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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] um ein unverhülltes Gähnen damit zu rügen. Da man aber am meisten da gähnt, wo es langweilig ist, so kritisirt man auch eine Gesellschaft, in der es langweilig hergeht, mit den obigen Worten, oder blos mit Angabe der Schriftsteller, wo sie zu finden sind: Tobias sechs, Vers drei. (Büchmann, 8. Aufl., 209.)


Tobiasnacht.

* Die Tobiasnacht halten.

"Unde bliven offt Brutt unnd Brudegam bisamen, werden ok wol wedder upgenamen, dat se ehre Tobiasnacht halden." - "Ahne dat bissweilen noch de Brutt volgende Nacht dem Brudegam enttagen, wertt, unnd se noch diese nacht ak wol wedder ehren Dank Tobiä und Sarä, den gotsseligen Eheleuten volgen möten." (Neocorus, I, 117 u. 120.)


Tochter.

1 A schöne Tochter eis a halber Naden (Mitgift). (Jüd.-deutsch. Warschau.)

2 Aus glänzenden Töchtern werden gebrechliche (kranke, sieche) Weiber.

Holl.: Een diamant van eene dochter wordt een glas van eene vrouw. (Bohn I, 312.)

3 Bai de Dochter well friggen, dai maut de Mor striken. (Iserlohn.) - Woeste, 67, 65; für Düren: Firmenich, I, 482, 14.

4 Besser die Tochter fällt, als dass der Sohn steigt.

Ein Fehltritt der Tochter ist nicht so schlimm, als wenn der Sohn als Dieb u. s. w. an den Galgen käme.

Dän.: Bedre er liggen hos daater end op haengder sön. - Min söster sig lader ligge hos, men stiel min broder og haeng tyv. (Prov. dan., 55.)

5 Besser eine glückliche (oder wohlgerathene) Tochter als ein vnglückseliger Sohn. - Henisch, 1655, 42.

6 Besser eine wohlgerathene Tochter als ein vngerathener Sohn. - Petri, II, 35.

7 Dafür gab ich dir die Tochter, sprach der Schwieger zum Eidam, als dieser ihn nachts umfassen wollte. - Eiselein, 564.

8 Dat is nicks, min Dogter, de Kerel nimmt di nich. - Bueren, 350.

9 Deine Tochter verheirathe, wenn sie Lust hat, deinen Sohn, wenn Gelegenheit ist.

10 Den Töchtern giebt man gern, was sie bedürffen, den Söhnen, was man kann. - Henisch, 230, 34; Petri, II, 80.

11 Der Tochter Hauss ist so hoch gebawt als des Sohnes Hauss. - Petri, II, 110.

12 Der Tochter liest man die Leviten und der Schwiegersohn soll sich hüten. (S. Sack 211.)

Bulg.: K dceri slovo leti: dovtip se zeti. (Celakovsky, 88.)

13 Der Tochter Tod beweint man einige Tage, ihre schlechte Heirath ist des Lebens Plage.

Dän.: En dotters död begraedes faa dage; hendes onde giftermaal alle dage. (Prov. dan., 61.)

14 Die Töchter bedürfen mehr Aufsehens als die Söhne.

"Mit dem Töchtern wil es vil mehr fleiss vnd auffsehens haben, weder mit den Söhnen; darumb lesst man auch die Töchter den Müttern fürher gehen, damit sie ein fleissiges Auge auff jhre Töchter haben mögen. Die Söhne aber folgen den Vätern nach, als welche nicht gar eines scharffen auffsehens bedürffen." (Mathesy, I, 40b.)

15 Die Tochter die Mutter frass, dass man der lehr vergass. - Henisch, 1184, 8; Petri, II, 122.

16 Die Tochter frisst die Mutter. - Eisenhart, 409; Hertius, I, 56; Estor, II, 343; Pistor., I, 88; Dove, 811; Eiselein, 597; Simrock, 10344; Hillebrand, 112; Graf, 77, 93.

Unter der Mutter werden hier ausgeliehene Kapitalien und unter der Tochter die davon fälligen Zinsen verstanden. Das Sprichwort will daher sagen, dass die Zinsen mit der Zeit das Kapital, von welchem sie gegeben werden, gleichsam verschlucken, indem sie dem Kapital gleich sind. Das Sprichwort findet aber auch Anwendung auf das Anschwellen des versäumten Zinses, wodurch das Gut selbst verloren gehen kann, auf Besitzer zinspflichtiger Güter, die den Zins versassen, d. h. nicht zahlten, und die, was leicht bei den dann in einzelnen Fällen eintretenden Rutschzinsen (s. Zins) der Fall war, von Haus und Hof getrieben wurden. Aehnlich russisch: Der Sohn will die Schwester und Mutter verschlingen. (Altmann, VI, 426.)

17 Die Tochter geht der Mutter Gang.

Lat.: Filia moechatur, quae maecha matre creatur. (Sutor, 460.)

[Spaltenumbruch] 18 Die Tochter geht vor der Mutter, aber der Sohn folgt hinter dem Vater. - Eiselein, 597; Simrock, 10343; Graf, 165, 156.

Schon die Gesetze des Mittelalters bestimmen, dass die Mädchen der Mutter, wenn sie zur Kirche gehen, voraustreten sollen (vgl. Oelrich, 474; Pufendorf, I, 220), wol nicht deshalb allein, wie von der einen Seite behauptet worden, weil sie stets des aufmerksamen Auges der Mutter bedürfen, sondern, wie Graf bemerkt, um anzudeuten, dass das Weib das Ende der Familie ist; denn die Tochter tritt durch die Verheirathung alsobald heraus und in eine fremde Familie ein. Darum vergleicht sie ein anderes Sprichwort mit fahrender Habe. Sie bilden daher im Vorgang und Austritt aus dem Hause, die äusserste Spitze. Auf dem Mannesstamme dagegen beruht die Macht und Stütze des Geschlechts, auf den Söhnen seine späteste Hoffnung; darum auch folgen sie zuletzt im Zuge. Die Mutter bleibt länger im Hause als die Tochter, der Sohn aber länger als der Vater. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 409.)

19 Die Tochter gibts nicht näher als die Mutter.

20 Die Tochter ist hin, eine andere her. - Gruter, III, 22; Lehmann, II, 85, 178.

21 Die Tochter ist nicht ehe, den die Mutter. - Petri, II, 145; Henisch, 794, 55.

22 Die Tochter kleidet sich gern in der Mutter Hemd.

Dän.: Datter förer sig gjerne i moders soerk. (Prov. dan., 497.)

Schwed.: Dottren träder gärna i modrens särk. (Grubb, 154.)

23 Die Tochter kniehoch, der Korb spannhoch. (Estn.)

Empfiehlt den Aeltern, zeitig an die Ausstattung ihrer Töchter zu denken.

24 Die Töchter müssen einbringen, was die Mutter ausbrachte. (S. Kind 173.) - Klingen, Gl. zum Sachsenspiegel, 13a, 2; Graf, 216, 234.

25 Die Tochter naset (straft, tadelt) man, und die Schnur meint man. (S. Sack 211.)

Ertheilung eines mittelbaren (indirecten) Verweises. Nicht selten mag es der Schwiegertochter gelten, wenn auf die Tochter gescholten wird. In Hindostan heisst es sprichwörtlich: Ich spreche zu denen, welche Töchter haben, lass die, welche Söhne haben, zuhören (S. Frau, Schwieger u. Schwiegertochter.)

Ill.: Majka kiercu kara, a nevjesti prigovara. (Celakovsky, 88.)

It.: Dico a te figliuola, intendilo tu nuera. (Bohn I, 91.)

Kroat.: Majka kierku kara, snehi prigovara. (Celakovsky, 68.)

Lat.: Cadit faber, cum ferias fullonem. (Philippi, I, 67.)

Span.: A ti lo digo, hijuela; entiendelo tu, mi nuera. (Bohn I, 203.)

26 Die Tochter schlägt der Mutter nach. (S. Atzel 4 Elster 9 und Mutter 199.) - Ezechiel, 16, 44; Tendlau, 730.

Die Finnen: Die Tochter hat die Gewohnheiten ihrer Mutter, der Sohn die Wohnung des Vaters. (Bertram, 53.)

Engl.: 'T is a ship of the old block. - Many a good cow but a bad calf. (Bohn II, 82.)

27 Die Töchter sind wie fahrende Habe. - Simrock, 10343a; Graf, 165, 155.

"D' töchtere sind a fahrige Hab." (Sutermeister, 117.) Wie die Fahrhabe (s. d.) dem wahren Eigen (s. d. 7 u. fg.) gegenüber steht, so ungefähr ist die Stellung der Töchter des Hauses zu der des Sohnes. Es ist die natürliche Bestimmung der Töchter, aus dem Hause auszuscheiden.

28 Die Tochter soll man nicht lassen auf ein Stülichen sitzen vnd die Finger spitzen, sondern sie zur arbeit halten. - Petri, II, 145.

29 Die Tochter spinnt unter den Linden rein Garn.

Lat.: Filia sub tilia, ducit sub tilia fila. (Chaos, 532.)

30 Die Tochter trägt gern der Mutter Hemd, der Sohn des Vaters, besonders wenn es beschmuzt ist.

Die Kinder nehmen leichter der Aeltern Fehler und Laster, als Tugend an.

Dän.: Dotter för ig gierne i moders serk, og sön i faders skjorte, helst om den er skiden. (Prov. dan., 111.)

31 Die Tochter zahlt, was der Vater aussgeborgt hat. - Petri, II, 145.

32 Eine eiserne Tochter wird oft eine gläserne Frau.

33 Eine kranke Tochter ist besser als ein gehängter Sohn.

Schwed.: Bättre en sjuk dotter, än en uphangd son. (Grubb, 69; Törning, 103.)

[Spaltenumbruch] um ein unverhülltes Gähnen damit zu rügen. Da man aber am meisten da gähnt, wo es langweilig ist, so kritisirt man auch eine Gesellschaft, in der es langweilig hergeht, mit den obigen Worten, oder blos mit Angabe der Schriftsteller, wo sie zu finden sind: Tobias sechs, Vers drei. (Büchmann, 8. Aufl., 209.)


Tobiasnacht.

* Die Tobiasnacht halten.

„Unde bliven offt Brutt unnd Brudegam bisamen, werden ok wol wedder upgenamen, dat se ehre Tobiasnacht halden.“ – „Ahne dat bissweilen noch de Brutt volgende Nacht dem Brudegam enttagen, wertt, unnd se noch diese nacht ak wol wedder ehren Dank Tobiä und Sarä, den gotsseligen Eheleuten volgen möten.“ (Neocorus, I, 117 u. 120.)


Tochter.

1 A schöne Tochter îs a halber Naden (Mitgift). (Jüd.-deutsch. Warschau.)

2 Aus glänzenden Töchtern werden gebrechliche (kranke, sieche) Weiber.

Holl.: Een diamant van eene dochter wordt een glas van eene vrouw. (Bohn I, 312.)

3 Bai de Dochter well friggen, dai maut de Môr striken. (Iserlohn.) – Woeste, 67, 65; für Düren: Firmenich, I, 482, 14.

4 Besser die Tochter fällt, als dass der Sohn steigt.

Ein Fehltritt der Tochter ist nicht so schlimm, als wenn der Sohn als Dieb u. s. w. an den Galgen käme.

Dän.: Bedre er liggen hos daater end op hængder søn. – Min søster sig lader ligge hos, men stiel min broder og hæng tyv. (Prov. dan., 55.)

5 Besser eine glückliche (oder wohlgerathene) Tochter als ein vnglückseliger Sohn.Henisch, 1655, 42.

6 Besser eine wohlgerathene Tochter als ein vngerathener Sohn.Petri, II, 35.

7 Dafür gab ich dir die Tochter, sprach der Schwieger zum Eidam, als dieser ihn nachts umfassen wollte.Eiselein, 564.

8 Dat is nicks, min Dogter, de Kerel nimmt di nich.Bueren, 350.

9 Deine Tochter verheirathe, wenn sie Lust hat, deinen Sohn, wenn Gelegenheit ist.

10 Den Töchtern giebt man gern, was sie bedürffen, den Söhnen, was man kann.Henisch, 230, 34; Petri, II, 80.

11 Der Tochter Hauss ist so hoch gebawt als des Sohnes Hauss.Petri, II, 110.

12 Der Tochter liest man die Leviten und der Schwiegersohn soll sich hüten. (S. Sack 211.)

Bulg.: K dceři slovo letí: dovtip se zeti. (Čelakovsky, 88.)

13 Der Tochter Tod beweint man einige Tage, ihre schlechte Heirath ist des Lebens Plage.

Dän.: En dotters død begrædes faa dage; hendes onde giftermaal alle dage. (Prov. dan., 61.)

14 Die Töchter bedürfen mehr Aufsehens als die Söhne.

„Mit dem Töchtern wil es vil mehr fleiss vnd auffsehens haben, weder mit den Söhnen; darumb lesst man auch die Töchter den Müttern fürher gehen, damit sie ein fleissiges Auge auff jhre Töchter haben mögen. Die Söhne aber folgen den Vätern nach, als welche nicht gar eines scharffen auffsehens bedürffen.“ (Mathesy, I, 40b.)

15 Die Tochter die Mutter frass, dass man der lehr vergass.Henisch, 1184, 8; Petri, II, 122.

16 Die Tochter frisst die Mutter.Eisenhart, 409; Hertius, I, 56; Estor, II, 343; Pistor., I, 88; Dove, 811; Eiselein, 597; Simrock, 10344; Hillebrand, 112; Graf, 77, 93.

Unter der Mutter werden hier ausgeliehene Kapitalien und unter der Tochter die davon fälligen Zinsen verstanden. Das Sprichwort will daher sagen, dass die Zinsen mit der Zeit das Kapital, von welchem sie gegeben werden, gleichsam verschlucken, indem sie dem Kapital gleich sind. Das Sprichwort findet aber auch Anwendung auf das Anschwellen des versäumten Zinses, wodurch das Gut selbst verloren gehen kann, auf Besitzer zinspflichtiger Güter, die den Zins versassen, d. h. nicht zahlten, und die, was leicht bei den dann in einzelnen Fällen eintretenden Rutschzinsen (s. Zins) der Fall war, von Haus und Hof getrieben wurden. Aehnlich russisch: Der Sohn will die Schwester und Mutter verschlingen. (Altmann, VI, 426.)

17 Die Tochter geht der Mutter Gang.

Lat.: Filia moechatur, quae maecha matre creatur. (Sutor, 460.)

[Spaltenumbruch] 18 Die Tochter geht vor der Mutter, aber der Sohn folgt hinter dem Vater.Eiselein, 597; Simrock, 10343; Graf, 165, 156.

Schon die Gesetze des Mittelalters bestimmen, dass die Mädchen der Mutter, wenn sie zur Kirche gehen, voraustreten sollen (vgl. Oelrich, 474; Pufendorf, I, 220), wol nicht deshalb allein, wie von der einen Seite behauptet worden, weil sie stets des aufmerksamen Auges der Mutter bedürfen, sondern, wie Graf bemerkt, um anzudeuten, dass das Weib das Ende der Familie ist; denn die Tochter tritt durch die Verheirathung alsobald heraus und in eine fremde Familie ein. Darum vergleicht sie ein anderes Sprichwort mit fahrender Habe. Sie bilden daher im Vorgang und Austritt aus dem Hause, die äusserste Spitze. Auf dem Mannesstamme dagegen beruht die Macht und Stütze des Geschlechts, auf den Söhnen seine späteste Hoffnung; darum auch folgen sie zuletzt im Zuge. Die Mutter bleibt länger im Hause als die Tochter, der Sohn aber länger als der Vater. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 409.)

19 Die Tochter gibts nicht näher als die Mutter.

20 Die Tochter ist hin, eine andere her.Gruter, III, 22; Lehmann, II, 85, 178.

21 Die Tochter ist nicht ehe, den die Mutter.Petri, II, 145; Henisch, 794, 55.

22 Die Tochter kleidet sich gern in der Mutter Hemd.

Dän.: Datter fører sig gjerne i moders sœrk. (Prov. dan., 497.)

Schwed.: Dottren träder gärna i modrens särk. (Grubb, 154.)

23 Die Tochter kniehoch, der Korb spannhoch. (Estn.)

Empfiehlt den Aeltern, zeitig an die Ausstattung ihrer Töchter zu denken.

24 Die Töchter müssen einbringen, was die Mutter ausbrachte. (S. Kind 173.) – Klingen, Gl. zum Sachsenspiegel, 13a, 2; Graf, 216, 234.

25 Die Tochter naset (straft, tadelt) man, und die Schnur meint man. (S. Sack 211.)

Ertheilung eines mittelbaren (indirecten) Verweises. Nicht selten mag es der Schwiegertochter gelten, wenn auf die Tochter gescholten wird. In Hindostan heisst es sprichwörtlich: Ich spreche zu denen, welche Töchter haben, lass die, welche Söhne haben, zuhören (S. Frau, Schwieger u. Schwiegertochter.)

Ill.: Majka kíercu kara, a nevjesti prigovara. (Čelakovsky, 88.)

It.: Dico a te figliuola, intendilo tu nuera. (Bohn I, 91.)

Kroat.: Majka kíerku kara, snehi prigovara. (Čelakovsky, 68.)

Lat.: Cadit faber, cum ferias fullonem. (Philippi, I, 67.)

Span.: A tí lo digo, hijuela; entiéndelo tú, mi nuera. (Bohn I, 203.)

26 Die Tochter schlägt der Mutter nach. (S. Atzel 4 Elster 9 und Mutter 199.) – Ezechiel, 16, 44; Tendlau, 730.

Die Finnen: Die Tochter hat die Gewohnheiten ihrer Mutter, der Sohn die Wohnung des Vaters. (Bertram, 53.)

Engl.: 'T is a ship of the old block. – Many a good cow but a bad calf. (Bohn II, 82.)

27 Die Töchter sind wie fahrende Habe.Simrock, 10343a; Graf, 165, 155.

„D' töchtere sind a fahrige Hab.“ (Sutermeister, 117.) Wie die Fahrhabe (s. d.) dem wahren Eigen (s. d. 7 u. fg.) gegenüber steht, so ungefähr ist die Stellung der Töchter des Hauses zu der des Sohnes. Es ist die natürliche Bestimmung der Töchter, aus dem Hause auszuscheiden.

28 Die Tochter soll man nicht lassen auf ein Stülichen sitzen vnd die Finger spitzen, sondern sie zur arbeit halten.Petri, II, 145.

29 Die Tochter spinnt unter den Linden rein Garn.

Lat.: Filia sub tilia, ducit sub tilia fila. (Chaos, 532.)

30 Die Tochter trägt gern der Mutter Hemd, der Sohn des Vaters, besonders wenn es beschmuzt ist.

Die Kinder nehmen leichter der Aeltern Fehler und Laster, als Tugend an.

Dän.: Dotter før ig gierne i moders serk, og søn i faders skjorte, helst om den er skiden. (Prov. dan., 111.)

31 Die Tochter zahlt, was der Vater aussgeborgt hat.Petri, II, 145.

32 Eine eiserne Tochter wird oft eine gläserne Frau.

33 Eine kranke Tochter ist besser als ein gehängter Sohn.

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[[610]/0616] um ein unverhülltes Gähnen damit zu rügen. Da man aber am meisten da gähnt, wo es langweilig ist, so kritisirt man auch eine Gesellschaft, in der es langweilig hergeht, mit den obigen Worten, oder blos mit Angabe der Schriftsteller, wo sie zu finden sind: Tobias sechs, Vers drei. (Büchmann, 8. Aufl., 209.) Tobiasnacht. * Die Tobiasnacht halten. „Unde bliven offt Brutt unnd Brudegam bisamen, werden ok wol wedder upgenamen, dat se ehre Tobiasnacht halden.“ – „Ahne dat bissweilen noch de Brutt volgende Nacht dem Brudegam enttagen, wertt, unnd se noch diese nacht ak wol wedder ehren Dank Tobiä und Sarä, den gotsseligen Eheleuten volgen möten.“ (Neocorus, I, 117 u. 120.) Tochter. 1 A schöne Tochter îs a halber Naden (Mitgift). (Jüd.-deutsch. Warschau.) 2 Aus glänzenden Töchtern werden gebrechliche (kranke, sieche) Weiber. Holl.: Een diamant van eene dochter wordt een glas van eene vrouw. (Bohn I, 312.) 3 Bai de Dochter well friggen, dai maut de Môr striken. (Iserlohn.) – Woeste, 67, 65; für Düren: Firmenich, I, 482, 14. 4 Besser die Tochter fällt, als dass der Sohn steigt. Ein Fehltritt der Tochter ist nicht so schlimm, als wenn der Sohn als Dieb u. s. w. an den Galgen käme. Dän.: Bedre er liggen hos daater end op hængder søn. – Min søster sig lader ligge hos, men stiel min broder og hæng tyv. (Prov. dan., 55.) 5 Besser eine glückliche (oder wohlgerathene) Tochter als ein vnglückseliger Sohn. – Henisch, 1655, 42. 6 Besser eine wohlgerathene Tochter als ein vngerathener Sohn. – Petri, II, 35. 7 Dafür gab ich dir die Tochter, sprach der Schwieger zum Eidam, als dieser ihn nachts umfassen wollte. – Eiselein, 564. 8 Dat is nicks, min Dogter, de Kerel nimmt di nich. – Bueren, 350. 9 Deine Tochter verheirathe, wenn sie Lust hat, deinen Sohn, wenn Gelegenheit ist. 10 Den Töchtern giebt man gern, was sie bedürffen, den Söhnen, was man kann. – Henisch, 230, 34; Petri, II, 80. 11 Der Tochter Hauss ist so hoch gebawt als des Sohnes Hauss. – Petri, II, 110. 12 Der Tochter liest man die Leviten und der Schwiegersohn soll sich hüten. (S. Sack 211.) Bulg.: K dceři slovo letí: dovtip se zeti. (Čelakovsky, 88.) 13 Der Tochter Tod beweint man einige Tage, ihre schlechte Heirath ist des Lebens Plage. Dän.: En dotters død begrædes faa dage; hendes onde giftermaal alle dage. (Prov. dan., 61.) 14 Die Töchter bedürfen mehr Aufsehens als die Söhne. „Mit dem Töchtern wil es vil mehr fleiss vnd auffsehens haben, weder mit den Söhnen; darumb lesst man auch die Töchter den Müttern fürher gehen, damit sie ein fleissiges Auge auff jhre Töchter haben mögen. Die Söhne aber folgen den Vätern nach, als welche nicht gar eines scharffen auffsehens bedürffen.“ (Mathesy, I, 40b.) 15 Die Tochter die Mutter frass, dass man der lehr vergass. – Henisch, 1184, 8; Petri, II, 122. 16 Die Tochter frisst die Mutter. – Eisenhart, 409; Hertius, I, 56; Estor, II, 343; Pistor., I, 88; Dove, 811; Eiselein, 597; Simrock, 10344; Hillebrand, 112; Graf, 77, 93. Unter der Mutter werden hier ausgeliehene Kapitalien und unter der Tochter die davon fälligen Zinsen verstanden. Das Sprichwort will daher sagen, dass die Zinsen mit der Zeit das Kapital, von welchem sie gegeben werden, gleichsam verschlucken, indem sie dem Kapital gleich sind. Das Sprichwort findet aber auch Anwendung auf das Anschwellen des versäumten Zinses, wodurch das Gut selbst verloren gehen kann, auf Besitzer zinspflichtiger Güter, die den Zins versassen, d. h. nicht zahlten, und die, was leicht bei den dann in einzelnen Fällen eintretenden Rutschzinsen (s. Zins) der Fall war, von Haus und Hof getrieben wurden. Aehnlich russisch: Der Sohn will die Schwester und Mutter verschlingen. (Altmann, VI, 426.) 17 Die Tochter geht der Mutter Gang. Lat.: Filia moechatur, quae maecha matre creatur. (Sutor, 460.) 18 Die Tochter geht vor der Mutter, aber der Sohn folgt hinter dem Vater. – Eiselein, 597; Simrock, 10343; Graf, 165, 156. Schon die Gesetze des Mittelalters bestimmen, dass die Mädchen der Mutter, wenn sie zur Kirche gehen, voraustreten sollen (vgl. Oelrich, 474; Pufendorf, I, 220), wol nicht deshalb allein, wie von der einen Seite behauptet worden, weil sie stets des aufmerksamen Auges der Mutter bedürfen, sondern, wie Graf bemerkt, um anzudeuten, dass das Weib das Ende der Familie ist; denn die Tochter tritt durch die Verheirathung alsobald heraus und in eine fremde Familie ein. Darum vergleicht sie ein anderes Sprichwort mit fahrender Habe. Sie bilden daher im Vorgang und Austritt aus dem Hause, die äusserste Spitze. Auf dem Mannesstamme dagegen beruht die Macht und Stütze des Geschlechts, auf den Söhnen seine späteste Hoffnung; darum auch folgen sie zuletzt im Zuge. Die Mutter bleibt länger im Hause als die Tochter, der Sohn aber länger als der Vater. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 409.) 19 Die Tochter gibts nicht näher als die Mutter. 20 Die Tochter ist hin, eine andere her. – Gruter, III, 22; Lehmann, II, 85, 178. 21 Die Tochter ist nicht ehe, den die Mutter. – Petri, II, 145; Henisch, 794, 55. 22 Die Tochter kleidet sich gern in der Mutter Hemd. Dän.: Datter fører sig gjerne i moders sœrk. (Prov. dan., 497.) Schwed.: Dottren träder gärna i modrens särk. (Grubb, 154.) 23 Die Tochter kniehoch, der Korb spannhoch. (Estn.) Empfiehlt den Aeltern, zeitig an die Ausstattung ihrer Töchter zu denken. 24 Die Töchter müssen einbringen, was die Mutter ausbrachte. (S. Kind 173.) – Klingen, Gl. zum Sachsenspiegel, 13a, 2; Graf, 216, 234. 25 Die Tochter naset (straft, tadelt) man, und die Schnur meint man. (S. Sack 211.) Ertheilung eines mittelbaren (indirecten) Verweises. Nicht selten mag es der Schwiegertochter gelten, wenn auf die Tochter gescholten wird. In Hindostan heisst es sprichwörtlich: Ich spreche zu denen, welche Töchter haben, lass die, welche Söhne haben, zuhören (S. Frau, Schwieger u. Schwiegertochter.) Ill.: Majka kíercu kara, a nevjesti prigovara. (Čelakovsky, 88.) It.: Dico a te figliuola, intendilo tu nuera. (Bohn I, 91.) Kroat.: Majka kíerku kara, snehi prigovara. (Čelakovsky, 68.) Lat.: Cadit faber, cum ferias fullonem. (Philippi, I, 67.) Span.: A tí lo digo, hijuela; entiéndelo tú, mi nuera. (Bohn I, 203.) 26 Die Tochter schlägt der Mutter nach. (S. Atzel 4 Elster 9 und Mutter 199.) – Ezechiel, 16, 44; Tendlau, 730. Die Finnen: Die Tochter hat die Gewohnheiten ihrer Mutter, der Sohn die Wohnung des Vaters. (Bertram, 53.) Engl.: 'T is a ship of the old block. – Many a good cow but a bad calf. (Bohn II, 82.) 27 Die Töchter sind wie fahrende Habe. – Simrock, 10343a; Graf, 165, 155. „D' töchtere sind a fahrige Hab.“ (Sutermeister, 117.) Wie die Fahrhabe (s. d.) dem wahren Eigen (s. d. 7 u. fg.) gegenüber steht, so ungefähr ist die Stellung der Töchter des Hauses zu der des Sohnes. Es ist die natürliche Bestimmung der Töchter, aus dem Hause auszuscheiden. 28 Die Tochter soll man nicht lassen auf ein Stülichen sitzen vnd die Finger spitzen, sondern sie zur arbeit halten. – Petri, II, 145. 29 Die Tochter spinnt unter den Linden rein Garn. Lat.: Filia sub tilia, ducit sub tilia fila. (Chaos, 532.) 30 Die Tochter trägt gern der Mutter Hemd, der Sohn des Vaters, besonders wenn es beschmuzt ist. Die Kinder nehmen leichter der Aeltern Fehler und Laster, als Tugend an. Dän.: Dotter før ig gierne i moders serk, og søn i faders skjorte, helst om den er skiden. (Prov. dan., 111.) 31 Die Tochter zahlt, was der Vater aussgeborgt hat. – Petri, II, 145. 32 Eine eiserne Tochter wird oft eine gläserne Frau. 33 Eine kranke Tochter ist besser als ein gehängter Sohn. Schwed.: Bättre en sjuk dotter, än en uphångd son. (Grubb, 69; Törning, 103.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [610]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/616>, abgerufen am 22.11.2024.