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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] 29 Jungen Sperlingen und jungen Edelleuten soll man beizeiten die Köpfe eindrücken.

Dies Sprichwort, welches noch um das Jahr 1700 geläufig war und aus dem Munde der reichen mansfelder Bauern aufgezeichnet wurde, kennzeichnet die Stimmung des Landvolks gegen ihre Gutsherren. (Vgl. G. Freytag, Neue Bilder aus dem Leben des deutschen Volks, Leipzig 1862.) In Betreff der Sperlinge hat eine richtigere Kenntniss der Natur, wenigstens hier und da, die Stimmung umgeändert.

30 So lang hat der Sperling den Kukuk gepflegt, bis der Kukuk ihn selbst aus dem Neste fegt.

Der Richmond Whig (Virginien vom 26. April 1862) führt dies Sprichwort mit Bezug auf die Einwanderer in Virginien an, die gegen die sklavenhaltenden Amerikaner kämpften.

31 Sperlinge fahet man, so man ihnen Salz auf den Schwanz streuet. - Eiselein, 573; Simrock, 9694.

32 Sperlinge schiesst man nicht mit Kanonen. (S. Spatz 32.) - Masson, 387.

33 Sperlinge schreckt man mit Scheuchen, aber keine Adler.

34 Um einen Sperling zu fangen, verliert mancher die Gans.

Lat.: Quercus obsonium, vestem perdidi. (Binder I, 1422; II, 2710; Philippi, II, 119; Seybold, 469; Weber, II, 69.)

35 Während sich der Sperling putzt, stellt der Vogelsteller sein Netz. - Burckhardt, 76.

Von denen, die in gedankenloser Sicherheit oder glücklicher Musse dahinleben.

36 Wenn alle Sperlinge das Korn kennten, würde man nicht ernten. - Körte, 7051.

37 Wenn der Sperling auf der Firste sitzt, hält er sich für einen grossen Vogel.

Die Russen: Wenn der Sperling auf dem Iwan Welikij sitzt, nennt er sich den Zar der Vögel. (Altmann VI, 455.) Iwan Welikij oder der grosse Iwan heisst der grösste Glockenthurm im Kreml von Moskau.

38 Wenn der Sperling ein Bein bricht (verliert), schmerzt es ihn so sehr als dem Pferde.

Dän.: En spurv har saa ondt af at bryde sit laar, som en friis hest. (Bohn I, 366.)

39 Wenn der Sperling einen Vogel hängen sieht, mag er's Korn nicht.

40 Wenn der Sperling nisten will, sucht er viel Löcher. - Simrock, 9692; Körte, 5636; Petri, II, 638.

Bei Tunnicius (103): Als de lünink nesteln wil, so socht he vele gette. (Nidificans passer per multa foramina lustrat.)

Holl.: Als die musche nestelen wil, soect si vele holen. (Tunn., 4, 8; Harrebomee, II, 110a.)

Lat.: Nidificans caveas vult passer visere multas. (Fallersleben, 81.)

41 Wenn der Sperling vnter dem Dach ist, muss die Schwalbe herumbfliegen. - Petri, II, 638; Henisch, 631, 31.

Lat.: Passere sub tecto remanente, vagatur hirundo.

42 Wenn die Sperlinge seltener wären, so kaufte man nicht zwei für Einen Pfennig.

Die Russen: Wären die Spatzen seltener, so würde man Jagd auf sie machen. (Altmann V, 89.)

43 Wenn man den Sperling auch mit Mehlwürmern füttert, er wird keine Nachtigall.

44 Wer die Sperlinge scheut, wird keinen Hirse (Korn) säen. - Cahier, 2714; Schlechta, 254.

Böhm.: Kdo se vrabcuv boji nech prosa nesije. (Celakovsky, 291.)

Holl.: Wie musschen vreest zaaije geen koren. (Harrebomee, II, 110b.)

Poln.: Dla ptastwa niesiac glupstwo albo lenistwo. (Celakovsky, 291.)

45 Zwei Sperlinge auf derselben Aehre vertragen sich nicht lange.

Frz.: Deux moineaux sur meme epine sont pas longtemps unis. (Bohn I, 15.)

Holl.: Twee musschen aan eene korenaar verdragen elkander niet. (Harrebomee, II, 110b.)

Span.: A dos pardales en una espiga nunca hay liga. (Bohn I, 194.)

*46 Auf weisse Sperlinge Jagd machen.

D. h. nach Dingen streben, die schwer oder gar nicht zu finden, zu erreichen sind.

Frz.: Chasser aux blancs moyneaux. (Leroux, II, 59.)

*47 Aus einem Sperling eine Nachtigall machen.

Frz.: Faire d'une buse un epervier. (Körte, 2047.)

*48 Bet de Sparling sine graue Rock uttitt. (Samland.)

Beim Brüderschafttrinken. Freunde wollen wir bleiben, bis u. s. w.

[Spaltenumbruch] *49 Den Sperling in der Hand fliegen lassen, um die Taube auf dem Dache zu fangen.

Frz.: Mettre a terre ce qu'on a dans les mains. (Lendroy, 1011.)

*50 Der nackte (gefiederte) Sperling.

Beim Auswürfeln der Zeche heisst bei einem gewissen Modus die Eins auf dem Würfelfelde "der nackte Sperling", die Fünf "der befiederte Sperling".

*51 Der Sperling will den Adler fliegen lehren.

Die Russen: Der Sperling ruft dem Adler zu: breite die Schwingen. (Altmann VI, 463.)

*52 Die Sperlinge mit Hanfsamen vertreiben wollen.

Während sie durch denselben, da sie ihn gern fressen, herbeigelockt werden würden. Die englischen Neger in Surinam sagen, um im ähnlichen Sinn die zweckwidrige und verkehrte Wahl eines Mittels zur Erreichung irgendeines Zwecks zu bezeichnen: Die Rattenlöcher mit Bakliauschwänzen verstopfen. Der Bakliau ist nämlich ein starkriechender Fisch in Surinam, den die Ratten sehr gern fressen. (Wullschlägel.)

*53 Die Sperlinge singen's auf den Dächern. - Eiselein, 573; Sailer, 57; Simrock, 9695; Braun, I, 4172.

"Der diss, wass Sperlinge auf allen Dächern singen, wil als wass künfftiges vor kluge Leuthe bringen." (Keller, 133b.) Es ist weltbekannt, abgedroschen Geschwätz. Die Dienstmädchen erzählen es am Brunnen, die Kinder in der Stadt, die Hunde bellen's auf der Strasse, die Pflastersteine reden davon.

Frz.: C'est l'evangile du jour. (Kritzinger, 294a.) - C'est le secret de la comedie. - Les coqs le chantent sur les fumiers. (Lendroy, 302.) - Les enfants en vont a la moautarde. (Kritzinger, 471a.)

Holl.: Dat loopt over wagens en schuiten. (Harrebomee, II, 262b.)

Lat.: In ore atque oculis omnium est.

Poln.: Juz i baby szpitalne o tym wiedza. (Masson, 122.)

*54 Die Sperlinge sollen ihnen nicht mehr auf den Dächern sitzen. - Eiselein, 110.

Es soll kein Stein auf dem andern bleiben.

Lat.: Cicadae ipsis ex humo canunt. (Eiselein, 110.)

*55 Dir werden Sperlinge ins Maul fliegen. - Frischbier2, 3565.

Zu jemand, der mit offenem Munde dasteht.

*56 Einem Sperlinge Salz auf den Schwanz streuen, um ihn zu fangen.

*57 Er hat Sperlinge unter der Mütze (dem Hute). - Klix, 80.

Von einem, der die Kopfbedeckung beim Grüssen nicht abnimmt. "Hast du Sperlinge unter der Mütze?"

*58 Er ist wie der Sperling auf dem Dache. - Eiselein, 573.

Vom Unstäten, Unschlüssigen.

Frz.: Il est comme l'oiseau sur la branche.

*59 Er jagt die Sperlinge aus des Nachbars Gerste und lässt sich die eigenen Kirschen fressen.

Böhm.: Cizi proso chanis, a tve vrabci zobou. (Celakovsky, 272.)

Poln.: Cudza pszenice ogania, a jego wroble pija. (Celakovsky, 272.)

*60 Es ist ein weisser Sperling.

Von etwas Seltenem, Ungewöhnlichem. Man wollte sogar einmal schwarze Spatzen entdeckt haben, aber es stellte sich heraus, dass sie ihre Wohnung in der Nähe eines S hornsteins hatten und nur schwarz geräuchert waren. (Vgl. Dr. Oberle und die schwarzen Spatzen in Gutzkow, Unterhaltungen am käuslichen Herd, Leipzig 1855, III, 37.)

Holl.: Dat is wel een witte valk. (Harrebomee, II, 357.)

Lat.: Alba avis. (Cicero.) (Binder, II, 105; Faselius, 8 u. 128; Philippi, I, 16; Wiegand, 132.) - Corvus albus. (Philippi, I, 195.) - Rara avis in terris nigroque simillima cyno. (Juvenal.) (Philippi, II, 150.) - Rara avis. - Phoenice rarior. (Frob., 53; Philippi, II, 379.)

*61 Ich nem den Sperling in der Hand, lass dir den Kranich an der Wand. - Petri, II, 399.

*62 Ihm müssen noch die Sperlinge vom Dache fallen. (Köthen.)

*63 Sperlinge mit Kanonen schiessen.

Lat.: Album venari passerem. (Bovill, I, 46.)

*64 Wat will de Sparlink? - Dähnert, 445a.

Von einem kleinen schwächlichen Menschen, der stark hervortreten und wichtig thun will.


Sperlingsei.

1 Ein frisches Sperlingsei ist besser als zehn faule Ganseier. - Altmann VI, 480.

*2 Nach einem Sperlingsei langen und ein Gansei verlieren.

Holl.: Het musschenei grijpen, en het ganzenei verwaarloozen. (Harrebomee, II, 110b.)


[Spaltenumbruch] 29 Jungen Sperlingen und jungen Edelleuten soll man beizeiten die Köpfe eindrücken.

Dies Sprichwort, welches noch um das Jahr 1700 geläufig war und aus dem Munde der reichen mansfelder Bauern aufgezeichnet wurde, kennzeichnet die Stimmung des Landvolks gegen ihre Gutsherren. (Vgl. G. Freytag, Neue Bilder aus dem Leben des deutschen Volks, Leipzig 1862.) In Betreff der Sperlinge hat eine richtigere Kenntniss der Natur, wenigstens hier und da, die Stimmung umgeändert.

30 So lang hat der Sperling den Kukuk gepflegt, bis der Kukuk ihn selbst aus dem Neste fegt.

Der Richmond Whig (Virginien vom 26. April 1862) führt dies Sprichwort mit Bezug auf die Einwanderer in Virginien an, die gegen die sklavenhaltenden Amerikaner kämpften.

31 Sperlinge fahet man, so man ihnen Salz auf den Schwanz streuet.Eiselein, 573; Simrock, 9694.

32 Sperlinge schiesst man nicht mit Kanonen. (S. Spatz 32.) – Masson, 387.

33 Sperlinge schreckt man mit Scheuchen, aber keine Adler.

34 Um einen Sperling zu fangen, verliert mancher die Gans.

Lat.: Quercus obsonium, vestem perdidi. (Binder I, 1422; II, 2710; Philippi, II, 119; Seybold, 469; Weber, II, 69.)

35 Während sich der Sperling putzt, stellt der Vogelsteller sein Netz.Burckhardt, 76.

Von denen, die in gedankenloser Sicherheit oder glücklicher Musse dahinleben.

36 Wenn alle Sperlinge das Korn kennten, würde man nicht ernten.Körte, 7051.

37 Wenn der Sperling auf der Firste sitzt, hält er sich für einen grossen Vogel.

Die Russen: Wenn der Sperling auf dem Iwan Welikij sitzt, nennt er sich den Zar der Vögel. (Altmann VI, 455.) Iwan Welikij oder der grosse Iwan heisst der grösste Glockenthurm im Kreml von Moskau.

38 Wenn der Sperling ein Bein bricht (verliert), schmerzt es ihn so sehr als dem Pferde.

Dän.: En spurv har saa ondt af at bryde sit laar, som en friis hest. (Bohn I, 366.)

39 Wenn der Sperling einen Vogel hängen sieht, mag er's Korn nicht.

40 Wenn der Sperling nisten will, sucht er viel Löcher.Simrock, 9692; Körte, 5636; Petri, II, 638.

Bei Tunnicius (103): Als de lünink nesteln wil, so socht he vele gette. (Nidificans passer per multa foramina lustrat.)

Holl.: Als die musche nestelen wil, soect si vele holen. (Tunn., 4, 8; Harrebomée, II, 110a.)

Lat.: Nidificans caveas vult passer visere multas. (Fallersleben, 81.)

41 Wenn der Sperling vnter dem Dach ist, muss die Schwalbe herumbfliegen.Petri, II, 638; Henisch, 631, 31.

Lat.: Passere sub tecto remanente, vagatur hirundo.

42 Wenn die Sperlinge seltener wären, so kaufte man nicht zwei für Einen Pfennig.

Die Russen: Wären die Spatzen seltener, so würde man Jagd auf sie machen. (Altmann V, 89.)

43 Wenn man den Sperling auch mit Mehlwürmern füttert, er wird keine Nachtigall.

44 Wer die Sperlinge scheut, wird keinen Hirse (Korn) säen.Cahier, 2714; Schlechta, 254.

Böhm.: Kdo se vrabcův bojí nech prosa nesije. (Čelakovský, 291.)

Holl.: Wie musschen vreest zaaije geen koren. (Harrebomée, II, 110b.)

Poln.: Dla ptastwa niesiać głupstwo albo lenistwo. (Čelakovský, 291.)

45 Zwei Sperlinge auf derselben Aehre vertragen sich nicht lange.

Frz.: Deux moineaux sur même épine sont pas longtemps unis. (Bohn I, 15.)

Holl.: Twee musschen aan eene korenaar verdragen elkander niet. (Harrebomée, II, 110b.)

Span.: A dos pardales en una espiga nunca hay liga. (Bohn I, 194.)

*46 Auf weisse Sperlinge Jagd machen.

D. h. nach Dingen streben, die schwer oder gar nicht zu finden, zu erreichen sind.

Frz.: Chasser aux blancs moyneaux. (Leroux, II, 59.)

*47 Aus einem Sperling eine Nachtigall machen.

Frz.: Faire d'une buse un épervier. (Körte, 2047.)

*48 Bet de Sparling sine graue Rock uttitt. (Samland.)

Beim Brüderschafttrinken. Freunde wollen wir bleiben, bis u. s. w.

[Spaltenumbruch] *49 Den Sperling in der Hand fliegen lassen, um die Taube auf dem Dache zu fangen.

Frz.: Mettre à terre ce qu'on a dans les mains. (Lendroy, 1011.)

*50 Der nackte (gefiederte) Sperling.

Beim Auswürfeln der Zeche heisst bei einem gewissen Modus die Eins auf dem Würfelfelde „der nackte Sperling“, die Fünf „der befiederte Sperling“.

*51 Der Sperling will den Adler fliegen lehren.

Die Russen: Der Sperling ruft dem Adler zu: breite die Schwingen. (Altmann VI, 463.)

*52 Die Sperlinge mit Hanfsamen vertreiben wollen.

Während sie durch denselben, da sie ihn gern fressen, herbeigelockt werden würden. Die englischen Neger in Surinam sagen, um im ähnlichen Sinn die zweckwidrige und verkehrte Wahl eines Mittels zur Erreichung irgendeines Zwecks zu bezeichnen: Die Rattenlöcher mit Bakliauschwänzen verstopfen. Der Bakliau ist nämlich ein starkriechender Fisch in Surinam, den die Ratten sehr gern fressen. (Wullschlägel.)

*53 Die Sperlinge singen's auf den Dächern.Eiselein, 573; Sailer, 57; Simrock, 9695; Braun, I, 4172.

„Der diss, wass Sperlinge auf allen Dächern singen, wil als wass künfftiges vor kluge Leuthe bringen.“ (Keller, 133b.) Es ist weltbekannt, abgedroschen Geschwätz. Die Dienstmädchen erzählen es am Brunnen, die Kinder in der Stadt, die Hunde bellen's auf der Strasse, die Pflastersteine reden davon.

Frz.: C'est l'evangile du jour. (Kritzinger, 294a.) – C'est le secret de la comédie. – Les coqs le chantent sur les fumiers. (Lendroy, 302.) – Les enfants en vont à la moûtarde. (Kritzinger, 471a.)

Holl.: Dat loopt over wagens en schuiten. (Harrebomée, II, 262b.)

Lat.: In ore atque oculis omnium est.

Poln.: Już i baby szpitalne o tym wiedzą. (Masson, 122.)

*54 Die Sperlinge sollen ihnen nicht mehr auf den Dächern sitzen.Eiselein, 110.

Es soll kein Stein auf dem andern bleiben.

Lat.: Cicadae ipsis ex humo canunt. (Eiselein, 110.)

*55 Dir werden Sperlinge ins Maul fliegen.Frischbier2, 3565.

Zu jemand, der mit offenem Munde dasteht.

*56 Einem Sperlinge Salz auf den Schwanz streuen, um ihn zu fangen.

*57 Er hat Sperlinge unter der Mütze (dem Hute).Klix, 80.

Von einem, der die Kopfbedeckung beim Grüssen nicht abnimmt. „Hast du Sperlinge unter der Mütze?“

*58 Er ist wie der Sperling auf dem Dache.Eiselein, 573.

Vom Unstäten, Unschlüssigen.

Frz.: Il est comme l'oiseau sur la branche.

*59 Er jagt die Sperlinge aus des Nachbars Gerste und lässt sich die eigenen Kirschen fressen.

Böhm.: Cizí proso cháníš, a tvé vrabci zobou. (Čelakovský, 272.)

Poln.: Cudzą pszenicę ogania, a jego wroble piją. (Čelakovský, 272.)

*60 Es ist ein weisser Sperling.

Von etwas Seltenem, Ungewöhnlichem. Man wollte sogar einmal schwarze Spatzen entdeckt haben, aber es stellte sich heraus, dass sie ihre Wohnung in der Nähe eines S hornsteins hatten und nur schwarz geräuchert waren. (Vgl. Dr. Oberle und die schwarzen Spatzen in Gutzkow, Unterhaltungen am käuslichen Herd, Leipzig 1855, III, 37.)

Holl.: Dat is wel een witte valk. (Harrebomée, II, 357.)

Lat.: Alba avis. (Cicero.) (Binder, II, 105; Faselius, 8 u. 128; Philippi, I, 16; Wiegand, 132.) – Corvus albus. (Philippi, I, 195.) – Rara avis in terris nigroque simillima cyno. (Juvenal.) (Philippi, II, 150.) – Rara avis. – Phoenice rarior. (Frob., 53; Philippi, II, 379.)

*61 Ich nem den Sperling in der Hand, lass dir den Kranich an der Wand.Petri, II, 399.

*62 Ihm müssen noch die Sperlinge vom Dache fallen. (Köthen.)

*63 Sperlinge mit Kanonen schiessen.

Lat.: Album venari passerem. (Bovill, I, 46.)

*64 Wat will de Sparlink?Dähnert, 445a.

Von einem kleinen schwächlichen Menschen, der stark hervortreten und wichtig thun will.


Sperlingsei.

1 Ein frisches Sperlingsei ist besser als zehn faule Ganseier.Altmann VI, 480.

*2 Nach einem Sperlingsei langen und ein Gansei verlieren.

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[[345]/0351] 29 Jungen Sperlingen und jungen Edelleuten soll man beizeiten die Köpfe eindrücken. Dies Sprichwort, welches noch um das Jahr 1700 geläufig war und aus dem Munde der reichen mansfelder Bauern aufgezeichnet wurde, kennzeichnet die Stimmung des Landvolks gegen ihre Gutsherren. (Vgl. G. Freytag, Neue Bilder aus dem Leben des deutschen Volks, Leipzig 1862.) In Betreff der Sperlinge hat eine richtigere Kenntniss der Natur, wenigstens hier und da, die Stimmung umgeändert. 30 So lang hat der Sperling den Kukuk gepflegt, bis der Kukuk ihn selbst aus dem Neste fegt. Der Richmond Whig (Virginien vom 26. April 1862) führt dies Sprichwort mit Bezug auf die Einwanderer in Virginien an, die gegen die sklavenhaltenden Amerikaner kämpften. 31 Sperlinge fahet man, so man ihnen Salz auf den Schwanz streuet. – Eiselein, 573; Simrock, 9694. 32 Sperlinge schiesst man nicht mit Kanonen. (S. Spatz 32.) – Masson, 387. 33 Sperlinge schreckt man mit Scheuchen, aber keine Adler. 34 Um einen Sperling zu fangen, verliert mancher die Gans. Lat.: Quercus obsonium, vestem perdidi. (Binder I, 1422; II, 2710; Philippi, II, 119; Seybold, 469; Weber, II, 69.) 35 Während sich der Sperling putzt, stellt der Vogelsteller sein Netz. – Burckhardt, 76. Von denen, die in gedankenloser Sicherheit oder glücklicher Musse dahinleben. 36 Wenn alle Sperlinge das Korn kennten, würde man nicht ernten. – Körte, 7051. 37 Wenn der Sperling auf der Firste sitzt, hält er sich für einen grossen Vogel. Die Russen: Wenn der Sperling auf dem Iwan Welikij sitzt, nennt er sich den Zar der Vögel. (Altmann VI, 455.) Iwan Welikij oder der grosse Iwan heisst der grösste Glockenthurm im Kreml von Moskau. 38 Wenn der Sperling ein Bein bricht (verliert), schmerzt es ihn so sehr als dem Pferde. Dän.: En spurv har saa ondt af at bryde sit laar, som en friis hest. (Bohn I, 366.) 39 Wenn der Sperling einen Vogel hängen sieht, mag er's Korn nicht. 40 Wenn der Sperling nisten will, sucht er viel Löcher. – Simrock, 9692; Körte, 5636; Petri, II, 638. Bei Tunnicius (103): Als de lünink nesteln wil, so socht he vele gette. (Nidificans passer per multa foramina lustrat.) Holl.: Als die musche nestelen wil, soect si vele holen. (Tunn., 4, 8; Harrebomée, II, 110a.) Lat.: Nidificans caveas vult passer visere multas. (Fallersleben, 81.) 41 Wenn der Sperling vnter dem Dach ist, muss die Schwalbe herumbfliegen. – Petri, II, 638; Henisch, 631, 31. Lat.: Passere sub tecto remanente, vagatur hirundo. 42 Wenn die Sperlinge seltener wären, so kaufte man nicht zwei für Einen Pfennig. Die Russen: Wären die Spatzen seltener, so würde man Jagd auf sie machen. (Altmann V, 89.) 43 Wenn man den Sperling auch mit Mehlwürmern füttert, er wird keine Nachtigall. 44 Wer die Sperlinge scheut, wird keinen Hirse (Korn) säen. – Cahier, 2714; Schlechta, 254. Böhm.: Kdo se vrabcův bojí nech prosa nesije. (Čelakovský, 291.) Holl.: Wie musschen vreest zaaije geen koren. (Harrebomée, II, 110b.) Poln.: Dla ptastwa niesiać głupstwo albo lenistwo. (Čelakovský, 291.) 45 Zwei Sperlinge auf derselben Aehre vertragen sich nicht lange. Frz.: Deux moineaux sur même épine sont pas longtemps unis. (Bohn I, 15.) Holl.: Twee musschen aan eene korenaar verdragen elkander niet. (Harrebomée, II, 110b.) Span.: A dos pardales en una espiga nunca hay liga. (Bohn I, 194.) *46 Auf weisse Sperlinge Jagd machen. D. h. nach Dingen streben, die schwer oder gar nicht zu finden, zu erreichen sind. Frz.: Chasser aux blancs moyneaux. (Leroux, II, 59.) *47 Aus einem Sperling eine Nachtigall machen. Frz.: Faire d'une buse un épervier. (Körte, 2047.) *48 Bet de Sparling sine graue Rock uttitt. (Samland.) Beim Brüderschafttrinken. Freunde wollen wir bleiben, bis u. s. w. *49 Den Sperling in der Hand fliegen lassen, um die Taube auf dem Dache zu fangen. Frz.: Mettre à terre ce qu'on a dans les mains. (Lendroy, 1011.) *50 Der nackte (gefiederte) Sperling. Beim Auswürfeln der Zeche heisst bei einem gewissen Modus die Eins auf dem Würfelfelde „der nackte Sperling“, die Fünf „der befiederte Sperling“. *51 Der Sperling will den Adler fliegen lehren. Die Russen: Der Sperling ruft dem Adler zu: breite die Schwingen. (Altmann VI, 463.) *52 Die Sperlinge mit Hanfsamen vertreiben wollen. Während sie durch denselben, da sie ihn gern fressen, herbeigelockt werden würden. Die englischen Neger in Surinam sagen, um im ähnlichen Sinn die zweckwidrige und verkehrte Wahl eines Mittels zur Erreichung irgendeines Zwecks zu bezeichnen: Die Rattenlöcher mit Bakliauschwänzen verstopfen. Der Bakliau ist nämlich ein starkriechender Fisch in Surinam, den die Ratten sehr gern fressen. (Wullschlägel.) *53 Die Sperlinge singen's auf den Dächern. – Eiselein, 573; Sailer, 57; Simrock, 9695; Braun, I, 4172. „Der diss, wass Sperlinge auf allen Dächern singen, wil als wass künfftiges vor kluge Leuthe bringen.“ (Keller, 133b.) Es ist weltbekannt, abgedroschen Geschwätz. Die Dienstmädchen erzählen es am Brunnen, die Kinder in der Stadt, die Hunde bellen's auf der Strasse, die Pflastersteine reden davon. Frz.: C'est l'evangile du jour. (Kritzinger, 294a.) – C'est le secret de la comédie. – Les coqs le chantent sur les fumiers. (Lendroy, 302.) – Les enfants en vont à la moûtarde. (Kritzinger, 471a.) Holl.: Dat loopt over wagens en schuiten. (Harrebomée, II, 262b.) Lat.: In ore atque oculis omnium est. Poln.: Już i baby szpitalne o tym wiedzą. (Masson, 122.) *54 Die Sperlinge sollen ihnen nicht mehr auf den Dächern sitzen. – Eiselein, 110. Es soll kein Stein auf dem andern bleiben. Lat.: Cicadae ipsis ex humo canunt. (Eiselein, 110.) *55 Dir werden Sperlinge ins Maul fliegen. – Frischbier2, 3565. Zu jemand, der mit offenem Munde dasteht. *56 Einem Sperlinge Salz auf den Schwanz streuen, um ihn zu fangen. *57 Er hat Sperlinge unter der Mütze (dem Hute). – Klix, 80. Von einem, der die Kopfbedeckung beim Grüssen nicht abnimmt. „Hast du Sperlinge unter der Mütze?“ *58 Er ist wie der Sperling auf dem Dache. – Eiselein, 573. Vom Unstäten, Unschlüssigen. Frz.: Il est comme l'oiseau sur la branche. *59 Er jagt die Sperlinge aus des Nachbars Gerste und lässt sich die eigenen Kirschen fressen. Böhm.: Cizí proso cháníš, a tvé vrabci zobou. (Čelakovský, 272.) Poln.: Cudzą pszenicę ogania, a jego wroble piją. (Čelakovský, 272.) *60 Es ist ein weisser Sperling. Von etwas Seltenem, Ungewöhnlichem. Man wollte sogar einmal schwarze Spatzen entdeckt haben, aber es stellte sich heraus, dass sie ihre Wohnung in der Nähe eines S hornsteins hatten und nur schwarz geräuchert waren. (Vgl. Dr. Oberle und die schwarzen Spatzen in Gutzkow, Unterhaltungen am käuslichen Herd, Leipzig 1855, III, 37.) Holl.: Dat is wel een witte valk. (Harrebomée, II, 357.) Lat.: Alba avis. (Cicero.) (Binder, II, 105; Faselius, 8 u. 128; Philippi, I, 16; Wiegand, 132.) – Corvus albus. (Philippi, I, 195.) – Rara avis in terris nigroque simillima cyno. (Juvenal.) (Philippi, II, 150.) – Rara avis. – Phoenice rarior. (Frob., 53; Philippi, II, 379.) *61 Ich nem den Sperling in der Hand, lass dir den Kranich an der Wand. – Petri, II, 399. *62 Ihm müssen noch die Sperlinge vom Dache fallen. (Köthen.) *63 Sperlinge mit Kanonen schiessen. Lat.: Album venari passerem. (Bovill, I, 46.) *64 Wat will de Sparlink? – Dähnert, 445a. Von einem kleinen schwächlichen Menschen, der stark hervortreten und wichtig thun will. Sperlingsei. 1 Ein frisches Sperlingsei ist besser als zehn faule Ganseier. – Altmann VI, 480. *2 Nach einem Sperlingsei langen und ein Gansei verlieren. 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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [345]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/351>, abgerufen am 22.11.2024.