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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] *61 Das ist kein einfarbig Tuch.

Um zu sagen: In dieser Ehe, in diesem Hause, dieser Gesellschaft, diesem Collegium herrschen widersprechende Ansichten.

Holl.: Het is geen laken van eene kleur. (Harrebomee, I, 414b.)

*62 Das ist kein Tuch von Einer Farbe.

Holl.: Het is geen laken van eene kleur. (Harrebomee, II, 3.)

*63 Das schwarze Tuch wird dadurch nicht theurer werden. (Oberlausitz.)

Man wird deshalb keine Trauer anlegen.

*64 Das Tuch hängt ihr nach dem Witwer. - Weinhold, 100.

Von einem Frauenzimmer, deren Tuchzipfel schief hängt, was man als Vorbedeutung betrachtet, dass sie einen Witwer heirathen werde.

*65 Das Tuoch is no nit gewalchets. - Sutermeister, 90.

Der Mensch hat noch keine Erfahrung. (S. Mehlsack.)

*66 Der hat an extra Tuach zu sein Mutz'n1. (Franken.) - Frommann, VI, 325, 39.

1) Kittel der Frauen, Rock der Männer. - Er hat viel Eigenthümlichkeiten.

*67 Du bist a liederliches Tuach. - Hügel, 168b.

In dieser Verbindung so geläufig, dass es auch schon verstanden wird, wenn man blos sagt: Er ist ein Tuch. (S. Tüchlein.)

*68 Ein erzfaules, liederliches Tuch. - Eiselein, 606.

Ein leichtsinniger, lockerer, ausschweifender Mensch. (Idiot. Austr.)

*69 Ein Tuch mit schönen Kanten und nichts darunter. - Burckhardt, 482.

Viel Anmassung, Stolz, Aufgeblasenheit und nichts dahinter.

*70 Er hat auch eine Elle grob Tuch dazu gegeben.

"Mich dunckt wol, künig heinrich hab ein elen grobs duchs darzu geben, vnd der gifftig bul Zeus, der wider Erasmus geschriben hat, hab die kappen geschnitten." (Murner, Ob der König von engelland, in Kloster, IV, 900.)

*71 Er hockt seine sieben Viertel Tuch auf und geht. (Meiningen.)

Geht unverrichteter Sache, auch be- oder verschämt fort.

*72 Er ist nicht vom besten Tuch.

*73 Er ist von gutem Tuch.

Dän.: Godt er at vaere af godt two. (Prov. dan., 248.)

*74 Er kann ins volle Tuch schneiden.

Frz.: Il peut tailler en plein drap. (Lendroy, 630.)

*75 Er muss gut Tuch machen. - Klix, 108.

*76 Er muss mehr Tuchs zur Kappen (Narrenkappe) han, man hört's ihm an den Worten an. - Brant.

*77 Er nimmt das Tuch an fünf Zipfeln.

Ist sehr genau, knauserig.

*78 Er schneidet ins Tuch ohne es zu messen.

Holl.: Hij snijdt het laken, alvorens het te meten. (Harrebomee, II, 3.)

*79 Er steckt in doppeltem Tuch.

*80 Er will das Tuch an fünf Zipfeln fassen. - Körte, 6085a; Braun, I, 4616.

Wer gar zu sicher geht und zu viel Vortheile haben will.

*81 Er will Tuch kaufen, aber das Geld behalten.

*82 Es ist leichtes Tuch.

Zur Bezeichnung eines leichtsinnigen Menschen.

*83 Es weyss niemand obs tuch oder garn vmb jn sei. (S. Mann 1797.) - Franck, II, 99a.

*84 Ins ganze Tuch schneiden.

Zu einem Unternehmen die hinreichenden Mittel besitzen.

*85 Man hat ihn in schöne Tücher gebettet.

Ihm ein sauberes Bad bereitet.

*86 Man soll ihm von demselben Tuch Rock und Hosen machen.

*87 Mit einem weissen Tuche winken.

Lat.: Mappam mittere. (Martial.) (Binder II, 2796.)

*88 Sein Tuch mit fremder Elle messen.

Engl.: To measure his cloth by another's yard. (Bohn II, 170.)

*89 Sich mit einem nassen Tuche zudecken.

Eine kahle Ausrede vorbringen, einen Fehler durch eine schlechte Entschuldigung vergrössern.

*90 Sie liebt zweierlei Tuch.

"Die Madle gengan aufs zwarala Tuach." (Hügel, 168b.)

[Spaltenumbruch] *91 Sie seind eins tuchs. (S. Faden 39 und Zwillich.) - Franck, II, 92b.

Von derselben Art, haben gleichen Sinn und Charakter. (S. Schmer 22.)

*92 Tweierlei Dauk up'n Leiwe hen. - Schambach, II, 335.

*93 Ut dem Dauke in't Plätt' kuemen. (Westf.)

1) Ein Tuch, Plaid, ein Mantel der Bergschotten. - Wenn durch Aenderung nichts verändert wird.

*94 Zweierlei Tuch tragen.

Von Beamten und Soldaten. Im Harz: Zwäerlä Tuch trahn. (Lohrengel, II, 523.)


Tüchel.

* Schmüssen dürch a seiden Tüchel. (Warschau.)

Einen derben Ausdruck in eine feine Sprache hüllen, mit einem seidenen Tuch bedecken. Schmüssen = sprechen, plaudern.


Tüchelchen.

* Er nimmt sich ein Tüchelchen vor. - Tendlau, 653.

Findet leicht einen Ausweg oder Vorwand zur Umgehung des Gesetzes.


Tuchen.

* Es tucht sich, wie man spint. - Franck, II, 108a; Gruter, I, 39; Petri, II, 301; Eiselein, 606; Sailer, 150; Gaal, 1722; Körte, 6085.

Lat.: Par proemium labori. (Sutor, 396.)


Tüchlein.

* Du bist ein liederliches (schlechtes) Tüchlein.

Der Oesterreichische Schulbote (Wien, 1874, S. 579) bemerkt dabei: "Wir Schulmeister sagen oft zu einem leichtsinnigen, nachlässigen und faulen Schüler: Du bist ein liederliches Tuch oder ein schlechtes Tüchlein und denken gar nicht daran, dass dieser Ausdruck mit dem uralten Gebrauch der Kleidervertheilung zusammenhängt." In Oberdeutschland ist an manchen Orten noch der Brauch, dass sich Dienstboten zu ihrem Jahreslohn ein Leinenhemd und ein Paar Schuhe einbedingen dürfen. Auch an Schüler wurde ehemals als Belohnung ein Stück Tuch verabreicht, und in Basel soll es jetzt noch üblich sein. In der Zeitschrift für deutsche Philologie (S. 464) schreibt Rochholz über die sprichwörtliche Redensart: "ein schlechtes Tuch sein", Folgendes: "In der Stadt Basel sind Stiftungen zur Bekleidung der Armen schon vor dem grossen Erdbeben nachweisbar, das hier 1356 am Lukastage den 18. Oct. losbrach und kaum hundert Häuser unbeschädigt liess. Der Rath verordnete sodann eine alljährlich auf diesen Tag abzuhaltende Procession an, wobei alle angesehenen Bürger in grauen Röcken zu erscheinen hatten, die man darauf an die Armen schenkte. Sie hiessen Lukasröcke oder das Luxentuch. Hieraus entwickelte sich eine besondere Stiftung, aus welcher bisjetzt gegen 280 Stadtarme alljährlich am Lukastage neugekleidet werden. Zur Zeit der Kirchenreform gestattete man sich, einen Theil der Stiftung zu Gunsten der Schulen zu verwenden, und so wird mit dem 17. Jahrhundert die Vertheilung des Luxentuchs an arme Schüler üblich. Hierfür besteht nun ein eigener Fond, fiscus vestiendorum, der auf 12000 Francs alter Währung angewachsen ist. Aus den Zinsen und dem Almosen, welches noch immer am Gedächtnisstage eingesammelt wird, kleidet man die Dürftigen des Gymnasiums, der Realschule und der vier Elementarschulen. Die Zahl der jährlich hierdurch Gekleideten soll sich auf tausend belaufen." Der basler Schulkatalog vom Jahre 1846 (S. 33) berichtet: "Leider konnte das Tuch nicht allen Schülern, welche sich gemeldet, verabfolgt und manchen musste es auf Besserung zurückgelegt werden. Wegen allzu grossen Unfleisses und schlechten Betragens konnte es 21 Schülern gar nicht gegeben werden. Hier sind also die misrathenen Schüler, die eigentlichen liederlichen Tüchlein, in unmittelbaren Zusammenhang mit dem grauen Prämientuch gebraucht."


Tüchtig.

1 Darumb ist einer nicht tüchtig, dass er sich selbst lobt, sondern, dass jhn der Herr lobt. - Petri, II, 55.

2 So tüchtig ist kein Mann, dass er nicht ermüden kann.

Lat.: Tam uegetus quis sit qui non in fine fatescit. (Reuterdahl, 982.)

Schwed.: Aengin aer swa godh at han wardher ei mötther. (Reuterdahl, 982.)

*3 Oben tüchtig, unten nichtig.


Tüchtigkeit.

Tüchtigkeit geht vor Schönheit.

Dän.: Duelighed gaaer for oeyliyhed. (Prov. dan., 127.)


Tuck.

*1 Einem einen Tuck thun. (Elsass.) - Klein, II, 200.

Einem einen hinterlistigen Streich spielen, ihm heimlich schaden.

*2 Tuck hollen. (Mecklenburg.)

Ausharren, bei der Stange bleiben.


[Spaltenumbruch] *61 Das ist kein einfarbig Tuch.

Um zu sagen: In dieser Ehe, in diesem Hause, dieser Gesellschaft, diesem Collegium herrschen widersprechende Ansichten.

Holl.: Het is geen laken van eene kleur. (Harrebomée, I, 414b.)

*62 Das ist kein Tuch von Einer Farbe.

Holl.: Het is geen laken van ééne kleur. (Harrebomée, II, 3.)

*63 Das schwarze Tuch wird dadurch nicht theurer werden. (Oberlausitz.)

Man wird deshalb keine Trauer anlegen.

*64 Das Tuch hängt ihr nach dem Witwer.Weinhold, 100.

Von einem Frauenzimmer, deren Tuchzipfel schief hängt, was man als Vorbedeutung betrachtet, dass sie einen Witwer heirathen werde.

*65 Das Tuoch is no nit gewalchets.Sutermeister, 90.

Der Mensch hat noch keine Erfahrung. (S. Mehlsack.)

*66 Der hat an extra Tuach zu sein Mutz'n1. (Franken.) – Frommann, VI, 325, 39.

1) Kittel der Frauen, Rock der Männer. – Er hat viel Eigenthümlichkeiten.

*67 Du bist a liederliches Tuach.Hügel, 168b.

In dieser Verbindung so geläufig, dass es auch schon verstanden wird, wenn man blos sagt: Er ist ein Tuch. (S. Tüchlein.)

*68 Ein erzfaules, liederliches Tuch.Eiselein, 606.

Ein leichtsinniger, lockerer, ausschweifender Mensch. (Idiot. Austr.)

*69 Ein Tuch mit schönen Kanten und nichts darunter.Burckhardt, 482.

Viel Anmassung, Stolz, Aufgeblasenheit und nichts dahinter.

*70 Er hat auch eine Elle grob Tuch dazu gegeben.

„Mich dunckt wol, künig heinrich hab ein elen grobs duchs darzu geben, vnd der gifftig bul Zeus, der wider Erasmus geschriben hat, hab die kappen geschnitten.“ (Murner, Ob der König von engelland, in Kloster, IV, 900.)

*71 Er hockt seine sieben Viertel Tuch auf und geht. (Meiningen.)

Geht unverrichteter Sache, auch be- oder verschämt fort.

*72 Er ist nicht vom besten Tuch.

*73 Er ist von gutem Tuch.

Dän.: Godt er at være af godt two. (Prov. dan., 248.)

*74 Er kann ins volle Tuch schneiden.

Frz.: Il peut tailler en plein drap. (Lendroy, 630.)

*75 Er muss gut Tuch machen.Klix, 108.

*76 Er muss mehr Tuchs zur Kappen (Narrenkappe) han, man hört's ihm an den Worten an.Brant.

*77 Er nimmt das Tuch an fünf Zipfeln.

Ist sehr genau, knauserig.

*78 Er schneidet ins Tuch ohne es zu messen.

Holl.: Hij snijdt het laken, alvorens het te meten. (Harrebomée, II, 3.)

*79 Er steckt in doppeltem Tuch.

*80 Er will das Tuch an fünf Zipfeln fassen.Körte, 6085a; Braun, I, 4616.

Wer gar zu sicher geht und zu viel Vortheile haben will.

*81 Er will Tuch kaufen, aber das Geld behalten.

*82 Es ist leichtes Tuch.

Zur Bezeichnung eines leichtsinnigen Menschen.

*83 Es weyss niemand obs tuch oder garn vmb jn sei. (S. Mann 1797.) – Franck, II, 99a.

*84 Ins ganze Tuch schneiden.

Zu einem Unternehmen die hinreichenden Mittel besitzen.

*85 Man hat ihn in schöne Tücher gebettet.

Ihm ein sauberes Bad bereitet.

*86 Man soll ihm von demselben Tuch Rock und Hosen machen.

*87 Mit einem weissen Tuche winken.

Lat.: Mappam mittere. (Martial.) (Binder II, 2796.)

*88 Sein Tuch mit fremder Elle messen.

Engl.: To measure his cloth by another's yard. (Bohn II, 170.)

*89 Sich mit einem nassen Tuche zudecken.

Eine kahle Ausrede vorbringen, einen Fehler durch eine schlechte Entschuldigung vergrössern.

*90 Sie liebt zweierlei Tuch.

„Die Madle gengan aufs zwarala Tuach.“ (Hügel, 168b.)

[Spaltenumbruch] *91 Sie seind eins tuchs. (S. Faden 39 und Zwillich.) – Franck, II, 92b.

Von derselben Art, haben gleichen Sinn und Charakter. (S. Schmer 22.)

*92 Tweierlei Dauk up'n Lîwe hen.Schambach, II, 335.

*93 Ut dem Dauke in't Plätt' kuemen. (Westf.)

1) Ein Tuch, Plaid, ein Mantel der Bergschotten. – Wenn durch Aenderung nichts verändert wird.

*94 Zweierlei Tuch tragen.

Von Beamten und Soldaten. Im Harz: Zwäerlä Tuch trahn. (Lohrengel, II, 523.)


Tüchel.

* Schmüssen dürch a seiden Tüchel. (Warschau.)

Einen derben Ausdruck in eine feine Sprache hüllen, mit einem seidenen Tuch bedecken. Schmüssen = sprechen, plaudern.


Tüchelchen.

* Er nimmt sich ein Tüchelchen vor.Tendlau, 653.

Findet leicht einen Ausweg oder Vorwand zur Umgehung des Gesetzes.


Tuchen.

* Es tucht sich, wie man spint.Franck, II, 108a; Gruter, I, 39; Petri, II, 301; Eiselein, 606; Sailer, 150; Gaal, 1722; Körte, 6085.

Lat.: Par proemium labori. (Sutor, 396.)


Tüchlein.

* Du bist ein liederliches (schlechtes) Tüchlein.

Der Oesterreichische Schulbote (Wien, 1874, S. 579) bemerkt dabei: „Wir Schulmeister sagen oft zu einem leichtsinnigen, nachlässigen und faulen Schüler: Du bist ein liederliches Tuch oder ein schlechtes Tüchlein und denken gar nicht daran, dass dieser Ausdruck mit dem uralten Gebrauch der Kleidervertheilung zusammenhängt.“ In Oberdeutschland ist an manchen Orten noch der Brauch, dass sich Dienstboten zu ihrem Jahreslohn ein Leinenhemd und ein Paar Schuhe einbedingen dürfen. Auch an Schüler wurde ehemals als Belohnung ein Stück Tuch verabreicht, und in Basel soll es jetzt noch üblich sein. In der Zeitschrift für deutsche Philologie (S. 464) schreibt Rochholz über die sprichwörtliche Redensart: „ein schlechtes Tuch sein“, Folgendes: „In der Stadt Basel sind Stiftungen zur Bekleidung der Armen schon vor dem grossen Erdbeben nachweisbar, das hier 1356 am Lukastage den 18. Oct. losbrach und kaum hundert Häuser unbeschädigt liess. Der Rath verordnete sodann eine alljährlich auf diesen Tag abzuhaltende Procession an, wobei alle angesehenen Bürger in grauen Röcken zu erscheinen hatten, die man darauf an die Armen schenkte. Sie hiessen Lukasröcke oder das Luxentuch. Hieraus entwickelte sich eine besondere Stiftung, aus welcher bisjetzt gegen 280 Stadtarme alljährlich am Lukastage neugekleidet werden. Zur Zeit der Kirchenreform gestattete man sich, einen Theil der Stiftung zu Gunsten der Schulen zu verwenden, und so wird mit dem 17. Jahrhundert die Vertheilung des Luxentuchs an arme Schüler üblich. Hierfür besteht nun ein eigener Fond, fiscus vestiendorum, der auf 12000 Francs alter Währung angewachsen ist. Aus den Zinsen und dem Almosen, welches noch immer am Gedächtnisstage eingesammelt wird, kleidet man die Dürftigen des Gymnasiums, der Realschule und der vier Elementarschulen. Die Zahl der jährlich hierdurch Gekleideten soll sich auf tausend belaufen.“ Der basler Schulkatalog vom Jahre 1846 (S. 33) berichtet: „Leider konnte das Tuch nicht allen Schülern, welche sich gemeldet, verabfolgt und manchen musste es auf Besserung zurückgelegt werden. Wegen allzu grossen Unfleisses und schlechten Betragens konnte es 21 Schülern gar nicht gegeben werden. Hier sind also die misrathenen Schüler, die eigentlichen liederlichen Tüchlein, in unmittelbaren Zusammenhang mit dem grauen Prämientuch gebraucht.“


Tüchtig.

1 Darumb ist einer nicht tüchtig, dass er sich selbst lobt, sondern, dass jhn der Herr lobt.Petri, II, 55.

2 So tüchtig ist kein Mann, dass er nicht ermüden kann.

Lat.: Tam uegetus quis sit qui non in fine fatescit. (Reuterdahl, 982.)

Schwed.: Aengin aer swa godh at han wardher ei mötther. (Reuterdahl, 982.)

*3 Oben tüchtig, unten nichtig.


Tüchtigkeit.

Tüchtigkeit geht vor Schönheit.

Dän.: Duelighed gaaer for oeyliyhed. (Prov. dan., 127.)


Tuck.

*1 Einem einen Tuck thun. (Elsass.) – Klein, II, 200.

Einem einen hinterlistigen Streich spielen, ihm heimlich schaden.

*2 Tuck hollen. (Mecklenburg.)

Ausharren, bei der Stange bleiben.


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[[678]/0684] *61 Das ist kein einfarbig Tuch. Um zu sagen: In dieser Ehe, in diesem Hause, dieser Gesellschaft, diesem Collegium herrschen widersprechende Ansichten. Holl.: Het is geen laken van eene kleur. (Harrebomée, I, 414b.) *62 Das ist kein Tuch von Einer Farbe. Holl.: Het is geen laken van ééne kleur. (Harrebomée, II, 3.) *63 Das schwarze Tuch wird dadurch nicht theurer werden. (Oberlausitz.) Man wird deshalb keine Trauer anlegen. *64 Das Tuch hängt ihr nach dem Witwer. – Weinhold, 100. Von einem Frauenzimmer, deren Tuchzipfel schief hängt, was man als Vorbedeutung betrachtet, dass sie einen Witwer heirathen werde. *65 Das Tuoch is no nit gewalchets. – Sutermeister, 90. Der Mensch hat noch keine Erfahrung. (S. Mehlsack.) *66 Der hat an extra Tuach zu sein Mutz'n1. (Franken.) – Frommann, VI, 325, 39. 1) Kittel der Frauen, Rock der Männer. – Er hat viel Eigenthümlichkeiten. *67 Du bist a liederliches Tuach. – Hügel, 168b. In dieser Verbindung so geläufig, dass es auch schon verstanden wird, wenn man blos sagt: Er ist ein Tuch. (S. Tüchlein.) *68 Ein erzfaules, liederliches Tuch. – Eiselein, 606. Ein leichtsinniger, lockerer, ausschweifender Mensch. (Idiot. Austr.) *69 Ein Tuch mit schönen Kanten und nichts darunter. – Burckhardt, 482. Viel Anmassung, Stolz, Aufgeblasenheit und nichts dahinter. *70 Er hat auch eine Elle grob Tuch dazu gegeben. „Mich dunckt wol, künig heinrich hab ein elen grobs duchs darzu geben, vnd der gifftig bul Zeus, der wider Erasmus geschriben hat, hab die kappen geschnitten.“ (Murner, Ob der König von engelland, in Kloster, IV, 900.) *71 Er hockt seine sieben Viertel Tuch auf und geht. (Meiningen.) Geht unverrichteter Sache, auch be- oder verschämt fort. *72 Er ist nicht vom besten Tuch. *73 Er ist von gutem Tuch. Dän.: Godt er at være af godt two. (Prov. dan., 248.) *74 Er kann ins volle Tuch schneiden. Frz.: Il peut tailler en plein drap. (Lendroy, 630.) *75 Er muss gut Tuch machen. – Klix, 108. *76 Er muss mehr Tuchs zur Kappen (Narrenkappe) han, man hört's ihm an den Worten an. – Brant. *77 Er nimmt das Tuch an fünf Zipfeln. Ist sehr genau, knauserig. *78 Er schneidet ins Tuch ohne es zu messen. Holl.: Hij snijdt het laken, alvorens het te meten. (Harrebomée, II, 3.) *79 Er steckt in doppeltem Tuch. *80 Er will das Tuch an fünf Zipfeln fassen. – Körte, 6085a; Braun, I, 4616. Wer gar zu sicher geht und zu viel Vortheile haben will. *81 Er will Tuch kaufen, aber das Geld behalten. *82 Es ist leichtes Tuch. Zur Bezeichnung eines leichtsinnigen Menschen. *83 Es weyss niemand obs tuch oder garn vmb jn sei. (S. Mann 1797.) – Franck, II, 99a. *84 Ins ganze Tuch schneiden. Zu einem Unternehmen die hinreichenden Mittel besitzen. *85 Man hat ihn in schöne Tücher gebettet. Ihm ein sauberes Bad bereitet. *86 Man soll ihm von demselben Tuch Rock und Hosen machen. *87 Mit einem weissen Tuche winken. Lat.: Mappam mittere. (Martial.) (Binder II, 2796.) *88 Sein Tuch mit fremder Elle messen. Engl.: To measure his cloth by another's yard. (Bohn II, 170.) *89 Sich mit einem nassen Tuche zudecken. Eine kahle Ausrede vorbringen, einen Fehler durch eine schlechte Entschuldigung vergrössern. *90 Sie liebt zweierlei Tuch. „Die Madle gengan aufs zwarala Tuach.“ (Hügel, 168b.) *91 Sie seind eins tuchs. (S. Faden 39 und Zwillich.) – Franck, II, 92b. Von derselben Art, haben gleichen Sinn und Charakter. (S. Schmer 22.) *92 Tweierlei Dauk up'n Lîwe hen. – Schambach, II, 335. *93 Ut dem Dauke in't Plätt' kuemen. (Westf.) 1) Ein Tuch, Plaid, ein Mantel der Bergschotten. – Wenn durch Aenderung nichts verändert wird. *94 Zweierlei Tuch tragen. Von Beamten und Soldaten. Im Harz: Zwäerlä Tuch trahn. (Lohrengel, II, 523.) Tüchel. * Schmüssen dürch a seiden Tüchel. (Warschau.) Einen derben Ausdruck in eine feine Sprache hüllen, mit einem seidenen Tuch bedecken. Schmüssen = sprechen, plaudern. Tüchelchen. * Er nimmt sich ein Tüchelchen vor. – Tendlau, 653. Findet leicht einen Ausweg oder Vorwand zur Umgehung des Gesetzes. Tuchen. * Es tucht sich, wie man spint. – Franck, II, 108a; Gruter, I, 39; Petri, II, 301; Eiselein, 606; Sailer, 150; Gaal, 1722; Körte, 6085. Lat.: Par proemium labori. (Sutor, 396.) Tüchlein. * Du bist ein liederliches (schlechtes) Tüchlein. Der Oesterreichische Schulbote (Wien, 1874, S. 579) bemerkt dabei: „Wir Schulmeister sagen oft zu einem leichtsinnigen, nachlässigen und faulen Schüler: Du bist ein liederliches Tuch oder ein schlechtes Tüchlein und denken gar nicht daran, dass dieser Ausdruck mit dem uralten Gebrauch der Kleidervertheilung zusammenhängt.“ In Oberdeutschland ist an manchen Orten noch der Brauch, dass sich Dienstboten zu ihrem Jahreslohn ein Leinenhemd und ein Paar Schuhe einbedingen dürfen. Auch an Schüler wurde ehemals als Belohnung ein Stück Tuch verabreicht, und in Basel soll es jetzt noch üblich sein. In der Zeitschrift für deutsche Philologie (S. 464) schreibt Rochholz über die sprichwörtliche Redensart: „ein schlechtes Tuch sein“, Folgendes: „In der Stadt Basel sind Stiftungen zur Bekleidung der Armen schon vor dem grossen Erdbeben nachweisbar, das hier 1356 am Lukastage den 18. Oct. losbrach und kaum hundert Häuser unbeschädigt liess. Der Rath verordnete sodann eine alljährlich auf diesen Tag abzuhaltende Procession an, wobei alle angesehenen Bürger in grauen Röcken zu erscheinen hatten, die man darauf an die Armen schenkte. Sie hiessen Lukasröcke oder das Luxentuch. Hieraus entwickelte sich eine besondere Stiftung, aus welcher bisjetzt gegen 280 Stadtarme alljährlich am Lukastage neugekleidet werden. Zur Zeit der Kirchenreform gestattete man sich, einen Theil der Stiftung zu Gunsten der Schulen zu verwenden, und so wird mit dem 17. Jahrhundert die Vertheilung des Luxentuchs an arme Schüler üblich. Hierfür besteht nun ein eigener Fond, fiscus vestiendorum, der auf 12000 Francs alter Währung angewachsen ist. Aus den Zinsen und dem Almosen, welches noch immer am Gedächtnisstage eingesammelt wird, kleidet man die Dürftigen des Gymnasiums, der Realschule und der vier Elementarschulen. Die Zahl der jährlich hierdurch Gekleideten soll sich auf tausend belaufen.“ Der basler Schulkatalog vom Jahre 1846 (S. 33) berichtet: „Leider konnte das Tuch nicht allen Schülern, welche sich gemeldet, verabfolgt und manchen musste es auf Besserung zurückgelegt werden. Wegen allzu grossen Unfleisses und schlechten Betragens konnte es 21 Schülern gar nicht gegeben werden. Hier sind also die misrathenen Schüler, die eigentlichen liederlichen Tüchlein, in unmittelbaren Zusammenhang mit dem grauen Prämientuch gebraucht.“ Tüchtig. 1 Darumb ist einer nicht tüchtig, dass er sich selbst lobt, sondern, dass jhn der Herr lobt. – Petri, II, 55. 2 So tüchtig ist kein Mann, dass er nicht ermüden kann. Lat.: Tam uegetus quis sit qui non in fine fatescit. (Reuterdahl, 982.) Schwed.: Aengin aer swa godh at han wardher ei mötther. (Reuterdahl, 982.) *3 Oben tüchtig, unten nichtig. Tüchtigkeit. Tüchtigkeit geht vor Schönheit. Dän.: Duelighed gaaer for oeyliyhed. (Prov. dan., 127.) Tuck. *1 Einem einen Tuck thun. (Elsass.) – Klein, II, 200. Einem einen hinterlistigen Streich spielen, ihm heimlich schaden. *2 Tuck hollen. (Mecklenburg.) Ausharren, bei der Stange bleiben.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [678]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/684>, abgerufen am 22.11.2024.