Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.[Spaltenumbruch] 89 In einer alten Kirche geschehen mehr Wunder als in einer neuen. - Parömiakon, 1539. Oder sind vielmehr geschehen, weil die alten Kirchen die alten wunderreichen Heiligen zu Schutzpatronen haben, während die neuen nur mit jungen Heiligen bedacht sind, denen das Wunderthun in dem lichten Jahrhundert, bei den fortgeschrittenen Naturwissenschaften und der bessern Bildung des Volks weit schwerer wird. 90 In jeder Kirche Gottes hat der Teufel seinen Altar. 91 In jeder Kirche hängen drei Glocken; die erste ruft fein: Gern Wein! Die andere stärker: Wer zahlt? Die dritte brummt: Die Bauern! 92 In solche Kirchen gehören solche Heiligen. - Petri, II, 406; Lehmann, 327, 32. 93 Inn den Kirchen andechtig, am Tisch frölich, auff der Gassen züchtig, im Betthe freundlich, inn Sachen redlich, bey grossen Herren fürsichtig; wer diese Dinge helt, Gott vnd den Menschen wolgefellt. - Latendorf II, 18 u. 56. 94 Ist die Kirch schon gross, singt der Pfaff darumb gleichwol nit mehr als er kan. - Lehmann, II, 279, 61. Engl.: The church is not so large, but the priest may say service in it. (Bohn II, 79.) Holl.: Al is de kerk groot, de paap predikt maar aan een einde. - Al is de kerk groot, de paap zingt niet meer, dan hij vermag. (Harrebomee, I, 393a.) 95 Ist die Kirche noch so voll, der Pfarrer predigt nur, was er weiss. - Schlechta, 193. 96 Je dichter (näher) bei de Karke, je later darin. - Frommann, VI, 284; Firmenich, III, 26, 19. 97 Je mehr die Kirch bedrengt wird, je herrlicher sie siegt. - Petri, I, 57. 98 Je mehr Kirchen vnd Altar, je mehr Götzendienst. - Franck, Zeytbuch, I, LVIa. 99 Je näher der Kirche, je später hinein. - Petri, II, 395; Pauli, Postilla, 154a; Gaal, 1014; Eiselein, 377; Simrock, 5668; Körte, 3407; Braun, I, 1853. Ein stets und überall sich bewährender Erfahrungssatz. Sie glauben stets noch zur rechten Zeit zu kommen. Böhm.: Posledni do chramu byva, kdo pod zvonici prebyva. (Celakovsky, 9.) Dän.: Jo naermere kirken, jo seenere dertil. (Prov. dan., 345.) Holl.: Hoe nader bij de kerk, hoe later en zeldzamen daarin. (Harrebomee, I, 394a.) Kroat.: Blizu cirkve dalko od boga. - Koi je najblize cirkve, k mesi zadnij dojde. (Celakovsky, 9.) Lat.: Proximus ecclesiae semper vult ultimus esse. (Binder I, 1441; II, 2684; Neander, 299; Eiselein, 377; Seybold, 462.) Poln.: Ostatni do kosciota bywa, kto pod dzwonica mieszkiwa. (Celakovsky, 9.) Ung.: Ki a' templomhoz közel lakik, legutolso benne. (Gaal, 1014.) 100 Je näher der Kirche, je weiter von Gott. - Eiselein, 377; Simrock, 5669; Körte, 3406c; Braun, I, 1854. So sagt der protestantische Brite und Deutsche; der Katholik: Je näher Rom, je schlimmerer Christ; die Geschichte aber: Je mehr Glaube und positiver Religionskram, desto schlechter die Nation. (Vgl. J. Weber, Die Möncherei, Stuttgart 1820, III, 2, 393.) Schon der Prophet Hoseas (8, 14) klagt: "Israel vergisst seines Schöpfers und baut - Kirchen." Engl.: The nearer the church, the farther from God. (Bohn II, 79; Eiselein, 377; Gaal, 1014.) Frz.: Pres de l'eglise et loin de Dieu. (Bohn I, 46; Lendroy, 926; Leroux, I, 15; Kritzinger, 262a; Gaal, 1014.) Holl.: Nabij de kerk en ver van God. (Harrebomee, I, 394b.) It.: Vicino alla chiesa, lontan da Dio. (Bohn I, 132.) 101 Je näher der Kirchen, je böser Christ. - Henisch, 601, 66; Petri, II, 395. 102 Jede Kirche ist in Gottes eigenem Frieden. (S. Gottesfriede.) - Graf, 497, 90. Die Angelsachsen: Aelc cirice is mid rihte on Cristes agenan gridhe. (Schmid, 20, 1.) 103 Jeder hat eine Kirche in seiner Brust. Dän.: Der er kirke i hver mands bryst. - Hver siunger og ringer som hannem magt paaligger. (Prov. dan., 93.) 104 Keine Kirche so klein, der Teufel baut eine Kapelle daneben. Das mag noch sein; aber oft nistet er gar mitten hinein in die Kirche, legt seine Eier ins Innere derselben, wie der Sandfloh in Fersen und Fusssohlen, dass Geschwüre entstehen und ganze Glieder abgelöst werden müssen. Böhm.: Neni toho kostelicka, aby nebylo, kazanicka (aby cert nemel svou kaplicku). (Celakovsky, 388.) [Spaltenumbruch] 105 Kerken gaen un Köken staen kranket nich. - Gülden ABC, S. 1029. 106 Kirche, Meer oder Königshaus, wähl' dir eins, so kommst du aus. Span.: Iglesia, o mar, o casa real, quien quiere medrar. (Bohn I, 225.) 107 Kirche, Meer und Könighaus geben die besten Dienste. 108 Kirchen bestelen hat grosse Verantwortung. - Petri, I, 69. 109 Lass die Kirche im Dorfe stehen! - Simrock, 5688. Kehre die Dinge nicht um. Frz.: Il faut mettre le clocher au milieu de la paroisse. 110 Man muss die Kirche lassen, wo sie steht. In Schwaben: Ma muass no au d' Kirch beim Dorf lasse. - In Wurmlingen: Man muss d' Kilk im Doarf laun. (Birlinger, 297.) - Man muss es beim Alten lassen, an eingeführten Gebräuchen nicht ändern, will das Sprichwort sagen. Dän.: Lad kirken staae midt i byen. (Prov. dan., 345.) Engl.: Let the church stand in the church-yard. (Bohn II, 79.) Holl.: Laat de kerk in het midden van het dorp staan. (Harrebomee, I, 394a.) 111 Mancher nimmt die Kirche mit dem Pfaffen und bedenkt nicht, dass ein Ziel gesetzt ist, da er zahlen soll. 112 Mer muss di Kirch' ban Dorf lass'n. (Franken.) - Frommann, VI, 318, 224. In Westfalen: Me mot de Kearke im Doerpe loaten. Keine fremden Gebräuche einführen, nichts Auffallendes thun, nichts übertreiben. 113 Nah bei der Kirch', nah bei der Höll'. - Birlinger, 308. 114 Neue Kirchen und neue Schenken (Wirthshäuser) stehen selten leer. - Eiselein, 371; Simrock, 5673. 115 Nymand sol der kirchen geben vnd syn kind enterben. - Hug, 37; Graf, 543, 44. Dennoch geschieht es oft, dass jemand sein Vermögen zum Nachtheil seiner bedürftigen Verwandten Kirchen und Klöstern vermacht. 116 Olde Karken, dunkel Fensters. - Hauskalender, I. 117 Reiche Kirche, arme Bauern. (Altbaiern.) 118 Und ist die Kirche noch so gross, der Pfaff' singt nur, was er weiss (kann). - Körte, 402; Simrock, 5675. 119 Uns Kerk steit up'n Burmeiste sein'n Rock, sagen die zu Teterow. Unsere Kirche steht auf des Bürgermeisters Rock. Zur Erklärung dient folgende Sage. Da die Kirche in Teterow mitten auf dem Markte, gerade vor der Strasse stand, die vom rostocker zum malchiner Thore führt, so beschlossen die Teterower, welche dies unbequem fanden, Walzen unterzulegen und die Kirche ein Stück fortzurollen. Der Küster sollte den umgelegten Strick vorn ziehen und der ganze Magistrat wollte nachschieben. Allen sonstigen Einwohnern wurde aber bei Todesstrafe verboten, ihre Häuser zu verlassen, damit nicht, wenn die Kirche etwa umfalle, jemand zu Schaden käme. Als alles bereit war, fiel dem Küster ein, er wisse nicht, wie weit die Kirche solle. Daran hatte niemand gedacht; aber der Bürgermeister zog schnell seinen Rock aus, warf ihn vor der Kirche auf die Erde und sprach: "So just bis hier über den Kragen weg!" Da er jedoch wieder auf seinen Posten ging, nahm der Küster den Rock und trug ihn heim, indem es ihm leid that, dieses schöne Kleidungsstück unter der Kirche verkommen zu lassen, während er nur einen sehr abgeschabten Rock besass. Im Nu war er wieder zurück, gab das Zeichen zum Schieben und schrie nach einigen Rucken: "Halt, wir sind schon drüber weg!" Er meinte über den Rinnstein; der Bürgermeister aber dachte, über den Kragen und jammerte über den Verlust seines Rocks. (Reinsberg VII, 128.) 120 Vorbei an Kirche und Schulhaus geht der nächste Weg ins Zuchthaus. 121 Vorzeiten waren finstere Kirchen, aber lichte Hertzen, Höltzinn Kelch, aber güldene Pfaffen. - Lehmann, II, 794, 161. 122 Wär nich gären na'r Kerken geit, dän ak Godes Sagen feilt. - Schambach, II, 554. Scheint sagen zu wollen, dass dem, der die Kirche nicht besucht, also den Segen des Geistlichen nicht erhält, auch der Segen Gottes fehle. 123 Was hilffts, dass die Kirch gross ist, der Kantor singt gleichwol nicht mehr, denn er kann. - Petri, II, 599.
[Spaltenumbruch] 89 In einer alten Kirche geschehen mehr Wunder als in einer neuen. – Parömiakon, 1539. Oder sind vielmehr geschehen, weil die alten Kirchen die alten wunderreichen Heiligen zu Schutzpatronen haben, während die neuen nur mit jungen Heiligen bedacht sind, denen das Wunderthun in dem lichten Jahrhundert, bei den fortgeschrittenen Naturwissenschaften und der bessern Bildung des Volks weit schwerer wird. 90 In jeder Kirche Gottes hat der Teufel seinen Altar. 91 In jeder Kirche hängen drei Glocken; die erste ruft fein: Gern Wein! Die andere stärker: Wer zahlt? 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(Harrebomée, I, 393a.) 95 Ist die Kirche noch so voll, der Pfarrer predigt nur, was er weiss. – Schlechta, 193. 96 Je dichter (näher) bî de Karke, je later darin. – Frommann, VI, 284; Firmenich, III, 26, 19. 97 Je mehr die Kirch bedrengt wird, je herrlicher sie siegt. – Petri, I, 57. 98 Je mehr Kirchen vnd Altar, je mehr Götzendienst. – Franck, Zeytbuch, I, LVIa. 99 Je näher der Kirche, je später hinein. – Petri, II, 395; Pauli, Postilla, 154a; Gaal, 1014; Eiselein, 377; Simrock, 5668; Körte, 3407; Braun, I, 1853. Ein stets und überall sich bewährender Erfahrungssatz. Sie glauben stets noch zur rechten Zeit zu kommen. Böhm.: Poslední do chrámu bývá, kdo pod zvonicí přebývá. (Čelakovsky, 9.) Dän.: Jo nærmere kirken, jo seenere dertil. (Prov. dan., 345.) Holl.: Hoe nader bij de kerk, hoe later en zeldzamen daarin. (Harrebomée, I, 394a.) Kroat.: Blizu cirkve dalko od boga. – Koi je najbliže cirkve, k meší zadnij dojde. (Čelakovsky, 9.) Lat.: Proximus ecclesiae semper vult ultimus esse. 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(Bohn I, 132.) 101 Je näher der Kirchen, je böser Christ. – Henisch, 601, 66; Petri, II, 395. 102 Jede Kirche ist in Gottes eigenem Frieden. (S. Gottesfriede.) – Graf, 497, 90. Die Angelsachsen: Aelc cirice is mid rihte on Cristes âgenan gridhe. (Schmid, 20, 1.) 103 Jeder hat eine Kirche in seiner Brust. Dän.: Der er kirke i hver mands bryst. – Hver siunger og ringer som hannem magt paaligger. (Prov. dan., 93.) 104 Keine Kirche so klein, der Teufel baut eine Kapelle daneben. Das mag noch sein; aber oft nistet er gar mitten hinein in die Kirche, legt seine Eier ins Innere derselben, wie der Sandfloh in Fersen und Fusssohlen, dass Geschwüre entstehen und ganze Glieder abgelöst werden müssen. Böhm.: Není toho kostelíčka, aby nebylo, kázaníčka (aby čert nemĕl svou kapličku). (Čelakovsky, 388.) [Spaltenumbruch] 105 Kerken gaen un Köken staen kranket nich. – Gülden ABC, S. 1029. 106 Kirche, Meer oder Königshaus, wähl' dir eins, so kommst du aus. 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Zur Erklärung dient folgende Sage. Da die Kirche in Teterow mitten auf dem Markte, gerade vor der Strasse stand, die vom rostocker zum malchiner Thore führt, so beschlossen die Teterower, welche dies unbequem fanden, Walzen unterzulegen und die Kirche ein Stück fortzurollen. Der Küster sollte den umgelegten Strick vorn ziehen und der ganze Magistrat wollte nachschieben. Allen sonstigen Einwohnern wurde aber bei Todesstrafe verboten, ihre Häuser zu verlassen, damit nicht, wenn die Kirche etwa umfalle, jemand zu Schaden käme. Als alles bereit war, fiel dem Küster ein, er wisse nicht, wie weit die Kirche solle. Daran hatte niemand gedacht; aber der Bürgermeister zog schnell seinen Rock aus, warf ihn vor der Kirche auf die Erde und sprach: „So just bis hier über den Kragen weg!“ Da er jedoch wieder auf seinen Posten ging, nahm der Küster den Rock und trug ihn heim, indem es ihm leid that, dieses schöne Kleidungsstück unter der Kirche verkommen zu lassen, während er nur einen sehr abgeschabten Rock besass. Im Nu war er wieder zurück, gab das Zeichen zum Schieben und schrie nach einigen Rucken: „Halt, wir sind schon drüber weg!“ Er meinte über den Rinnstein; der Bürgermeister aber dachte, über den Kragen und jammerte über den Verlust seines Rocks. 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89 In einer alten Kirche geschehen mehr Wunder als in einer neuen. – Parömiakon, 1539.
Oder sind vielmehr geschehen, weil die alten Kirchen die alten wunderreichen Heiligen zu Schutzpatronen haben, während die neuen nur mit jungen Heiligen bedacht sind, denen das Wunderthun in dem lichten Jahrhundert, bei den fortgeschrittenen Naturwissenschaften und der bessern Bildung des Volks weit schwerer wird.
90 In jeder Kirche Gottes hat der Teufel seinen Altar.
91 In jeder Kirche hängen drei Glocken; die erste ruft fein: Gern Wein! Die andere stärker: Wer zahlt? Die dritte brummt: Die Bauern!
92 In solche Kirchen gehören solche Heiligen. – Petri, II, 406; Lehmann, 327, 32.
93 Inn den Kirchen andechtig, am Tisch frölich, auff der Gassen züchtig, im Betthe freundlich, inn Sachen redlich, bey grossen Herren fürsichtig; wer diese Dinge helt, Gott vnd den Menschen wolgefellt. – Latendorf II, 18 u. 56.
94 Ist die Kirch schon gross, singt der Pfaff darumb gleichwol nit mehr als er kan. – Lehmann, II, 279, 61.
Engl.: The church is not so large, but the priest may say service in it. (Bohn II, 79.)
Holl.: Al is de kerk groot, de paap predikt maar aan één einde. – Al is de kerk groot, de paap zingt niet meer, dan hij vermag. (Harrebomée, I, 393a.)
95 Ist die Kirche noch so voll, der Pfarrer predigt nur, was er weiss. – Schlechta, 193.
96 Je dichter (näher) bî de Karke, je later darin. – Frommann, VI, 284; Firmenich, III, 26, 19.
97 Je mehr die Kirch bedrengt wird, je herrlicher sie siegt. – Petri, I, 57.
98 Je mehr Kirchen vnd Altar, je mehr Götzendienst. – Franck, Zeytbuch, I, LVIa.
99 Je näher der Kirche, je später hinein. – Petri, II, 395; Pauli, Postilla, 154a; Gaal, 1014; Eiselein, 377; Simrock, 5668; Körte, 3407; Braun, I, 1853.
Ein stets und überall sich bewährender Erfahrungssatz. Sie glauben stets noch zur rechten Zeit zu kommen.
Böhm.: Poslední do chrámu bývá, kdo pod zvonicí přebývá. (Čelakovsky, 9.)
Dän.: Jo nærmere kirken, jo seenere dertil. (Prov. dan., 345.)
Holl.: Hoe nader bij de kerk, hoe later en zeldzamen daarin. (Harrebomée, I, 394a.)
Kroat.: Blizu cirkve dalko od boga. – Koi je najbliže cirkve, k meší zadnij dojde. (Čelakovsky, 9.)
Lat.: Proximus ecclesiae semper vult ultimus esse. (Binder I, 1441; II, 2684; Neander, 299; Eiselein, 377; Seybold, 462.)
Poln.: Ostatni do kościota bywa, kto pod dzwonicą mieszkiwa. (Čelakovsky, 9.)
Ung.: Ki a' templomhoz közel lakik, legutólsó benne. (Gaal, 1014.)
100 Je näher der Kirche, je weiter von Gott. – Eiselein, 377; Simrock, 5669; Körte, 3406c; Braun, I, 1854.
So sagt der protestantische Brite und Deutsche; der Katholik: Je näher Rom, je schlimmerer Christ; die Geschichte aber: Je mehr Glaube und positiver Religionskram, desto schlechter die Nation. (Vgl. J. Weber, Die Möncherei, Stuttgart 1820, III, 2, 393.) Schon der Prophet Hoseas (8, 14) klagt: „Israel vergisst seines Schöpfers und baut – Kirchen.“
Engl.: The nearer the church, the farther from God. (Bohn II, 79; Eiselein, 377; Gaal, 1014.)
Frz.: Près de l'église et loin de Dieu. (Bohn I, 46; Lendroy, 926; Leroux, I, 15; Kritzinger, 262a; Gaal, 1014.)
Holl.: Nabij de kerk en ver van God. (Harrebomée, I, 394b.)
It.: Vicino alla chiesa, lontan da Dio. (Bohn I, 132.)
101 Je näher der Kirchen, je böser Christ. – Henisch, 601, 66; Petri, II, 395.
102 Jede Kirche ist in Gottes eigenem Frieden. (S. Gottesfriede.) – Graf, 497, 90.
Die Angelsachsen: Aelc cirice is mid rihte on Cristes âgenan gridhe. (Schmid, 20, 1.)
103 Jeder hat eine Kirche in seiner Brust.
Dän.: Der er kirke i hver mands bryst. – Hver siunger og ringer som hannem magt paaligger. (Prov. dan., 93.)
104 Keine Kirche so klein, der Teufel baut eine Kapelle daneben.
Das mag noch sein; aber oft nistet er gar mitten hinein in die Kirche, legt seine Eier ins Innere derselben, wie der Sandfloh in Fersen und Fusssohlen, dass Geschwüre entstehen und ganze Glieder abgelöst werden müssen.
Böhm.: Není toho kostelíčka, aby nebylo, kázaníčka (aby čert nemĕl svou kapličku). (Čelakovsky, 388.)
105 Kerken gaen un Köken staen kranket nich. – Gülden ABC, S. 1029.
106 Kirche, Meer oder Königshaus, wähl' dir eins, so kommst du aus.
Span.: Iglesia, ó mar, ó casa real, quien quiere medrar. (Bohn I, 225.)
107 Kirche, Meer und Könighaus geben die besten Dienste.
108 Kirchen bestelen hat grosse Verantwortung. – Petri, I, 69.
109 Lass die Kirche im Dorfe stehen! – Simrock, 5688.
Kehre die Dinge nicht um.
Frz.: Il faut mettre le clocher au milieu de la paroisse.
110 Man muss die Kirche lassen, wo sie steht.
In Schwaben: Ma muass no au d' Kirch beim Dorf lasse. – In Wurmlingen: Man muss d' Kilk im Doarf laun. (Birlinger, 297.) – Man muss es beim Alten lassen, an eingeführten Gebräuchen nicht ändern, will das Sprichwort sagen.
Dän.: Lad kirken staae midt i byen. (Prov. dan., 345.)
Engl.: Let the church stand in the church-yard. (Bohn II, 79.)
Holl.: Laat de kerk in het midden van het dorp staan. (Harrebomée, I, 394a.)
111 Mancher nimmt die Kirche mit dem Pfaffen und bedenkt nicht, dass ein Ziel gesetzt ist, da er zahlen soll.
112 Mer muss di Kirch' ban Dorf lass'n. (Franken.) – Frommann, VI, 318, 224.
In Westfalen: Me mot de Kearke im Doerpe loaten. Keine fremden Gebräuche einführen, nichts Auffallendes thun, nichts übertreiben.
113 Nah bei der Kirch', nah bei der Höll'. – Birlinger, 308.
114 Neue Kirchen und neue Schenken (Wirthshäuser) stehen selten leer. – Eiselein, 371; Simrock, 5673.
115 Nymand sol der kirchen geben vnd syn kind enterben. – Hug, 37; Graf, 543, 44.
Dennoch geschieht es oft, dass jemand sein Vermögen zum Nachtheil seiner bedürftigen Verwandten Kirchen und Klöstern vermacht.
116 Olde Karken, dunkel Fensters. – Hauskalender, I.
117 Reiche Kirche, arme Bauern. (Altbaiern.)
118 Und ist die Kirche noch so gross, der Pfaff' singt nur, was er weiss (kann). – Körte, 402; Simrock, 5675.
119 Uns Kerk steit up'n Burmeiste sîn'n Rock, sagen die zu Teterow.
Unsere Kirche steht auf des Bürgermeisters Rock. Zur Erklärung dient folgende Sage. Da die Kirche in Teterow mitten auf dem Markte, gerade vor der Strasse stand, die vom rostocker zum malchiner Thore führt, so beschlossen die Teterower, welche dies unbequem fanden, Walzen unterzulegen und die Kirche ein Stück fortzurollen. Der Küster sollte den umgelegten Strick vorn ziehen und der ganze Magistrat wollte nachschieben. Allen sonstigen Einwohnern wurde aber bei Todesstrafe verboten, ihre Häuser zu verlassen, damit nicht, wenn die Kirche etwa umfalle, jemand zu Schaden käme. Als alles bereit war, fiel dem Küster ein, er wisse nicht, wie weit die Kirche solle. Daran hatte niemand gedacht; aber der Bürgermeister zog schnell seinen Rock aus, warf ihn vor der Kirche auf die Erde und sprach: „So just bis hier über den Kragen weg!“ Da er jedoch wieder auf seinen Posten ging, nahm der Küster den Rock und trug ihn heim, indem es ihm leid that, dieses schöne Kleidungsstück unter der Kirche verkommen zu lassen, während er nur einen sehr abgeschabten Rock besass. Im Nu war er wieder zurück, gab das Zeichen zum Schieben und schrie nach einigen Rucken: „Halt, wir sind schon drüber weg!“ Er meinte über den Rinnstein; der Bürgermeister aber dachte, über den Kragen und jammerte über den Verlust seines Rocks. (Reinsberg VII, 128.)
120 Vorbei an Kirche und Schulhaus geht der nächste Weg ins Zuchthaus.
121 Vorzeiten waren finstere Kirchen, aber lichte Hertzen, Höltzinn Kelch, aber güldene Pfaffen. – Lehmann, II, 794, 161.
122 Wär nich gären nâ'r Kerken geit, dän âk Godes Sâgen feilt. – Schambach, II, 554.
Scheint sagen zu wollen, dass dem, der die Kirche nicht besucht, also den Segen des Geistlichen nicht erhält, auch der Segen Gottes fehle.
123 Was hilffts, dass die Kirch gross ist, der Kantor singt gleichwol nicht mehr, denn er kann. – Petri, II, 599.
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