Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.[Spaltenumbruch] 17 Gericht stärkt Gottes Lob. - Graf, 403, 2. Mhd.: Gerichte sterket gotes lob. (Endemann, I, 1.) 18 Gericht wird oft verkehrt. - Graf, 477, 633. D. h. aus Irrthum oder Parteilichkeit siegt die schlechte und unterliegt die gerechte Sache. Ein ungerechtes Urtheil gehört nicht zu den Seltenheiten. Es ist schon eine alte Klage: Vor Gott schuldig und vor den Leuten unschuldig. "Gericht wirt offt verkert." (Process, 123.) 19 Im Gericht gilt kein ansehen der Person. - Petri, II, 399. "Man fordert keinen darumb für Gericht, dass er arbeit, dass ihm die Haut raucht." (Petri, II, 446.) 20 Jedes weltliche Gericht beginnt von Wahl. - Graf, 403, 11. Im altdeutschen Recht wählte das Volk sich selbst seine Richter. "Nicht die Parteien, sondern das Gemeinwesen, dem beide Theile angehören, wählt sich seine Obrigkeit." (Lappenberg, Hamburgerrecht.) Mhd.: Al werlik gerichte heuet begin von kore. (Homeyer, Sachsenspiegel, I, 35.) 21 Von einem höhern Gericht kann man an kein niederes appelliren. 22 Vor dem kirchlichen Gericht bewahr' uns lieber Herre Gott. (S. Krummstab.) 23 Vor Gericht ist eine Partei der andern gleich. - Graf, 432, 249; Freyberg, 170. Böhm.: Soud ma dve strany. - Soudce ma na obe usi stejne slyseti. (Celakovsky, 359.) Kroat.: Sudec mora obvodva vuha jednaka imeti. Poln.: Ucho jedno daj skarzacemu, drugie obwinionemu. (Celakovsky, 359.) 24 Vor Gericht ist kein Ansehen der Person. Nur zuweilen des Beutels, wie ein dänisches Sprichwort versichert: Better gaaer frem tit som pungen veyer til. (Prov. dan., 473.) 25 Vor Gericht muss alles klar sein. - Graf, 441, 335. D. h. die Klage muss allen Anforderungen entsprechend begründet (substantiirt) sein. Altfries.: Al tingh claer shal wessa foer riucht. (Hettema, Jurisprudentia frisica, VII, 10, 54.) 26 Was das Gericht entschieden, ist entschieden. Bei einem in verbindlicher Form ergangenen rechtskräftigen Urtheil muss es sein Bewenden behalten. Böhm.: Rozsouzeno, dosouzeno. - Souzene se znova nesoudi. - Svrseno, pohrbeno. (Celakovsky, 342.) 27 Was man bei einem Gericht verliert, kann man beim andern wieder gewinnen. Frz.: Le conseil soubscrit est d'avis qui le per ticy le peut gaigner a Paris. (Leroux, I, 245.) 28 Wer an Gericht verfällt, macht billig Willen. - Graf, 479, 676. "Denn aller Leute Hände", heisst es im Kaiserrecht, "werden an den gelegt, der dem Rechte entgegen sein will." Mhd.: Wer do verfallin ist am gericht, machet billich willen. (Grimm, Weisth., III, 589.) 29 Wer das Gericht anruft, fordert scharf genug. Frz.: Assez demande qui se complaint. (Leroux, II, 174.) 30 Wer das Gericht fleucht, gibt sich schuldig. Lat.: Fatetur facinus is, qui judicium fugit. (Publ. Syr.) (Binder I, 527; II, 1103; Fischer, 91, 22; Philippi, I, 152; Seybold, 175.) 31 Wer Gericht hält, soll nüchtern sein. (S. 7.) Dän.: Han skal vaere aedru, som ret skal styre. (Prov. dan., 134.) 32 Wer nit goht i Gericht und Roth, der weiss nit, wie wohl dass um ihn stoht. - Kirchhofer, 126. Böhm.: Beda jdoucimu, beda i vedoucimu. (Celakovsky, 355.) 33 Wer sich vor ein Gericht verbindet, bleibt verbunden. - Graf, 437, 316. Handelt von der Zuständigkeit des Gerichts und sagt, dass in Fällen, in denen diese mehr als einem zustehen könnte, z. B. dem, wo die Handlung geschehen, wie dem des Wohnorts des Thäters, das Gericht entscheiden soll, bei dem einmal die Sache anhängig geworden ist. Holl.: Wie dat hem verbint voor't gherechte, hij scal ghebonden bliven. (Mieris, I, 521, 114.) 34 Wer vom Gericht bringt heile Haut, der kann singen überlaut. - Eiselein, 227. 35 Wie das Gericht fragt, so antworten die Zeugen. Frz.: Tel tribunal, telle deposition. (Cahier, 1725.) 36 Wie hoch die Gerichte Gottes sind, kann begreifen kein Menschenkind. - Körte, 2383; Sprichwörterschatz, 170. 37 Wo Gericht ist, da ist Friede. - Graf, 403, 9. Wo ein ordentlicher Rechtszustand herrscht, da kann jeder, auch der Schwächere, in Ruhe und Frieden leben. "Wor iss Gerichte, dar iss Frede." (Normann, 48, 37.) [Spaltenumbruch] 38 Wo Gericht ist, soll ein Büttel sein. - Graf, 418, 134. "Richter und Urtheiler sind Kopf und Herz des Gerichts, die ausführende Hand ist der Bote oder Gerichtsdiener, auch Büttel oder Fronbote genannt, der für ebenso unverletzlich galt als die Richter. Fronbote, d. h. der heilige Bote." (Klingen, 31, a. b.) Wo Gericht ist, da soll ein pütel sein. (Freyberg, IV, 522, 3.) 39 Wo man Gericht hegt, gebeut man Friede. (S. Gerichtsgewalt.) - Graf, 403, 7. Mhd.: Wor men Gerichte heget, dar büth mon Frede. (Normann, 48, 37.) 40 Wo viel gericht vnnd Juristen, do gibts desto mehr Zanck vnnd streitt. - Lehmann, 807, 18. Gerichtlein. Kleine gerichtlein, gute gerichtlein, die sind bald aussgegessen. - Petri, II, 422. Gerichtsamt. Wer das Gerichtsamt Gottes verwaltet, muss sein Urtheil nicht nach der Person zuschneiden. Gerichtsgewalt. Die Gerichtsgewalt haben, haben auch Friedensgebot. - Graf, 403, 6. Wer die Macht des Richteramts besitzt, gebietet den Frieden und bestraft die Störungen desselben. Auf Rügen: De Gerichtswalt hebben, de hebben ock Fredebott. (Normann, 47, 37.) Gerichtsperson. Wer die Gerichtspersonen gar nicht kennt, und die Geistlichen nur halb, das ist ein glücklicher Mensch. Gerichtsstätte. Alle Gerichtsstätten haben das Geleite. - Graf, 403, 8. Die Macht Rechtsschutz zu gewähren. "Datt hebben alle Gerichtsteden das Geleyde." (Normann, 49, 38.) Gerichtstag. 1 Am Gerichtstage wird jeder seinen Korb tragen. 2 Drei Gerichtstage gehören über einen Todten. - Graf, 442, 353. Beim altdeutschen Gerichtsverfahren war erst die dritte Ladung die entscheidende; zweimal konnte der Geladene, ohne sachlichen Nachtheil befürchten zu müssen, ausbleiben. (S. Dreimal 6.) Auf Rügen: Drey Rechtdage hören äver einen Doden. (Normann, 27.) 3 Gerichtstage1 sind keine Hochzeitstage. 1) So heissen in Oberösterreich Montag, Mittwoch und besonders Freitag. Nach dem Volksglauben soll man an diesen Tagen nichts unternehmen. (Baumgarten.) Gerichtszeugniss. Gerichtszeugniss ist so stark, dass dagegen kein Eid gegeben wird. - Graf, 454, 464. Bezieht sich auf die Lehre vom Beweise und sagt, dass der, welcher sich auf das vor Gericht bereits Verhandelte beruft, in diesen Stücken keines weitern Beweises bedürfe, weil des Richters Zeugniss über jedes andere Zeugniss gehe und jeden Gegenbeweis ausschliesse. Dän.: Things witnae aerswa starct at gen things witnae skal ei logh givaes. (Thorsen, I, 33, 58; Westphalen, III, 2158 u. 2199.) Gerieben. *1 Der ist gerieben wie Goldpapier. (Braunschweig.) *2 Er ist gerieben bis in die Arschkerbe. (Ostpreuss.) Sehr schlau und durchtrieben. Von einem verschlagenen Menschen sagt der Serbe: Er ist gerieben wie ein Italiener. (Reinsberg V, 28.) Gereif. * Sin Gerif1 hebben. - Eichwald, 632. 1) Aushülfe, Bequemlichkeit, gefälliger Dienst. (Stürenburg, 69.) Gerifelk. 1 Dat is nett so geriefelk1 ass'n Mütz mit'n Kehlband. (Ostfries.) - Hauskalender, III. 1) Auch: geriflik = von Personen: dienstfertig, gefällig; von Sachen: dienlich, nutzbar, bequem. (Stürenburg.) 2 He is so geriflik as de Döre ut Rasphaus1, de fallt üm achtern Eers to. (Ostfries.) - Frommann, V, 523, 564; Bueren, 671. 1) Raspelhaus, Spinnhaus, eine Zucht- und Strafanstalt, wo Farbholz u. dgl. geraspelt wird. Bei Stürenburg (S. 69): 'T is so geriefelk as de Dör van unse Spinnhaus, de en van sülfst achter de Nörs tofallt. Gering. 1 Besser gering sein vnd des seinen warten, denn gross vnd Brots mangeln. - Petri, II, 37.
[Spaltenumbruch] 17 Gericht stärkt Gottes Lob. – Graf, 403, 2. Mhd.: Gerichte sterket gotes lob. (Endemann, I, 1.) 18 Gericht wird oft verkehrt. – Graf, 477, 633. D. h. aus Irrthum oder Parteilichkeit siegt die schlechte und unterliegt die gerechte Sache. Ein ungerechtes Urtheil gehört nicht zu den Seltenheiten. Es ist schon eine alte Klage: Vor Gott schuldig und vor den Leuten unschuldig. „Gericht wirt offt verkert.“ (Process, 123.) 19 Im Gericht gilt kein ansehen der Person. – Petri, II, 399. „Man fordert keinen darumb für Gericht, dass er arbeit, dass ihm die Haut raucht.“ (Petri, II, 446.) 20 Jedes weltliche Gericht beginnt von Wahl. – Graf, 403, 11. Im altdeutschen Recht wählte das Volk sich selbst seine Richter. „Nicht die Parteien, sondern das Gemeinwesen, dem beide Theile angehören, wählt sich seine Obrigkeit.“ (Lappenberg, Hamburgerrecht.) Mhd.: Al werlik gerichte heuet begin von kore. 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Dän.: Han skal være ædru, som ret skal styre. (Prov. dan., 134.) 32 Wer nit goht i Gericht und Roth, der weiss nit, wie wohl dass um ihn stoht. – Kirchhofer, 126. Böhm.: Bĕda jdoucímu, bĕda i vedoucímu. (Čelakovský, 355.) 33 Wer sich vor ein Gericht verbindet, bleibt verbunden. – Graf, 437, 316. Handelt von der Zuständigkeit des Gerichts und sagt, dass in Fällen, in denen diese mehr als einem zustehen könnte, z. B. dem, wo die Handlung geschehen, wie dem des Wohnorts des Thäters, das Gericht entscheiden soll, bei dem einmal die Sache anhängig geworden ist. Holl.: Wie dat hem verbint voor't gherechte, hij scal ghebonden bliven. (Mieris, I, 521, 114.) 34 Wer vom Gericht bringt heile Haut, der kann singen überlaut. – Eiselein, 227. 35 Wie das Gericht fragt, so antworten die Zeugen. Frz.: Tel tribunal, telle déposition. (Cahier, 1725.) 36 Wie hoch die Gerichte Gottes sind, kann begreifen kein Menschenkind. – Körte, 2383; Sprichwörterschatz, 170. 37 Wo Gericht ist, da ist Friede. – Graf, 403, 9. Wo ein ordentlicher Rechtszustand herrscht, da kann jeder, auch der Schwächere, in Ruhe und Frieden leben. „Wor iss Gerichte, dar iss Frede.“ (Normann, 48, 37.) [Spaltenumbruch] 38 Wo Gericht ist, soll ein Büttel sein. – Graf, 418, 134. „Richter und Urtheiler sind Kopf und Herz des Gerichts, die ausführende Hand ist der Bote oder Gerichtsdiener, auch Büttel oder Fronbote genannt, der für ebenso unverletzlich galt als die Richter. Fronbote, d. h. der heilige Bote.“ (Klingen, 31, a. b.) Wo Gericht ist, da soll ein pütel sein. (Freyberg, IV, 522, 3.) 39 Wo man Gericht hegt, gebeut man Friede. (S. Gerichtsgewalt.) – Graf, 403, 7. Mhd.: Wor men Gerichte heget, dar büth mon Frede. (Normann, 48, 37.) 40 Wo viel gericht vnnd Juristen, do gibts desto mehr Zanck vnnd streitt. – Lehmann, 807, 18. Gerichtlein. 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(Braunschweig.) *2 Er ist gerieben bis in die Arschkerbe. (Ostpreuss.) Sehr schlau und durchtrieben. Von einem verschlagenen Menschen sagt der Serbe: Er ist gerieben wie ein Italiener. (Reinsberg V, 28.) Gerîf. * Sin Gerif1 hebben. – Eichwald, 632. 1) Aushülfe, Bequemlichkeit, gefälliger Dienst. (Stürenburg, 69.) Gerifelk. 1 Dat is nett so geriefelk1 ass'n Mütz mit'n Kehlband. (Ostfries.) – Hauskalender, III. 1) Auch: geriflik = von Personen: dienstfertig, gefällig; von Sachen: dienlich, nutzbar, bequem. (Stürenburg.) 2 He is so geriflik as de Döre ut Rasphûs1, de fallt üm achtern Eers to. (Ostfries.) – Frommann, V, 523, 564; Bueren, 671. 1) Raspelhaus, Spinnhaus, eine Zucht- und Strafanstalt, wo Farbholz u. dgl. geraspelt wird. Bei Stürenburg (S. 69): 'T is so geriefelk as de Dör van unse Spinnhûs, de ên van sülfst achter de Nörs tofallt. Gering. 1 Besser gering sein vnd des seinen warten, denn gross vnd Brots mangeln. – Petri, II, 37.
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17 Gericht stärkt Gottes Lob. – Graf, 403, 2.
Mhd.: Gerichte sterket gotes lob. (Endemann, I, 1.)
18 Gericht wird oft verkehrt. – Graf, 477, 633.
D. h. aus Irrthum oder Parteilichkeit siegt die schlechte und unterliegt die gerechte Sache. Ein ungerechtes Urtheil gehört nicht zu den Seltenheiten. Es ist schon eine alte Klage: Vor Gott schuldig und vor den Leuten unschuldig. „Gericht wirt offt verkert.“ (Process, 123.)
19 Im Gericht gilt kein ansehen der Person. – Petri, II, 399.
„Man fordert keinen darumb für Gericht, dass er arbeit, dass ihm die Haut raucht.“ (Petri, II, 446.)
20 Jedes weltliche Gericht beginnt von Wahl. – Graf, 403, 11.
Im altdeutschen Recht wählte das Volk sich selbst seine Richter. „Nicht die Parteien, sondern das Gemeinwesen, dem beide Theile angehören, wählt sich seine Obrigkeit.“ (Lappenberg, Hamburgerrecht.)
Mhd.: Al werlik gerichte heuet begin von kore. (Homeyer, Sachsenspiegel, I, 35.)
21 Von einem höhern Gericht kann man an kein niederes appelliren.
22 Vor dem kirchlichen Gericht bewahr' uns lieber Herre Gott. (S. Krummstab.)
23 Vor Gericht ist eine Partei der andern gleich. – Graf, 432, 249; Freyberg, 170.
Böhm.: Soud má dvĕ strany. – Soudce má na obĕ uši stejnĕ slyšeti. (Čelakovský, 359.)
Kroat.: Sudec mora obvodva vuha jednaka imeti.
Poln.: Ucho jedno daj skarzącemu, drugie obwinionemu. (Čelakovský, 359.)
24 Vor Gericht ist kein Ansehen der Person.
Nur zuweilen des Beutels, wie ein dänisches Sprichwort versichert: Better gaaer frem tit som pungen veyer til. (Prov. dan., 473.)
25 Vor Gericht muss alles klar sein. – Graf, 441, 335.
D. h. die Klage muss allen Anforderungen entsprechend begründet (substantiirt) sein.
Altfries.: Al tingh claer shal wessa foer riucht. (Hettema, Jurisprudentia frisica, VII, 10, 54.)
26 Was das Gericht entschieden, ist entschieden.
Bei einem in verbindlicher Form ergangenen rechtskräftigen Urtheil muss es sein Bewenden behalten.
Böhm.: Rozsouzeno, dosouzeno. – Souzené se znova nesoudí. – Svršeno, pohřbeno. (Čelakovský, 342.)
27 Was man bei einem Gericht verliert, kann man beim andern wieder gewinnen.
Frz.: Le conseil soubscrit est d'avis qui le per ticy le peut gaigner à Paris. (Leroux, I, 245.)
28 Wer an Gericht verfällt, macht billig Willen. – Graf, 479, 676.
„Denn aller Leute Hände“, heisst es im Kaiserrecht, „werden an den gelegt, der dem Rechte entgegen sein will.“
Mhd.: Wer do verfallin ist am gericht, machet billich willen. (Grimm, Weisth., III, 589.)
29 Wer das Gericht anruft, fordert scharf genug.
Frz.: Assez demande qui se complaint. (Leroux, II, 174.)
30 Wer das Gericht fleucht, gibt sich schuldig.
Lat.: Fatetur facinus is, qui judicium fugit. (Publ. Syr.) (Binder I, 527; II, 1103; Fischer, 91, 22; Philippi, I, 152; Seybold, 175.)
31 Wer Gericht hält, soll nüchtern sein. (S. 7.)
Dän.: Han skal være ædru, som ret skal styre. (Prov. dan., 134.)
32 Wer nit goht i Gericht und Roth, der weiss nit, wie wohl dass um ihn stoht. – Kirchhofer, 126.
Böhm.: Bĕda jdoucímu, bĕda i vedoucímu. (Čelakovský, 355.)
33 Wer sich vor ein Gericht verbindet, bleibt verbunden. – Graf, 437, 316.
Handelt von der Zuständigkeit des Gerichts und sagt, dass in Fällen, in denen diese mehr als einem zustehen könnte, z. B. dem, wo die Handlung geschehen, wie dem des Wohnorts des Thäters, das Gericht entscheiden soll, bei dem einmal die Sache anhängig geworden ist.
Holl.: Wie dat hem verbint voor't gherechte, hij scal ghebonden bliven. (Mieris, I, 521, 114.)
34 Wer vom Gericht bringt heile Haut, der kann singen überlaut. – Eiselein, 227.
35 Wie das Gericht fragt, so antworten die Zeugen.
Frz.: Tel tribunal, telle déposition. (Cahier, 1725.)
36 Wie hoch die Gerichte Gottes sind, kann begreifen kein Menschenkind. – Körte, 2383; Sprichwörterschatz, 170.
37 Wo Gericht ist, da ist Friede. – Graf, 403, 9.
Wo ein ordentlicher Rechtszustand herrscht, da kann jeder, auch der Schwächere, in Ruhe und Frieden leben. „Wor iss Gerichte, dar iss Frede.“ (Normann, 48, 37.)
38 Wo Gericht ist, soll ein Büttel sein. – Graf, 418, 134.
„Richter und Urtheiler sind Kopf und Herz des Gerichts, die ausführende Hand ist der Bote oder Gerichtsdiener, auch Büttel oder Fronbote genannt, der für ebenso unverletzlich galt als die Richter. Fronbote, d. h. der heilige Bote.“ (Klingen, 31, a. b.) Wo Gericht ist, da soll ein pütel sein. (Freyberg, IV, 522, 3.)
39 Wo man Gericht hegt, gebeut man Friede. (S. Gerichtsgewalt.) – Graf, 403, 7.
Mhd.: Wor men Gerichte heget, dar büth mon Frede. (Normann, 48, 37.)
40 Wo viel gericht vnnd Juristen, do gibts desto mehr Zanck vnnd streitt. – Lehmann, 807, 18.
Gerichtlein.
Kleine gerichtlein, gute gerichtlein, die sind bald aussgegessen. – Petri, II, 422.
Gerichtsamt.
Wer das Gerichtsamt Gottes verwaltet, muss sein Urtheil nicht nach der Person zuschneiden.
Gerichtsgewalt.
Die Gerichtsgewalt haben, haben auch Friedensgebot. – Graf, 403, 6.
Wer die Macht des Richteramts besitzt, gebietet den Frieden und bestraft die Störungen desselben. Auf Rügen: De Gerichtswalt hebben, de hebben ock Fredebott. (Normann, 47, 37.)
Gerichtsperson.
Wer die Gerichtspersonen gar nicht kennt, und die Geistlichen nur halb, das ist ein glücklicher Mensch.
Gerichtsstätte.
Alle Gerichtsstätten haben das Geleite. – Graf, 403, 8.
Die Macht Rechtsschutz zu gewähren. „Datt hebben alle Gerichtsteden das Geleyde.“ (Normann, 49, 38.)
Gerichtstag.
1 Am Gerichtstage wird jeder seinen Korb tragen.
2 Drei Gerichtstage gehören über einen Todten. – Graf, 442, 353.
Beim altdeutschen Gerichtsverfahren war erst die dritte Ladung die entscheidende; zweimal konnte der Geladene, ohne sachlichen Nachtheil befürchten zu müssen, ausbleiben. (S. Dreimal 6.) Auf Rügen: Drey Rechtdage hören äver einen Doden. (Normann, 27.)
3 Gerichtstage1 sind keine Hochzeitstage.
1) So heissen in Oberösterreich Montag, Mittwoch und besonders Freitag. Nach dem Volksglauben soll man an diesen Tagen nichts unternehmen. (Baumgarten.)
Gerichtszeugniss.
Gerichtszeugniss ist so stark, dass dagegen kein Eid gegeben wird. – Graf, 454, 464.
Bezieht sich auf die Lehre vom Beweise und sagt, dass der, welcher sich auf das vor Gericht bereits Verhandelte beruft, in diesen Stücken keines weitern Beweises bedürfe, weil des Richters Zeugniss über jedes andere Zeugniss gehe und jeden Gegenbeweis ausschliesse.
Dän.: Things witnæ ærswa starct at gen things witnæ skal ei logh givaes. (Thorsen, I, 33, 58; Westphalen, III, 2158 u. 2199.)
Gerieben.
*1 Der ist gerieben wie Goldpapier. (Braunschweig.)
*2 Er ist gerieben bis in die Arschkerbe. (Ostpreuss.)
Sehr schlau und durchtrieben. Von einem verschlagenen Menschen sagt der Serbe: Er ist gerieben wie ein Italiener. (Reinsberg V, 28.)
Gerîf.
* Sin Gerif1 hebben. – Eichwald, 632.
1) Aushülfe, Bequemlichkeit, gefälliger Dienst. (Stürenburg, 69.)
Gerifelk.
1 Dat is nett so geriefelk1 ass'n Mütz mit'n Kehlband. (Ostfries.) – Hauskalender, III.
1) Auch: geriflik = von Personen: dienstfertig, gefällig; von Sachen: dienlich, nutzbar, bequem. (Stürenburg.)
2 He is so geriflik as de Döre ut Rasphûs1, de fallt üm achtern Eers to. (Ostfries.) – Frommann, V, 523, 564; Bueren, 671.
1) Raspelhaus, Spinnhaus, eine Zucht- und Strafanstalt, wo Farbholz u. dgl. geraspelt wird. Bei Stürenburg (S. 69): 'T is so geriefelk as de Dör van unse Spinnhûs, de ên van sülfst achter de Nörs tofallt.
Gering.
1 Besser gering sein vnd des seinen warten, denn gross vnd Brots mangeln. – Petri, II, 37.
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