Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.[Spaltenumbruch] 44 Steht an Martin noch das Laub, gar manches wird des Winters Raub. - Boebel, 52. 45 Sünne Martin Füer int Kamin. - Boebel, 52. Sogar in Italien. In Mailand räth man: An Sanct-Martin lege Holz aufs Kamin. Am Tage Allerheiligen kleiden sich die Grossen warm, an Sanct-Martin thut es Gross und Klein. In Venetien: Um Sanct-Martin pflegt der Winter einzuziehen. Von Martini bis zum Weihnachtsfest geht's allen armen Leuten schlecht. (Reinsberg VIII, 189.) 46 Um Martin schlachtet der Bauer sein Schwein, das muss bis zu Lichtmess gefressen sein. 47 Um Sanct Martin ist der Schnee auf dem Kamin. (Brusiothal.) - Schweiz, I, 234, 2. 48 Upp Martin slachtet der arme Mann sein Swein, un Lichtmessen het't all weer (wieder) uppefressen. (Eimbeck.) - Schambach, II, 383; Firmenich, III, 142, 18. Des Reims wegen steht das hochdeutsche fressen für freten. 49 Was Martin nicht verzehrt, sein Esel begehrt. Frz.: Ce que ne veut Martin veut son ane. (Leroux, II, 44.) - Ce que saint Martin ne manjue se manjue sis anes. (Leroux, I, 32.) 50 Wenn auf Martini Nebel sind, so wird der Winter lind. (Eifel.) - Orakel, 900. 51 Wenn auf Martini Regen fällt, ist's mit dem Weizen schlimm bestellt. (Duisburg.) - Boebel, 53. 52 Wenn Martini Nöbel findt, wird da Winta ganz gelind. (Oberösterreich.) - Baumgarten, I, 53; für Eifel: Schmitz, 166, 3. 53 Wenn Sanct Martin einem ein Ganss schenckt, soll man jhn zu danck dazu zu gast laden, so schenckt er übers Jahr wider. - Lehmann, 118, 12. 54 Wenn um alt Martini1 nasses Wetter ist, folgt ein unbeständiger, ist helles Wetter, ein harter Winter. - Orakel, 908. 1) Nach dem jetzigen Kalender, den 21. Nov., Mariä Opfer(ungstag). 55 Wenn vor Martini die Gans auf dem Eise ausglitscht, kann sie sich nach Sanct Martin ins Wasser tauchen. - Orakel, 889. 56 Wenn zu Martini die Gäns' auf dem Eis stehn, so müssen sie zu Weihnacht im Kothe gehn. - Bair. Hauskalender. 57 Wenn zu Martini die Gans geht auf Eis, so geht das Christkind auf Dreck. - Boebel, 51. 58 Wenn's vor Martini g'frürt, 'ass 's Ysch e Gans treit, so isch der Winter verfrore. (Solothurn.) - Schild, 117, 152. Es soll dann ein milder Winter folgen. 59 Wer weiss, was Münch Merten wird dazu sagen. Herberger im Anhange zur Epistolischen Hertzpostille (203b) in der zweiten Predigt auf Martine sagt, indem er von den Ahnungen eines Reformators redet: "Kurtz für Lutheri Zeiten hat man ein gemein Sprüchwort gehabt: Wer weiss, was Münch Merten wird dazu sagen." 60 Zu Martin kommt der Winter auf einem Schimmel geritten. (Oels.) - Boebel, 53. Böhm.: Vi sv. Martin, zac dava plast'. (Celakovsky, 44.) Dän.: Hellermisse maa du mig vente; Mortensmisse om jeg tör kommer jeg end ikke för saa kommer jeg St.-Karens dag, og legger mig for din dör. (Prov. dan., 278.) *61 Auf Sanct Martini, wenn die Störche kommen, zu Weihnachten in der Ernte, zu Pfingsten auf dem Eise. - Schottel, 1124a; Körte, 4135b; Sailer, 106; Masson, 356. Ergänzend: wird es geschehen, wird er zahlen, werde ich dies oder jenes thun u. s. w., d. h. nie, weil die Störche und Schwalben zu dieser Zeit fortziehen. (S. Nimmerstag.) *62 Der Marti will syn Esel heue. (Solothurn.) - Schild, 117, 153. Schönes Wetter am Martinstag soll einen schönen Nachsommer verkünden. *63 Der Martin kommt auf dem Schimmel geritten. - Orakel, 904. Wird von den Landleuten meist auf den ersten um die Zeit des 11. November eintretenden Schneefall bezogen. Aber abgesehen davon, sagt R. Drescher (vgl. Schles. Provinzialbl., Breslau 1866, S. 658), dass diese Deutung der Witterung in der Regel selbst widerspricht, liegt dem Spruch ein viel bedeutsamerer und weit tieferer Sinn zu Grunde. Auf Sanct-Martin, dem [Spaltenumbruch] milden wohlthätigen Reitersmann mit dem grossen Mantel, sind nämlich vom deutschen Volke mehrere volksthümliche Begriffe und Anschauungen übertragen worden, die meist in heidnischer Zeit dem göttlichen Schimmelreiter Wuotan galten. Er trat in der ältern Volksanschauung völlig an die Stelle dieses Gottes, und in zahlreichen Sagen erscheint er als wunderthätiger Helfer, bald in Gestalt des Schimmelreiters mit langem Mantel und Speer, bald in der eines Viehhirten mit langem Mantel und Stab, ganz wie in ältern Ueberlieferungen der heidnische Gott. (Vgl. Simrock, Myth., 533, 540 u. 574.) *64 Du eselhafter Martin. Eine scherzhafte Anrede, die aus einem lustigen Gegellschaftsliede sprichwörtlich geworden ist. Der Begriff der Eselhaftigkeit hängt sich gern an den Namen Martin an, wozu der Grund noch nicht nachzuweisen ist. (S. Esel 252.) (Ule, Die Natur, Halle 1867, Nr. 7, S. 53.) *65 Marten, beit mi nich, ik will di ok ene Bere geven. - Schütze, I, 107; Richey, 16. Verächtlich zu einem Menschen, der sehr sauer sieht oder zornig auffährt. *66 'N Mört'n lob'n. - Baumgarten, Progr., 3. An Martinitage war (oder ist noch?) in oberösterreichischen Bauernhäusern, besonders in den Bergen, Mahl und Tanz üblich. Man nannte dies: den Märten loben. *67 Sanct Martin feiern. Ein gutes Mahl bereiten, geniessen. Frz.: Faire la Saint-Martin. (Kritzinger, 443b.) Martiniwein. Martiniwein, saurer Wein. Martinsabend. 1 Mancher feiert seinen Martinsabend so, dass für den Weihnachtsabend nichts übrigbleibt. Dän.: Mangen giör sin Martens aften saa fedt, at han har intet til den hellige Juule-aften. (Prov. dan., 417.) 2 Märtensowend - Christsunowend. (Waldeck.) - Curtze, 315, 29. Martinsfest. * Das Martinsfest begehen. (S. Martin 65.) - Kritzinger, 443b. Martinsgans. 1 Martinsgäns' han theuere Schwänz'. - Nass. Schulbl., XIV, 5. Man hat verschiedene Ansichten über die Entstehung des Gansessens am Martinsabend, das auch in dem bekannten Verse empfohlen wird: "Iss gens Martini, wurst in festo Nicolai (s. d.), iss Blasii lemper, häring oculi mei semper" u. s. w. Sulpicius Severus, ein zu Anfang des 5. Jahrhunderts lebender Schriftsteller, hat ein Buch von dem Leben des heiligen Martin, der Bischof von Tours war und im Jahre 397 starb, und einige Dialoge über die Tugenden und Wunder dieses Heiligen geschrieben. In dem dritten derselben (Ausgabe von Georg Horn, Amsterdam 1663) heisst es: "Das Fest des heiligen Martin ist auf den 11. November angesetzt. An diesem Tage feiern die Christen wahre Bacchanalien und stopfen sich voll Gänsebraten. Der Ursprung dieser Gewohnheit ist ungewiss. Was man insgemein sagt, als geschehe es deswegen, weil Gänse durch ihr Geschrei den heiligen Martin verrathen hätten, oder weil er sich durch den Genuss ihres Fleisches den Tod zugezogen habe, das sind Märchen, wie Vossius schreibt, der die Gewohnheit von dem Landvolke der nördlichen Gegend herleitet, auf dessen Tischen die Gans ein ebenso beliebtes Gericht war, als bei uns Krammetsvogel und Rebhuhn." Schulz (Preuss. Hausfreund, Berlin 1810, S. 30) erklärt die Entstehung daher, dass Schmausereien von jeher in der geistlichen Welt die Vorläufer von Fasten gewesen seien; man that sich zuvor gütlich, um die Entbehrungen nachher leichter auszuhalten. Das, sagte er, ist der Ursprung des Carnevals bei uns, der Butterwoche bei den Russen, der Ostatki bei den Polen. Seit dem 5. Jahrhundert wurde es üblich, sich durch Fasten vorzubereiten. Um die Mitte desselben verordnete Perpetuus, Bischof von Tours, dass vom Feste Martini an bis Weihnacht dreimal in der Woche gefastet werden sollte. Die Martinsgans trat nun vor dem Anfang der vierzigtägigen, im 13. Jahrhundert wieder aufgehobenen Fasten vor Weihnacht. - Ueber die Entstehung der Martinsgans ist noch zu vergleichen W. Wenzel (Symb., I, 310), der vermuthet, dass eine heidnische Winterfeier, wobei man Gänse opferte, dem christlichen Martinsfeste vorangegangen zu sein scheine. Ferner: Reusch, Das Martinsfest in den Neuen Preuss. Provinzialbl., 1850, IX, 177; Jansen, Over den Oorsprang der Maartenganzen in den Werken der Maatschappij van Nederland, Letterkunde, Leyden 1850, VI, 177. Nach Wolf (I, 38) erinnert die Martinsgans an grosse Opfer, die dem Wodan für den Erntesegen gebracht wurden. Endlich Schiller (III, 12) wie immer mit reichen Quellenangaben und Mittheilungen. R. Drescher (Schles. 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Des Reims wegen steht das hochdeutsche fressen für frêten. 49 Was Martin nicht verzehrt, sein Esel begehrt. Frz.: Ce que ne veut Martin veut son âne. (Leroux, II, 44.) – Ce que saint Martin ne manjue se manjue sis anes. (Leroux, I, 32.) 50 Wenn auf Martini Nebel sind, so wird der Winter lind. (Eifel.) – Orakel, 900. 51 Wenn auf Martini Regen fällt, ist's mit dem Weizen schlimm bestellt. (Duisburg.) – Boebel, 53. 52 Wenn Martini Nöbel findt, wird da Winta ganz gelind. (Oberösterreich.) – Baumgarten, I, 53; für Eifel: Schmitz, 166, 3. 53 Wenn Sanct Martin einem ein Ganss schenckt, soll man jhn zu danck dazu zu gast laden, so schenckt er übers Jahr wider. – Lehmann, 118, 12. 54 Wenn um alt Martini1 nasses Wetter ist, folgt ein unbeständiger, ist helles Wetter, ein harter Winter. – Orakel, 908. 1) Nach dem jetzigen Kalender, den 21. 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Dän.: Hellermisse maa du mig vente; Mortensmisse om jeg tør kommer jeg end ikke før saa kommer jeg St.-Karens dag, og legger mig for din dør. (Prov. dan., 278.) *61 Auf Sanct Martini, wenn die Störche kommen, zu Weihnachten in der Ernte, zu Pfingsten auf dem Eise. – Schottel, 1124a; Körte, 4135b; Sailer, 106; Masson, 356. Ergänzend: wird es geschehen, wird er zahlen, werde ich dies oder jenes thun u. s. w., d. h. nie, weil die Störche und Schwalben zu dieser Zeit fortziehen. (S. Nimmerstag.) *62 Der Marti will syn Esel heue. (Solothurn.) – Schild, 117, 153. Schönes Wetter am Martinstag soll einen schönen Nachsommer verkünden. *63 Der Martin kommt auf dem Schimmel geritten. – Orakel, 904. Wird von den Landleuten meist auf den ersten um die Zeit des 11. November eintretenden Schneefall bezogen. Aber abgesehen davon, sagt R. Drescher (vgl. Schles. Provinzialbl., Breslau 1866, S. 658), dass diese Deutung der Witterung in der Regel selbst widerspricht, liegt dem Spruch ein viel bedeutsamerer und weit tieferer Sinn zu Grunde. Auf Sanct-Martin, dem [Spaltenumbruch] milden wohlthätigen Reitersmann mit dem grossen Mantel, sind nämlich vom deutschen Volke mehrere volksthümliche Begriffe und Anschauungen übertragen worden, die meist in heidnischer Zeit dem göttlichen Schimmelreiter Wuotan galten. Er trat in der ältern Volksanschauung völlig an die Stelle dieses Gottes, und in zahlreichen Sagen erscheint er als wunderthätiger Helfer, bald in Gestalt des Schimmelreiters mit langem Mantel und Speer, bald in der eines Viehhirten mit langem Mantel und Stab, ganz wie in ältern Ueberlieferungen der heidnische Gott. (Vgl. Simrock, Myth., 533, 540 u. 574.) *64 Du eselhafter Martin. Eine scherzhafte Anrede, die aus einem lustigen Gegellschaftsliede sprichwörtlich geworden ist. 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Martinsfest. * Das Martinsfest begehen. (S. Martin 65.) – Kritzinger, 443b. Martinsgans. 1 Martinsgäns' han theuere Schwänz'. – Nass. Schulbl., XIV, 5. Man hat verschiedene Ansichten über die Entstehung des Gansessens am Martinsabend, das auch in dem bekannten Verse empfohlen wird: „Iss gens Martini, wurst in festo Nicolai (s. d.), iss Blasii lemper, häring oculi mei semper“ u. s. w. Sulpicius Severus, ein zu Anfang des 5. Jahrhunderts lebender Schriftsteller, hat ein Buch von dem Leben des heiligen Martin, der Bischof von Tours war und im Jahre 397 starb, und einige Dialoge über die Tugenden und Wunder dieses Heiligen geschrieben. In dem dritten derselben (Ausgabe von Georg Horn, Amsterdam 1663) heisst es: „Das Fest des heiligen Martin ist auf den 11. November angesetzt. An diesem Tage feiern die Christen wahre Bacchanalien und stopfen sich voll Gänsebraten. Der Ursprung dieser Gewohnheit ist ungewiss. 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Die Martinsgans trat nun vor dem Anfang der vierzigtägigen, im 13. Jahrhundert wieder aufgehobenen Fasten vor Weihnacht. – Ueber die Entstehung der Martinsgans ist noch zu vergleichen W. Wenzel (Symb., I, 310), der vermuthet, dass eine heidnische Winterfeier, wobei man Gänse opferte, dem christlichen Martinsfeste vorangegangen zu sein scheine. Ferner: Reusch, Das Martinsfest in den Neuen Preuss. Provinzialbl., 1850, IX, 177; Jansen, Over den Oorsprang der Maartenganzen in den Werken der Maatschappij van Nederland, Letterkunde, Leyden 1850, VI, 177. Nach Wolf (I, 38) erinnert die Martinsgans an grosse Opfer, die dem Wodan für den Erntesegen gebracht wurden. Endlich Schiller (III, 12) wie immer mit reichen Quellenangaben und Mittheilungen. R. Drescher (Schles. 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Was man insgemein sagt, als geschehe es deswegen, weil Gänse durch ihr Geschrei den heiligen Martin verrathen hätten, oder weil er sich durch den Genuss ihres Fleisches den Tod zugezogen habe, das sind Märchen, wie <hi rendition="#i">Vossius</hi> schreibt, der die Gewohnheit von dem Landvolke der nördlichen Gegend herleitet, auf dessen Tischen die Gans ein ebenso beliebtes Gericht war, als bei uns Krammetsvogel und Rebhuhn.“ Schulz (<hi rendition="#i">Preuss. Hausfreund, Berlin 1810, S. 30</hi>) erklärt die Entstehung daher, dass Schmausereien von jeher in der geistlichen Welt die Vorläufer von Fasten gewesen seien; man that sich zuvor gütlich, um die Entbehrungen nachher leichter auszuhalten. Das, sagte er, ist der Ursprung des Carnevals bei uns, der Butterwoche bei den Russen, der Ostatki bei den Polen. Seit dem 5. Jahrhundert wurde es üblich, sich durch Fasten vorzubereiten. Um die Mitte desselben verordnete Perpetuus, Bischof von Tours, dass vom Feste Martini an bis Weihnacht dreimal in der Woche gefastet werden sollte. Die Martinsgans trat nun vor dem Anfang der vierzigtägigen, im 13. Jahrhundert wieder aufgehobenen Fasten vor Weihnacht. – Ueber die Entstehung der Martinsgans ist noch zu vergleichen W. Wenzel (<hi rendition="#i">Symb., I, 310</hi>), der vermuthet, dass eine heidnische Winterfeier, wobei man Gänse opferte, dem christlichen Martinsfeste vorangegangen zu sein scheine. Ferner: <hi rendition="#i">Reusch, Das Martinsfest in den Neuen Preuss. Provinzialbl., 1850, IX, 177; Jansen, Over den Oorsprang der Maartenganzen in den Werken der Maatschappij van Nederland, Letterkunde, Leyden 1850, VI, 177.</hi> Nach <hi rendition="#i">Wolf (I, 38)</hi> erinnert die Martinsgans an grosse Opfer, die dem Wodan für den Erntesegen gebracht wurden. Endlich <hi rendition="#i">Schiller (III, 12)</hi> wie immer mit reichen Quellenangaben und Mittheilungen. R. 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44 Steht an Martin noch das Laub, gar manches wird des Winters Raub. – Boebel, 52.
45 Sünne Martin Füer int Kamin. – Boebel, 52.
Sogar in Italien. In Mailand räth man: An Sanct-Martin lege Holz aufs Kamin. Am Tage Allerheiligen kleiden sich die Grossen warm, an Sanct-Martin thut es Gross und Klein. In Venetien: Um Sanct-Martin pflegt der Winter einzuziehen. Von Martini bis zum Weihnachtsfest geht's allen armen Leuten schlecht. (Reinsberg VIII, 189.)
46 Um Martin schlachtet der Bauer sein Schwîn, das muss bis zu Lichtmess gefressen sîn.
47 Um Sanct Martin ist der Schnee auf dem Kamin. (Brusiothal.) – Schweiz, I, 234, 2.
48 Upp Martin slachtet der arme Mann sîn Swîn, un Lichtmessen het't all weër (wieder) uppefressen. (Eimbeck.) – Schambach, II, 383; Firmenich, III, 142, 18.
Des Reims wegen steht das hochdeutsche fressen für frêten.
49 Was Martin nicht verzehrt, sein Esel begehrt.
Frz.: Ce que ne veut Martin veut son âne. (Leroux, II, 44.) – Ce que saint Martin ne manjue se manjue sis anes. (Leroux, I, 32.)
50 Wenn auf Martini Nebel sind, so wird der Winter lind. (Eifel.) – Orakel, 900.
51 Wenn auf Martini Regen fällt, ist's mit dem Weizen schlimm bestellt. (Duisburg.) – Boebel, 53.
52 Wenn Martini Nöbel findt, wird da Winta ganz gelind. (Oberösterreich.) – Baumgarten, I, 53; für Eifel: Schmitz, 166, 3.
53 Wenn Sanct Martin einem ein Ganss schenckt, soll man jhn zu danck dazu zu gast laden, so schenckt er übers Jahr wider. – Lehmann, 118, 12.
54 Wenn um alt Martini1 nasses Wetter ist, folgt ein unbeständiger, ist helles Wetter, ein harter Winter. – Orakel, 908.
1) Nach dem jetzigen Kalender, den 21. Nov., Mariä Opfer(ungstag).
55 Wenn vor Martini die Gans auf dem Eise ausglitscht, kann sie sich nach Sanct Martin ins Wasser tauchen. – Orakel, 889.
56 Wenn zu Martini die Gäns' auf dem Eis stehn, so müssen sie zu Weihnacht im Kothe gehn. – Bair. Hauskalender.
57 Wenn zu Martini die Gans geht auf Eis, so geht das Christkind auf Dreck. – Boebel, 51.
58 Wenn's vor Martini g'frürt, 'ass 's Ysch e Gans treit, so isch der Winter verfrore. (Solothurn.) – Schild, 117, 152.
Es soll dann ein milder Winter folgen.
59 Wer weiss, was Münch Merten wird dazu sagen.
Herberger im Anhange zur Epistolischen Hertzpostille (203b) in der zweiten Predigt auf Martine sagt, indem er von den Ahnungen eines Reformators redet: „Kurtz für Lutheri Zeiten hat man ein gemein Sprüchwort gehabt: Wer weiss, was Münch Merten wird dazu sagen.“
60 Zu Martin kommt der Winter auf einem Schimmel geritten. (Oels.) – Boebel, 53.
Böhm.: Ví sv. Martin, zač dává plášt'. (Čelakovský, 44.)
Dän.: Hellermisse maa du mig vente; Mortensmisse om jeg tør kommer jeg end ikke før saa kommer jeg St.-Karens dag, og legger mig for din dør. (Prov. dan., 278.)
*61 Auf Sanct Martini, wenn die Störche kommen, zu Weihnachten in der Ernte, zu Pfingsten auf dem Eise. – Schottel, 1124a; Körte, 4135b; Sailer, 106; Masson, 356.
Ergänzend: wird es geschehen, wird er zahlen, werde ich dies oder jenes thun u. s. w., d. h. nie, weil die Störche und Schwalben zu dieser Zeit fortziehen. (S. Nimmerstag.)
*62 Der Marti will syn Esel heue. (Solothurn.) – Schild, 117, 153.
Schönes Wetter am Martinstag soll einen schönen Nachsommer verkünden.
*63 Der Martin kommt auf dem Schimmel geritten. – Orakel, 904.
Wird von den Landleuten meist auf den ersten um die Zeit des 11. November eintretenden Schneefall bezogen. Aber abgesehen davon, sagt R. Drescher (vgl. Schles. Provinzialbl., Breslau 1866, S. 658), dass diese Deutung der Witterung in der Regel selbst widerspricht, liegt dem Spruch ein viel bedeutsamerer und weit tieferer Sinn zu Grunde. Auf Sanct-Martin, dem
milden wohlthätigen Reitersmann mit dem grossen Mantel, sind nämlich vom deutschen Volke mehrere volksthümliche Begriffe und Anschauungen übertragen worden, die meist in heidnischer Zeit dem göttlichen Schimmelreiter Wuotan galten. Er trat in der ältern Volksanschauung völlig an die Stelle dieses Gottes, und in zahlreichen Sagen erscheint er als wunderthätiger Helfer, bald in Gestalt des Schimmelreiters mit langem Mantel und Speer, bald in der eines Viehhirten mit langem Mantel und Stab, ganz wie in ältern Ueberlieferungen der heidnische Gott. (Vgl. Simrock, Myth., 533, 540 u. 574.)
*64 Du eselhafter Martin.
Eine scherzhafte Anrede, die aus einem lustigen Gegellschaftsliede sprichwörtlich geworden ist. Der Begriff der Eselhaftigkeit hängt sich gern an den Namen Martin an, wozu der Grund noch nicht nachzuweisen ist. (S. Esel 252.) (Ule, Die Natur, Halle 1867, Nr. 7, S. 53.)
*65 Marten, bît mi nich, ik will di ok êne Bêre geven. – Schütze, I, 107; Richey, 16.
Verächtlich zu einem Menschen, der sehr sauer sieht oder zornig auffährt.
*66 'N Mört'n lob'n. – Baumgarten, Progr., 3.
An Martinitage war (oder ist noch?) in oberösterreichischen Bauernhäusern, besonders in den Bergen, Mahl und Tanz üblich. Man nannte dies: den Märten loben.
*67 Sanct Martin feiern.
Ein gutes Mahl bereiten, geniessen.
Frz.: Faire la Saint-Martin. (Kritzinger, 443b.)
Martiniwein.
Martiniwein, saurer Wein.
Martinsabend.
1 Mancher feiert seinen Martinsabend so, dass für den Weihnachtsabend nichts übrigbleibt.
Dän.: Mangen giør sin Martens aften saa fedt, at han har intet til den hellige Juule-aften. (Prov. dan., 417.)
2 Märtensowend – Christsunowend. (Waldeck.) – Curtze, 315, 29.
Martinsfest.
* Das Martinsfest begehen. (S. Martin 65.) – Kritzinger, 443b.
Martinsgans.
1 Martinsgäns' han theuere Schwänz'. – Nass. Schulbl., XIV, 5.
Man hat verschiedene Ansichten über die Entstehung des Gansessens am Martinsabend, das auch in dem bekannten Verse empfohlen wird: „Iss gens Martini, wurst in festo Nicolai (s. d.), iss Blasii lemper, häring oculi mei semper“ u. s. w. Sulpicius Severus, ein zu Anfang des 5. Jahrhunderts lebender Schriftsteller, hat ein Buch von dem Leben des heiligen Martin, der Bischof von Tours war und im Jahre 397 starb, und einige Dialoge über die Tugenden und Wunder dieses Heiligen geschrieben. In dem dritten derselben (Ausgabe von Georg Horn, Amsterdam 1663) heisst es: „Das Fest des heiligen Martin ist auf den 11. November angesetzt. An diesem Tage feiern die Christen wahre Bacchanalien und stopfen sich voll Gänsebraten. Der Ursprung dieser Gewohnheit ist ungewiss. Was man insgemein sagt, als geschehe es deswegen, weil Gänse durch ihr Geschrei den heiligen Martin verrathen hätten, oder weil er sich durch den Genuss ihres Fleisches den Tod zugezogen habe, das sind Märchen, wie Vossius schreibt, der die Gewohnheit von dem Landvolke der nördlichen Gegend herleitet, auf dessen Tischen die Gans ein ebenso beliebtes Gericht war, als bei uns Krammetsvogel und Rebhuhn.“ Schulz (Preuss. Hausfreund, Berlin 1810, S. 30) erklärt die Entstehung daher, dass Schmausereien von jeher in der geistlichen Welt die Vorläufer von Fasten gewesen seien; man that sich zuvor gütlich, um die Entbehrungen nachher leichter auszuhalten. Das, sagte er, ist der Ursprung des Carnevals bei uns, der Butterwoche bei den Russen, der Ostatki bei den Polen. Seit dem 5. Jahrhundert wurde es üblich, sich durch Fasten vorzubereiten. Um die Mitte desselben verordnete Perpetuus, Bischof von Tours, dass vom Feste Martini an bis Weihnacht dreimal in der Woche gefastet werden sollte. Die Martinsgans trat nun vor dem Anfang der vierzigtägigen, im 13. Jahrhundert wieder aufgehobenen Fasten vor Weihnacht. – Ueber die Entstehung der Martinsgans ist noch zu vergleichen W. Wenzel (Symb., I, 310), der vermuthet, dass eine heidnische Winterfeier, wobei man Gänse opferte, dem christlichen Martinsfeste vorangegangen zu sein scheine. Ferner: Reusch, Das Martinsfest in den Neuen Preuss. Provinzialbl., 1850, IX, 177; Jansen, Over den Oorsprang der Maartenganzen in den Werken der Maatschappij van Nederland, Letterkunde, Leyden 1850, VI, 177. Nach Wolf (I, 38) erinnert die Martinsgans an grosse Opfer, die dem Wodan für den Erntesegen gebracht wurden. Endlich Schiller (III, 12) wie immer mit reichen Quellenangaben und Mittheilungen. R. Drescher (Schles. Provinzialbl., 1866, S. 658) sagt: „Das heidnische Fest, an dessen Stelle jetzt die Sanct-Martinsfeier begangen wird, fiel ursprünglich mit dem
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