Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.[Spaltenumbruch] *141 Er trägt seinen Schelmen, wie ein Metzger die Kälber. - Fischart in Kloster, VIII, 245. *142 Es ist ein dreihärtiger Schelm. - Hennig, 97; Frischbier, 289. Von einem solchen Menschen, der sich sehr aufrichtig oder einfältig stellt, und dennoch allerhand Bübereien im Sinne hat. (Bock, Idiot. pruss.) *143 Es ist ein Schelm an allen vieren. - Rollwagenbüchlein, XXXI. Bei den alten Römern steht scelus, das Laster, sehr häufig für Schelm, Bösewicht, Schuft. (Vgl. Röm. Schimpfwörter, in Ausland, 1872, Nr. 8.) *144 Es sieht dir der Schelm bey den Augen auss. - Chaos, 646. *145 Es si Schelme wie gross Manne. - Sutermeister, 131. *146 Hä hält ene Schelm en der Mauen1. (Köln.) - Weyden, II, 8. 1) Aermel, holländisch mouw. *147 He süht enem Schelm glyker as enem Antvagel. - Richey, 4; Körte, 5284a. *148 Hei is al manchem Schelm dört Hius läupen. (Soest.) *149 Ich will den Schelmen nicht beim Namen nennen. Lat.: Nolo singulos excitare. (Chaos, 302.) *150 Is ken Schelm to troen. - Schütze, IV, 36. Scherzhafte Aeusserung des Mistrauens. *151 Ji sünd alltomal Schelme, man ik bün en erlig Kerl. (Holst.) - Schütze, IV, 37. Scherzhafte oder ironische Selbstverherrlichung. *152 Mit dem Schelm davon. - Schottel, 1116a. *153 Mit Schelmen und Dieben um sich werfen. - Facet., 500. Schelmenart. Schelmenart die Wahrheit spart. Schelmenbeichte. * Es ist eine Schelmenbeichte. Die sich nur mit einem oberflächlichen Bekenntniss begnügt und gerade das verschweigt, vorauf es ankommt. "Ein schelmen kent man bey der beicht, wen jm die sach ligt also leicht.... Es mag wol sein ein schelmen beicht, wen einer spricht, ob ich vielleicht hett wider Gott den herren than, den peltz will ich mir waschen lan, was ich nit kan, muss der pfaff fragen." (Murner, Schelm., 33, in Kloster, I, 867.) Schelmenbein. *1 Einen mit einem Schelmenbein werfen. - Murner, Nb. "Wurf ich dich mit eim schelmen bein vnd du woltest schnurren drab (darüber), so weiss ich das ich troffen hab." *2 Er hat ein (faul) Schelmenbein im Rücken (im Knie). - Eyering, I, 302; Geiler, Nsch., 77; Murner, Nb., 24; Schottel, 1114b; Eiselein, 547; Simrock, 8935; Körte, 5283. Von den Arbeitsscheuen, Trägen und Bequemen, die sich nicht gern bücken, sondern lieber alles von andern thun lassen. Schelmenbeine hiessen bei den Soldaten des Dreissigjährigen Kriegs die viereckigen Würfel, denen das Kartenspiel der alten Landsknechte hatte weichen müssen. Jeder Spielgesellschaft stand ein Scholderer vor, dem Mantel, Tisch und Würfel gehörten, der in streitigen Fällen das Richteramt hatte und seinen Antheil am Gewinn, oft aber auch Schläge erhielt, denn Betrug und falsche Würfel waren häufig. Manche Würfel hatten zwei Fünfen oder Sechsen, manche zwei Es oder Daus, andere waren mit Quecksilber und Blei gefüllt, mit zerschnittenen Haaren, Schwamm, Spreu und Kohlen; es gab Würfel von Hirschhorn, welche oben leicht, unten schwer waren; Niederländer, die man schleifend rollen musste, Oberländer, welche "aus der bairischen Höhe" geworfen werden mussten, wenn sie gut fallen sollten. (Vgl. G. Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, Thl. 2, Bild 2: Der Dreissigjährige Krieg, Soldatenleben und Sitten; Simplic., I, 22.) ... "Wenn ein Würffel oder Karte vnder den Tisch fellet, da steht jederman auff vnd buckt sich, ... wenn man (aber) den namen Christi in der Kirchen nennet, haben sie ein solch lang Schelmenbein in den knien stecken vnd seien so faul, das sie sich nicht neigen mögen; ich wil geschweigen, wenn sie sich erst bucken solten." (Geiler, Nsch., 77, in Kloster, I, 652.) "Kum hieher narr vnd lass mich gucken, du hast ein schelmenbein im rucken und waiss nit, wie ich mit dir thu, so du faul flaisch hast auch darzu." - "Die kapp schon darzu gemacht ist, das sie bedecke euwern rucken, niemandts das schelmenbein [Spaltenumbruch] mög gucken; das faul flaisch vnd das schelmenbein ist laider geworden also gmein, das yeder tragen will im rucken, niemandts zu arbeit sich will bucken." (Murner, Nb., 24, in Kloster, IV, 697.) *3 Sich an einem Schelmenbein reiben (gerieben haben). Auch ein Schelm sein. "Wann da ich was noch jung vnd klein, rib ich mich an eins Schelmenbein." (Murner, Schelm., in Kloster, I, 825.) "Er meint, ich hett das selber triben vnd mich ans schelmenbein geriben." (Murner, Nb., 79, in Kloster, IV, 835.) Schelmenfleisch. Schelmenfleisch frisst Schelmenfleisch. - Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 439. Schelmenfloh. * He hat Schelmenfläuhe an sick. (Lippe.) Schelmenglück. 1 Schelmenglück führt zum Strick. *2 Er hat Schelmenglück. - Eiselein, 547. Schelmennest. 1 In einem Schelmennest gibt's viel Junge. *2 Er hat ein Schelmennest im Busen. Der Erzschelm. Schelmenreif. * Den Schelmenreif ausstecken (einziehen). Sich als Schelm geberden oder sein Betragen wieder ehrbar einrichten. "Es wird mancher Schelm veracht, der jm das wort doch selber macht. Wiltu haben ein erbaren schein so zeuch, den schelmenreiff hinein." (Murner, Schelm., 31, in Kloster, I, 865.) Schelmenstreich. 1 Einen Schelmenstreich muss oft eine ganze Stadt büssen. Dän.: En heel stad lider ofte for en skalms skyld. (Prov. dan., 504.) 2 Er lebt von Schelmenstreichen wie der Müller vom Wind. Holl.: Hij leeft van guitenstraken, en de molenaars leven van den wind. (Harrebomee, II, 312b.) Schelmenstück. *1 Alle Schelmenstücke zu verblümen wissen. - Parömiakon, 1708. *2 Es steckt ein Schelmenstück dahinter. - Eiselein, 547. Die Franzosen nennen einen schlauen Betrug, einen hinterlistigen Streich, ein "Baskenstückchen". Schelmerei. 1 Schelmerei geht den Kindern bald ein. Lat.: Et pueri nasum Rhinocerotis habent. (Chaos, 268.) 2 Schelmerei ist vielerlei. Lat.: Praxis est multiplex qui non capit est simplex. (Chaos, 303.) 3 Schelmerei währt eine Weile, Ehrlichkeit am längsten. - Lohrengel, II, 578. 4 Schelmerei'n brau'n Gefängnisswein. *5 Er ist auf alle Schelmerey abgerichtet wie Burckhausens Würffl. - Mathesy, 194b. Schelmenzunft. Die Schelmenzunft ist die grösste (Zunft). Die Russen: Die Narrengemeinde ist die grösste Gemeinde auf Erden und die Schelmengemeinde nicht die kleinste. (Altmann VI, 433.) Schelmzeug. Schelmzeug schlägt, Schelmzeug verträgt sich. (S. Pack 1.) - Frischbier2, 3279. Schelte. 1 Ehrliche Schelte sind besser als falsches Lob. "Oft muss der Eitle das Lob entgelten, viel besser wär's, er liess sich schelten." Lat.: Qui se laudari verbis gaudent subdolis, serae dant poenas turpes poenitentiae. (Phaedrus.) (Philippi, I, 137.) 2 Schell (Scheltwort) kümmt nich an't Fell. (Seehausen.) - Firmenich, III, 122, 11. *3 He is verlegen um en Jack vull Schell. - Piening, 1. Wenn jemand so handelt, als wollte er Vorwürfe und Schelte haben. Schelten. 1 Die sich scholle (schelten), die sich wolle. (Nassau.) - Kehrein, VI, 29. In Ostpreussen: Dei söck schölle, dei söck wölle. (Frischbier2, 3280.) 2 Die sich selber schelten, werden auch bei andern nicht viel gelten. Mhd.: Wolde ich mich selber schelden, mich sulde ieman loben selden. (Morolf.) (Zingerle, 121.)
[Spaltenumbruch] *141 Er trägt seinen Schelmen, wie ein Metzger die Kälber. – Fischart in Kloster, VIII, 245. *142 Es ist ein dreihärtiger Schelm. – Hennig, 97; Frischbier, 289. Von einem solchen Menschen, der sich sehr aufrichtig oder einfältig stellt, und dennoch allerhand Bübereien im Sinne hat. (Bock, Idiot. pruss.) *143 Es ist ein Schelm an allen vieren. – Rollwagenbüchlein, XXXI. Bei den alten Römern steht scelus, das Laster, sehr häufig für Schelm, Bösewicht, Schuft. (Vgl. Röm. Schimpfwörter, in Ausland, 1872, Nr. 8.) *144 Es sieht dir der Schelm bey den Augen auss. – Chaos, 646. *145 Es si Schelme wie gross Manne. – Sutermeister, 131. *146 Hä hält ene Schelm en der Mauen1. (Köln.) – Weyden, II, 8. 1) Aermel, holländisch mouw. *147 He süht ênem Schelm glyker as ênem Ântvagel. – Richey, 4; Körte, 5284a. *148 Héi is al manchem Schelm dört Hius läupen. (Soest.) *149 Ich will den Schelmen nicht beim Namen nennen. Lat.: Nolo singulos excitare. 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Schelmenbein. *1 Einen mit einem Schelmenbein werfen. – Murner, Nb. „Wurf ich dich mit eim schelmen bein vnd du woltest schnurren drab (darüber), so weiss ich das ich troffen hab.“ *2 Er hat ein (faul) Schelmenbein im Rücken (im Knie). – Eyering, I, 302; Geiler, Nsch., 77; Murner, Nb., 24; Schottel, 1114b; Eiselein, 547; Simrock, 8935; Körte, 5283. Von den Arbeitsscheuen, Trägen und Bequemen, die sich nicht gern bücken, sondern lieber alles von andern thun lassen. Schelmenbeine hiessen bei den Soldaten des Dreissigjährigen Kriegs die viereckigen Würfel, denen das Kartenspiel der alten Landsknechte hatte weichen müssen. Jeder Spielgesellschaft stand ein Scholderer vor, dem Mantel, Tisch und Würfel gehörten, der in streitigen Fällen das Richteramt hatte und seinen Antheil am Gewinn, oft aber auch Schläge erhielt, denn Betrug und falsche Würfel waren häufig. 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Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, Thl. 2, Bild 2: Der Dreissigjährige Krieg, Soldatenleben und Sitten; Simplic., I, 22.) ... „Wenn ein Würffel oder Karte vnder den Tisch fellet, da steht jederman auff vnd buckt sich, ... wenn man (aber) den namen Christi in der Kirchen nennet, haben sie ein solch lang Schelmenbein in den knien stecken vnd seien so faul, das sie sich nicht neigen mögen; ich wil geschweigen, wenn sie sich erst bucken solten.“ (Geiler, Nsch., 77, in Kloster, I, 652.) „Kum hieher narr vnd lass mich gucken, du hast ein schelmenbein im rucken und waiss nit, wie ich mit dir thu, so du faul flaisch hast auch darzu.“ – „Die kapp schon darzu gemacht ist, das sie bedecke euwern rucken, niemandts das schelmenbein [Spaltenumbruch] mög gucken; das faul flaisch vnd das schelmenbein ist laider geworden also gmein, das yeder tragen will im rucken, niemandts zu arbeit sich will bucken.“ (Murner, Nb., 24, in Kloster, IV, 697.) *3 Sich an einem Schelmenbein reiben (gerieben haben). 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Die Russen: Die Narrengemeinde ist die grösste Gemeinde auf Erden und die Schelmengemeinde nicht die kleinste. (Altmann VI, 433.) Schelmzeug. Schelmzeug schlägt, Schelmzeug verträgt sich. (S. Pack 1.) – Frischbier2, 3279. Schelte. 1 Ehrliche Schelte sind besser als falsches Lob. „Oft muss der Eitle das Lob entgelten, viel besser wär's, er liess sich schelten.“ Lat.: Qui se laudari verbis gaudent subdolis, serae dant poenas turpes poenitentiae. (Phaedrus.) (Philippi, I, 137.) 2 Schell (Scheltwort) kümmt nich an't Fell. (Seehausen.) – Firmenich, III, 122, 11. *3 He is verlegen um en Jack vull Schell. – Piening, 1. Wenn jemand so handelt, als wollte er Vorwürfe und Schelte haben. Schelten. 1 Die sich scholle (schelten), die sich wolle. (Nassau.) – Kehrein, VI, 29. In Ostpreussen: Dei söck schölle, dei söck wölle. (Frischbier2, 3280.) 2 Die sich selber schelten, werden auch bei andern nicht viel gelten. Mhd.: Wolde ich mich selber schelden, mich sulde ieman loben selden. (Morolf.) 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*141 Er trägt seinen Schelmen, wie ein Metzger die Kälber. – Fischart in Kloster, VIII, 245.
*142 Es ist ein dreihärtiger Schelm. – Hennig, 97; Frischbier, 289.
Von einem solchen Menschen, der sich sehr aufrichtig oder einfältig stellt, und dennoch allerhand Bübereien im Sinne hat. (Bock, Idiot. pruss.)
*143 Es ist ein Schelm an allen vieren. – Rollwagenbüchlein, XXXI.
Bei den alten Römern steht scelus, das Laster, sehr häufig für Schelm, Bösewicht, Schuft. (Vgl. Röm. Schimpfwörter, in Ausland, 1872, Nr. 8.)
*144 Es sieht dir der Schelm bey den Augen auss. – Chaos, 646.
*145 Es si Schelme wie gross Manne. – Sutermeister, 131.
*146 Hä hält ene Schelm en der Mauen1. (Köln.) – Weyden, II, 8.
1) Aermel, holländisch mouw.
*147 He süht ênem Schelm glyker as ênem Ântvagel. – Richey, 4; Körte, 5284a.
*148 Héi is al manchem Schelm dört Hius läupen. (Soest.)
*149 Ich will den Schelmen nicht beim Namen nennen.
Lat.: Nolo singulos excitare. (Chaos, 302.)
*150 Is kên Schelm to troen. – Schütze, IV, 36.
Scherzhafte Aeusserung des Mistrauens.
*151 Ji sünd alltomal Schelme, man ik bün en êrlig Kerl. (Holst.) – Schütze, IV, 37.
Scherzhafte oder ironische Selbstverherrlichung.
*152 Mit dem Schelm davon. – Schottel, 1116a.
*153 Mit Schelmen und Dieben um sich werfen. – Facet., 500.
Schelmenart.
Schelmenart die Wahrheit spart.
Schelmenbeichte.
* Es ist eine Schelmenbeichte.
Die sich nur mit einem oberflächlichen Bekenntniss begnügt und gerade das verschweigt, vorauf es ankommt. „Ein schelmen kent man bey der beicht, wen jm die sach ligt also leicht.... Es mag wol sein ein schelmen beicht, wen einer spricht, ob ich vielleicht hett wider Gott den herren than, den peltz will ich mir waschen lan, was ich nit kan, muss der pfaff fragen.“ (Murner, Schelm., 33, in Kloster, I, 867.)
Schelmenbein.
*1 Einen mit einem Schelmenbein werfen. – Murner, Nb.
„Wurf ich dich mit eim schelmen bein vnd du woltest schnurren drab (darüber), so weiss ich das ich troffen hab.“
*2 Er hat ein (faul) Schelmenbein im Rücken (im Knie). – Eyering, I, 302; Geiler, Nsch., 77; Murner, Nb., 24; Schottel, 1114b; Eiselein, 547; Simrock, 8935; Körte, 5283.
Von den Arbeitsscheuen, Trägen und Bequemen, die sich nicht gern bücken, sondern lieber alles von andern thun lassen. Schelmenbeine hiessen bei den Soldaten des Dreissigjährigen Kriegs die viereckigen Würfel, denen das Kartenspiel der alten Landsknechte hatte weichen müssen. Jeder Spielgesellschaft stand ein Scholderer vor, dem Mantel, Tisch und Würfel gehörten, der in streitigen Fällen das Richteramt hatte und seinen Antheil am Gewinn, oft aber auch Schläge erhielt, denn Betrug und falsche Würfel waren häufig. Manche Würfel hatten zwei Fünfen oder Sechsen, manche zwei Es oder Daus, andere waren mit Quecksilber und Blei gefüllt, mit zerschnittenen Haaren, Schwamm, Spreu und Kohlen; es gab Würfel von Hirschhorn, welche oben leicht, unten schwer waren; Niederländer, die man schleifend rollen musste, Oberländer, welche „aus der bairischen Höhe“ geworfen werden mussten, wenn sie gut fallen sollten. (Vgl. G. Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, Thl. 2, Bild 2: Der Dreissigjährige Krieg, Soldatenleben und Sitten; Simplic., I, 22.) ... „Wenn ein Würffel oder Karte vnder den Tisch fellet, da steht jederman auff vnd buckt sich, ... wenn man (aber) den namen Christi in der Kirchen nennet, haben sie ein solch lang Schelmenbein in den knien stecken vnd seien so faul, das sie sich nicht neigen mögen; ich wil geschweigen, wenn sie sich erst bucken solten.“ (Geiler, Nsch., 77, in Kloster, I, 652.) „Kum hieher narr vnd lass mich gucken, du hast ein schelmenbein im rucken und waiss nit, wie ich mit dir thu, so du faul flaisch hast auch darzu.“ – „Die kapp schon darzu gemacht ist, das sie bedecke euwern rucken, niemandts das schelmenbein
mög gucken; das faul flaisch vnd das schelmenbein ist laider geworden also gmein, das yeder tragen will im rucken, niemandts zu arbeit sich will bucken.“ (Murner, Nb., 24, in Kloster, IV, 697.)
*3 Sich an einem Schelmenbein reiben (gerieben haben).
Auch ein Schelm sein. „Wann da ich was noch jung vnd klein, rib ich mich an eins Schelmenbein.“ (Murner, Schelm., in Kloster, I, 825.) „Er meint, ich hett das selber triben vnd mich ans schelmenbein geriben.“ (Murner, Nb., 79, in Kloster, IV, 835.)
Schelmenfleisch.
Schelmenfleisch frisst Schelmenfleisch. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 439.
Schelmenfloh.
* He hat Schelmenfläuhe an sick. (Lippe.)
Schelmenglück.
1 Schelmenglück führt zum Strick.
*2 Er hat Schelmenglück. – Eiselein, 547.
Schelmennest.
1 In einem Schelmennest gibt's viel Junge.
*2 Er hat ein Schelmennest im Busen.
Der Erzschelm.
Schelmenreif.
* Den Schelmenreif ausstecken (einziehen).
Sich als Schelm geberden oder sein Betragen wieder ehrbar einrichten. „Es wird mancher Schelm veracht, der jm das wort doch selber macht. Wiltu haben ein erbaren schein so zeuch, den schelmenreiff hinein.“ (Murner, Schelm., 31, in Kloster, I, 865.)
Schelmenstreich.
1 Einen Schelmenstreich muss oft eine ganze Stadt büssen.
Dän.: En heel stad lider ofte for en skalms skyld. (Prov. dan., 504.)
2 Er lebt von Schelmenstreichen wie der Müller vom Wind.
Holl.: Hij leeft van guitenstraken, en de molenaars leven van den wind. (Harrebomée, II, 312b.)
Schelmenstück.
*1 Alle Schelmenstücke zu verblümen wissen. – Parömiakon, 1708.
*2 Es steckt ein Schelmenstück dahinter. – Eiselein, 547.
Die Franzosen nennen einen schlauen Betrug, einen hinterlistigen Streich, ein „Baskenstückchen“.
Schelmerei.
1 Schelmerei geht den Kindern bald ein.
Lat.: Et pueri nasum Rhinocerotis habent. (Chaos, 268.)
2 Schelmerei ist vielerlei.
Lat.: Praxis est multiplex qui non capit est simplex. (Chaos, 303.)
3 Schelmerei währt eine Weile, Ehrlichkeit am längsten. – Lohrengel, II, 578.
4 Schelmerei'n brau'n Gefängnisswein.
*5 Er ist auf alle Schelmerey abgerichtet wie Burckhausens Würffl. – Mathesy, 194b.
Schelmenzunft.
Die Schelmenzunft ist die grösste (Zunft).
Die Russen: Die Narrengemeinde ist die grösste Gemeinde auf Erden und die Schelmengemeinde nicht die kleinste. (Altmann VI, 433.)
Schelmzeug.
Schelmzeug schlägt, Schelmzeug verträgt sich. (S. Pack 1.) – Frischbier2, 3279.
Schelte.
1 Ehrliche Schelte sind besser als falsches Lob.
„Oft muss der Eitle das Lob entgelten, viel besser wär's, er liess sich schelten.“
Lat.: Qui se laudari verbis gaudent subdolis, serae dant poenas turpes poenitentiae. (Phaedrus.) (Philippi, I, 137.)
2 Schell (Scheltwort) kümmt nich an't Fell. (Seehausen.) – Firmenich, III, 122, 11.
*3 He is verlegen um en Jack vull Schell. – Piening, 1.
Wenn jemand so handelt, als wollte er Vorwürfe und Schelte haben.
Schelten.
1 Die sich scholle (schelten), die sich wolle. (Nassau.) – Kehrein, VI, 29.
In Ostpreussen: Dei söck schölle, dei söck wölle. (Frischbier2, 3280.)
2 Die sich selber schelten, werden auch bei andern nicht viel gelten.
Mhd.: Wolde ich mich selber schelden, mich sulde ieman loben selden. (Morolf.) (Zingerle, 121.)
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