber zu fest an, so verletzen sie seine Rinde. (<hi rendition="#i">Reinsberg III, 139.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">15 Dörner kommen vor den Rosen und der Charfreitag vor Ostern.</hi> – <hi rendition="#i">Mayer, II, 158.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">16 Ein Dorn hat eine feine Spitze, aber den sie sticht, der fühlt sie wohl.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">17 Ein Dorn macht keine Hecke.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">18 Fürchte nicht der Dornen Stechen, willst du schöne Rosen brechen.</hi> – <hi rendition="#i">Simrock, 1671.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">19 Lieber in Dorn vnd Distel baden, dann mit falschen Zungen seyn beladen.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, II, 86, 184; 434, 76; Pauli, Postilla, 97<hi rendition="#sup">a</hi>; Simrock, 1673.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">20 Man muss Dornen Dornen sein lassen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">21 Mancher ist einem (im Leben) ein Dorn im Auge, könte er jhn nach dem Todt mit den Nägeln wieder ausgraben, er wird es nicht sparen.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, II, 410, 46; Sailer, 80; Gruter, III, 68.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Von Veränderung der Ansichten.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">22 Mit dem Dorn (den man ausreisst) wird auch der Kohl verletzt.</hi> – <hi rendition="#i">Tendlau, 827.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Folgen schlimmer Gesellschaft. Mitgegangen, mitgefangen u. s. w.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">23 Ohne Dornen keine Rosen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Nichts ohne Mühe. Kein Gut ohne Anstrengung.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Il n'y a point de roses sans épines. – L'épine tient à la rose.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">24 So viel Dorn ein Rosenstock, so viel Haar' ein Ziegenbock, so viel Flöh' ein Pudelhund, so viel Lug in Pfaffenmund.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">25 Unter den Dornen gehe nicht barfuss!</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">26 Unter Dornen wachsen Rosen.</hi> – <hi rendition="#i">Eiselein, 123; Simrock, 1669; Reinsberg II, 134.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">27 Vnter den dörnen leg schuh an.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 733; Lehmann, II, 792, 113; Simrock, 1677.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">28 Von Dornen liest man keine Trauben.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 100, 61; Körte, 932; Simrock, 1675; Reinsberg II, 59.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">29 Was ein Dorn werden will, muss die Spitze in die Höhe kehren.</hi> – <hi rendition="#i">Winckler, XVII, 38.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">30 Was zum Dorn werden will, spitzt sich (sticht) früh. (S. Nessel.)</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 541, 70; Simrock, 1676; Struve, II, 15; Boebel, 146; Reinsberg II, 61.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Engl.</hi>: It early pricks, that will be a thorn. (<hi rendition="#i">Gaal, 299.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Le vrai talent ne tarde pas à percer. – L'épine en naissant va la pointe devant. – On voit déjà où l'épine veut poindre. (<hi rendition="#i">Bohn I, 33.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Het moet vroeg steken, dat een goede doorn zal worden. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 148.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Se sarà rosa, fiorirà, s'ella ha spina pugnerà.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Protinus adparet, quae fructum planta datura est. (<hi rendition="#i">Philippi, II, 112.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Ung.</hi>: Minden botnak végén a feje.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">31 Wenn der Dorn klein ist, so scheint er gut zu sein.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 736.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Die Kindheit ist stets liebenswürdig, wie selbst ein Dorn unschädlich ist, bis er durch das Alter hart geworden.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"> </hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[339]/0367]
gross wie ein Handteller sein: Athies, Fourques, Ennemain sont trois villages en une main. (Reinsberg V, 140.) Und von sechs andern Dörfern lassen sie das Sprichwort sagen, dass sie zusammen in einem Haufen liegen: Salleux, Sallouel, Ver, Bacouel, Plachy, Oubion (Buyon). (Reinsberg V, 163.)
26 Wo ein Dorf ist ane Nid, ich weiss wol, dass es öde lit. – Freidank.
*27 Doss seyn mer Bühmsche Dörffer. – Robinson, 439; Reinsberg V, 38.
Sagt jemand, dem eine Sache fremd vorkommt, von der er keine Kenntniss besitzt. Wie die einen meinen, ist die Redensart daher entstanden, weil die Namen den der böhmischen Sprache unkundigen Deutschen so schwer auszusprechen sind, dass man unverständliche und unbekannte Dinge damit bezeichnete. Andere leiten den Ursprung aus dem Dreissigjährigen Kriege her, der in Böhmen alles verwüstet hatte, sodass der Anblick eines dortigen Dorfes entweder wegen der Seltenheit derselben oder wegen ihrer verwüsteten Gestalt eine Art Verwunderung erregte. Noch andere verlegen seinen Ursprung in den Hussitenkrieg, indem ebenfalls so viele Dörfer verwüstet wurden, dass man selten eins erblickte. Berckenmeyer sagt in seinem Antiquarius: „Böhmen war im Jahre 1466 so sehr ruinirt, dass man weit und breit kein Dorf sehen konnte, woher dies Sprichwort entstand.“ – Die Herleitung der Redensart aus Jakob Böhme's dunkeln Schriften (vgl. Act. Philos., I, 600) ist mehr als gezwungen. Vgl. über die Redensart auch Zeileri Epist., II, 95. – Jüdisch-deutsch heisst es bei Tendlau (Nr. 112) Das sen polnische Dörfer für mich. Dem deutschen Juden lag durch den Verkehr mit Polen diese Bezeichnung näher.
Frz.: C'est du grec, de l'hébreu, de l'algèbre pour lui. (Starschedel, 389; Kritzinger, 18.)
*28 Er ist nie aus seinem Dorfe herausgekommen.
Frz.: Il n'a jamais perdu de vue le clocher de son village. (Lendroy, 448.)
*29 Er solt ehe eyn dorff verzeren, dann eyn hauss gewinnen. – Franck, II, 66b; Tappius, 79a; Lehmann, II, 146, 5; Henisch, 732; Sutor, 81; Sailer, 300.
Lat.: Promus magis quam condus.
Dorfgericht.
Vom Dorfgericht zum Stadtgericht, vom Stadtgericht zum Hofgericht, vom Hofgericht zum Kammergericht. – Graf, 477, 640.
Dorfkrähe.
* Es ist eine geputzte Dorfkrähe. (Niederlausitz.)
Eine verputzte Frauensperson vom Lande.
Dörflein.
1 Es ist kein dorfflin so klein, es wirt des iars einmal kirchweyhe darynnen. – Agricola I, 342; Latendorf, 128; Henisch, 731; Sailer, 234; Eiselein, 123; Sutor, 161; Siebenkees, 293; Grimm, II, 1282; Pistor., V, 44; Estor, I, 197; Egenolff, 135a; Franck, II, 7; Gruter, I, 34; Petri, II, 266; Graf, 548, 83.
Niemand ist so arm, dass er nicht zuweilen einen Freudentag habe; da es aber auf den Kirmessen selten ohne Zank abgeht, so gebraucht man das Sprichwort scherzweise auch, wenn Leute, z. B. Ehegatten, einmal miteinander in Zwist gerathen.
Holl.: Er is geen dorpje zoo klein, of er is eenmal 's jaars kermis. – Het is een slecht (arm) dorp, waar het nimmer kermis is. (Harrebomée, I, 149.)
2 Es ist kein Dörflein so klein, Hammerschmiede müssen drin sein.
3 Es ist kein Dörflein so klein, Schulmeister müssen drin sein. – Volksbote, VII.
4 Jedes Dörffl hat sein Kirchtag. – Sutor, 972.
Lat.: Semel in anno ridet Apollo. (Sutor, 972.)
Dorfleute.
Dorfleute haben hölzerne Trompeten.
Dorfmann.
Der Dorfmann übel ist bericht, kann der Pfaff den Glauben nicht. – Freidank.
Dorfschulz.
Jeder Dorfschulz hält sich wichtiger als der Kaiser.
Dorfteufel.
*1 Dorfteufel trinken. – Meisner, 54.
*2 Es ist ein dummer Dorfteufel.
Dorn.
1 An den Dornen bleibt viel Wolle hängen.
2 Auch unter Dornen wachsen Rosen.
It.: Anco tra le spine nascono le rose. (Bohn I, 72.) – Il fiore tra le spine spicca et odora. (Pazzaglia, 124, 6.)
Lat.: Rosa etiam inter vepres. (Gaal, 300.)
Poln.: Czasem tez i miedzypokrzywami lilia rosnie.
3 Auss Dornen wachsen Rosen. – Lehmann, 172, 60.
Lat.: Quum pusilla est spina bona videtur. (Eiselein, 123.)
4 Dass die Dornen werden geacht, das haben allein die Rosen gemacht. – Henisch, 735; Lehmann, 262, 19; Eiselein, 123; Simrock, 1670.
5 Der Dorn kratzt das Pferd nicht.
Der Ton ist hier auf der. Von daher ist nichts zu fürchten; der ist viel zu ohnmächtig, ungeschickt u. s. w., um mir etwas anzuhaben.
6 Der Dorn spitzt sich in der Jugend.
7 Der Dorn sticht, ein Degen durchbohrt. – Eiselein, 123; Simrock, 1674.
Lat.: Arista pungit, mucro ferri perforat. (Eiselein, 123.)
8 Die Dornen stechen sich wol, aber sie halten doch zusammen.
So sind auch schlechte Leute oft eins für ihre Zwecke, wenn sie sich auch zuweilen ausschelten. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.
9 Die Dornen wachsen eher als die Rosen.
10 Dorn schützen Rosen. – Petri, II, 154.
11 Dorn vnd Distel stechen sehr, falsche Zungen noch viel mehr. – Lehmann, II, 86, 184; Pauli, Postilla, 97a; Gruter, III, 22; Simrock, 1672.
12 Dörnen lassen das Stechen nit. – Lehmann, 97, 9.
13 Dornen ohne Rosen pflückt nur der Blinde.
Und wol auch dieser kaum, denn Blinde haben ein feines Gefühl; also wol nur der Thor.
14 Dornen schützen den Baum.
Die Chinesen sagen: Um ihn zu schützen, legt man Dornen um den Baum, legt man sie aber zu fest an, so verletzen sie seine Rinde. (Reinsberg III, 139.)
15 Dörner kommen vor den Rosen und der Charfreitag vor Ostern. – Mayer, II, 158.
16 Ein Dorn hat eine feine Spitze, aber den sie sticht, der fühlt sie wohl.
17 Ein Dorn macht keine Hecke.
18 Fürchte nicht der Dornen Stechen, willst du schöne Rosen brechen. – Simrock, 1671.
19 Lieber in Dorn vnd Distel baden, dann mit falschen Zungen seyn beladen. – Lehmann, II, 86, 184; 434, 76; Pauli, Postilla, 97a; Simrock, 1673.
20 Man muss Dornen Dornen sein lassen.
21 Mancher ist einem (im Leben) ein Dorn im Auge, könte er jhn nach dem Todt mit den Nägeln wieder ausgraben, er wird es nicht sparen. – Lehmann, II, 410, 46; Sailer, 80; Gruter, III, 68.
Von Veränderung der Ansichten.
22 Mit dem Dorn (den man ausreisst) wird auch der Kohl verletzt. – Tendlau, 827.
Folgen schlimmer Gesellschaft. Mitgegangen, mitgefangen u. s. w.
23 Ohne Dornen keine Rosen.
Nichts ohne Mühe. Kein Gut ohne Anstrengung.
Frz.: Il n'y a point de roses sans épines. – L'épine tient à la rose.
24 So viel Dorn ein Rosenstock, so viel Haar' ein Ziegenbock, so viel Flöh' ein Pudelhund, so viel Lug in Pfaffenmund.
25 Unter den Dornen gehe nicht barfuss!
26 Unter Dornen wachsen Rosen. – Eiselein, 123; Simrock, 1669; Reinsberg II, 134.
27 Vnter den dörnen leg schuh an. – Henisch, 733; Lehmann, II, 792, 113; Simrock, 1677.
28 Von Dornen liest man keine Trauben. – Lehmann, 100, 61; Körte, 932; Simrock, 1675; Reinsberg II, 59.
29 Was ein Dorn werden will, muss die Spitze in die Höhe kehren. – Winckler, XVII, 38.
30 Was zum Dorn werden will, spitzt sich (sticht) früh. (S. Nessel.) – Lehmann, 541, 70; Simrock, 1676; Struve, II, 15; Boebel, 146; Reinsberg II, 61.
Engl.: It early pricks, that will be a thorn. (Gaal, 299.)
Frz.: Le vrai talent ne tarde pas à percer. – L'épine en naissant va la pointe devant. – On voit déjà où l'épine veut poindre. (Bohn I, 33.)
Holl.: Het moet vroeg steken, dat een goede doorn zal worden. (Harrebomée, I, 148.)
It.: Se sarà rosa, fiorirà, s'ella ha spina pugnerà.
Lat.: Protinus adparet, quae fructum planta datura est. (Philippi, II, 112.)
Ung.: Minden botnak végén a feje.
31 Wenn der Dorn klein ist, so scheint er gut zu sein. – Henisch, 736.
Die Kindheit ist stets liebenswürdig, wie selbst ein Dorn unschädlich ist, bis er durch das Alter hart geworden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-09-18T08:54:38Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-09-18T08:54:38Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |