Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.[Spaltenumbruch] 79 Man kann nicht Richter und Kläger zugleich sein. It.: Non si puo esser giudice, e parte insieme. (Pazzaglia, 151, 9.) 80 Niemand kann Richter in eigener Sache sein. - Graf, 433, 276. Dän.: Man maae ei vaere dommer i sin egen sag. (Prov. dan., 111.) Lat.: Judex nemo potest esse in propria causa. (Philippi, I, 216; Frob., 404.) - Nemo potest esse judex in sua causa. (Seybold, 340.) 81 Niemand kann seinem Richter entgehen. 82 Niemand soll sein selbst richter sein. - Lehmann, 805, 3. 83 Niemand soll und mag Richter in eigener Klage sein. - Graf, 433, 277. Mhd.: Keyn richter schol nach mag seyn selbs richter yn kainer sach seyn. (Lichner, 128, 224.) 84 Richter, Dichter. - Gruter, I, 63; Simrock, 8460; Körte, 5072. 85 Richter haben Schultheissenohren. - Graf, 432, 256. Die Schulzen stehen in dem Rufe, dass sie auf einem Ohre besser und leichter hören als auf dem andern, dass sie zu zeiten, wenn nicht auf beiden, doch wenigstens auf einem Ohre ganz taub sind. Nun gibt es zwar für die Richter eine Gerichtsordnung oder ähnliche Vorschriften, die ihnen die strengste Unparteilichkeit zur Pflicht machen; zuletzt hören sie aber doch nur, wen und was sie wollen, nach dem Sprichwort: sie haben Schulzenohren. "Hieuon ist, das man spricht: Die Richter haben Schuldtheissen ohren." (Klingen, 33a.) 86 Richter, richte recht, denn ich bin Herr (Gott ist Richter) und du bist Knecht. - Simrock, 8459. In ähnlichem Sinne sagen die Neugriechen: Sitze krumm im Rath, aber richte immer gerad. (Sanders, 121, 16.) Ein Bauer, der vor einem parteiischen Richter stand, blickte, während dieser das Urtheil vorlas, unverwandt auf die Wand über dem Richterstuhle. Als ihn der Richter nach dem Grunde dieses Benehmens fragte, antwortete er: Ja, früher stand da ein Richter u. s. w., aber jetzt scheint es überweisst zu sein. 87 Richter, so Geschencke nehmen, sind gleich denen, so ihr Hauss anzünden, ein paar Eyer zu sieden. - Wirth, II, 344. Sie "setzen wegen eines kleinen Gewinstes ihre Ehre und Gewissen in Gefahr". 88 Richter sollen grosse Ohren1 vnd kleine Hende haben. - Petri, II, 514. 1) Nur nicht zu grosse. 89 Richter, stehe dem Richter, denk', dass ein Richter über dir sei. - Simrock, 8458; Körte, 5071. 90 Richter und Drechsler können aus einem Holz verschiedene Dinge machen. Um der verschiedenen Anschauung der Sache Spielraum zu geben, Mannichfaltigkeit in den gedrechselten Figuren zu erzeugen, gibt es mehrere sogenannte Instanzen, und man hat das Vergnügen, drei Erkenntnisse zu bezahlen, von denen wenigstens zwei falsch sein können. Böhm.: Soudce jak tesar, co chce, to vyseka. (Celakovsky, 361.) 91 Richter und Schergen, Bader und Fergen, Arzt und Juristen sein selten gute Christen. (Oesterreich.) 92 Sei der Richter noch so kalt, Unschuld hat eine grosse Gewalt. Span.: La aguda sutileza del juez no dafiara no haviendo culpa. (Cahier, 3480.) 93 So lange der Richter zu Gericht sitzt, kann er niemand beklagen. - Graf, 433, 278. Holl.: Alsoe langhe, als die Rechter sit te rechte, so ne mach hy niemant beclaghen. (Mieris, I, 618, 21.) 94 Strenge Richter richten nicht lange. (Westf.) 95 Von einem einseitigen (parteiischen) Richter kann man kein zweiseitiges (unparteiisches) Recht erwarten. Dän.: Daarligt at söge ret hos uretfaerdige. (Prov. dan., 473.) 96 Von unbedachtsamen Richtern kommen übereilte Sprüche. Frz.: De fou juge, brieve sentence. - Juges piteux, simples et mous, est la nourrice aux mauvais fous. (Cahier, 909-910.) 97 Vor dem Richter kriegt der Beutel das Fieber. - Winckler, XVI, 36. 98 Vor die Richter muss man nur mit krummen Armen kommen. - Zinkgref, IV, 185. [Spaltenumbruch] 99 Vor einem Richter, der auf das rechte Ohr nicht hört und auf das rechte Aug' nicht sieht, lieber Gott, uns behüt'. - Chaos, 670. 100 Vor einem ungewogenen Richter ist bös streiten. - Graf, 410, 67. Es ist übel vor einem Richter eine Sache zu führen, von dem man weiss, dass er gegen uns eingenommen ist. Mhd.: It is swerlich to krigen vor einem ungenogen richter. (Homeyer, Richtstuhl, 4.) 101 Was dem Richter entgeht, verhört er. 102 Was der Richter nicht mag, bekommt der Gerichtsschreiber. Ob sich dies Sprichwort auf ein bairisches Weisthum gründet? Bei altdeutschen Rechtsentscheidungen versammelte sich die ganze Gemeinde. Wer nicht erschien, wurde mit harter Strafe belegt. So verordnet ein bairisches Weisthum, der Richter solle zu des ausbleibenden Haus gehen und ihn um ein halb Pfund Pfennige pfänden, hat er die nicht, den Ofen einschlagen; ist kein Ofen da, so soll er seine Frau brauten. So sie aber gar hässlich wäre, soll er dies Werk dem Gerichtsschreiber zu verrichten gönnen. (Grimm, Weisth., III, 680.) 103 Was man dem Richter nicht klagt, das darf er nicht richten. - Graf, 425, 206. Mhd.: Waz man deme richter nich claghet, daz en darf er nicht richten. (Ortloff, IV, 45, 12.) 104 Wenn der Richter den Becher hält, schwankt das Gesetz. 105 Wenn der Richter vom Rathhaus kommt, ist er klüger, als da er hinging. 106 Wenn der Richter will schenken Wein und der Bäcker ein Rathsherr sein, und der Metzger will gehn zu Rath, so leid't die Gemeinde grosse Noth. (Oesterreich.) 107 Wenn Richter und Schreiber nicht oft die Füsse in die Hände kriegen, so werden sie nicht warm. Nämlich für die betreffende Sache. Das Sprichwort meint wenn ihnen nicht Kapaunen u. dgl. Füsse in die Hände gedrückt werden. Frz.: Juges sont froids et ecrivains, s'ils n'ont souvent les pies es mains. (Kritzinger, 405a.) 108 Wer auf den Richter zieht, soll mit ihm vollkommen. - Graf, 454, 460. Des Richters Zeugniss geht über jedes andere. Zur Erklärung s. Gerichtszeugniss. Mhd.: We up den richter tiit, de scal mit dem richter vulkomen. (Homeyer, Richtsteig, 42, 3.) 109 Wer da will ein Richter sein, soll gerecht auch selber sein. - Graf, 408, 35. "Wer do sal eyn richter sein, gerecht sal er selber sein." (Gaupp, Landrecht.) 110 Wer dem Richter die Hände schmierbet, der macht den Esel mager. - Henisch, 944, 9; Petri, II, 691. Holl.: Tel den regter geld, zoo is zijn oor ontsteld. (Harrebomee, II, 215a.) 111 Wer den Richter kennt, der kennt noch nicht das Gericht. Dän.: Mangen er kiendt med dommeren, men faa med retten. (Prov. dan., 111.) 112 Wer den Richter zum Ankläger hat, der braucht Gott zum Advocaten. - Schlechta, 226. 113 Wer den Richter zum Freunde hat, der kann leicht den Process gewinnen. Engl.: As a man is friended, so the law is ended. (Gaal, 1474.) 114 Wer einen gnedigen Richter hat, der kompt wol fort in seiner kranken Sach. - Petri, II, 701. 115 Wer für dem Richter weint, verleurt seine Zähren. - Petri, II, 709; Simrock, 8456; Graf, 409, 56. Dän.: At graede for dommeren er for sildig graedet. (Prov. dan., 251.) It.: Perde le lagrime chi piange avanti al giudice. (Bohn I, 119.) 116 Wer will ein rechter Richter sein, der soll nicht achten mein und dein. "Bartole, sta Juri, si vis Jurista vocari; qui stat non aequa lance, is iniquus erit." (Witzfunken, IVb, 102.) 117 Wie der Richter einnimmt, so soll er ausgeben. - Graf, 415, 115. Sein Urtheil muss dem Ausspruch der Schöffen entsprechen. (S. Richter und Schöffen.) Altfries.: Alsa den sa thi rediena in nima sa reke hi alsa den ut. (Wiarda, Willküren, 41.)
[Spaltenumbruch] 79 Man kann nicht Richter und Kläger zugleich sein. It.: Non si può esser giudice, e parte insieme. (Pazzaglia, 151, 9.) 80 Niemand kann Richter in eigener Sache sein. – Graf, 433, 276. Dän.: Man maae ei være dommer i sin egen sag. (Prov. dan., 111.) Lat.: Judex nemo potest esse in propria causa. (Philippi, I, 216; Frob., 404.) – Nemo potest esse judex in sua causa. (Seybold, 340.) 81 Niemand kann seinem Richter entgehen. 82 Niemand soll sein selbst richter sein. – Lehmann, 805, 3. 83 Niemand soll und mag Richter in eigener Klage sein. – Graf, 433, 277. Mhd.: Keyn richter schol nach mag seyn selbs richter yn kainer sach seyn. (Lichner, 128, 224.) 84 Richter, Dichter. – Gruter, I, 63; Simrock, 8460; Körte, 5072. 85 Richter haben Schultheissenohren. – Graf, 432, 256. Die Schulzen stehen in dem Rufe, dass sie auf einem Ohre besser und leichter hören als auf dem andern, dass sie zu zeiten, wenn nicht auf beiden, doch wenigstens auf einem Ohre ganz taub sind. 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(Cahier, 3480.) 93 So lange der Richter zu Gericht sitzt, kann er niemand beklagen. – Graf, 433, 278. Holl.: Alsoe langhe, als die Rechter sit te rechte, so ne mach hy niemant beclaghen. (Mieris, I, 618, 21.) 94 Strenge Richter richten nicht lange. (Westf.) 95 Von einem einseitigen (parteiischen) Richter kann man kein zweiseitiges (unparteiisches) Recht erwarten. Dän.: Daarligt at søge ret hos uretfærdige. (Prov. dan., 473.) 96 Von unbedachtsamen Richtern kommen übereilte Sprüche. Frz.: De fou juge, briève sentence. – Juges piteux, simples et mous, est la nourrice aux mauvais fous. (Cahier, 909-910.) 97 Vor dem Richter kriegt der Beutel das Fieber. – Winckler, XVI, 36. 98 Vor die Richter muss man nur mit krummen Armen kommen. – Zinkgref, IV, 185. [Spaltenumbruch] 99 Vor einem Richter, der auf das rechte Ohr nicht hört und auf das rechte Aug' nicht sieht, lieber Gott, uns behüt'. – Chaos, 670. 100 Vor einem ungewogenen Richter ist bös streiten. – Graf, 410, 67. 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79 Man kann nicht Richter und Kläger zugleich sein.
It.: Non si può esser giudice, e parte insieme. (Pazzaglia, 151, 9.)
80 Niemand kann Richter in eigener Sache sein. – Graf, 433, 276.
Dän.: Man maae ei være dommer i sin egen sag. (Prov. dan., 111.)
Lat.: Judex nemo potest esse in propria causa. (Philippi, I, 216; Frob., 404.) – Nemo potest esse judex in sua causa. (Seybold, 340.)
81 Niemand kann seinem Richter entgehen.
82 Niemand soll sein selbst richter sein. – Lehmann, 805, 3.
83 Niemand soll und mag Richter in eigener Klage sein. – Graf, 433, 277.
Mhd.: Keyn richter schol nach mag seyn selbs richter yn kainer sach seyn. (Lichner, 128, 224.)
84 Richter, Dichter. – Gruter, I, 63; Simrock, 8460; Körte, 5072.
85 Richter haben Schultheissenohren. – Graf, 432, 256.
Die Schulzen stehen in dem Rufe, dass sie auf einem Ohre besser und leichter hören als auf dem andern, dass sie zu zeiten, wenn nicht auf beiden, doch wenigstens auf einem Ohre ganz taub sind. Nun gibt es zwar für die Richter eine Gerichtsordnung oder ähnliche Vorschriften, die ihnen die strengste Unparteilichkeit zur Pflicht machen; zuletzt hören sie aber doch nur, wen und was sie wollen, nach dem Sprichwort: sie haben Schulzenohren. „Hieuon ist, das man spricht: Die Richter haben Schuldtheissen ohren.“ (Klingen, 33a.)
86 Richter, richte recht, denn ich bin Herr (Gott ist Richter) und du bist Knecht. – Simrock, 8459.
In ähnlichem Sinne sagen die Neugriechen: Sitze krumm im Rath, aber richte immer gerad. (Sanders, 121, 16.) Ein Bauer, der vor einem parteiischen Richter stand, blickte, während dieser das Urtheil vorlas, unverwandt auf die Wand über dem Richterstuhle. Als ihn der Richter nach dem Grunde dieses Benehmens fragte, antwortete er: Ja, früher stand da ein Richter u. s. w., aber jetzt scheint es überweisst zu sein.
87 Richter, so Geschencke nehmen, sind gleich denen, so ihr Hauss anzünden, ein paar Eyer zu sieden. – Wirth, II, 344.
Sie „setzen wegen eines kleinen Gewinstes ihre Ehre und Gewissen in Gefahr“.
88 Richter sollen grosse Ohren1 vnd kleine Hende haben. – Petri, II, 514.
1) Nur nicht zu grosse.
89 Richter, stehe dem Richter, denk', dass ein Richter über dir sei. – Simrock, 8458; Körte, 5071.
90 Richter und Drechsler können aus einem Holz verschiedene Dinge machen.
Um der verschiedenen Anschauung der Sache Spielraum zu geben, Mannichfaltigkeit in den gedrechselten Figuren zu erzeugen, gibt es mehrere sogenannte Instanzen, und man hat das Vergnügen, drei Erkenntnisse zu bezahlen, von denen wenigstens zwei falsch sein können.
Böhm.: Soudce jak tesař, co chce, to vyseká. (Čelakovsky, 361.)
91 Richter und Schergen, Bader und Fergen, Arzt und Juristen sein selten gute Christen. (Oesterreich.)
92 Sei der Richter noch so kalt, Unschuld hat eine grosse Gewalt.
Span.: La aguda sutileza del juez no dafiará no haviendo culpa. (Cahier, 3480.)
93 So lange der Richter zu Gericht sitzt, kann er niemand beklagen. – Graf, 433, 278.
Holl.: Alsoe langhe, als die Rechter sit te rechte, so ne mach hy niemant beclaghen. (Mieris, I, 618, 21.)
94 Strenge Richter richten nicht lange. (Westf.)
95 Von einem einseitigen (parteiischen) Richter kann man kein zweiseitiges (unparteiisches) Recht erwarten.
Dän.: Daarligt at søge ret hos uretfærdige. (Prov. dan., 473.)
96 Von unbedachtsamen Richtern kommen übereilte Sprüche.
Frz.: De fou juge, briève sentence. – Juges piteux, simples et mous, est la nourrice aux mauvais fous. (Cahier, 909-910.)
97 Vor dem Richter kriegt der Beutel das Fieber. – Winckler, XVI, 36.
98 Vor die Richter muss man nur mit krummen Armen kommen. – Zinkgref, IV, 185.
99 Vor einem Richter, der auf das rechte Ohr nicht hört und auf das rechte Aug' nicht sieht, lieber Gott, uns behüt'. – Chaos, 670.
100 Vor einem ungewogenen Richter ist bös streiten. – Graf, 410, 67.
Es ist übel vor einem Richter eine Sache zu führen, von dem man weiss, dass er gegen uns eingenommen ist.
Mhd.: It is swerlich to krigen vor einem ungenogen richter. (Homeyer, Richtstuhl, 4.)
101 Was dem Richter entgeht, verhört er.
102 Was der Richter nicht mag, bekommt der Gerichtsschreiber.
Ob sich dies Sprichwort auf ein bairisches Weisthum gründet? Bei altdeutschen Rechtsentscheidungen versammelte sich die ganze Gemeinde. Wer nicht erschien, wurde mit harter Strafe belegt. So verordnet ein bairisches Weisthum, der Richter solle zu des ausbleibenden Haus gehen und ihn um ein halb Pfund Pfennige pfänden, hat er die nicht, den Ofen einschlagen; ist kein Ofen da, so soll er seine Frau brauten. So sie aber gar hässlich wäre, soll er dies Werk dem Gerichtsschreiber zu verrichten gönnen. (Grimm, Weisth., III, 680.)
103 Was man dem Richter nicht klagt, das darf er nicht richten. – Graf, 425, 206.
Mhd.: Waz man deme richter nich claghet, daz en darf er nicht richten. (Ortloff, IV, 45, 12.)
104 Wenn der Richter den Becher hält, schwankt das Gesetz.
105 Wenn der Richter vom Rathhaus kommt, ist er klüger, als da er hinging.
106 Wenn der Richter will schenken Wein und der Bäcker ein Rathsherr sein, und der Metzger will gehn zu Rath, so leid't die Gemeinde grosse Noth. (Oesterreich.)
107 Wenn Richter und Schreiber nicht oft die Füsse in die Hände kriegen, so werden sie nicht warm.
Nämlich für die betreffende Sache. Das Sprichwort meint wenn ihnen nicht Kapaunen u. dgl. Füsse in die Hände gedrückt werden.
Frz.: Juges sont froids et écrivains, s'ils n'ont souvent les piés és mains. (Kritzinger, 405a.)
108 Wer auf den Richter zieht, soll mit ihm vollkommen. – Graf, 454, 460.
Des Richters Zeugniss geht über jedes andere. Zur Erklärung s. Gerichtszeugniss.
Mhd.: We up den richter tiit, de scal mit dem richter vulkomen. (Homeyer, Richtsteig, 42, 3.)
109 Wer da will ein Richter sein, soll gerecht auch selber sein. – Graf, 408, 35.
„Wer do sal eyn richter sein, gerecht sal er selber sein.“ (Gaupp, Landrecht.)
110 Wer dem Richter die Hände schmierbet, der macht den Esel mager. – Henisch, 944, 9; Petri, II, 691.
Holl.: Tel den regter geld, zoo is zijn oor ontsteld. (Harrebomée, II, 215a.)
111 Wer den Richter kennt, der kennt noch nicht das Gericht.
Dän.: Mangen er kiendt med dommeren, men faa med retten. (Prov. dan., 111.)
112 Wer den Richter zum Ankläger hat, der braucht Gott zum Advocaten. – Schlechta, 226.
113 Wer den Richter zum Freunde hat, der kann leicht den Process gewinnen.
Engl.: As a man is friended, so the law is ended. (Gaal, 1474.)
114 Wer einen gnedigen Richter hat, der kompt wol fort in seiner kranken Sach. – Petri, II, 701.
115 Wer für dem Richter weint, verleurt seine Zähren. – Petri, II, 709; Simrock, 8456; Graf, 409, 56.
Dän.: At græde for dommeren er for sildig grædet. (Prov. dan., 251.)
It.: Perde le lagrime chi piange avanti al giudice. (Bohn I, 119.)
116 Wer will ein rechter Richter sein, der soll nicht achten mein und dein.
„Bartole, sta Juri, si vis Jurista vocari; qui stat non aequa lance, is iniquus erit.“ (Witzfunken, IVb, 102.)
117 Wie der Richter einnimmt, so soll er ausgeben. – Graf, 415, 115.
Sein Urtheil muss dem Ausspruch der Schöffen entsprechen. (S. Richter und Schöffen.)
Altfries.: Alsa den sa thi rediena in nima sa reke hi alsa den ut. (Wiarda, Willküren, 41.)
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