Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.[Spaltenumbruch] 19 Der Glaub' ist gar ein neuer Sinn, weit über die fünf Sinne hin. In der Missionspredigt, die der Pastor Appuhn (Althausen bei Magdeburg) am 2. Juni 1847 in der Parochialkirche zu Berlin gehalten hat, ist sogar (S. 4) von "aufgethanen Glaubensaugen" die Rede, mit denen die Mission "dem Herrn entgegenfliegt". Auch R. Wagner sagt: "Der Glaube ist ein Geschenk; in und mit demselben empfängt man ein neues Organ des Geistes, einen neuen Erkenntnissweg neben der denkenden natürlichen Vernunft." K. Vogt bemerkt dagegen: "Wenn die Seele überhaupt sich nur durch das materielle Substrat des Gehirns zu manifestiren fähig ist; wenn ohne Mithülfe von Ganglienzellen und grauer Substanz keine Seelenthätigkeit irgendeiner Art ausgeübt werden kann; so muss doch auch für einen neuen Erkenntnissweg, für ein neues Organ des Geistes ein neues Organ des Gehirns entstehen. Wo liegt dieser besondere Gehirntheil, der den Gläubigen geschenkt wird? Wie sieht er aus? Welches ist seine Zusammensetzung? Auf welche Weise und zu welcher Zeit kommt es in den Schädel hinein? Wodurch unterscheidet sich das gläubige Gehirn vom ungläubigen?" (K. Vogt, Köhlerglaube und Wissenschaft, Giessen 1855, S. 86-88.) 20 Der glaub ist Herr über die Lieb. - Henisch, 1633, 24; Petri, I, 15. Daher zeigte A. H. Franke eine schamlose Freude über die von ihm bewirkte Verbannung des Philosophen Wolff aus Halle und trieb dessen schwangere Frau mitten im Winter aus der Stadt. (Mystagogos, Hamburg 1858, S. 314.) 21 Der glaub ist mass vnd gewicht, darnach Gott alle Werck misset vnd wiget. - Petri, I, 15. 22 Der Glaub' ist nicht ein Maulwitz, Schulwort oder eine Bücherlection. - Opel, 396. 23 Der glaub kompt auss dem wort, auss glauben fleusst die Liebe fort. - Henisch, 1633, 25; Petri, I, 15. 24 Der glaub kompt auss der predigt, das predigen aber durch das wort. - Henisch, 1633, 27. 25 Der glaub macht alles vbels loss. - Henisch, 1633, 27; Petri, I, 16. 26 Der glaub mit Gott ringt inn der noth. - Henisch, 1633, 30. 27 Der Glaub trifft Gott, die Lieb den Nehesten. - Petri, I, 16. 28 Der Glaub vermag alles. - Petri, I, 16. Gleim sagte einst zu Lavater, als der letztere ihn besuchte: "Dich, Glaubensriesen, dich bitt' ich, der Glaubenszwerg: versetze diesen Hoppelberg, es macht dir ja so wenig Müh', heute noch nach Sanssouci." (Miniatur-Bibliothek, XXXI, 59.) 29 Der glaub vnd die Lieb müessen aller gesetz Maisterinn seyn. - Henisch, 1633, 33; Petri, I, 16. 30 Der glaub zieret das gebet für Gott. - Henisch, 1633, 35. 31 Der Glaube b'haltet d' Lüt. (Solothurn.) - Schild, 61, 59. 32 Der Glaube, der sunst im Herzen sass, sitzt jetzund im Tintenfass. 33 Der Glaube führt uns hinein zu Gott, die Liebe heraus zum Nächsten. - Luther, Kirchenpostille. 34 Der Glaube ist die Ruhebank des Geistes. 35 Der Glaube ist geschlagen todt, die Gerechtigkeit liegt in der Noth, die Frömmigkeit hat kein Platz und Ort, Patientia muss reisen fort, die Hoffart die ist auserkoren, die Demuth hat das Feld verloren, die Wahrheit, die ist weggezogen, die Treu' ist über das Meer geflogen, der Neid wird aber dick und gross, Barmherzigkeit stirbt nackt und bloss, die Tugend ist vom Hof vertrieben, die Laster sind darin geblieben. - Parömiakon, 3199. Böhm.: Vira za more zaletela. (Celakovsky, 251.) 36 Der Glaube lässt sich nicht zwingen. "Der Glaube ist ein Regale der Gottheit", schrieb Schleiermacher's Vater an seinen Sohn. Dieser antwortete: "Dann bitten Sie Gott, dass er mir ihn schenke, denn für mich ist er verloren." (Gutzkow, Unterhaltungen, 1856, S. 406.) Holl.: 'T geloof komt door geen' dwang, maar God heeft daarvan dank. (Harrebomee, I, 225.) 37 Der Glaube machet Gottes Kinder. 38 Der Glaube macht selig. - Simrock, 3633; Braun, I, 829. Stützt sich auf Marc. 16, 16. Selig, die da glauben, sagen die Franzosen. (Reinsberg II, 2.) [Spaltenumbruch] 39 Der Glaube macht selig, der Tod störrig. - Eiselein, 240; Körte, 2177; Körte2, 2676; Simrock, 3664; Kirchhofer, 155. Frz.: Bien heureux ceux qui croient. (Gaal, 731.) 40 Der Glaube macht selig und der Glaube macht reich. - Auerbach, Dorfgeschichten, IV, 8. 41 Der Glaube muss von Gott kommen. - Graf, 548, 79. Er kann durch äussere Gewaltmassregeln weder von der Kirche, noch der in ihren Dienst gerufenen Polizei erzwungen werden. Gewissensfreiheit gehört zu den unveräusserlichen Rechten der Menschheit. 42 Der Glaube ohne Werke ist todt. - Jac. 2, 17; Schulze, 286. 43 Der Glaube sagt: immer ruhig, die Liebe: nimmer ruhig. 44 Der Glaube stehet wie ein Peltz auff seinen Ermeln, wenn er auff den Werken sollt stehen. - Luther's Tischreden, 153a. 45 Der Glaube treibt die Liebe, die Liebe mehrt den Glauben. - Luther, Kirchenpostille. 46 Der glauben geht auff steltzen. - Murner, Nb., 19, in Kloster, IV, 685. "Es gath yetzund so wunderseltzen, des Christen glauben gath vff steltzen, biss er den hals einmal abstürtzt." (Kloster, IV, 685.) 47 Der Glaube-n-eisch g'lösch'n und d' Tugend geit goh bättle. (Solothurn.) - Schild, 61, 60. 48 Der römische Glaube macht nicht allein selig, sondern auch reich. - Opel, 390. Eine Ansicht der, oder ein satirischer Ausspruch gegen die Jesuiten. 49 Der wahre Glaub' an Jesum Christ die höchste Zierd' und Tugend ist. - Petri, I, 22. Es ist mit dem guten, rechten, wahren u. s. w. Glauben nur eine eigene Sache; wer unterscheidet ihn vom falschen u. s. w., durch den man betrogen wird. Fr. Gentz schrieb unter dem 12. Mai 1817 an Adam Müller: "Gegen den falschen Glauben bin ich gerüstet genug; es fehlt mir aber durchaus an einem für mich gültigen Merkmal, den wahren vom falschen zu unterscheiden; jenseit der Grenze der Vernunft scheint mir alles gleich unsicher und schwankend." (Briefwechsel zwischen Fr. Gentz und Ad. Müller, Stuttgart 1856.) 50 Dess Glaubens gewalt nichts auffenthalt. - Henisch, 1633, 40; Petri, I, 22. 51 Durch den glauben empfahen wir Erbgut. - Henisch, 1633, 53; Petri, I, 28. 52 Durch den Glauben nehmen wir Erbgut, durch die Liebe geben wir Zinsgut. - Luther's Tischreden. 53 Durch den glauben wirt mancher betrogen. - Tappius, 144a; Henisch, 1636, 13. Lat.: Fiducia plerique mortales falluntur. (Henisch, 1636, 14.) 54 Ein Glaube ohne That ist ein Feld ohne Saat. "Kann man nicht den Christen merken in allen seinen Thun und Werken, so ist sein Glaub' ein lumpig Ding und gilt mir keinen Pfifferling," (G. Kühne, Schwank von der Glocke, Jena 1846, S. 24.) 55 Ein Glaube ohne Werke ist ein Weinstock ohne Reben, ein Mensch ohne Leben. - Parömiakon, 3147. 56 Ein Glaube ohne Werke ist eine Hacke ohne Stiel. - Parömiakon, 1323. 57 Ein Glaube ohne Werke ist eine Haube ohne Stärke. 58 Ein Glaube ohne Werke ist eine Lampe ohne Oel, ein Brunn ohne Quell, ein Baum ohne Frucht, ein Kind ohne Zucht. - Parömiakon, 1324 u. 3146. 59 Ein guter Glaube und ein Korkpfropf halten sich immer oben. Holl.: Een goed geloof en eene kurkenziel, dan drijft men de zee over. (Harrebomee, I, 225.) 60 Ein lebendiger Glaub feyret nicht. - Henisch, 1633, 52. 61 Es gehört vil glaubens darzu, wo man einem gemalen Gold vnd vngemessen Ertz vnd Silberkuchen vertrawen soll. - Henisch, 1636, 19; Petri, II, 247. 62 Es ist kein feinerer Glaub' für junge Kinder und alte Weiber als der römische. - Opel, 376.
[Spaltenumbruch] 19 Der Glaub' ist gar ein neuer Sinn, weit über die fünf Sinne hin. In der Missionspredigt, die der Pastor Appuhn (Althausen bei Magdeburg) am 2. Juni 1847 in der Parochialkirche zu Berlin gehalten hat, ist sogar (S. 4) von „aufgethanen Glaubensaugen“ die Rede, mit denen die Mission „dem Herrn entgegenfliegt“. Auch R. Wagner sagt: „Der Glaube ist ein Geschenk; in und mit demselben empfängt man ein neues Organ des Geistes, einen neuen Erkenntnissweg neben der denkenden natürlichen Vernunft.“ K. Vogt bemerkt dagegen: „Wenn die Seele überhaupt sich nur durch das materielle Substrat des Gehirns zu manifestiren fähig ist; wenn ohne Mithülfe von Ganglienzellen und grauer Substanz keine Seelenthätigkeit irgendeiner Art ausgeübt werden kann; so muss doch auch für einen neuen Erkenntnissweg, für ein neues Organ des Geistes ein neues Organ des Gehirns entstehen. Wo liegt dieser besondere Gehirntheil, der den Gläubigen geschenkt wird? Wie sieht er aus? Welches ist seine Zusammensetzung? Auf welche Weise und zu welcher Zeit kommt es in den Schädel hinein? Wodurch unterscheidet sich das gläubige Gehirn vom ungläubigen?“ (K. Vogt, Köhlerglaube und Wissenschaft, Giessen 1855, S. 86-88.) 20 Der glaub ist Herr über die Lieb. – Henisch, 1633, 24; Petri, I, 15. Daher zeigte A. H. Franke eine schamlose Freude über die von ihm bewirkte Verbannung des Philosophen Wolff aus Halle und trieb dessen schwangere Frau mitten im Winter aus der Stadt. 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Glauben nur eine eigene Sache; wer unterscheidet ihn vom falschen u. s. w., durch den man betrogen wird. Fr. Gentz schrieb unter dem 12. Mai 1817 an Adam Müller: „Gegen den falschen Glauben bin ich gerüstet genug; es fehlt mir aber durchaus an einem für mich gültigen Merkmal, den wahren vom falschen zu unterscheiden; jenseit der Grenze der Vernunft scheint mir alles gleich unsicher und schwankend.“ (Briefwechsel zwischen Fr. Gentz und Ad. Müller, Stuttgart 1856.) 50 Dess Glaubens gewalt nichts auffenthalt. – Henisch, 1633, 40; Petri, I, 22. 51 Durch den glauben empfahen wir Erbgut. – Henisch, 1633, 53; Petri, I, 28. 52 Durch den Glauben nehmen wir Erbgut, durch die Liebe geben wir Zinsgut. – Luther's Tischreden. 53 Durch den glauben wirt mancher betrogen. – Tappius, 144a; Henisch, 1636, 13. Lat.: Fiducia plerique mortales falluntur. 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19 Der Glaub' ist gar ein neuer Sinn, weit über die fünf Sinne hin.
In der Missionspredigt, die der Pastor Appuhn (Althausen bei Magdeburg) am 2. Juni 1847 in der Parochialkirche zu Berlin gehalten hat, ist sogar (S. 4) von „aufgethanen Glaubensaugen“ die Rede, mit denen die Mission „dem Herrn entgegenfliegt“. Auch R. Wagner sagt: „Der Glaube ist ein Geschenk; in und mit demselben empfängt man ein neues Organ des Geistes, einen neuen Erkenntnissweg neben der denkenden natürlichen Vernunft.“ K. Vogt bemerkt dagegen: „Wenn die Seele überhaupt sich nur durch das materielle Substrat des Gehirns zu manifestiren fähig ist; wenn ohne Mithülfe von Ganglienzellen und grauer Substanz keine Seelenthätigkeit irgendeiner Art ausgeübt werden kann; so muss doch auch für einen neuen Erkenntnissweg, für ein neues Organ des Geistes ein neues Organ des Gehirns entstehen. Wo liegt dieser besondere Gehirntheil, der den Gläubigen geschenkt wird? Wie sieht er aus? Welches ist seine Zusammensetzung? Auf welche Weise und zu welcher Zeit kommt es in den Schädel hinein? Wodurch unterscheidet sich das gläubige Gehirn vom ungläubigen?“ (K. Vogt, Köhlerglaube und Wissenschaft, Giessen 1855, S. 86-88.)
20 Der glaub ist Herr über die Lieb. – Henisch, 1633, 24; Petri, I, 15.
Daher zeigte A. H. Franke eine schamlose Freude über die von ihm bewirkte Verbannung des Philosophen Wolff aus Halle und trieb dessen schwangere Frau mitten im Winter aus der Stadt. (Mystagogos, Hamburg 1858, S. 314.)
21 Der glaub ist mass vnd gewicht, darnach Gott alle Werck misset vnd wiget. – Petri, I, 15.
22 Der Glaub' ist nicht ein Maulwitz, Schulwort oder eine Bücherlection. – Opel, 396.
23 Der glaub kompt auss dem wort, auss glauben fleusst die Liebe fort. – Henisch, 1633, 25; Petri, I, 15.
24 Der glaub kompt auss der predigt, das predigen aber durch das wort. – Henisch, 1633, 27.
25 Der glaub macht alles vbels loss. – Henisch, 1633, 27; Petri, I, 16.
26 Der glaub mit Gott ringt inn der noth. – Henisch, 1633, 30.
27 Der Glaub trifft Gott, die Lieb den Nehesten. – Petri, I, 16.
28 Der Glaub vermag alles. – Petri, I, 16.
Gleim sagte einst zu Lavater, als der letztere ihn besuchte: „Dich, Glaubensriesen, dich bitt' ich, der Glaubenszwerg: versetze diesen Hoppelberg, es macht dir ja so wenig Müh', heute noch nach Sanssouci.“ (Miniatur-Bibliothek, XXXI, 59.)
29 Der glaub vnd die Lieb müessen aller gesetz Maisterinn seyn. – Henisch, 1633, 33; Petri, I, 16.
30 Der glaub zieret das gebet für Gott. – Henisch, 1633, 35.
31 Der Glaube b'haltet d' Lüt. (Solothurn.) – Schild, 61, 59.
32 Der Glaube, der sunst im Herzen sass, sitzt jetzund im Tintenfass.
33 Der Glaube führt uns hinein zu Gott, die Liebe heraus zum Nächsten. – Luther, Kirchenpostille.
34 Der Glaube ist die Ruhebank des Geistes.
35 Der Glaube ist geschlagen todt, die Gerechtigkeit liegt in der Noth, die Frömmigkeit hat kein Platz und Ort, Patientia muss reisen fort, die Hoffart die ist auserkoren, die Demuth hat das Feld verloren, die Wahrheit, die ist weggezogen, die Treu' ist über das Meer geflogen, der Neid wird aber dick und gross, Barmherzigkeit stirbt nackt und bloss, die Tugend ist vom Hof vertrieben, die Laster sind darin geblieben. – Parömiakon, 3199.
Böhm.: Víra za moře zaletĕla. (Čelakovský, 251.)
36 Der Glaube lässt sich nicht zwingen.
„Der Glaube ist ein Regale der Gottheit“, schrieb Schleiermacher's Vater an seinen Sohn. Dieser antwortete: „Dann bitten Sie Gott, dass er mir ihn schenke, denn für mich ist er verloren.“ (Gutzkow, Unterhaltungen, 1856, S. 406.)
Holl.: 'T geloof komt door geen' dwang, maar God heeft daarvan dank. (Harrebomée, I, 225.)
37 Der Glaube machet Gottes Kinder.
38 Der Glaube macht selig. – Simrock, 3633; Braun, I, 829.
Stützt sich auf Marc. 16, 16. Selig, die da glauben, sagen die Franzosen. (Reinsberg II, 2.)
39 Der Glaube macht selig, der Tod störrig. – Eiselein, 240; Körte, 2177; Körte2, 2676; Simrock, 3664; Kirchhofer, 155.
Frz.: Bien heureux ceux qui croient. (Gaal, 731.)
40 Der Glaube macht selig und der Glaube macht reich. – Auerbach, Dorfgeschichten, IV, 8.
41 Der Glaube muss von Gott kommen. – Graf, 548, 79.
Er kann durch äussere Gewaltmassregeln weder von der Kirche, noch der in ihren Dienst gerufenen Polizei erzwungen werden. Gewissensfreiheit gehört zu den unveräusserlichen Rechten der Menschheit.
42 Der Glaube ohne Werke ist todt. – Jac. 2, 17; Schulze, 286.
43 Der Glaube sagt: immer ruhig, die Liebe: nimmer ruhig.
44 Der Glaube stehet wie ein Peltz auff seinen Ermeln, wenn er auff den Werken sollt stehen. – Luther's Tischreden, 153a.
45 Der Glaube treibt die Liebe, die Liebe mehrt den Glauben. – Luther, Kirchenpostille.
46 Der glauben geht auff steltzen. – Murner, Nb., 19, in Kloster, IV, 685.
„Es gath yetzund so wunderseltzen, des Christen glauben gath vff steltzen, biss er den hals einmal abstürtzt.“ (Kloster, IV, 685.)
47 Der Glaube-n-îsch g'lösch'n und d' Tugend geit goh bättle. (Solothurn.) – Schild, 61, 60.
48 Der römische Glaube macht nicht allein selig, sondern auch reich. – Opel, 390.
Eine Ansicht der, oder ein satirischer Ausspruch gegen die Jesuiten.
49 Der wahre Glaub' an Jesum Christ die höchste Zierd' und Tugend ist. – Petri, I, 22.
Es ist mit dem guten, rechten, wahren u. s. w. Glauben nur eine eigene Sache; wer unterscheidet ihn vom falschen u. s. w., durch den man betrogen wird. Fr. Gentz schrieb unter dem 12. Mai 1817 an Adam Müller: „Gegen den falschen Glauben bin ich gerüstet genug; es fehlt mir aber durchaus an einem für mich gültigen Merkmal, den wahren vom falschen zu unterscheiden; jenseit der Grenze der Vernunft scheint mir alles gleich unsicher und schwankend.“ (Briefwechsel zwischen Fr. Gentz und Ad. Müller, Stuttgart 1856.)
50 Dess Glaubens gewalt nichts auffenthalt. – Henisch, 1633, 40; Petri, I, 22.
51 Durch den glauben empfahen wir Erbgut. – Henisch, 1633, 53; Petri, I, 28.
52 Durch den Glauben nehmen wir Erbgut, durch die Liebe geben wir Zinsgut. – Luther's Tischreden.
53 Durch den glauben wirt mancher betrogen. – Tappius, 144a; Henisch, 1636, 13.
Lat.: Fiducia plerique mortales falluntur. (Henisch, 1636, 14.)
54 Ein Glaube ohne That ist ein Feld ohne Saat.
„Kann man nicht den Christen merken in allen seinen Thun und Werken, so ist sein Glaub' ein lumpig Ding und gilt mir keinen Pfifferling,“ (G. Kühne, Schwank von der Glocke, Jena 1846, S. 24.)
55 Ein Glaube ohne Werke ist ein Weinstock ohne Reben, ein Mensch ohne Leben. – Parömiakon, 3147.
56 Ein Glaube ohne Werke ist eine Hacke ohne Stiel. – Parömiakon, 1323.
57 Ein Glaube ohne Werke ist eine Haube ohne Stärke.
58 Ein Glaube ohne Werke ist eine Lampe ohne Oel, ein Brunn ohne Quell, ein Baum ohne Frucht, ein Kind ohne Zucht. – Parömiakon, 1324 u. 3146.
59 Ein guter Glaube und ein Korkpfropf halten sich immer oben.
Holl.: Een goed geloof en eene kurkenziel, dan drijft men de zee over. (Harrebomée, I, 225.)
60 Ein lebendiger Glaub feyret nicht. – Henisch, 1633, 52.
61 Es gehört vil glaubens darzu, wo man einem gemalen Gold vnd vngemessen Ertz vnd Silberkuchen vertrawen soll. – Henisch, 1636, 19; Petri, II, 247.
62 Es ist kein feinerer Glaub' für junge Kinder und alte Weiber als der römische. – Opel, 376.
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