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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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[Spaltenumbruch] haben: Calvo, ein Spanier, der in den Feldzügen gegen die Mauren Wunder der Tapferkeit gethan hatte, nahm unter Ludwig XIV. französische Dienste. Er war ein leidenschaftlicher Pferdeliebhaber. Sein Reitpferd nannte er Moncoeur. Nachdem er Mastricht gegen die Belagerung Wilhelm's III. von Oranien 40 Tage so vertheidigt hatte, dass die Belagerung aufgehoben werden musste, während Ludwig geglaubt hatte, die schwache Stadt werde sich nicht 15 Tage halten können, liess er Calvo zu sich kommen, um ihm persönlich seine Achtung zu bezeigen. Der König leitete die Unterhaltung auf die Pferde, bewunderte besonders das Reitpferd Calvo's und bot ihm zuletzt einen Tausch an. "Sire", erwiderte der brave Krieger, "fordern Ihre Majestät meine Gattin, ich werde sie Ihnen geben, aber lassen Sie mir Moncoeur." - "Ventre saint gris", unterbrach ihn der König, "Ihre Frau hat ja keine Zähne mehr." - "Sire", antwortete Calvo, "einem geschenkten Gaul sieht man nicht ins Maul." Der König brach in lautes Gelächter aus. Diese Antwort soll nun, unzähligemal wiederholt, in ein Sprichwort übergegangen sein. Da es sich aber schon in dem dritten, im Jahre 1612 erschienenen Theile von Gruter's Florilegium (43) unter den germanischen Proverbien aufgeführt findet, so ist es jedenfalls nur eine glückliche Anwendung des bereits vorhandenen viel ältern Sprichworts. Leroux (I, 102) führt es in der Form: A cheval donne ne luy regarde en la bouche, aus einer Sammlung des 16. Jahrhunderts (G. Meurier, Tresor des Sentences) an; aber er weist auch nach, dass es in einer andern Fassung: Cheval donne ne doit-on en dens regarder, chose donnee doit estre louee, bereits in einer Sprichwörtersammlung aus dem 13. Jahrhundert enthalten ist.

Dän.: Man skal ei skue given hest i munde. (Prov. dan., 286.)

Engl.: Look not a gift horse in the mouth. - The teeth of a horse of which a present has been made are not observed. (Gaal, 588.)

Frz.: Tout don plaire doibt. (Bovill, II, 221.)

Holl.: Men en sal den ghegheven peert niet nau in den mont sien. (Tunn., 17, 14.) - Men moet geen gegeven paard in den bek zien.

It.: A caval donato, non guardar in bocca. (Pazzaglia, 50, 2; Gaal, 588.)

Lat.: Donato non sunt ora inspicienda caballo. (Binder II, 846; Seybold, 355.) - Donum quodcunque probato. (Binder I, 366; II, 846; Erasm., 656; Faselius, 67 u. 166; Wiegand, 345; Philippi, I, 125; Seybold, 136.) - Noli equi dentes inspicere donati. (Tappius, 30b; Gaal, 588.) - Non debet ora dati caute inspectare caballi. - Placere debet quod gratis datur. (Bovill, II, 201.) - Si quis dat mannos, ne quaere in dentibus annos. - Si tibi do mannos, numeres ne dentibus annos. (Binder II, 3136; Neander, 312; Fallersleben, 480.)

Ung.: Az ajandek marhanak nem kell a fogat nezni. (Gaal, 588.)

26 Einen guten Gaul muss man nicht zu oft reiten. - Simrock, 3061.

27 Einen willigen Gaul und einen willigen Soldaten soll man nicht übertreiben, aber auch nicht hintertreiben, sie möchten sich sonst verstehen. - Opel, 385.

28 Em geschenkeden Gaule süht me nit in de Maule. (S. Pferd.) (Waldeck.) - Curtze, 345, 398; für Meiningen: Frommann, II, 407, 5.

Nach Mone (Quellen, S. 192) war das Sprichwort schon im 15. Jahrhundert bekannt. Die Walachen sagen: Einem geschenkten Esel sieht man nicht nach den Zähnen. (Aus der Walachei von Schuller, S. 27.)

29 Es bricht dem Gaul d' gurt, wan er im wasser schwimmen sol. - Gruter, III, 30; Lehmann, II, 152, 96.

30 Es ist der Gaul, der zieht, auf den man schlägt. - Auerbach, Dorfgesch., III, 282.

31 Es ist ein schlimmer Gaul, der zum Satteltragen zu faul.

It.: On cavallo e ben cattivo, se non puo portar la sella. (Pazzaglia, 54, 18.)

32 Es ist kein Gaul so alt, Kranck vnd krumb, wenn er bey einer Studen ist, so mückert vnnd gumpt er. - Lehmann, 147, 98 u. 499, 36.

33 Es ist kein Gaul so krank und alt, er gumpt, wenn ihm die Stute gefallt. - Eiselein, 210.

34 Es steht kein Gaul auf einem Bein.

35 Es stund nie kein gaul auff leichten beinen. - Henisch, 1375, 5; Petri, II, 299; Lehmann, II, 139, 118.

36 Es wäre ein alter Gaul, wenn er am ersten Lug ein Füllen worden wär'. (Schweiz.)

Von einem bekannten Lügner.

37 Fremder Gaul lehrt den Reiter zu Fuss gehen.

It.: Qui caddigat in caddu anzenu, a pe torrat.

[Spaltenumbruch] 38 Für ein Gaul ein Gur ist böser tausch. - Petri, II, 320.

39 Geschenktem Gaul sieh nicht ins Maul, nimms, die Haut ist dankenswerth. - Simrock, 3059.

40 Ich will den Gaul gewinnen oder den Sattel verlieren. - Simrock, 3071; Eiselein, 210.

Engl.: I'll win the horse, or lose the saddle. (Eiselein, 210.)

41 Kein schlimmer Gaul, denn gross vnd faul. - Henisch, 1374, 58; Petri, II, 418.

42 Kommt ein alter Gaul in Gang, so ist er nicht zu halten. - Körte, 1790.

So weiss auch ein alter Geck, wenn er einmal lustig ist, seiner Laune keine Grenze zu setzen.

Dän.: Naar gammel hest kommer i gang, er han ond at stille. (Prov. dan., 286.)

43 Man kann den Gaul erst reiten, wenn man ihn hat. - Simrock, 3064; Eiselein, 209.

Die Letten sagen: Man muss die Pilze erst pflücken, ehe man sie kocht. Die Russen: Man muss die Breter nicht eher schneiden, als bis man Holz hat. Ferner: Erst den Schlitten besorgen und dann das Geläut. Die Finnen: Siede nicht schon Theer, wenn dir noch die Tannen fehlen. (Reinsberg IV, 25.)

44 Man muss dem Gaul den Hafer nach der Last zumessen, die er trägt.

45 Man muss den alten Gaul nicht ins Grass schlagen, der vngemengten Hafer verdient. - Lehmann, 772, 11.

46 Man muss mit einem blinden Gaul pflügen, wenn man keinen sehenden hat.

47 Mancher reitet daher auff einem grossen Gaul, der vormals zu Fuss gieng. - Lehmann, II, 405, 68; Petri, II, 452.

48 Mit bösen geulen bricht man das eiss. - Franck, II, 90b; Tappius, 132a; Henisch, 1374; Gesner, I, 618; Simrock, 3062; Körte, 1789.

Es ist eine gefährliche Arbeit, für die man nicht gern ein gutes und werthvolles Pferd preisgibt.

Holl.: Mit quaden gulen brict men ijs. (Tunn., 18, 9; Harrebomee, I, 263.)

Lat.: Peior equus glaciem frangit pedibus male mollem. (Fallersleben, 513.)

49 Mit geborgten Gäulen ist schnell fahren.

50 Mit gutem Gaul, Latein und Geld kommt einer durch die ganze Welt.

Die Russen sagen: Mit einem goldenen Gaul kann man durch die ganze Welt reiten.

Lat.: It quocunque libet nummis instructus et astu.

51 Schebiger gaul will kein Strigel leiden. - Lehmann, 795, 15.

Die der Ermahnungen am meisten bedürfen, nehmen sie am widerwärtigsten auf.

52 Seinem Gaule und seinem Weibe soll man nie die Zügel schiessen lassen.

53 Soll der Gaul was taugen, so kauf' ihn nicht mit den Ohren, sondern mit den Augen.

54 Um einen alten Gaul trägt niemand Leid.

55 Voller gaul springt. - Franck, II, 48a; Henisch, 1374, 59; Lehmann, II, 793, 129; Simrock, 3067; Körte, 1793.

56 Wann de Gaul gestollen is, dann maket me de Döre tau. (S. Kuh u. Pferd.) (Waldeck.) - Curtze, 331, 209.

57 Wann die alten Gäul in gang kommen, so seindt sie nit zu halten. - Franck, II, 117a; Henisch, 1348; Lehmann, 8, 31 u. 147, 98; Lehmann, II, 827, 36; Gesner, I, 618; Simrock, 3068.

Ein jüdisch-deutsches Sprichwort sagt: Alt Eisik wird tänzerik. (Tendlau, 1001.) Der alte Isaak wird noch in seinem Alter ein leidenschaftlicher Tänzer.

Holl.: Als oude guilen beginnen te lopen, dan is er geen houden aan. (Harrebomee, I, 263.)

58 Wann die alten geul gehen werden, so stehen (sind) sie nit zu halten. - Tappius, 185a; Latendorf II, 32; Simrock, 3069.

59 Wem man den Gaul gibt, der fragt auch nach dem Kummt.

60 Wenn dein blinder Gaul soll sehen können, so verschenk' ihn. (Moskau.) - Altmann V.

61 Wenn der Gaul alt ist, übergibt man ihn den Hunden und Raben.

62 Wenn der Gaul den Stall wittert, verdoppelt er die Sprünge.

[Spaltenumbruch] haben: Calvo, ein Spanier, der in den Feldzügen gegen die Mauren Wunder der Tapferkeit gethan hatte, nahm unter Ludwig XIV. französische Dienste. Er war ein leidenschaftlicher Pferdeliebhaber. Sein Reitpferd nannte er Moncoeur. Nachdem er Mastricht gegen die Belagerung Wilhelm's III. von Oranien 40 Tage so vertheidigt hatte, dass die Belagerung aufgehoben werden musste, während Ludwig geglaubt hatte, die schwache Stadt werde sich nicht 15 Tage halten können, liess er Calvo zu sich kommen, um ihm persönlich seine Achtung zu bezeigen. Der König leitete die Unterhaltung auf die Pferde, bewunderte besonders das Reitpferd Calvo's und bot ihm zuletzt einen Tausch an. „Sire“, erwiderte der brave Krieger, „fordern Ihre Majestät meine Gattin, ich werde sie Ihnen geben, aber lassen Sie mir Moncoeur.“ – „Ventre saint gris“, unterbrach ihn der König, „Ihre Frau hat ja keine Zähne mehr.“ – „Sire“, antwortete Calvo, „einem geschenkten Gaul sieht man nicht ins Maul.“ Der König brach in lautes Gelächter aus. Diese Antwort soll nun, unzähligemal wiederholt, in ein Sprichwort übergegangen sein. Da es sich aber schon in dem dritten, im Jahre 1612 erschienenen Theile von Gruter's Florilegium (43) unter den germanischen Proverbien aufgeführt findet, so ist es jedenfalls nur eine glückliche Anwendung des bereits vorhandenen viel ältern Sprichworts. Leroux (I, 102) führt es in der Form: A cheval donné ne luy regarde en la bouche, aus einer Sammlung des 16. Jahrhunderts (G. Meurier, Trésor des Sentences) an; aber er weist auch nach, dass es in einer andern Fassung: Cheval donné ne doit-on en dens regarder, chose donnée doit estre louée, bereits in einer Sprichwörtersammlung aus dem 13. Jahrhundert enthalten ist.

Dän.: Man skal ei skue given hest i munde. (Prov. dan., 286.)

Engl.: Look not a gift horse in the mouth. – The teeth of a horse of which a present has been made are not observed. (Gaal, 588.)

Frz.: Tout don plaire doibt. (Bovill, II, 221.)

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Lat.: Donato non sunt ora inspicienda caballo. (Binder II, 846; Seybold, 355.) – Donum quodcunque probato. (Binder I, 366; II, 846; Erasm., 656; Faselius, 67 u. 166; Wiegand, 345; Philippi, I, 125; Seybold, 136.) – Noli equi dentes inspicere donati. (Tappius, 30b; Gaal, 588.) – Non debet ora dati caute inspectare caballi. – Placere debet quod gratis datur. (Bovill, II, 201.) – Si quis dat mannos, ne quaere in dentibus annos. – Si tibi do mannos, numeres ne dentibus annos. (Binder II, 3136; Neander, 312; Fallersleben, 480.)

Ung.: Az ajándék marhának nem kell a fogát nézni. (Gaal, 588.)

26 Einen guten Gaul muss man nicht zu oft reiten.Simrock, 3061.

27 Einen willigen Gaul und einen willigen Soldaten soll man nicht übertreiben, aber auch nicht hintertreiben, sie möchten sich sonst verstehen.Opel, 385.

28 Em geschenkeden Gûle süht me nit in de Mûle. (S. Pferd.) (Waldeck.) – Curtze, 345, 398; für Meiningen: Frommann, II, 407, 5.

Nach Mone (Quellen, S. 192) war das Sprichwort schon im 15. Jahrhundert bekannt. Die Walachen sagen: Einem geschenkten Esel sieht man nicht nach den Zähnen. (Aus der Walachei von Schuller, S. 27.)

29 Es bricht dem Gaul d' gurt, wan er im wasser schwimmen sol.Gruter, III, 30; Lehmann, II, 152, 96.

30 Es ist der Gaul, der zieht, auf den man schlägt.Auerbach, Dorfgesch., III, 282.

31 Es ist ein schlimmer Gaul, der zum Satteltragen zu faul.

It.: On cavallo è ben cattivo, se non può portar la sella. (Pazzaglia, 54, 18.)

32 Es ist kein Gaul so alt, Kranck vnd krumb, wenn er bey einer Studen ist, so mückert vnnd gumpt er.Lehmann, 147, 98 u. 499, 36.

33 Es ist kein Gaul so krank und alt, er gumpt, wenn ihm die Stute gefallt.Eiselein, 210.

34 Es steht kein Gaul auf einem Bein.

35 Es stund nie kein gaul auff leichten beinen.Henisch, 1375, 5; Petri, II, 299; Lehmann, II, 139, 118.

36 Es wäre ein alter Gaul, wenn er am ersten Lug ein Füllen worden wär'. (Schweiz.)

Von einem bekannten Lügner.

37 Fremder Gaul lehrt den Reiter zu Fuss gehen.

It.: Qui caddigat in caddu anzenu, a pè torrat.

[Spaltenumbruch] 38 Für ein Gaul ein Gur ist böser tausch.Petri, II, 320.

39 Geschenktem Gaul sieh nicht ins Maul, nimms, die Haut ist dankenswerth.Simrock, 3059.

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Engl.: I'll win the horse, or lose the saddle. (Eiselein, 210.)

41 Kein schlimmer Gaul, denn gross vnd faul.Henisch, 1374, 58; Petri, II, 418.

42 Kommt ein alter Gaul in Gang, so ist er nicht zu halten.Körte, 1790.

So weiss auch ein alter Geck, wenn er einmal lustig ist, seiner Laune keine Grenze zu setzen.

Dän.: Naar gammel hest kommer i gang, er han ond at stille. (Prov. dan., 286.)

43 Man kann den Gaul erst reiten, wenn man ihn hat.Simrock, 3064; Eiselein, 209.

Die Letten sagen: Man muss die Pilze erst pflücken, ehe man sie kocht. Die Russen: Man muss die Breter nicht eher schneiden, als bis man Holz hat. Ferner: Erst den Schlitten besorgen und dann das Geläut. Die Finnen: Siede nicht schon Theer, wenn dir noch die Tannen fehlen. (Reinsberg IV, 25.)

44 Man muss dem Gaul den Hafer nach der Last zumessen, die er trägt.

45 Man muss den alten Gaul nicht ins Grass schlagen, der vngemengten Hafer verdient.Lehmann, 772, 11.

46 Man muss mit einem blinden Gaul pflügen, wenn man keinen sehenden hat.

47 Mancher reitet daher auff einem grossen Gaul, der vormals zu Fuss gieng.Lehmann, II, 405, 68; Petri, II, 452.

48 Mit bösen geulen bricht man das eiss.Franck, II, 90b; Tappius, 132a; Henisch, 1374; Gesner, I, 618; Simrock, 3062; Körte, 1789.

Es ist eine gefährliche Arbeit, für die man nicht gern ein gutes und werthvolles Pferd preisgibt.

Holl.: Mit quaden gulen brict men ijs. (Tunn., 18, 9; Harrebomée, I, 263.)

Lat.: Peior equus glaciem frangit pedibus male mollem. (Fallersleben, 513.)

49 Mit geborgten Gäulen ist schnell fahren.

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52 Seinem Gaule und seinem Weibe soll man nie die Zügel schiessen lassen.

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54 Um einen alten Gaul trägt niemand Leid.

55 Voller gaul springt.Franck, II, 48a; Henisch, 1374, 59; Lehmann, II, 793, 129; Simrock, 3067; Körte, 1793.

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Ein jüdisch-deutsches Sprichwort sagt: Alt Eisik wird tänzerik. (Tendlau, 1001.) Der alte Isaak wird noch in seinem Alter ein leidenschaftlicher Tänzer.

Holl.: Als oude guilen beginnen te lopen, dan is er geen houden aan. (Harrebomée, I, 263.)

58 Wann die alten geul gehen werden, so stehen (sind) sie nit zu halten.Tappius, 185a; Latendorf II, 32; Simrock, 3069.

59 Wem man den Gaul gibt, der fragt auch nach dem Kummt.

60 Wenn dein blinder Gaul soll sehen können, so verschenk' ihn. (Moskau.) – Altmann V.

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[[682]/0710] haben: Calvo, ein Spanier, der in den Feldzügen gegen die Mauren Wunder der Tapferkeit gethan hatte, nahm unter Ludwig XIV. französische Dienste. Er war ein leidenschaftlicher Pferdeliebhaber. Sein Reitpferd nannte er Moncoeur. Nachdem er Mastricht gegen die Belagerung Wilhelm's III. von Oranien 40 Tage so vertheidigt hatte, dass die Belagerung aufgehoben werden musste, während Ludwig geglaubt hatte, die schwache Stadt werde sich nicht 15 Tage halten können, liess er Calvo zu sich kommen, um ihm persönlich seine Achtung zu bezeigen. Der König leitete die Unterhaltung auf die Pferde, bewunderte besonders das Reitpferd Calvo's und bot ihm zuletzt einen Tausch an. „Sire“, erwiderte der brave Krieger, „fordern Ihre Majestät meine Gattin, ich werde sie Ihnen geben, aber lassen Sie mir Moncoeur.“ – „Ventre saint gris“, unterbrach ihn der König, „Ihre Frau hat ja keine Zähne mehr.“ – „Sire“, antwortete Calvo, „einem geschenkten Gaul sieht man nicht ins Maul.“ Der König brach in lautes Gelächter aus. Diese Antwort soll nun, unzähligemal wiederholt, in ein Sprichwort übergegangen sein. Da es sich aber schon in dem dritten, im Jahre 1612 erschienenen Theile von Gruter's Florilegium (43) unter den germanischen Proverbien aufgeführt findet, so ist es jedenfalls nur eine glückliche Anwendung des bereits vorhandenen viel ältern Sprichworts. Leroux (I, 102) führt es in der Form: A cheval donné ne luy regarde en la bouche, aus einer Sammlung des 16. Jahrhunderts (G. Meurier, Trésor des Sentences) an; aber er weist auch nach, dass es in einer andern Fassung: Cheval donné ne doit-on en dens regarder, chose donnée doit estre louée, bereits in einer Sprichwörtersammlung aus dem 13. Jahrhundert enthalten ist. Dän.: Man skal ei skue given hest i munde. (Prov. dan., 286.) Engl.: Look not a gift horse in the mouth. – The teeth of a horse of which a present has been made are not observed. (Gaal, 588.) Frz.: Tout don plaire doibt. (Bovill, II, 221.) Holl.: Men en sal den ghegheven peert niet nau in den mont sien. (Tunn., 17, 14.) – Men moet geen gegeven paard in den bek zien. It.: A caval donato, non guardar in bocca. (Pazzaglia, 50, 2; Gaal, 588.) Lat.: Donato non sunt ora inspicienda caballo. (Binder II, 846; Seybold, 355.) – Donum quodcunque probato. (Binder I, 366; II, 846; Erasm., 656; Faselius, 67 u. 166; Wiegand, 345; Philippi, I, 125; Seybold, 136.) – Noli equi dentes inspicere donati. (Tappius, 30b; Gaal, 588.) – Non debet ora dati caute inspectare caballi. – Placere debet quod gratis datur. (Bovill, II, 201.) – Si quis dat mannos, ne quaere in dentibus annos. – Si tibi do mannos, numeres ne dentibus annos. (Binder II, 3136; Neander, 312; Fallersleben, 480.) Ung.: Az ajándék marhának nem kell a fogát nézni. (Gaal, 588.) 26 Einen guten Gaul muss man nicht zu oft reiten. – Simrock, 3061. 27 Einen willigen Gaul und einen willigen Soldaten soll man nicht übertreiben, aber auch nicht hintertreiben, sie möchten sich sonst verstehen. – Opel, 385. 28 Em geschenkeden Gûle süht me nit in de Mûle. (S. Pferd.) (Waldeck.) – Curtze, 345, 398; für Meiningen: Frommann, II, 407, 5. Nach Mone (Quellen, S. 192) war das Sprichwort schon im 15. Jahrhundert bekannt. Die Walachen sagen: Einem geschenkten Esel sieht man nicht nach den Zähnen. (Aus der Walachei von Schuller, S. 27.) 29 Es bricht dem Gaul d' gurt, wan er im wasser schwimmen sol. – Gruter, III, 30; Lehmann, II, 152, 96. 30 Es ist der Gaul, der zieht, auf den man schlägt. – Auerbach, Dorfgesch., III, 282. 31 Es ist ein schlimmer Gaul, der zum Satteltragen zu faul. It.: On cavallo è ben cattivo, se non può portar la sella. (Pazzaglia, 54, 18.) 32 Es ist kein Gaul so alt, Kranck vnd krumb, wenn er bey einer Studen ist, so mückert vnnd gumpt er. – Lehmann, 147, 98 u. 499, 36. 33 Es ist kein Gaul so krank und alt, er gumpt, wenn ihm die Stute gefallt. – Eiselein, 210. 34 Es steht kein Gaul auf einem Bein. 35 Es stund nie kein gaul auff leichten beinen. – Henisch, 1375, 5; Petri, II, 299; Lehmann, II, 139, 118. 36 Es wäre ein alter Gaul, wenn er am ersten Lug ein Füllen worden wär'. (Schweiz.) Von einem bekannten Lügner. 37 Fremder Gaul lehrt den Reiter zu Fuss gehen. It.: Qui caddigat in caddu anzenu, a pè torrat. 38 Für ein Gaul ein Gur ist böser tausch. – Petri, II, 320. 39 Geschenktem Gaul sieh nicht ins Maul, nimms, die Haut ist dankenswerth. – Simrock, 3059. 40 Ich will den Gaul gewinnen oder den Sattel verlieren. – Simrock, 3071; Eiselein, 210. Engl.: I'll win the horse, or lose the saddle. (Eiselein, 210.) 41 Kein schlimmer Gaul, denn gross vnd faul. – Henisch, 1374, 58; Petri, II, 418. 42 Kommt ein alter Gaul in Gang, so ist er nicht zu halten. – Körte, 1790. So weiss auch ein alter Geck, wenn er einmal lustig ist, seiner Laune keine Grenze zu setzen. Dän.: Naar gammel hest kommer i gang, er han ond at stille. (Prov. dan., 286.) 43 Man kann den Gaul erst reiten, wenn man ihn hat. – Simrock, 3064; Eiselein, 209. Die Letten sagen: Man muss die Pilze erst pflücken, ehe man sie kocht. Die Russen: Man muss die Breter nicht eher schneiden, als bis man Holz hat. Ferner: Erst den Schlitten besorgen und dann das Geläut. Die Finnen: Siede nicht schon Theer, wenn dir noch die Tannen fehlen. (Reinsberg IV, 25.) 44 Man muss dem Gaul den Hafer nach der Last zumessen, die er trägt. 45 Man muss den alten Gaul nicht ins Grass schlagen, der vngemengten Hafer verdient. – Lehmann, 772, 11. 46 Man muss mit einem blinden Gaul pflügen, wenn man keinen sehenden hat. 47 Mancher reitet daher auff einem grossen Gaul, der vormals zu Fuss gieng. – Lehmann, II, 405, 68; Petri, II, 452. 48 Mit bösen geulen bricht man das eiss. – Franck, II, 90b; Tappius, 132a; Henisch, 1374; Gesner, I, 618; Simrock, 3062; Körte, 1789. Es ist eine gefährliche Arbeit, für die man nicht gern ein gutes und werthvolles Pferd preisgibt. Holl.: Mit quaden gulen brict men ijs. (Tunn., 18, 9; Harrebomée, I, 263.) Lat.: Peior equus glaciem frangit pedibus male mollem. (Fallersleben, 513.) 49 Mit geborgten Gäulen ist schnell fahren. 50 Mit gutem Gaul, Latein und Geld kommt einer durch die ganze Welt. Die Russen sagen: Mit einem goldenen Gaul kann man durch die ganze Welt reiten. Lat.: It quocunque libet nummis instructus et astu. 51 Schebiger gaul will kein Strigel leiden. – Lehmann, 795, 15. Die der Ermahnungen am meisten bedürfen, nehmen sie am widerwärtigsten auf. 52 Seinem Gaule und seinem Weibe soll man nie die Zügel schiessen lassen. 53 Soll der Gaul was taugen, so kauf' ihn nicht mit den Ohren, sondern mit den Augen. 54 Um einen alten Gaul trägt niemand Leid. 55 Voller gaul springt. – Franck, II, 48a; Henisch, 1374, 59; Lehmann, II, 793, 129; Simrock, 3067; Körte, 1793. 56 Wann de Gûl gestollen is, dann mâket me de Döre tau. (S. Kuh u. Pferd.) (Waldeck.) – Curtze, 331, 209. 57 Wann die alten Gäul in gang kommen, so seindt sie nit zu halten. – Franck, II, 117a; Henisch, 1348; Lehmann, 8, 31 u. 147, 98; Lehmann, II, 827, 36; Gesner, I, 618; Simrock, 3068. Ein jüdisch-deutsches Sprichwort sagt: Alt Eisik wird tänzerik. (Tendlau, 1001.) Der alte Isaak wird noch in seinem Alter ein leidenschaftlicher Tänzer. Holl.: Als oude guilen beginnen te lopen, dan is er geen houden aan. (Harrebomée, I, 263.) 58 Wann die alten geul gehen werden, so stehen (sind) sie nit zu halten. – Tappius, 185a; Latendorf II, 32; Simrock, 3069. 59 Wem man den Gaul gibt, der fragt auch nach dem Kummt. 60 Wenn dein blinder Gaul soll sehen können, so verschenk' ihn. (Moskau.) – Altmann V. 61 Wenn der Gaul alt ist, übergibt man ihn den Hunden und Raben. 62 Wenn der Gaul den Stall wittert, verdoppelt er die Sprünge.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [682]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/710>, abgerufen am 22.11.2024.