Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.[Spaltenumbruch]
*348 Die Schafe über die Brache jagen. - Frischbier2, 3235. Namentlich von Kindern, wenn sie von einem mit Butter bestrichenen Brote nur diese und nicht auch das Brot verzehren. *349 Die Schafe wollen den Hirten fressen. - Aus einer Satire wider Murner. *350 Die Schafe zu sehr scheren. Dem Volke zu schwere Lasten auflegen, es zu sehr drücken. *351 Die Schaff sengen. - Lehmann, 817, 14. Engl.: He washes his sheep with scalding water. (Bohn II, 65.) *352 Dieselben Schafe, aber ein anderer Bock. *353 Dos thu doch, lass dich vom Schof beissen. - Lohrengel, II, 168. *354 Du bist ein Schaf. (S. Schöps.) Ein bekanntes Scheltwort, um zu sagen: Du einfältiger, dummer Mensch. Seltener als wir scheinen die Römer den Namen des geduldigen Schafes, ovis, als unparlamentarische Anrede angewendet zu haben. Denn wenn in den "Zwillingsschwestern" des Plautus die beiden Alten Nicobolus und Philostratus von der einen Bacchis "Schafe" titulirt werden, so erkennt man aus dem weitern Verlauf des Gesprächs, dass dabei weniger die Dummheit, als der durch das Scheren zu erzielende Wollertrag in Betracht kommt. Ganz in dem bei uns gewöhnlichen Sinne dagegen wandten die Griechen den Namen des Schafs an; wie wenn in den Wolken des Aristophanes Strepsiades zum Publikum spricht: "Ihr Armen, was sitzt ihr so dumm herum, ein Spott für uns Weise, Klötze, Steine, Ziffern, Schafe, blindlings aufgehäuft." Sogar der Schafpelz mastruca (ein sardinisches Wort, aus dem unser "Matratze" entstanden sein mag) kommt bei Plautus als Schimpfwort vor. (Vgl. Römische Schimpfwörter, im Ausland, 1871, Nr. 8.) *355 Er hat kein Schaf mehr zu scheren. Engl.: You have no more sheep to shear. (Bohn II, 177.) *356 Er hat seine Schaf wider zusammen bracht. - Waldis, IV, 4. Er hat sich besonnen, seine Gedanken gesammelt. *357 Er ist kein Schaf wie er Wolle trägt. Mhd.: Der burger sprach dinem libe yst nit zu gloubende das du seist du bist nit schaff als du wollen treist. (Dyocletian's Leben, 2632-2634.) *358 Er ist wie ein liebes Schaf. *359 Er schert die Schafe und ich die Ochsen. Er hat die Vortheile. *360 Er wird am Schafe nicht fünf Füsse suchen. *361 Es ist ein gut (geduldig, dummes) Schaf. Holl.: Het is een goed schaap. (Harrebomee, II, 238b.) *362 Es ist ihm nicht um das Schaf, es ist ihm um die Wolle. - Eiselein, 542; Simrock, 8813. *363 Es möcht (auch) ein schaff zürnen. - Franck, I, 53b; Eiselen, 542; Körte, 5212a. *364 Es müsst's ein Schaf merken. *365 Es sind Schafe ohne Hirten. Holl.: Het zijn schapen zonder herder. (Harrebomee, II, 238b.) *366 Hä schet de Schof un lies 'nen andre de Verke scheren. (Köln.) - Weyden, IV, 16. Er schert die Schafe und lässt einen andern die Ferkel scheren. *367 He bevelt dat schap dem wulve. - Tunn., 696. Er befiehlt das Schaf dem Wolf. (Gallinam vulpi committit flumina cribro.) *368 He hett sein Schap up 't Dräge (Trockene). (Ostfries.) - Frommann, V, 429, 524. *369 In Sanct-Anna Schaaf (Kleiderschrank) kommen. (Aachen.) Sitzen bleiben. Von Jungfrauen, welche bereits verlegen werden, wenn von ihrem Alter die Rede ist und nicht über die Zwanziger hinauswollen. Zu Köln hat der Volkswitz für solche unfreiwillige Nonnen Sanct-Gereon's Kiste bestimmt. *370 Lass die Schafe blärren. Setze dich über unbegründete, alberne Gerüchte hinweg. "Lass die Hunde bellen, lass die Schafe blärren, lass die Gänse schnattern, lass die Leute reden." (Judas der Erzschelm, IV.) *371 Schap, kennst du din egen Lamm nich? (Strelitz.) - Firmenich, I, 72, 68. *372 Seine Schafe von einem andern weiden lassen. "Lesst sein Schaf ein andern weiden." (Waldis, IV, 16, 48.) [Spaltenumbruch] *373 Sich die räudigen Schafe behalten und die gesunden den Wolf fressen lassen. - Altmann VI, 522. *374 Sie sind wie die Schafe, was die vordersten thun, machen die hintersten nach. Frz.: Le peuple fait comme les moutons. *375 Seine Schape sind up de Rick (s. d.) stegen. - Klein, II, 88. Sind crepirt. Schafbrot. * Untikoner Schofbrote. (S. Kropf 31.) - Sutermeister, 51. Schäfchen. 1 As (wenn) man schert die Schäfalech, zittern die Lämelech. (Jüd.-deutsch. Brody.) Wenn man die Schäfchen schert, zittern die Lämmchen. 2 Ein vorwitziges Schäfchen frisst der Wolf. Frz.: Brebis mal gardee du loup est tost happee. (Masson, 361.) 3 Schäfchen am Himmel und ein geschminktes Gesicht dauern beide nicht lange. Frz.: Tems moutonne et femme fardee ne sont pas de longue duree. 4 Wenn Schäfchen am Himmel stehen, kann man ohne Schirm spazieren gehen. Anders in Südeuropa, wo unsere Windwolken die Form der Schäfchen anzunehmen scheinen; daher die Regel: Brebis, qui paraissent is cieux font temps pluvieux ou venteux. Schon Virgil und Aratus hielten die vellera lanae für Anzeichen des Regens. (Vgl. Dove, Witterungsverhältnisse, Berlin 1842, 22.) Engl.: If woolly fleeves strew the heavenly way, be sure no rain disturb the summer day. *5 Er hat sein Schäfchen aufs Trockene (Grüne) gebracht. (S. Pfeife 42 und Schnitt.) - Blum, 348; Eiselein, 543; Simrock, 8821; Körte, 5213a; Frischbier2, 3240; Braun, I, 3755. "Er hat seine Schaffe aufs Trockene bracht." (Mathesy 70a.) Bei vorhandener Gefahr hat er sich und das Seinige gerettet, in Sicherheit gebracht; er hat so viel erworben, als zu seinem anständigen Bestehen erforderlich ist. Der Hamburger sagt: "Ha hett syne Saken upt Dröge bracht." Damit will er aber im Gegensatze der obigen hochdeutschen Redensart sagen: "Er hat das Seine verthan." Dr. Eckstein im Feuilleton der Schlesischen Zeitung, 1872, Nr. 306, behauptet, es müsse heissen: Er hat sein Schiffchen ins Trockene gebracht, es sei nur die ungenaue Uebersetzung einer ursprünglich niederdeutschen Redensart: sin schepken = sein Schiffchen. Auf diese Ableitung hat schon Eiselein hingewiesen; da im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen Scef und Schef = Schiff (navis) bedeuten, bemerkt er, "könne man versucht werden, das >Schäflein< der sprichwörtlichen Redensart für >Scheflein< oder >Scheflin< zu halten und dem Sprichwort den passenden Sinn des lateinischen: Naves in valo sunt; Res omnis in vado est, beizulegen." Allein er setzt auch gleichzeitig hinzu, dass sich dawider der altherkömmliche Begriff, den man mit der Redensart überall zu verbinden pflege, auflehne; man habe vielmehr ejne rhetorische Figur anzunehmen, nach der das Ganze für den Theil gesetzt ist und der Sinn sei: Er hat sein Schäflein geschoren und die Wolle ins Trockene gebracht, eine Auslegung, der auch die lateinische Redensart: De lana cogitat sicca (Binder II, 705) entspricht. Mir scheint aber auch diese Verbindung gar nicht nothwendig, da die Redensart: Er hat sein Schäfchen geschoren und: Er hat sein Schäflein im Trockenen, sich einzeln viel einfacher erklären lassen, ohne erst altdeutsche Weisheit hinein zu verflechten. Sobald es Regen droht, will der Schäfer mit seiner Heerde ins Trockene, weil die Schafe, ohne Schaden zu nehmen, keine Nässe vertragen. Wer seine Schafe im Trockenen hat, hat sein Vermögen sichergestellt. Und wer seine Schäfchen geschoren hat, der hat seinen Vortheil, seinen Gewinn gezogen. Frz.: Il s'est mis a l'abri de la plui. (Kritzinger, 544a.) Holl.: Hij heeft zijne schaapjes op het drooge. (Harrebomee, II, 239a.) Lat.: In portu navigo. (Terenz.) (Binder II, 1460.) - In vado omnis res est. (Terenz.) (Philippi, I, 208.) - Rem tutari. (Philippi, II, 154.) *6 Er hat sein Schäfchen dabei geschoren. - Klix, 80. Er hat seinen Gewinn gemacht. Frz.: Il a bien plu dans son ecuelle. (Masson, 17.) - Il a du foin dans ses sabots. (Lendroy, 1339.) - Il a fait danser l'anse du panier. - Il a fait sa pelote (sa vendange, son aoaut). - Il a fait ses choux gras. (Kritzinger, 144b.) - Il en a tire de bonnes nippes. - Il s'est bien emplume. - Il pond sur ses oeufs. Holl.: Hij weet zijne schaapjes te scheren. (Harrebomee, II, 239a.)
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*348 Die Schafe über die Brache jagen. – Frischbier2, 3235. Namentlich von Kindern, wenn sie von einem mit Butter bestrichenen Brote nur diese und nicht auch das Brot verzehren. *349 Die Schafe wollen den Hirten fressen. – Aus einer Satire wider Murner. *350 Die Schafe zu sehr scheren. Dem Volke zu schwere Lasten auflegen, es zu sehr drücken. *351 Die Schaff sengen. – Lehmann, 817, 14. Engl.: He washes his sheep with scalding water. (Bohn II, 65.) *352 Dieselben Schafe, aber ein anderer Bock. *353 Dos thu doch, lass dich vom Schof beissen. – Lohrengel, II, 168. *354 Du bist ein Schaf. (S. Schöps.) Ein bekanntes Scheltwort, um zu sagen: Du einfältiger, dummer Mensch. Seltener als wir scheinen die Römer den Namen des geduldigen Schafes, ovis, als unparlamentarische Anrede angewendet zu haben. 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Auf diese Ableitung hat schon <hi rendition="#i">Eiselein</hi> hingewiesen; da im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen Scef und Schef = Schiff (navis) bedeuten, bemerkt er, „könne man versucht werden, das ›Schäflein‹ der sprichwörtlichen Redensart für ›Scheflein‹ oder ›Scheflin‹ zu halten und dem Sprichwort den passenden Sinn des lateinischen: Naves in valo sunt; Res omnis in vado est, beizulegen.“ Allein er setzt auch gleichzeitig hinzu, dass sich dawider der altherkömmliche Begriff, den man mit der Redensart überall zu verbinden pflege, auflehne; man habe vielmehr ejne rhetorische Figur anzunehmen, nach der das Ganze für den Theil gesetzt ist und der Sinn sei: Er hat sein Schäflein geschoren und die Wolle ins Trockene gebracht, eine Auslegung, der auch die lateinische Redensart: De lana cogitat sicca (<hi rendition="#i">Binder II, 705</hi>) entspricht. Mir scheint aber auch diese Verbindung gar nicht nothwendig, da die Redensart: Er hat sein Schäfchen geschoren und: Er hat sein Schäflein im Trockenen, sich einzeln viel einfacher erklären lassen, ohne erst altdeutsche Weisheit hinein zu verflechten. Sobald es Regen droht, will der Schäfer mit seiner Heerde ins Trockene, weil die Schafe, ohne Schaden zu nehmen, keine Nässe vertragen. Wer seine Schafe im Trockenen hat, hat sein Vermögen sichergestellt. Und wer seine Schäfchen geschoren hat, der hat seinen Vortheil, seinen Gewinn gezogen.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Il s'est mis à l'abri de la plui. (<hi rendition="#i">Kritzinger, 544<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Hij heeft zijne schaapjes op het drooge. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 239<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: In portu navigo. 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*348 Die Schafe über die Brache jagen. – Frischbier2, 3235.
Namentlich von Kindern, wenn sie von einem mit Butter bestrichenen Brote nur diese und nicht auch das Brot verzehren.
*349 Die Schafe wollen den Hirten fressen. – Aus einer Satire wider Murner.
*350 Die Schafe zu sehr scheren.
Dem Volke zu schwere Lasten auflegen, es zu sehr drücken.
*351 Die Schaff sengen. – Lehmann, 817, 14.
Engl.: He washes his sheep with scalding water. (Bohn II, 65.)
*352 Dieselben Schafe, aber ein anderer Bock.
*353 Dos thu doch, lass dich vom Schof beissen. – Lohrengel, II, 168.
*354 Du bist ein Schaf. (S. Schöps.)
Ein bekanntes Scheltwort, um zu sagen: Du einfältiger, dummer Mensch. Seltener als wir scheinen die Römer den Namen des geduldigen Schafes, ovis, als unparlamentarische Anrede angewendet zu haben. Denn wenn in den „Zwillingsschwestern“ des Plautus die beiden Alten Nicobolus und Philostratus von der einen Bacchis „Schafe“ titulirt werden, so erkennt man aus dem weitern Verlauf des Gesprächs, dass dabei weniger die Dummheit, als der durch das Scheren zu erzielende Wollertrag in Betracht kommt. Ganz in dem bei uns gewöhnlichen Sinne dagegen wandten die Griechen den Namen des Schafs an; wie wenn in den Wolken des Aristophanes Strepsiades zum Publikum spricht: „Ihr Armen, was sitzt ihr so dumm herum, ein Spott für uns Weise, Klötze, Steine, Ziffern, Schafe, blindlings aufgehäuft.“ Sogar der Schafpelz mastruca (ein sardinisches Wort, aus dem unser „Matratze“ entstanden sein mag) kommt bei Plautus als Schimpfwort vor. (Vgl. Römische Schimpfwörter, im Ausland, 1871, Nr. 8.)
*355 Er hat kein Schaf mehr zu scheren.
Engl.: You have no more sheep to shear. (Bohn II, 177.)
*356 Er hat seine Schaf wider zusammen bracht. – Waldis, IV, 4.
Er hat sich besonnen, seine Gedanken gesammelt.
*357 Er ist kein Schaf wie er Wolle trägt.
Mhd.: Der burger sprach dinem libe yst nit zu gloubende das du seist du bist nit schaff als du wollen treist. (Dyocletian's Leben, 2632-2634.)
*358 Er ist wie ein liebes Schaf.
*359 Er schert die Schafe und ich die Ochsen.
Er hat die Vortheile.
*360 Er wird am Schafe nicht fünf Füsse suchen.
*361 Es ist ein gut (geduldig, dummes) Schaf.
Holl.: Het is een goed schaap. (Harrebomée, II, 238b.)
*362 Es ist ihm nicht um das Schaf, es ist ihm um die Wolle. – Eiselein, 542; Simrock, 8813.
*363 Es möcht (auch) ein schaff zürnen. – Franck, I, 53b; Eiselen, 542; Körte, 5212a.
*364 Es müsst's ein Schaf merken.
*365 Es sind Schafe ohne Hirten.
Holl.: Het zijn schapen zonder herder. (Harrebomée, II, 238b.)
*366 Hä schêt de Schôf un lies 'nen andre de Verke scheren. (Köln.) – Weyden, IV, 16.
Er schert die Schafe und lässt einen andern die Ferkel scheren.
*367 He bevelt dat schâp dem wulve. – Tunn., 696.
Er befiehlt das Schaf dem Wolf. (Gallinam vulpi committit flumina cribro.)
*368 He hett sîn Schâp up 't Dräge (Trockene). (Ostfries.) – Frommann, V, 429, 524.
*369 In Sanct-Anna Schaaf (Kleiderschrank) kommen. (Aachen.)
Sitzen bleiben. Von Jungfrauen, welche bereits verlegen werden, wenn von ihrem Alter die Rede ist und nicht über die Zwanziger hinauswollen. Zu Köln hat der Volkswitz für solche unfreiwillige Nonnen Sanct-Gereon's Kiste bestimmt.
*370 Lass die Schafe blärren.
Setze dich über unbegründete, alberne Gerüchte hinweg. „Lass die Hunde bellen, lass die Schafe blärren, lass die Gänse schnattern, lass die Leute reden.“ (Judas der Erzschelm, IV.)
*371 Schap, kennst du din egen Lamm nich? (Strelitz.) – Firmenich, I, 72, 68.
*372 Seine Schafe von einem andern weiden lassen.
„Lesst sein Schaf ein andern weiden.“ (Waldis, IV, 16, 48.)
*373 Sich die räudigen Schafe behalten und die gesunden den Wolf fressen lassen. – Altmann VI, 522.
*374 Sie sind wie die Schafe, was die vordersten thun, machen die hintersten nach.
Frz.: Le peuple fait comme les moutons.
*375 Sîne Schâpe sind up de Rick (s. d.) stegen. – Klein, II, 88.
Sind crepirt.
Schafbrot.
* Untikoner Schôfbrôte. (S. Kropf 31.) – Sutermeister, 51.
Schäfchen.
1 As (wenn) man schert die Schäfalech, zittern die Lämelech. (Jüd.-deutsch. Brody.)
Wenn man die Schäfchen schert, zittern die Lämmchen.
2 Ein vorwitziges Schäfchen frisst der Wolf.
Frz.: Brebis mal gardée du loup est tost happée. (Masson, 361.)
3 Schäfchen am Himmel und ein geschminktes Gesicht dauern beide nicht lange.
Frz.: Tems moutonné et femme fardée ne sont pas de longue durée.
4 Wenn Schäfchen am Himmel stehen, kann man ohne Schirm spazieren gehen.
Anders in Südeuropa, wo unsere Windwolken die Form der Schäfchen anzunehmen scheinen; daher die Regel: Brebis, qui paraissent is cieux font temps pluvieux ou venteux. Schon Virgil und Aratus hielten die vellera lanae für Anzeichen des Regens. (Vgl. Dove, Witterungsverhältnisse, Berlin 1842, 22.)
Engl.: If woolly fleeves strew the heavenly way, be sure no rain disturb the summer day.
*5 Er hat sein Schäfchen aufs Trockene (Grüne) gebracht. (S. Pfeife 42 und Schnitt.) – Blum, 348; Eiselein, 543; Simrock, 8821; Körte, 5213a; Frischbier2, 3240; Braun, I, 3755.
„Er hat seine Schaffe aufs Trockene bracht.“ (Mathesy 70a.) Bei vorhandener Gefahr hat er sich und das Seinige gerettet, in Sicherheit gebracht; er hat so viel erworben, als zu seinem anständigen Bestehen erforderlich ist. Der Hamburger sagt: „Ha hett syne Saken upt Dröge bracht.“ Damit will er aber im Gegensatze der obigen hochdeutschen Redensart sagen: „Er hat das Seine verthan.“ Dr. Eckstein im Feuilleton der Schlesischen Zeitung, 1872, Nr. 306, behauptet, es müsse heissen: Er hat sein Schiffchen ins Trockene gebracht, es sei nur die ungenaue Uebersetzung einer ursprünglich niederdeutschen Redensart: sin schepken = sein Schiffchen. Auf diese Ableitung hat schon Eiselein hingewiesen; da im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen Scef und Schef = Schiff (navis) bedeuten, bemerkt er, „könne man versucht werden, das ›Schäflein‹ der sprichwörtlichen Redensart für ›Scheflein‹ oder ›Scheflin‹ zu halten und dem Sprichwort den passenden Sinn des lateinischen: Naves in valo sunt; Res omnis in vado est, beizulegen.“ Allein er setzt auch gleichzeitig hinzu, dass sich dawider der altherkömmliche Begriff, den man mit der Redensart überall zu verbinden pflege, auflehne; man habe vielmehr ejne rhetorische Figur anzunehmen, nach der das Ganze für den Theil gesetzt ist und der Sinn sei: Er hat sein Schäflein geschoren und die Wolle ins Trockene gebracht, eine Auslegung, der auch die lateinische Redensart: De lana cogitat sicca (Binder II, 705) entspricht. Mir scheint aber auch diese Verbindung gar nicht nothwendig, da die Redensart: Er hat sein Schäfchen geschoren und: Er hat sein Schäflein im Trockenen, sich einzeln viel einfacher erklären lassen, ohne erst altdeutsche Weisheit hinein zu verflechten. Sobald es Regen droht, will der Schäfer mit seiner Heerde ins Trockene, weil die Schafe, ohne Schaden zu nehmen, keine Nässe vertragen. Wer seine Schafe im Trockenen hat, hat sein Vermögen sichergestellt. Und wer seine Schäfchen geschoren hat, der hat seinen Vortheil, seinen Gewinn gezogen.
Frz.: Il s'est mis à l'abri de la plui. (Kritzinger, 544a.)
Holl.: Hij heeft zijne schaapjes op het drooge. (Harrebomée, II, 239a.)
Lat.: In portu navigo. (Terenz.) (Binder II, 1460.) – In vado omnis res est. (Terenz.) (Philippi, I, 208.) – Rem tutari. (Philippi, II, 154.)
*6 Er hat sein Schäfchen dabei geschoren. – Klix, 80.
Er hat seinen Gewinn gemacht.
Frz.: Il a bien plu dans son ecuelle. (Masson, 17.) – Il a du foin dans ses sabots. (Lendroy, 1339.) – Il a fait danser l'anse du panier. – Il a fait sa pelote (sa vendange, son août). – Il a fait ses choux gras. (Kritzinger, 144b.) – Il en a tiré de bonnes nippes. – Il s'est bien emplumé. – Il pond sur ses oeufs.
Holl.: Hij weet zijne schaapjes te scheren. (Harrebomée, II, 239a.)
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