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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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[Spaltenumbruch] eine eigene Erfindung des Dichters ist, in der er Sprichwörtliches seiner Zeit zusammengestellt, oder ob er, wie H. Kurz meint, die bei A. von Keller (Alte gute Schwänk, S. 17) befindliche Priamel (s. Maid) weiter ausgesponnen hat. Ich möchte der Ansicht von Sandvoss (Sprichwörterlese, S. 8) beitreten, dass Waldis nicht alles übrige selbst erfunden, sondern meist das im Volksmunde seiner Zeit Umlaufende benutzt und verbunden habe. Sie findet sich Waldis, IV, 93, 45-206 und lautet: "Drumb auch das alte sprichwort sagt: Ein alter Jüd on grosses gut, ein junger Kriegssman one mut, ein schöne junge Metz on liebe, ein grosser Jarmarckt one Diebe, ein alter Weiher one Fische, ein grosse Wiertsehafft one Tische, ein weite Küchen one Hünde, ein reicher Mann on viele Fründe, ein alter Müller one Korn, ein Leuchtenmacher one Horn, ein Würffelmacher one Bein, ein Hodenschneider one Stein, ein reicher Bawr on weites Veldt, ein Kauffmans Taschen one Gelt, ein mechtig König one Landt, ein alter Rheuter vnbekandt, ein alter Schneider one Scher, ein alter Stecher one Sper, ein frischer Honig vnd nit süss, ein guter Lauffer one füss, ein grosser Krieg, doch ohne schaden, ein alter fauler Käss on Maden, ein gutes Bier, doch ohne Maltz, ein gutes Muss, doch one Saltz, ein guter Essig vnd nit sawr, ein guter frischer Most on Lawr, ein altes Panzer one Rust, ein schöne junge Fraw on lust, ein rechter Christen glaub on frucht, ein frommer Schüler one zucht, ein alter Stier on grosse Hörner, ein Granatapffel one Körner, ein edler Stein, doch vagefasst, ein frommer Richter, vngehasst, ein guter hammer one stiel, ein guter Zimmermann on Biel, ein alter Wiertsknecht one Kreiden, ein newes Messer one schneiden, ein grosse Glocken one klanck, ein grosser Dreckhauff one stanck, ein ehrlich fromme Fraw on scham, ein alter Kessel one rham, ein grosser Fisch on allen gradt, ein grosser Regen one Kat, ein grosser Kauffman one borgen, ein armer Haussman one sorgen, ein alter Scheffel vngemessen, ein alter Stul, doch vnbesessen, ein alter Doctor one lere, ein alter Haussuatter on ehre, ein alter Mönnich one Blatten, ein alter Keller one Ratten, ein alter Nollhart one Kappen, ein alter Mantel one lappen, ein alter Landtsknecht on Frantzosen, ein Betler one Leuss in Hosen, ein alter Fuhrman one Taschen, ein alter Bilger one Flaschen, ein alter Schreiber one Feder, ein alter Schuhster one Leder, ein alte gute Stadt on warten, ein altes Messer one scharten, ein alter Scherer one zug, ein alter Kremer on betrug, ein alter Kühstall one Mist, ein alter roter Fuchss on list, ein alter Priester one Buch, ein alter Bader one Bruch, ein alter Rath on gut gericht, ein altes Schiff vnd vngebicht, ein alter Beltz on alle Leuse, ein alte Schewren one Meuse, ein alter Messner one Wachs, ein alte Spinnerin one Flachs, ein alt Apotecken one Würtz, ein alter Esel one Fürtz, ein altes Messbuch vngelesen, ein altes Tischthuch one Fesen, ein alter Wuchrer vnbeschatzt, ein alte Wunden vngekratzt, ein altes Schaf, doch vnbeschorn, ein alter Zwirn, doch vnuerworn, ein altes Dinthorn one schwartz, ein alte Küffen one hartz, ein alter Waldt on dörre Beume, ein alte Vettel one Treume, ein altes Sieb vnd one löcher, ein alter Schütze one Köcher, ein newer Harnisch one riemen, ein gutes stewpen one Striemen, ein alter Wagen vngeknarrt, ein alte Geigen vngescharrt, ein alte Wunden one schmertzen, viel junge Kelber one schertzen, grosse schöne Stedt one Mawren, grosses leiden one trawren, ein alter Rauber vngefangen, ein alter Dieb auch vngehangen, ein Kinderuatter one Frawen, ein alter Steinmetz one Hawen, ein alter Weinstock vnbeschnitten, ein gutes Pferd doch vnberitten, ein reiffe Gersten vngemäet, ein guter Acker vnbesäet, reiffe Trauben vnbehut, grosse Melonen, dennoch gut, ein alter Zaun vngetreten, schöne Frawen vngebeten, ein feister Bachen vngestochen, reiffe äpffel vnd vngebrochen, ein alter Wolff one weit maul, ein Sack voll Biern vnd keine faul, ein alter Landtsknecht one schrammen, ein saugends kleines Kind on Ammen, ein grosse Kranckheit one weh, ein langer Winter one schnee, reiffe Haselnüss vnd nit braun, ein guter Garten one Zaun, ein alter seiger Wein on kaem, ein süsse Sommermilch on raem, ein grosser Fürst vnd one Narren, ein grosser Rossstall one Barren, ein köstlich Buch vnd vngebunden, ein grosser Schatz vnd vngefunden, ein alte Orgel vngepfiffen, ein Badtstuben thür vnbegriffen, ein alter Schornstein one Russ, ein frommer Sünder one Buss, ein grosse Hochzeit one Tantz, ein zierte Jungfraw one Krantz, junge Pflantzen vnbegossen, ein langer Dienst vnd vnuerdrossen, ein lerer Wagen vngehemmet, ein grosses har vnd vngekemmet, ein guter Senff vnd vngerieben, feisste Rinder vngetrieben, ein alter Buchsbaum vnd nit grün, ein alter Kempffer vnd nit kün, ein alter Jäger one Hunde, ein alter Wieger one pfunde, ein alte Saw on grosse zitzen, ein alte Wand on grosse ritzen, ein alter Betler one stab, ein alte Bewrin one lab, ein gutes Schiff one Ruder, ein Obseruantz one Bruder, ein guter pflug one schar, ein schöner Kopff one har, ein alter Töpffer one Thon, ein alter Vatter one Son, die Müntz zu Strassburg one Hemer, die Mess zu Franckfurdt one Kremer, alte Vetteln, die nit schwatzen, alte Katzen, die nit kratzen, alte Hüner, die nit scharren, jung Gesellen, die nit narren, ein alter Eber one zäne, ein [Spaltenumbruch] guter Bogen one Seene, ein altes böses Weib on wort hab ich mein tag nit nennen hort, vnd ein alter Bock one Bart, ist alls wider Natürlich art."

27 Ein armer Jude kann nicht wuchern. - Riehl, Novellen, S. 394.

28 Ein Jud liehe nicht einen Pfenning auff den alten Adel. - Lehmann, II, 375, 103; Simrock, 94.

29 Ein Jüd steckt so voll Abgötterey vnd Zauberey als neun Kühe Haare haben. - Henisch, 1690, 42; Petri, II, 205; Luther's Werke (Jena), Vlll, 116b.

Aus den finstern Jahrhunderten mit ihren Judenverfolgungen. In unsern Tagen ist es kaum begreiflich, mit welchem Fanatismus die Juden einst verfolgt worden sind und in welcher Weise man sie geschmäht hat. Selbstredend hat dieser Judenhass auch in den Sprichwörtern seinen Ausdruck gefunden, und ich werde keins derselben unterdrücken, denn die Schmähungen, die sie enthalten, fallen auf die zurück, die sie ausgesprochen haben, und auf das Zeitalter, in dem ein fanatisches Pfaffenthum den blinden Glauben an die Stelle der humanen Grundsätze des Weisen aus Nazareth gesetzt hatte, der selbst ein Jude war. Wo es galt, einen Juden zu verfolgen, kannten die christlichen Priester keine Grenze, und keine Erfindung war zu dumm, um sie zu einer Anklage gegen sie zu benutzen. Noch im Jahre 1783 klagte der Bernhardinermönch Tyszkowsky die Jüdinnen der Zauberei an. Zuchowsky in seinem Oglos Processu behauptet: "Da der Jude Alexander den Kindesmord auf der Folter nicht eingestand, so hätte man sich nicht begnügen sollen, ihn zu verbrennen, sondern auch seinen Schatten, da es sehr wohl möglich, dass der Teufel zu Gunsten eines Juden ein Unding auf der Folter untergeschoben und dass der Schatten der wahre Jude gewesen." (Vgl. Darstellung der innern Verhältnisse Polens von H. von Moltke.) Die blutrothe Monas prodigiosa (Infusionsthier) spielt, wie in der Geschichte des Aberglaubens überhaupt, so auch besonders in der der Judenverfolgungen eine furchtbare Rolle. Im Jahre 1510 fand sie sich in Berlin ein, besonders auf den Oblaten in den feuchten Gewölben der Sakristeien. Da erlitten siebzig Juden den Feuertod, weil sie angeblich die Hostien mit Christenblut vergiftet haben sollten. - Ich hätte mir aber ersparen können, Beispiele aus einer vergangenen Zeit zu entlehnen; denn indem ich diese Bogen in der Correctur lese, berichten die Zeitungen von einer soeben in Galacz stattgefundenen Judenhetze wegen Christenblut, das ein Jude vergossen, der zufällig einen Knaben mit einer Schere geritzt hat.

30 Ein Jude macht keinen Markt.

In Galizien gehören zwei Juden und zwei Jungfrauen dazu, einen (Jahr-) Markt zu machen; in Mailand: zwei Frauen und eine Gans; in Böhmen zwei oder noch besser drei Frauen. (S. Frau 137.) (Reinsberg I, 18.)

Böhm.: Jeden zid nedela jarmark. (Celakovsky, 290.)

Kroat.: Jeden zidov necini senjma. (Celakovsky, 290.)

31 Ein Jude sagt, links sei recht und sein Hintermaul sei das Vordermaul.

32 Einem Juden glaube nicht und wenn er vom Himmel wäre. (Ruth.)

Das Sprichwort hat die polnischen und russischen Handelsjuden im Auge.

Mhd.: Davon sullen sie (die juden) des reiches knechte sin. (Wackernagel, 214.)

33 En Jude blift en Jude un wenn he slöpt bet a'n Middag.

Um zu sagen, dass sich die Eigenheiten des jüdischen Charakters, wären sie auch lange zurückgetreten, unter gewissen Umständen zeigen. (S. Bauer 48, 84 u. 160.)

34 Es darff jm keiner gedencken, das einer Juden leych, er sehe nur eben auff, das er jhn nicht bescheiss. - Franck, Weltbuch, CLVIIIb.

35 Es gehören neun Juden dazu, um Einen Schweizer (Baseler), und neun Schweizer (Baseler), um Einen Genfer zu betrügen. (Schweiz.) - Eiselein, 351; Klosterspiegel, 31, 13; Körte, 3201; Simrock, 5265; Reinsberg V, 33 u. 73.

In Livland gilt ein Russe für noch schlimmer als ein Jude; man sagt dort: Ein Jude betrügt drei Deutsche, ein Russe aber drei Juden. (Reinsberg V, 36.)

Frz.: En affaires il faut deux Juifs contre un Genois, deux Genois contre un Grec, et deux Grecs contre un Armenien. (Cahier, 807.) - Trois Juifs font un Balois, trois Balois font un Genevois. (Leroux, I, 193.)

36 Es ist gefährlich mit den Juden zu handeln, wenn sie miteinander anfahen zu hebräern. - Grimmelshausen, Vogelnest, 1672, S. 620.

37 Es sind dreyerley Jüden: geschorne Jüden, d. i. die Messpfaffen, welche alle tag Christum in der Mess creutzigen; güldene Ring

[Spaltenumbruch] eine eigene Erfindung des Dichters ist, in der er Sprichwörtliches seiner Zeit zusammengestellt, oder ob er, wie H. Kurz meint, die bei A. von Keller (Alte gute Schwänk, S. 17) befindliche Priamel (s. Maid) weiter ausgesponnen hat. Ich möchte der Ansicht von Sandvoss (Sprichwörterlese, S. 8) beitreten, dass Waldis nicht alles übrige selbst erfunden, sondern meist das im Volksmunde seiner Zeit Umlaufende benutzt und verbunden habe. Sie findet sich Waldis, IV, 93, 45-206 und lautet: „Drumb auch das alte sprichwort sagt: Ein alter Jüd on grosses gut, ein junger Kriegssman one mut, ein schöne junge Metz on liebe, ein grosser Jarmarckt one Diebe, ein alter Weiher one Fische, ein grosse Wiertsehafft one Tische, ein weite Küchen one Hünde, ein reicher Mann on viele Fründe, ein alter Müller one Korn, ein Leuchtenmacher one Horn, ein Würffelmacher one Bein, ein Hodenschneider one Stein, ein reicher Bawr on weites Veldt, ein Kauffmans Taschen one Gelt, ein mechtig König one Landt, ein alter Rheuter vnbekandt, ein alter Schneider one Scher, ein alter Stecher one Sper, ein frischer Honig vnd nit süss, ein guter Lauffer one füss, ein grosser Krieg, doch ohne schaden, ein alter fauler Käss on Maden, ein gutes Bier, doch ohne Maltz, ein gutes Muss, doch one Saltz, ein guter Essig vnd nit sawr, ein guter frischer Most on Lawr, ein altes Panzer one Rust, ein schöne junge Fraw on lust, ein rechter Christen glaub on frucht, ein frommer Schüler one zucht, ein alter Stier on grosse Hörner, ein Granatapffel one Körner, ein edler Stein, doch vagefasst, ein frommer Richter, vngehasst, ein guter hammer one stiel, ein guter Zimmermann on Biel, ein alter Wiertsknecht one Kreiden, ein newes Messer one schneiden, ein grosse Glocken one klanck, ein grosser Dreckhauff one stanck, ein ehrlich fromme Fraw on scham, ein alter Kessel one rham, ein grosser Fisch on allen gradt, ein grosser Regen one Kat, ein grosser Kauffman one borgen, ein armer Haussman one sorgen, ein alter Scheffel vngemessen, ein alter Stul, doch vnbesessen, ein alter Doctor one lere, ein alter Haussuatter on ehre, ein alter Mönnich one Blatten, ein alter Keller one Ratten, ein alter Nollhart one Kappen, ein alter Mantel one lappen, ein alter Landtsknecht on Frantzosen, ein Betler one Leuss in Hosen, ein alter Fuhrman one Taschen, ein alter Bilger one Flaschen, ein alter Schreiber one Feder, ein alter Schuhster one Leder, ein alte gute Stadt on warten, ein altes Messer one scharten, ein alter Scherer one zug, ein alter Kremer on betrug, ein alter Kühstall one Mist, ein alter roter Fuchss on list, ein alter Priester one Buch, ein alter Bader one Bruch, ein alter Rath on gut gericht, ein altes Schiff vnd vngebicht, ein alter Beltz on alle Leuse, ein alte Schewren one Meuse, ein alter Messner one Wachs, ein alte Spinnerin one Flachs, ein alt Apotecken one Würtz, ein alter Esel one Fürtz, ein altes Messbuch vngelesen, ein altes Tischthuch one Fesen, ein alter Wuchrer vnbeschatzt, ein alte Wunden vngekratzt, ein altes Schaf, doch vnbeschorn, ein alter Zwirn, doch vnuerworn, ein altes Dinthorn one schwartz, ein alte Küffen one hartz, ein alter Waldt on dörre Beume, ein alte Vettel one Treume, ein altes Sieb vnd one löcher, ein alter Schütze one Köcher, ein newer Harnisch one riemen, ein gutes stewpen one Striemen, ein alter Wagen vngeknarrt, ein alte Geigen vngescharrt, ein alte Wunden one schmertzen, viel junge Kelber one schertzen, grosse schöne Stedt one Mawren, grosses leiden one trawren, ein alter Rauber vngefangen, ein alter Dieb auch vngehangen, ein Kinderuatter one Frawen, ein alter Steinmetz one Hawen, ein alter Weinstock vnbeschnitten, ein gutes Pferd doch vnberitten, ein reiffe Gersten vngemäet, ein guter Acker vnbesäet, reiffe Trauben vnbehut, grosse Melonen, dennoch gut, ein alter Zaun vngetreten, schöne Frawen vngebeten, ein feister Bachen vngestochen, reiffe äpffel vnd vngebrochen, ein alter Wolff one weit maul, ein Sack voll Biern vnd keine faul, ein alter Landtsknecht one schrammen, ein saugends kleines Kind on Ammen, ein grosse Kranckheit one weh, ein langer Winter one schnee, reiffe Haselnüss vnd nit braun, ein guter Garten one Zaun, ein alter seiger Wein on kaem, ein süsse Sommermilch on raem, ein grosser Fürst vnd one Narren, ein grosser Rossstall one Barren, ein köstlich Buch vnd vngebunden, ein grosser Schatz vnd vngefunden, ein alte Orgel vngepfiffen, ein Badtstuben thür vnbegriffen, ein 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ich mein tag nit nennen hort, vnd ein alter Bock one Bart, ist alls wider Natürlich art.“

27 Ein armer Jude kann nicht wuchern.Riehl, Novellen, S. 394.

28 Ein Jud liehe nicht einen Pfenning auff den alten Adel.Lehmann, II, 375, 103; Simrock, 94.

29 Ein Jüd steckt so voll Abgötterey vnd Zauberey als neun Kühe Haare haben.Henisch, 1690, 42; Petri, II, 205; Luther's Werke (Jena), Vlll, 116b.

Aus den finstern Jahrhunderten mit ihren Judenverfolgungen. In unsern Tagen ist es kaum begreiflich, mit welchem Fanatismus die Juden einst verfolgt worden sind und in welcher Weise man sie geschmäht hat. Selbstredend hat dieser Judenhass auch in den Sprichwörtern seinen Ausdruck gefunden, und ich werde keins derselben unterdrücken, denn die Schmähungen, die sie enthalten, fallen auf die zurück, die sie ausgesprochen haben, und auf das Zeitalter, in dem ein fanatisches Pfaffenthum den blinden Glauben an die Stelle der humanen Grundsätze des Weisen aus Nazareth gesetzt hatte, der selbst ein Jude war. Wo es galt, einen Juden zu verfolgen, kannten die christlichen Priester keine Grenze, und keine Erfindung war zu dumm, um sie zu einer Anklage gegen sie zu benutzen. Noch im Jahre 1783 klagte der Bernhardinermönch Tyszkowsky die Jüdinnen der Zauberei an. Zuchowsky in seinem Oglos Processu behauptet: „Da der Jude Alexander den Kindesmord auf der Folter nicht eingestand, so hätte man sich nicht begnügen sollen, ihn zu verbrennen, sondern auch seinen Schatten, da es sehr wohl möglich, dass der Teufel zu Gunsten eines Juden ein Unding auf der Folter untergeschoben und dass der Schatten der wahre Jude gewesen.“ (Vgl. Darstellung der innern Verhältnisse Polens von H. von Moltke.) Die blutrothe Monas prodigiosa (Infusionsthier) spielt, wie in der Geschichte des Aberglaubens überhaupt, so auch besonders in der der Judenverfolgungen eine furchtbare Rolle. Im Jahre 1510 fand sie sich in Berlin ein, besonders auf den Oblaten in den feuchten Gewölben der Sakristeien. Da erlitten siebzig Juden den Feuertod, weil sie angeblich die Hostien mit Christenblut vergiftet haben sollten. – Ich hätte mir aber ersparen können, Beispiele aus einer vergangenen Zeit zu entlehnen; denn indem ich diese Bogen in der Correctur lese, berichten die Zeitungen von einer soeben in Galacz stattgefundenen Judenhetze wegen Christenblut, das ein Jude vergossen, der zufällig einen Knaben mit einer Schere geritzt hat.

30 Ein Jude macht keinen Markt.

In Galizien gehören zwei Juden und zwei Jungfrauen dazu, einen (Jahr-) Markt zu machen; in Mailand: zwei Frauen und eine Gans; in Böhmen zwei oder noch besser drei Frauen. (S. Frau 137.) (Reinsberg I, 18.)

Böhm.: Jeden žid nedĕlá jarmark. (Čelakovsky, 290.)

Kroat.: Jeden židov nečini senjma. (Čelakovsky, 290.)

31 Ein Jude sagt, links sei recht und sein Hintermaul sei das Vordermaul.

32 Einem Juden glaube nicht und wenn er vom Himmel wäre. (Ruth.)

Das Sprichwort hat die polnischen und russischen Handelsjuden im Auge.

Mhd.: Davon sullen sie (die juden) des reiches knechte sin. (Wackernagel, 214.)

33 En Jude blift en Jude un wenn he slöpt bet a'n Middag.

Um zu sagen, dass sich die Eigenheiten des jüdischen Charakters, wären sie auch lange zurückgetreten, unter gewissen Umständen zeigen. (S. Bauer 48, 84 u. 160.)

34 Es darff jm keiner gedencken, das einer Juden leych, er sehe nur eben auff, das er jhn nicht bescheiss.Franck, Weltbuch, CLVIIIb.

35 Es gehören neun Juden dazu, um Einen Schweizer (Baseler), und neun Schweizer (Baseler), um Einen Genfer zu betrügen. (Schweiz.) – Eiselein, 351; Klosterspiegel, 31, 13; Körte, 3201; Simrock, 5265; Reinsberg V, 33 u. 73.

In Livland gilt ein Russe für noch schlimmer als ein Jude; man sagt dort: Ein Jude betrügt drei Deutsche, ein Russe aber drei Juden. (Reinsberg V, 36.)

Frz.: En affaires il faut deux Juifs contre un Génois, deux Génois contre un Grec, et deux Grecs contre un Arménien. (Cahier, 807.) – Trois Juifs font un Balois, trois Balois font un Genevois. (Leroux, I, 193.)

36 Es ist gefährlich mit den Juden zu handeln, wenn sie miteinander anfahen zu hebräern.Grimmelshausen, Vogelnest, 1672, S. 620.

37 Es sind dreyerley Jüden: geschorne Jüden, d. i. die Messpfaffen, welche alle tag Christum in der Mess creutzigen; güldene Ring

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[[517]/0523] eine eigene Erfindung des Dichters ist, in der er Sprichwörtliches seiner Zeit zusammengestellt, oder ob er, wie H. Kurz meint, die bei A. von Keller (Alte gute Schwänk, S. 17) befindliche Priamel (s. Maid) weiter ausgesponnen hat. Ich möchte der Ansicht von Sandvoss (Sprichwörterlese, S. 8) beitreten, dass Waldis nicht alles übrige selbst erfunden, sondern meist das im Volksmunde seiner Zeit Umlaufende benutzt und verbunden habe. Sie findet sich Waldis, IV, 93, 45-206 und lautet: „Drumb auch das alte sprichwort sagt: Ein alter Jüd on grosses gut, ein junger Kriegssman one mut, ein schöne junge Metz on liebe, ein grosser Jarmarckt one Diebe, ein alter Weiher one Fische, ein grosse Wiertsehafft one Tische, ein weite Küchen one Hünde, ein reicher Mann on viele Fründe, ein alter Müller one Korn, ein Leuchtenmacher one Horn, ein Würffelmacher one Bein, ein Hodenschneider one Stein, ein reicher Bawr on weites Veldt, ein Kauffmans Taschen one Gelt, ein mechtig König one Landt, ein alter Rheuter vnbekandt, ein alter Schneider one Scher, ein alter Stecher one Sper, ein frischer Honig vnd nit süss, ein guter Lauffer one füss, ein grosser Krieg, doch ohne schaden, ein alter fauler Käss on Maden, ein gutes Bier, doch ohne Maltz, ein gutes Muss, doch one Saltz, ein guter Essig vnd nit sawr, ein guter frischer Most on Lawr, ein altes Panzer one Rust, ein schöne junge Fraw on lust, ein rechter Christen glaub on frucht, ein frommer Schüler one zucht, ein alter Stier on grosse Hörner, ein Granatapffel one Körner, ein edler Stein, doch vagefasst, ein frommer Richter, vngehasst, ein guter hammer one stiel, ein guter Zimmermann on Biel, ein alter Wiertsknecht one Kreiden, ein newes Messer one schneiden, ein grosse Glocken one klanck, ein grosser Dreckhauff one stanck, ein ehrlich fromme Fraw on scham, ein alter Kessel one rham, ein grosser Fisch on allen gradt, ein grosser Regen one Kat, ein grosser Kauffman one borgen, ein armer Haussman one sorgen, ein alter Scheffel vngemessen, ein alter Stul, doch vnbesessen, ein alter Doctor one lere, ein alter Haussuatter on ehre, ein alter Mönnich one Blatten, ein alter Keller one Ratten, ein alter Nollhart one Kappen, ein alter Mantel one lappen, ein alter Landtsknecht on Frantzosen, ein Betler one Leuss in Hosen, ein alter Fuhrman one Taschen, ein alter Bilger one Flaschen, ein alter Schreiber one Feder, ein alter Schuhster one Leder, ein alte gute Stadt on warten, ein altes Messer one scharten, ein alter Scherer one zug, ein alter Kremer on betrug, ein alter Kühstall one Mist, ein alter roter Fuchss on list, ein alter Priester one Buch, ein alter Bader one Bruch, ein alter Rath on gut gericht, ein altes Schiff vnd vngebicht, ein alter Beltz on alle Leuse, ein alte Schewren one Meuse, ein alter Messner one Wachs, ein alte Spinnerin one Flachs, ein alt Apotecken one Würtz, ein alter Esel one Fürtz, ein altes Messbuch vngelesen, ein altes Tischthuch one Fesen, ein alter Wuchrer vnbeschatzt, ein alte Wunden vngekratzt, ein altes Schaf, doch vnbeschorn, ein alter Zwirn, doch vnuerworn, ein altes Dinthorn one schwartz, ein alte Küffen one hartz, ein alter Waldt on dörre Beume, ein alte Vettel one Treume, ein altes Sieb vnd one löcher, ein alter Schütze one Köcher, ein newer Harnisch one riemen, ein gutes stewpen one Striemen, ein alter Wagen vngeknarrt, ein alte Geigen vngescharrt, ein alte Wunden one schmertzen, viel junge Kelber one schertzen, grosse schöne Stedt one Mawren, grosses leiden one trawren, ein alter Rauber vngefangen, ein alter Dieb auch vngehangen, ein Kinderuatter one Frawen, ein alter Steinmetz one Hawen, ein alter Weinstock vnbeschnitten, ein gutes Pferd doch vnberitten, ein reiffe Gersten vngemäet, ein guter Acker vnbesäet, reiffe Trauben vnbehut, grosse Melonen, dennoch gut, ein alter Zaun vngetreten, schöne Frawen vngebeten, ein feister Bachen vngestochen, reiffe äpffel vnd vngebrochen, ein alter Wolff one weit maul, ein Sack voll Biern vnd keine faul, ein alter Landtsknecht one schrammen, ein saugends kleines Kind on Ammen, ein grosse Kranckheit one weh, ein langer Winter one schnee, reiffe Haselnüss vnd nit braun, ein guter Garten one Zaun, ein alter seiger Wein on kaem, ein süsse Sommermilch on raem, ein grosser Fürst vnd one Narren, ein grosser Rossstall one Barren, ein köstlich Buch vnd vngebunden, ein grosser Schatz vnd vngefunden, ein alte Orgel vngepfiffen, ein Badtstuben thür vnbegriffen, ein alter Schornstein one Russ, ein frommer Sünder one Buss, ein grosse Hochzeit one Tantz, ein zierte Jungfraw one Krantz, junge Pflantzen vnbegossen, ein langer Dienst vnd vnuerdrossen, ein lerer Wagen vngehemmet, ein grosses har vnd vngekemmet, ein guter Senff vnd vngerieben, feisste Rinder vngetrieben, ein alter Buchsbaum vnd nit grün, ein alter Kempffer vnd nit kün, ein alter Jäger one Hunde, ein alter Wieger one pfunde, ein alte Saw on grosse zitzen, ein alte Wand on grosse ritzen, ein alter Betler one stab, ein alte Bewrin one lab, ein gutes Schiff one Ruder, ein Obseruantz one Bruder, ein guter pflug one schar, ein schöner Kopff one har, ein alter Töpffer one Thon, ein alter Vatter one Son, die Müntz zu Strassburg one Hemer, die Mess zu Franckfurdt one Kremer, alte Vetteln, die nit schwatzen, alte Katzen, die nit kratzen, alte Hüner, die nit scharren, jung Gesellen, die nit narren, ein alter Eber one zäne, ein guter Bogen one Seene, ein altes böses Weib on wort hab ich mein tag nit nennen hort, vnd ein alter Bock one Bart, ist alls wider Natürlich art.“ 27 Ein armer Jude kann nicht wuchern. – Riehl, Novellen, S. 394. 28 Ein Jud liehe nicht einen Pfenning auff den alten Adel. – Lehmann, II, 375, 103; Simrock, 94. 29 Ein Jüd steckt so voll Abgötterey vnd Zauberey als neun Kühe Haare haben. – Henisch, 1690, 42; Petri, II, 205; Luther's Werke (Jena), Vlll, 116b. Aus den finstern Jahrhunderten mit ihren Judenverfolgungen. In unsern Tagen ist es kaum begreiflich, mit welchem Fanatismus die Juden einst verfolgt worden sind und in welcher Weise man sie geschmäht hat. Selbstredend hat dieser Judenhass auch in den Sprichwörtern seinen Ausdruck gefunden, und ich werde keins derselben unterdrücken, denn die Schmähungen, die sie enthalten, fallen auf die zurück, die sie ausgesprochen haben, und auf das Zeitalter, in dem ein fanatisches Pfaffenthum den blinden Glauben an die Stelle der humanen Grundsätze des Weisen aus Nazareth gesetzt hatte, der selbst ein Jude war. Wo es galt, einen Juden zu verfolgen, kannten die christlichen Priester keine Grenze, und keine Erfindung war zu dumm, um sie zu einer Anklage gegen sie zu benutzen. Noch im Jahre 1783 klagte der Bernhardinermönch Tyszkowsky die Jüdinnen der Zauberei an. Zuchowsky in seinem Oglos Processu behauptet: „Da der Jude Alexander den Kindesmord auf der Folter nicht eingestand, so hätte man sich nicht begnügen sollen, ihn zu verbrennen, sondern auch seinen Schatten, da es sehr wohl möglich, dass der Teufel zu Gunsten eines Juden ein Unding auf der Folter untergeschoben und dass der Schatten der wahre Jude gewesen.“ (Vgl. Darstellung der innern Verhältnisse Polens von H. von Moltke.) Die blutrothe Monas prodigiosa (Infusionsthier) spielt, wie in der Geschichte des Aberglaubens überhaupt, so auch besonders in der der Judenverfolgungen eine furchtbare Rolle. Im Jahre 1510 fand sie sich in Berlin ein, besonders auf den Oblaten in den feuchten Gewölben der Sakristeien. Da erlitten siebzig Juden den Feuertod, weil sie angeblich die Hostien mit Christenblut vergiftet haben sollten. – Ich hätte mir aber ersparen können, Beispiele aus einer vergangenen Zeit zu entlehnen; denn indem ich diese Bogen in der Correctur lese, berichten die Zeitungen von einer soeben in Galacz stattgefundenen Judenhetze wegen Christenblut, das ein Jude vergossen, der zufällig einen Knaben mit einer Schere geritzt hat. 30 Ein Jude macht keinen Markt. In Galizien gehören zwei Juden und zwei Jungfrauen dazu, einen (Jahr-) Markt zu machen; in Mailand: zwei Frauen und eine Gans; in Böhmen zwei oder noch besser drei Frauen. (S. Frau 137.) (Reinsberg I, 18.) Böhm.: Jeden žid nedĕlá jarmark. (Čelakovsky, 290.) Kroat.: Jeden židov nečini senjma. (Čelakovsky, 290.) 31 Ein Jude sagt, links sei recht und sein Hintermaul sei das Vordermaul. 32 Einem Juden glaube nicht und wenn er vom Himmel wäre. (Ruth.) Das Sprichwort hat die polnischen und russischen Handelsjuden im Auge. Mhd.: Davon sullen sie (die juden) des reiches knechte sin. (Wackernagel, 214.) 33 En Jude blift en Jude un wenn he slöpt bet a'n Middag. Um zu sagen, dass sich die Eigenheiten des jüdischen Charakters, wären sie auch lange zurückgetreten, unter gewissen Umständen zeigen. (S. Bauer 48, 84 u. 160.) 34 Es darff jm keiner gedencken, das einer Juden leych, er sehe nur eben auff, das er jhn nicht bescheiss. – Franck, Weltbuch, CLVIIIb. 35 Es gehören neun Juden dazu, um Einen Schweizer (Baseler), und neun Schweizer (Baseler), um Einen Genfer zu betrügen. (Schweiz.) – Eiselein, 351; Klosterspiegel, 31, 13; Körte, 3201; Simrock, 5265; Reinsberg V, 33 u. 73. In Livland gilt ein Russe für noch schlimmer als ein Jude; man sagt dort: Ein Jude betrügt drei Deutsche, ein Russe aber drei Juden. (Reinsberg V, 36.) Frz.: En affaires il faut deux Juifs contre un Génois, deux Génois contre un Grec, et deux Grecs contre un Arménien. (Cahier, 807.) – Trois Juifs font un Balois, trois Balois font un Genevois. (Leroux, I, 193.) 36 Es ist gefährlich mit den Juden zu handeln, wenn sie miteinander anfahen zu hebräern. – Grimmelshausen, Vogelnest, 1672, S. 620. 37 Es sind dreyerley Jüden: geschorne Jüden, d. i. die Messpfaffen, welche alle tag Christum in der Mess creutzigen; güldene Ring

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [517]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/523>, abgerufen am 24.11.2024.