Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] *23 Dort ist Kirmes.

Unter einer grossen Auswahl sonderbarer thüringischer Feldaberglauben ist der folgende wol der sonderbarste. Wenn die Raupen den Kohl anfressen, so geht der Grundbesitzer an dem Tage, wo in der Nachbarschaft Kirchweih ist, auf seinen Krautacker, klatscht mit der Peitsche und ruft: "Dort ist Kirmes." Da sollen alle Raupen oben erscheinen. (Gutzkow, Unterhaltungen am häuslichen Herd, 1857, S. 359.)

*24 Einen zur Kirmes laden. - Geiler.

Zu einer nichts weniger als ehrenvollen Function auffordern. (S. Hobel 5.) Mundartlich bei Frommann, VI, 318, 227.

Lat.: Venite, fruamur bonis.

*25 Er kommt von einer kalten Kirmes.

Holl.: Hij zal van eene koude kermis komen. (Harrebomee, I, 395b.)

*26 Et es Kiärmiss in der Helle. (Iserlohn.) - Woeste, 86, 118.

Wenn es bei Sonnenschein regnet.

Frz.: Le diable bat sa femme.

*27 Fort von der Kirmes, die Bauern sind trunken.

Holl.: Vrienden, maakt u van de kermis, die boeren zijn dronken. (Harrebomee, I, 395b.)

*28 Ich will ihm Kirmes machen. (Schles.)

Ihn tüchtig durchprügeln, weil es selten eine Kirmes gibt, die ohne Prügeleien abläuft.

*29 Ja, wenn alle Tage Kirmes wäre! (Schles.)

*30 Komm mir zur Kirmes!

Abwehrend z. B. als Antwort auf eine Bitte, einen Vorschlag.

Lat.: Venite, fruamur bonis. (Binder II, 2490; Eiselein, 378.)


Kirmesliebe.

Kermeselieb on Hochzigelieb dauern nar drei Tög (Tage). (Meiningen.) - Frommann, II, 411, 115.


Kirr.

*1 Er ist so kirre, man möchte jhn vmb einen Finger winden. - Herberger, II, 83.

*2 Er muss so kirre werden, dass er aus der Hand frisst.

D. h. demüthig und unterwürfig.


Kirsch.

*1 Er kann Kirsch, Kümmel und Bittern aus Einer Flasche trinken.

*2 Er verkauft Kirsch1, Kümmel und Bittern aus Einer Flasche. (Stettin.)

1) Drei Sorten Schnaps. Angewandt auf einen Kaufmann, dessen Reellität im Verkauf man nicht zu sehr traut; dann aber auch: Er redet, wie es jeder hören will. Zur Bezeichnung geriebener Schlauheit, ehrlich und ironisch gemeint.


Kirschbaum.

1 Der Kirschbaum sorgt nicht, wenn er auch im Winter einmal kalt steht.

2 Von Kirschbäumen kann man keine Pflaumen schütteln.

Holl.: Men schudt geene koeijen uit kersenboomen. (Harrebomee, I, 396a.)

3 Wann de Kirssenbom tüsken twe Lechtern blauwet, giet et kaine kirssen. (Grafschaft Mark.) - Woeste, 59, 17.

Wenn der Kirschbaum zwischen zwei Lichtern blüht, gibt es keine Kirschen. (Reinsberg VIII, 21.) Weil die zur Befruchtung erforderliche Luftbewegung fehlt.

4 Wenn man den Kirschbaum nicht zerreisst vnd die Nussbäum nicht zerschmeist, so stehet es nicht wol im Lande. - Lehmann, II, 830, 75; Simrock, 5648.

*5 Einen Kirschbaum für einen Besenstiel ansehen.

*6 Sie ist zum Kirschbaum geworden. - Herberger, II, 284.

In dem Sinne: Sie hat ein Hufeisen verloren.


Kirsche.

1 D' Kriesi händ Stiel, s' cha näh, wer will; d' Kriesi händ Stei, si g'höre nid eim allei. (Luzern.)

2 Die beste Kirschen fressen die Vögelein. - Gruter, III, 21; Lehmann, II, 84, 150.

Würde es nicht thöricht sein, wenn sie sich die schlechtesten aussuchten?

3 Die Kirsche schmeckt sauer, wenn die Säge zu tief in den Baum gegangen ist.

4 Die letzten Kirschen sind oft noch theurer als die ersten. - Altmann VI, 492.

[Spaltenumbruch] 5 Eine geschenkte Kirsche ist so süss wie eine gekaufte Pfirsche.

Die Russen: Die geschenkte Gurke hat den Werth einer gekauften Arbuse. (Altmann VI, 386.)

6 Eine Kirsche zieht die andere nach sich.

Ein Wort gibt das andere.

7 Gestohlene Kirschen sind süss.

Der Sinnlichkeit erscheint alles Verbotene in einem höhern Reize. Verbotene Bücher liest jeder gern.

Lat.: Dulce pomum, cum abest custos. (Faselius, 69.)

8 Grüne Kirschen werden auch roth (schwarz).

Holl.: Groene kersen worden rood. (Harrebomee, I, 396a.)

9 Kirschen essen ist herrlich, aber auf den Baum steigen ist gefährlich.

10 Je grösser die Kirsche, je grösser der Kern. - Altmann VI, 480.

11 Man muss die Kirschen erst reif werden lassen.

Holl.: Laat de kersen eerst wel rijpen. (Harrebomee, I, 396a.)

12 Man muss die Kirschen essen, wenn sie sind (sie dauern nicht).

Holl.: Eet kersen als ze ie geboden worden. (Harrebomee, I, 396a.)

13 Mancher isst wol gern Kirschen, aber Bäume will er nicht pflanzen.

Lat.: Ficus sunt avibus gratae, at plantare recusant. (Philippi, I, 155.)

14 Nach braunen (reifen, schwarzen) kirssen steigt man hoch. - Franck, I, 81a; II, 6a; Gruter, I, 60; III, 71; Petri, II, 485; Lehmann, II, 430, 9; Latendorf II, 23; Schottel, 1116b; Sutor, 185; Gaal, 1016; Eiselein, 378; Blum, 240; Bücking, 355; Sailer, 170; Siebenkees, 249; Simrock, 5697; Körte, 3411; Braun, I, 1860.

Für das, was wir gern haben wollen, wird keine Anstrengung gescheut.

Dän.: Sorte kirsbaer ere de beste. (Prov. dan., 521.)

Holl.: De bruine kersen zijn de beste, de witte werpt men weg. - Naar bruine (rijpe) kersen keemt men hoog. (Harrebomee, I, 396a.)

It.: Il bruno il bel non toglie, anzi l'accresce. (Pazzaglia, 30.)

Lat.: Alba ligustra cadunt vaccinia nigra leguntur. (Virgil.) (Gaal, 1016; Sutor, 185; Philippi, I, 16; Seybold, 16.)

15 Nach rothen kersten versteigt man sich, nach schwarzen felt man sich gar zu tod. - Nas, 95a.

16 No de schwarze Keirsche schtecht em hei. (Siebenbürg.-sächs.) - Schuster, 334.

Damit schmeichelt man in Siebenbürgen den Brünetten.

17 Reife Kirschen abbrechen ist lustig, aber Stehlen gefährlich. - Eiselein, 378.

18 Um eine schwarze Kirsche steigt man höher 'nauf als um eine rothe.

Je schöner das Mädchen, desto mehr Anstrengungen werden gemacht, in dessen Besitz zu gelangen.

19 Vergiftete Kirschen bringen einen Herzog um. - Sailer, 132; Simrock, 4678.

Dies Sprichwort entstand im Jahre 1291, in welchem Herzog Friedrich, Sohn des Markgrafen Dietrich des Weisen, auf dem Schlosse Hirsenstein an der Elbe an vergifteten Kirschen starb.

20 Viel Kirschen fallen ab, ehe sie reif werden.

21 Vnreiffe Kirschen schmecken nicht. - Petri, II, 560.

22 Wenn die Kirschen abblühen fein, so blüht auch Getreid' und Wein. - Boebel, 90.

23 Wenn die Kirschen gut verblühen, wird der Roggen auch gut blühen. (Kreuznach.) - Boebel, 96.

24 Wenn die Kirschen reif sind, braucht man den Spatzen keinen Boten zu schicken.

Die Russen: Sind die Kirschen da, werden die Spatzen sich finden. (Altmann VI, 498.)

25 Wenn die Kirschen vorbei sind, schmecken sie noch einmal so gut.

Die Russen: Wenn man die Kirschen verloren hat, dann läuft einem erst das Wasser im Munde zusammen, wenn man ihrer gedenkt. (Altmann VI, 448.)

26 Wenn me Chirsi g'winnt (pflückt), so sell me- n-ungernohn (unten) -n-afoh. (Solothurn.) - Schild, 64, 95.

Vom natürlichen Entwickelungsgang.

27 Wer gern Kirschen isst, lernt bald (leicht) klettern.

Die Russen: Wer Lust genug nach den Aepfeln am Baume hat, dem wird das Kletternlernen nicht schwer werden. (Altmann VI, 456.)

[Spaltenumbruch] *23 Dort ist Kirmes.

Unter einer grossen Auswahl sonderbarer thüringischer Feldaberglauben ist der folgende wol der sonderbarste. Wenn die Raupen den Kohl anfressen, so geht der Grundbesitzer an dem Tage, wo in der Nachbarschaft Kirchweih ist, auf seinen Krautacker, klatscht mit der Peitsche und ruft: „Dort ist Kirmes.“ Da sollen alle Raupen oben erscheinen. (Gutzkow, Unterhaltungen am häuslichen Herd, 1857, S. 359.)

*24 Einen zur Kirmes laden.Geiler.

Zu einer nichts weniger als ehrenvollen Function auffordern. (S. Hobel 5.) Mundartlich bei Frommann, VI, 318, 227.

Lat.: Venite, fruamur bonis.

*25 Er kommt von einer kalten Kirmes.

Holl.: Hij zal van eene koude kermis komen. (Harrebomée, I, 395b.)

*26 Et es Kiärmiss in der Helle. (Iserlohn.) – Woeste, 86, 118.

Wenn es bei Sonnenschein regnet.

Frz.: Le diable bat sa femme.

*27 Fort von der Kirmes, die Bauern sind trunken.

Holl.: Vrienden, maakt u van de kermis, die boeren zijn dronken. (Harrebomée, I, 395b.)

*28 Ich will ihm Kirmes machen. (Schles.)

Ihn tüchtig durchprügeln, weil es selten eine Kirmes gibt, die ohne Prügeleien abläuft.

*29 Ja, wenn alle Tage Kirmes wäre! (Schles.)

*30 Komm mir zur Kirmes!

Abwehrend z. B. als Antwort auf eine Bitte, einen Vorschlag.

Lat.: Venite, fruamur bonis. (Binder II, 2490; Eiselein, 378.)


Kirmesliebe.

Kermeselieb on Hochzigelieb dauern nar drei Tög (Tage). (Meiningen.) – Frommann, II, 411, 115.


Kirr.

*1 Er ist so kirre, man möchte jhn vmb einen Finger winden.Herberger, II, 83.

*2 Er muss so kirre werden, dass er aus der Hand frisst.

D. h. demüthig und unterwürfig.


Kirsch.

*1 Er kann Kirsch, Kümmel und Bittern aus Einer Flasche trinken.

*2 Er verkauft Kirsch1, Kümmel und Bittern aus Einer Flasche. (Stettin.)

1) Drei Sorten Schnaps. Angewandt auf einen Kaufmann, dessen Reellität im Verkauf man nicht zu sehr traut; dann aber auch: Er redet, wie es jeder hören will. Zur Bezeichnung geriebener Schlauheit, ehrlich und ironisch gemeint.


Kirschbaum.

1 Der Kirschbaum sorgt nicht, wenn er auch im Winter einmal kalt steht.

2 Von Kirschbäumen kann man keine Pflaumen schütteln.

Holl.: Men schudt geene koeijen uit kersenboomen. (Harrebomée, I, 396a.)

3 Wann de Kirssenbôm tüsken twe Lechtern blauwet, giet et kaine kirssen. (Grafschaft Mark.) – Woeste, 59, 17.

Wenn der Kirschbaum zwischen zwei Lichtern blüht, gibt es keine Kirschen. (Reinsberg VIII, 21.) Weil die zur Befruchtung erforderliche Luftbewegung fehlt.

4 Wenn man den Kirschbaum nicht zerreisst vnd die Nussbäum nicht zerschmeist, so stehet es nicht wol im Lande.Lehmann, II, 830, 75; Simrock, 5648.

*5 Einen Kirschbaum für einen Besenstiel ansehen.

*6 Sie ist zum Kirschbaum geworden.Herberger, II, 284.

In dem Sinne: Sie hat ein Hufeisen verloren.


Kirsche.

1 D' Kriesi händ Stiel, s' cha näh, wer will; d' Kriesi händ Stei, si g'höre nid eim allei. (Luzern.)

2 Die beste Kirschen fressen die Vögelein.Gruter, III, 21; Lehmann, II, 84, 150.

Würde es nicht thöricht sein, wenn sie sich die schlechtesten aussuchten?

3 Die Kirsche schmeckt sauer, wenn die Säge zu tief in den Baum gegangen ist.

4 Die letzten Kirschen sind oft noch theurer als die ersten.Altmann VI, 492.

[Spaltenumbruch] 5 Eine geschenkte Kirsche ist so süss wie eine gekaufte Pfirsche.

Die Russen: Die geschenkte Gurke hat den Werth einer gekauften Arbuse. (Altmann VI, 386.)

6 Eine Kirsche zieht die andere nach sich.

Ein Wort gibt das andere.

7 Gestohlene Kirschen sind süss.

Der Sinnlichkeit erscheint alles Verbotene in einem höhern Reize. Verbotene Bücher liest jeder gern.

Lat.: Dulce pomum, cum abest custos. (Faselius, 69.)

8 Grüne Kirschen werden auch roth (schwarz).

Holl.: Groene kersen worden rood. (Harrebomée, I, 396a.)

9 Kirschen essen ist herrlich, aber auf den Baum steigen ist gefährlich.

10 Je grösser die Kirsche, je grösser der Kern.Altmann VI, 480.

11 Man muss die Kirschen erst reif werden lassen.

Holl.: Laat de kersen eerst wel rijpen. (Harrebomée, I, 396a.)

12 Man muss die Kirschen essen, wenn sie sind (sie dauern nicht).

Holl.: Eet kersen als ze ie geboden worden. (Harrebomée, I, 396a.)

13 Mancher isst wol gern Kirschen, aber Bäume will er nicht pflanzen.

Lat.: Ficus sunt avibus gratae, at plantare recusant. (Philippi, I, 155.)

14 Nach braunen (reifen, schwarzen) kirssen steigt man hoch.Franck, I, 81a; II, 6a; Gruter, I, 60; III, 71; Petri, II, 485; Lehmann, II, 430, 9; Latendorf II, 23; Schottel, 1116b; Sutor, 185; Gaal, 1016; Eiselein, 378; Blum, 240; Bücking, 355; Sailer, 170; Siebenkees, 249; Simrock, 5697; Körte, 3411; Braun, I, 1860.

Für das, was wir gern haben wollen, wird keine Anstrengung gescheut.

Dän.: Sorte kirsbær ere de beste. (Prov. dan., 521.)

Holl.: De bruine kersen zijn de beste, de witte werpt men weg. – Naar bruine (rijpe) kersen keemt men hoog. (Harrebomée, I, 396a.)

It.: Il bruno il bel non toglie, anzi l'accresce. (Pazzaglia, 30.)

Lat.: Alba ligustra cadunt vaccinia nigra leguntur. (Virgil.) (Gaal, 1016; Sutor, 185; Philippi, I, 16; Seybold, 16.)

15 Nach rothen kersten versteigt man sich, nach schwarzen felt man sich gar zu tod.Nas, 95a.

16 No de schwarze Kîrsche schtêcht em hî. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 334.

Damit schmeichelt man in Siebenbürgen den Brünetten.

17 Reife Kirschen abbrechen ist lustig, aber Stehlen gefährlich.Eiselein, 378.

18 Um eine schwarze Kirsche steigt man höher 'nauf als um eine rothe.

Je schöner das Mädchen, desto mehr Anstrengungen werden gemacht, in dessen Besitz zu gelangen.

19 Vergiftete Kirschen bringen einen Herzog um.Sailer, 132; Simrock, 4678.

Dies Sprichwort entstand im Jahre 1291, in welchem Herzog Friedrich, Sohn des Markgrafen Dietrich des Weisen, auf dem Schlosse Hirsenstein an der Elbe an vergifteten Kirschen starb.

20 Viel Kirschen fallen ab, ehe sie reif werden.

21 Vnreiffe Kirschen schmecken nicht.Petri, II, 560.

22 Wenn die Kirschen abblühen fein, so blüht auch Getreid' und Wein.Boebel, 90.

23 Wenn die Kirschen gut verblühen, wird der Roggen auch gut blühen. (Kreuznach.) – Boebel, 96.

24 Wenn die Kirschen reif sind, braucht man den Spatzen keinen Boten zu schicken.

Die Russen: Sind die Kirschen da, werden die Spatzen sich finden. (Altmann VI, 498.)

25 Wenn die Kirschen vorbei sind, schmecken sie noch einmal so gut.

Die Russen: Wenn man die Kirschen verloren hat, dann läuft einem erst das Wasser im Munde zusammen, wenn man ihrer gedenkt. (Altmann VI, 448.)

26 Wenn me Chirsi g'winnt (pflückt), so sell me- n-ungernohn (unten) -n-afoh. (Solothurn.) – Schild, 64, 95.

Vom natürlichen Entwickelungsgang.

27 Wer gern Kirschen isst, lernt bald (leicht) klettern.

Die Russen: Wer Lust genug nach den Aepfeln am Baume hat, dem wird das Kletternlernen nicht schwer werden. (Altmann VI, 456.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"><pb facs="#f0683" n="[677]"/><cb n="1353"/>
*23 Dort ist Kirmes.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Unter einer grossen Auswahl sonderbarer thüringischer Feldaberglauben ist der folgende wol der sonderbarste. Wenn die Raupen den Kohl anfressen, so geht der Grundbesitzer an dem Tage, wo in der Nachbarschaft Kirchweih ist, auf seinen Krautacker, klatscht mit der Peitsche und ruft: &#x201E;Dort ist Kirmes.&#x201C; Da sollen alle Raupen oben erscheinen. (<hi rendition="#i">Gutzkow, Unterhaltungen am häuslichen Herd, 1857, S. 359.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*24 Einen zur Kirmes laden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Geiler.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Zu einer nichts weniger als ehrenvollen Function auffordern. (S.  Hobel 5.) Mundartlich bei <hi rendition="#i">Frommann, VI, 318, 227.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Venite, fruamur bonis.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*25 Er kommt von einer kalten Kirmes.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Hij zal van eene koude kermis komen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 395<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*26 Et es Kiärmiss in der Helle.</hi> (<hi rendition="#i">Iserlohn.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Woeste, 86, 118.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn es bei Sonnenschein regnet.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Le diable bat sa femme.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*27 Fort von der Kirmes, die Bauern sind trunken.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Vrienden, maakt u van de kermis, die boeren zijn dronken. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 395<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*28 Ich will ihm Kirmes machen.</hi> (<hi rendition="#i">Schles.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Ihn tüchtig durchprügeln, weil es selten eine Kirmes gibt, die ohne Prügeleien abläuft.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*29 Ja, wenn alle Tage Kirmes wäre!</hi> (<hi rendition="#i">Schles.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*30 Komm mir zur Kirmes!</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Abwehrend z. B. als Antwort auf eine Bitte, einen Vorschlag.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Venite, fruamur bonis. (<hi rendition="#i">Binder II, 2490; Eiselein, 378.</hi>)</p><lb/>
          <p/><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Kirmesliebe.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Kermeselieb on Hochzigelieb dauern nar drei Tög (Tage).</hi> (<hi rendition="#i">Meiningen.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Frommann, II, 411, 115.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Kirr.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*1 Er ist so kirre, man möchte jhn vmb einen Finger winden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Herberger, II, 83.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*2 Er muss so kirre werden, dass er aus der Hand frisst.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">D. h. demüthig und unterwürfig.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Kirsch.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*1 Er kann Kirsch, Kümmel und Bittern aus Einer Flasche trinken.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*2 Er verkauft Kirsch<hi rendition="#sup">1</hi>, Kümmel und Bittern aus Einer Flasche.</hi> (<hi rendition="#i">Stettin.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Drei Sorten Schnaps. Angewandt auf einen Kaufmann, dessen Reellität im Verkauf man nicht zu sehr traut; dann aber auch: Er redet, wie es jeder hören will. Zur Bezeichnung geriebener Schlauheit, ehrlich und ironisch gemeint.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Kirschbaum.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Der Kirschbaum sorgt nicht, wenn er auch im Winter einmal kalt steht.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Von Kirschbäumen kann man keine Pflaumen schütteln.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Men schudt geene koeijen uit kersenboomen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 396<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Wann de Kirssenbôm tüsken twe Lechtern blauwet, giet et kaine kirssen.</hi> (<hi rendition="#i">Grafschaft Mark.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Woeste, 59, 17.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn der Kirschbaum zwischen zwei Lichtern blüht, gibt es keine Kirschen. (<hi rendition="#i">Reinsberg VIII, 21.</hi>) Weil die zur Befruchtung erforderliche Luftbewegung fehlt.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Wenn man den Kirschbaum nicht zerreisst vnd die Nussbäum nicht zerschmeist, so stehet es nicht wol im Lande.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, II, 830, 75; Simrock, 5648.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*5 Einen Kirschbaum für einen Besenstiel ansehen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*6 Sie ist zum Kirschbaum geworden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Herberger, II, 284.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">In dem Sinne: Sie hat ein Hufeisen verloren.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Kirsche.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 D' Kriesi händ Stiel, s' cha näh, wer will; d' Kriesi händ Stei, si g'höre nid eim allei.</hi> (<hi rendition="#i">Luzern.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Die beste Kirschen fressen die Vögelein.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gruter, III, 21; Lehmann, II, 84, 150.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Würde es nicht thöricht sein, wenn sie sich die schlechtesten aussuchten?</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Die Kirsche schmeckt sauer, wenn die Säge zu tief in den Baum gegangen ist.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Die letzten Kirschen sind oft noch theurer als die ersten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Altmann VI, 492.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"><cb n="1354"/>
5 Eine geschenkte Kirsche ist so süss wie eine gekaufte Pfirsche.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Russen: Die geschenkte Gurke hat den Werth einer gekauften Arbuse. (<hi rendition="#i">Altmann VI, 386.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Eine Kirsche zieht die andere nach sich.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Ein Wort gibt das andere.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">7 Gestohlene Kirschen sind süss.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Der Sinnlichkeit erscheint alles Verbotene in einem höhern Reize. Verbotene Bücher liest jeder gern.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Dulce pomum, cum abest custos. (<hi rendition="#i">Faselius, 69.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">8 Grüne Kirschen werden auch roth (schwarz).</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Groene kersen worden rood. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 396<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">9 Kirschen essen ist herrlich, aber auf den Baum steigen ist gefährlich.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">10 Je grösser die Kirsche, je grösser der Kern.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Altmann VI, 480.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">11 Man muss die Kirschen erst reif werden lassen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Laat de kersen eerst wel rijpen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 396<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">12 Man muss die Kirschen essen, wenn sie sind (sie dauern nicht).</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Eet kersen als ze ie geboden worden. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 396<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">13 Mancher isst wol gern Kirschen, aber Bäume will er nicht pflanzen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Ficus sunt avibus gratae, at plantare recusant. (<hi rendition="#i">Philippi, I, 155.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">14 Nach braunen (reifen, schwarzen) kirssen steigt man hoch.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Franck, I, 81<hi rendition="#sup">a</hi>; II, 6<hi rendition="#sup">a</hi>; Gruter, I, 60; III, 71; Petri, II, 485; Lehmann, II, 430, 9; Latendorf II, 23; Schottel, 1116<hi rendition="#sup">b</hi>; Sutor, 185; Gaal, 1016; Eiselein, 378; Blum, 240; Bücking, 355; Sailer, 170; Siebenkees, 249; Simrock, 5697; Körte, 3411; Braun, I, 1860.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Für das, was wir gern haben wollen, wird keine Anstrengung gescheut.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Sorte kirsbær ere de beste. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 521.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: De bruine kersen zijn de beste, de witte werpt men weg. &#x2013; Naar bruine (rijpe) kersen keemt men hoog. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 396<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Il bruno il bel non toglie, anzi l'accresce. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 30.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Alba ligustra cadunt vaccinia nigra leguntur. (<hi rendition="#i">Virgil.</hi>) (<hi rendition="#i">Gaal, 1016; Sutor, 185; Philippi, I, 16; Seybold, 16.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">15 Nach rothen kersten versteigt man sich, nach schwarzen felt man sich gar zu tod.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Nas, 95<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">16 No de schwarze Kîrsche schtêcht em hî.</hi> (<hi rendition="#i">Siebenbürg.-sächs.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schuster, 334.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Damit schmeichelt man in Siebenbürgen den Brünetten.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">17 Reife Kirschen abbrechen ist lustig, aber Stehlen gefährlich.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 378.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">18 Um eine schwarze Kirsche steigt man höher 'nauf als um eine rothe.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Je schöner das Mädchen, desto mehr Anstrengungen werden gemacht, in dessen Besitz zu gelangen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">19 Vergiftete Kirschen bringen einen Herzog um.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sailer, 132; Simrock, 4678.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Dies Sprichwort entstand im Jahre 1291, in welchem Herzog Friedrich, Sohn des Markgrafen Dietrich des Weisen, auf dem Schlosse Hirsenstein an der Elbe an vergifteten Kirschen starb.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">20 Viel Kirschen fallen ab, ehe sie reif werden.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">21 Vnreiffe Kirschen schmecken nicht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 560.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">22 Wenn die Kirschen abblühen fein, so blüht auch Getreid' und Wein.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Boebel, 90.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">23 Wenn die Kirschen gut verblühen, wird der Roggen auch gut blühen.</hi> (<hi rendition="#i">Kreuznach.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Boebel, 96.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">24 Wenn die Kirschen reif sind, braucht man den Spatzen keinen Boten zu schicken.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Russen: Sind die Kirschen da, werden die Spatzen sich finden. (<hi rendition="#i">Altmann VI, 498.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">25 Wenn die Kirschen vorbei sind, schmecken sie noch einmal so gut.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Russen: Wenn man die Kirschen verloren hat, dann läuft einem erst das Wasser im Munde zusammen, wenn man ihrer gedenkt. (<hi rendition="#i">Altmann VI, 448.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">26 Wenn me Chirsi g'winnt (pflückt), so sell me- n-ungernohn (unten) -n-afoh.</hi> (<hi rendition="#i">Solothurn.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schild, 64, 95.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Vom natürlichen Entwickelungsgang.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">27 Wer gern Kirschen isst, lernt bald (leicht) klettern.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Russen: Wer Lust genug nach den Aepfeln am Baume hat, dem wird das Kletternlernen nicht schwer werden. (<hi rendition="#i">Altmann VI, 456.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[677]/0683] *23 Dort ist Kirmes. Unter einer grossen Auswahl sonderbarer thüringischer Feldaberglauben ist der folgende wol der sonderbarste. Wenn die Raupen den Kohl anfressen, so geht der Grundbesitzer an dem Tage, wo in der Nachbarschaft Kirchweih ist, auf seinen Krautacker, klatscht mit der Peitsche und ruft: „Dort ist Kirmes.“ Da sollen alle Raupen oben erscheinen. (Gutzkow, Unterhaltungen am häuslichen Herd, 1857, S. 359.) *24 Einen zur Kirmes laden. – Geiler. Zu einer nichts weniger als ehrenvollen Function auffordern. (S. Hobel 5.) Mundartlich bei Frommann, VI, 318, 227. Lat.: Venite, fruamur bonis. *25 Er kommt von einer kalten Kirmes. Holl.: Hij zal van eene koude kermis komen. (Harrebomée, I, 395b.) *26 Et es Kiärmiss in der Helle. (Iserlohn.) – Woeste, 86, 118. Wenn es bei Sonnenschein regnet. Frz.: Le diable bat sa femme. *27 Fort von der Kirmes, die Bauern sind trunken. Holl.: Vrienden, maakt u van de kermis, die boeren zijn dronken. (Harrebomée, I, 395b.) *28 Ich will ihm Kirmes machen. (Schles.) Ihn tüchtig durchprügeln, weil es selten eine Kirmes gibt, die ohne Prügeleien abläuft. *29 Ja, wenn alle Tage Kirmes wäre! (Schles.) *30 Komm mir zur Kirmes! Abwehrend z. B. als Antwort auf eine Bitte, einen Vorschlag. Lat.: Venite, fruamur bonis. (Binder II, 2490; Eiselein, 378.) Kirmesliebe. Kermeselieb on Hochzigelieb dauern nar drei Tög (Tage). (Meiningen.) – Frommann, II, 411, 115. Kirr. *1 Er ist so kirre, man möchte jhn vmb einen Finger winden. – Herberger, II, 83. *2 Er muss so kirre werden, dass er aus der Hand frisst. D. h. demüthig und unterwürfig. Kirsch. *1 Er kann Kirsch, Kümmel und Bittern aus Einer Flasche trinken. *2 Er verkauft Kirsch1, Kümmel und Bittern aus Einer Flasche. (Stettin.) 1) Drei Sorten Schnaps. Angewandt auf einen Kaufmann, dessen Reellität im Verkauf man nicht zu sehr traut; dann aber auch: Er redet, wie es jeder hören will. Zur Bezeichnung geriebener Schlauheit, ehrlich und ironisch gemeint. Kirschbaum. 1 Der Kirschbaum sorgt nicht, wenn er auch im Winter einmal kalt steht. 2 Von Kirschbäumen kann man keine Pflaumen schütteln. Holl.: Men schudt geene koeijen uit kersenboomen. (Harrebomée, I, 396a.) 3 Wann de Kirssenbôm tüsken twe Lechtern blauwet, giet et kaine kirssen. (Grafschaft Mark.) – Woeste, 59, 17. Wenn der Kirschbaum zwischen zwei Lichtern blüht, gibt es keine Kirschen. (Reinsberg VIII, 21.) Weil die zur Befruchtung erforderliche Luftbewegung fehlt. 4 Wenn man den Kirschbaum nicht zerreisst vnd die Nussbäum nicht zerschmeist, so stehet es nicht wol im Lande. – Lehmann, II, 830, 75; Simrock, 5648. *5 Einen Kirschbaum für einen Besenstiel ansehen. *6 Sie ist zum Kirschbaum geworden. – Herberger, II, 284. In dem Sinne: Sie hat ein Hufeisen verloren. Kirsche. 1 D' Kriesi händ Stiel, s' cha näh, wer will; d' Kriesi händ Stei, si g'höre nid eim allei. (Luzern.) 2 Die beste Kirschen fressen die Vögelein. – Gruter, III, 21; Lehmann, II, 84, 150. Würde es nicht thöricht sein, wenn sie sich die schlechtesten aussuchten? 3 Die Kirsche schmeckt sauer, wenn die Säge zu tief in den Baum gegangen ist. 4 Die letzten Kirschen sind oft noch theurer als die ersten. – Altmann VI, 492. 5 Eine geschenkte Kirsche ist so süss wie eine gekaufte Pfirsche. Die Russen: Die geschenkte Gurke hat den Werth einer gekauften Arbuse. (Altmann VI, 386.) 6 Eine Kirsche zieht die andere nach sich. Ein Wort gibt das andere. 7 Gestohlene Kirschen sind süss. Der Sinnlichkeit erscheint alles Verbotene in einem höhern Reize. Verbotene Bücher liest jeder gern. Lat.: Dulce pomum, cum abest custos. (Faselius, 69.) 8 Grüne Kirschen werden auch roth (schwarz). Holl.: Groene kersen worden rood. (Harrebomée, I, 396a.) 9 Kirschen essen ist herrlich, aber auf den Baum steigen ist gefährlich. 10 Je grösser die Kirsche, je grösser der Kern. – Altmann VI, 480. 11 Man muss die Kirschen erst reif werden lassen. Holl.: Laat de kersen eerst wel rijpen. (Harrebomée, I, 396a.) 12 Man muss die Kirschen essen, wenn sie sind (sie dauern nicht). Holl.: Eet kersen als ze ie geboden worden. (Harrebomée, I, 396a.) 13 Mancher isst wol gern Kirschen, aber Bäume will er nicht pflanzen. Lat.: Ficus sunt avibus gratae, at plantare recusant. (Philippi, I, 155.) 14 Nach braunen (reifen, schwarzen) kirssen steigt man hoch. – Franck, I, 81a; II, 6a; Gruter, I, 60; III, 71; Petri, II, 485; Lehmann, II, 430, 9; Latendorf II, 23; Schottel, 1116b; Sutor, 185; Gaal, 1016; Eiselein, 378; Blum, 240; Bücking, 355; Sailer, 170; Siebenkees, 249; Simrock, 5697; Körte, 3411; Braun, I, 1860. Für das, was wir gern haben wollen, wird keine Anstrengung gescheut. Dän.: Sorte kirsbær ere de beste. (Prov. dan., 521.) Holl.: De bruine kersen zijn de beste, de witte werpt men weg. – Naar bruine (rijpe) kersen keemt men hoog. (Harrebomée, I, 396a.) It.: Il bruno il bel non toglie, anzi l'accresce. (Pazzaglia, 30.) Lat.: Alba ligustra cadunt vaccinia nigra leguntur. (Virgil.) (Gaal, 1016; Sutor, 185; Philippi, I, 16; Seybold, 16.) 15 Nach rothen kersten versteigt man sich, nach schwarzen felt man sich gar zu tod. – Nas, 95a. 16 No de schwarze Kîrsche schtêcht em hî. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 334. Damit schmeichelt man in Siebenbürgen den Brünetten. 17 Reife Kirschen abbrechen ist lustig, aber Stehlen gefährlich. – Eiselein, 378. 18 Um eine schwarze Kirsche steigt man höher 'nauf als um eine rothe. Je schöner das Mädchen, desto mehr Anstrengungen werden gemacht, in dessen Besitz zu gelangen. 19 Vergiftete Kirschen bringen einen Herzog um. – Sailer, 132; Simrock, 4678. Dies Sprichwort entstand im Jahre 1291, in welchem Herzog Friedrich, Sohn des Markgrafen Dietrich des Weisen, auf dem Schlosse Hirsenstein an der Elbe an vergifteten Kirschen starb. 20 Viel Kirschen fallen ab, ehe sie reif werden. 21 Vnreiffe Kirschen schmecken nicht. – Petri, II, 560. 22 Wenn die Kirschen abblühen fein, so blüht auch Getreid' und Wein. – Boebel, 90. 23 Wenn die Kirschen gut verblühen, wird der Roggen auch gut blühen. (Kreuznach.) – Boebel, 96. 24 Wenn die Kirschen reif sind, braucht man den Spatzen keinen Boten zu schicken. Die Russen: Sind die Kirschen da, werden die Spatzen sich finden. (Altmann VI, 498.) 25 Wenn die Kirschen vorbei sind, schmecken sie noch einmal so gut. Die Russen: Wenn man die Kirschen verloren hat, dann läuft einem erst das Wasser im Munde zusammen, wenn man ihrer gedenkt. (Altmann VI, 448.) 26 Wenn me Chirsi g'winnt (pflückt), so sell me- n-ungernohn (unten) -n-afoh. (Solothurn.) – Schild, 64, 95. Vom natürlichen Entwickelungsgang. 27 Wer gern Kirschen isst, lernt bald (leicht) klettern. Die Russen: Wer Lust genug nach den Aepfeln am Baume hat, dem wird das Kletternlernen nicht schwer werden. (Altmann VI, 456.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:54:47Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:54:47Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/683
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [677]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/683>, abgerufen am 24.11.2024.