Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]
Unwissenheit.

1 Der Unwissenheit entgehet manche Freud'.

Schwed.: Ovett hugnar intet. (Grubb, 659.)

2 Unwissenheit entschuldigt. - Graf, 22, 251.

Streng genommen, soll jeder sein Recht wissen, denn für den, der es nicht weiss, besteht es eigentlich nicht; man entschuldigt aber nach Anleitung des römischen Rechts jede Rechtsunwissenheit bei Bauern, Weibern und Rittern. Nach dieser Lehre, bemerkt Graf, müsste man dem ritterlichen Verfasser des Sachsenspiegels zwar einen Rechtsirrthum verzeihen, nicht aber einem Bürger, der vom Bauer nur durch die Mauer geschieden war. (S. Bürger 2.) In Kleve: Onwytschap ontschuldigt. (Kamptz, III, 32.)

Holl.: Onwetendheid maakt schuld. (Harrebomee, II, 140b.)

3 Unwissenheit hilft nicht, denn jeder muss sein Recht wissen. - Graf, 22, 250.

In Kleve: Onwytschap en hulpe oen nyt, want eyn ygelyk sal syn Recht weten. (Kamptz, III, 32; Cleve, 70.)

Dän.: Lovens uvidenhed undskylder ei (thi at vide og skulle vide er her eet). (Prov. dan., 392.)

4 Unwissenheit ist der theuerste Hausrath.

5 Unwissenheit ist die grösste Armuth.

6 Unwissenheit ist ein gutes Schlummerkissen.

Holl.: De onwetendheid is een zacht oorkussen. (Harrebomee, II, 140b.)

7 Unwissenheit ist ein undankbarer Gast.

Böhm.: Neznamost cini nemilost. - Neznamost jest nevdecny host. (Celakovsky, 214.)

8 Unwissenheit ist keine Sünde.

Unter Umständen doch.

Holl.: Onwetenheid is geene zende. (Harrebomee, II, 140b.)

9 Unwissenheit ist kühn. - Simrock, 10788; Eiselein, 613.

Luther (Tischreden, 6) sagt von sich: "Gott hat mich hieran geführt wie einen Gaul, dem die Augen geblendet sind, dass er nicht sehe, sonst wär' ich nimmer so kühn gewesen, dass ich den Papst und schier alle Menschen angegriffen hätte."

Holl.: Onwetendheid is doof. (Harrebomee, II, 140b.)

Lat.: Inscitia confidentiam parit. (Philippi, I, 203.)

10 Unwissenheit schadet (oft) mehr als Bosheit.

Ein Aufsatz über dieses Sprichwort findet sich in Beyer's Neuer Monatschrift, Jauer 1800, S. 156 fg.

11 Unwissenheit und Prahlerei kriechen aus einem Ei.

Holl.: Onwetendheid en laat dunkendheid gaan te zonen. - Onwetendheid baart stout moedigheid. (Harrebomee, II, 140b.)

12 Unwissenheit zeugt Irrthümer; aus Irrthümern entstehen betrogene Hoffnungen, und betrogene Hoffnungen und Elend sind eins.

Die Chinesen: Unwissenheit ist die Nacht des Geistes, und eine Nacht ohne Mond und Sterne. (Cibot, 177.)

Lat.: Omnium pestium pestilentissima est superstitio. (Junker und Pfaffen, II, 127.)

13 Vnwissenheit ist der Weissheit feind. - Lehmann, II, 792, 120.

Lat.: Scientia nescit hostem praeter ignorantem. (Bovill, II, 157.)

14 Vnwissenheit ist ein Art der vnsinnigkeit. - Lehmann, II, 792, 120.

15 Vnwissenheit ist ein vbel ohne Schmertzen. - Lehmann, II, 792, 120.

Wie gut wär's, wenn's manchmal stäche und juckte.

16 Vnwissenheit vnd Heuchelei stiften Vnglück mancherley. - Petri, II, 565.

17 Wo die Unwissenheit ein Segen ist, da ist es Thorheit gescheit (klug, verständig) sein zu wollen.


Unwitz.

1 Der Vnwitz bawt Häuser in Lufft. - Lehmann, 807, 5.

2 Der Vnwitz ladet Gäst zum Kalbskopff, eh die Kuh kälbert. - Lehmann, 807, 5.

3 Vnwitz gibt der Tochter einen Mann, ehe sie geborn. - Lehmann, 807, 5.

4 Vnwitz ist leichtfertig vnd vermessen. - Lehmann, 452, 3.


Unwürdiger.

1 Eim vnwirdigen zu flehe kommen ist schand. - Franck, I, 69b.

Lat.: Ingenuitatem laedis, cum indignum rogas. (Franck, I, 69b.)

2 Einem vnwirdigen gereicht grosse Ehr zur schand. - Petri, II, 178.


[Spaltenumbruch]
Unze.

Besser eine Unze geben, als einen Centner versprechen. - Winckler, IX, 10.


Unzählig.

*1 Unzählig wie der Sand am Meere.

*2 Unzählig wie die Sterne des Himmels.

Ein birmanisches Sprichwort sagt: Zahllos wie die Tempel von Pupan. (Vgl. Daheim, Nr. 1, S. 45.)


Unzeit.

1 Besser zur Vnzeit als nimmer (oder: als gar unterlassen). - Lehmann, 849, 1; Schottel, 1121b; Sailer, 112.

Holl.: Beter ten ontijde dan nimmermeer. (Harrebomee, II, 139b.)

Lat.: Non satis in nimis. (Bovill, III, 178.)

2 Wer etwas zur Unzeit thut, der hat es gar nicht gethan.

Dän.: At gjöre i utide og daarligen, er snart det samme. (Prov. dan., 425.)

3 Wer zur Unzeit isst, muss fasten zur Zeit.

Dän.: Hvo som aeder i utiide skal faste i utiide. (Prov. dan., 9.)

Lat.: Intempestus (intempestatus) edax cum fas jubet esse famescat. (Reuterdahl, 434.)

Schwed.: Hwa som i otidh aether han skal fasta aetande tiidh. (Reuterdahl, 434.)

4 Zur Vnzeit lauffen sie, zur Vnzeit keltern sie. - Petri, II, 827.


Unzertrennlich.

* Sie sind so unzertrennlich wie Weiber und Flöhe. (Westf.)


Unzucht.

1 All vnzucht ist gern darbey, wo sich last finden füllerey.

Lat.: Impletus uenter, uult luxuriari libenter. (Loci comm., 56.)

2 Geheime Unzucht, offenbare Schande. - Simrock, 10790.

Die Spuren des geheim getriebenen Lasters zeigen sich endlich offen dem Auge am Körper dessen, der sie übte.

3 Sollte jede Unzucht die Nase verlieren, so müssten gar viele ohne Nase spazieren.

4 Unzucht trägt böse Frucht.

Schwed.: Otucht gjör elack lucht. - Skj örlefnad far ond trefnad. (Grubb, 658 u. 731.)

5 Vnzucht ist offtmals also gross, dass man sie kennet bey der nass.

Lat.: Noscitur ad nasum mulier, que uendit omasum. (Loci comm., 208.)

6 Vnzucht wird mit Vnzucht gestraft. - Petri, II, 565.

7 Wer nichts von Unzucht weiss, muss nach Interlaken ins Kloster gehen. - Klosterspiegel, 60, 23.

8 Wer Vnzucht vnd Völlerei liebt, der ist einer Saw gleich. - Petri, II, 775.

9 Zu vnzucht reitzt der müssiggang, darumb von arbeit bleib nicht lang. - Loci comm., 149.


Unzüchtig.

Die unzüchtig reden mit ihrem Munde, sind des Teufels Jagdhunde.


Unzüchtiger.

Bei Unzüchtigen lernt man Galanisiren (oder Geilanisiren). (S. Pech 5.) - Chaos, 931.


Unzufriedener.

1 Der Unzufriedene hat nimmer genug.

Lat.: Quem Cos non nutrit, illum nutrit Aegyptus. (Gaal, 1593.)

2 Der Unzufriedene hat oft zu viel, aber nie genug. - Simrock, 10791.

3 Wer mit Unzufriedenen lebt in Mitte, wohnt mit Schlangen in einer Hütte. (Tamul.)

Es ist hier von innerlich mit sich zerfallenen Menschen die Rede.


Unzuverlässig.

* So unzuverlässig wie eine Thurmuhr.

Das Sprichwort: "so unzuverlässig wie eine Thurmuhr" ist mit Recht noch im Gebrauch. Schles. Presse vom 18. Sept. 1873, Nr. 183, in einem Artikel, der die Aufmerksamkeit auf bessere Uhren dieser Art auf der wiener Weltausstellung und in der Eppner'schen Fabrik in Silberberg richtet.


Upgallen.

* Dat sall die upgallen (bekommen) as den Juden dat Speck. (Husum.) - Schütze, II, 8.


[Spaltenumbruch]
Unwissenheit.

1 Der Unwissenheit entgehet manche Freud'.

Schwed.: Ovett hugnar intet. (Grubb, 659.)

2 Unwissenheit entschuldigt.Graf, 22, 251.

Streng genommen, soll jeder sein Recht wissen, denn für den, der es nicht weiss, besteht es eigentlich nicht; man entschuldigt aber nach Anleitung des römischen Rechts jede Rechtsunwissenheit bei Bauern, Weibern und Rittern. Nach dieser Lehre, bemerkt Graf, müsste man dem ritterlichen Verfasser des Sachsenspiegels zwar einen Rechtsirrthum verzeihen, nicht aber einem Bürger, der vom Bauer nur durch die Mauer geschieden war. (S. Bürger 2.) In Kleve: Onwytschap ontschuldigt. (Kamptz, III, 32.)

Holl.: Onwetendheid maakt schuld. (Harrebomée, II, 140b.)

3 Unwissenheit hilft nicht, denn jeder muss sein Recht wissen.Graf, 22, 250.

In Kleve: Onwytschap en hulpe oen nyt, want eyn ygelyk sal syn Recht weten. (Kamptz, III, 32; Cleve, 70.)

Dän.: Lovens uvidenhed undskylder ei (thi at vide og skulle vide er her eet). (Prov. dan., 392.)

4 Unwissenheit ist der theuerste Hausrath.

5 Unwissenheit ist die grösste Armuth.

6 Unwissenheit ist ein gutes Schlummerkissen.

Holl.: De onwetendheid is een zacht oorkussen. (Harrebomée, II, 140b.)

7 Unwissenheit ist ein undankbarer Gast.

Böhm.: Neznámost čini nemilost. – Neznámost jest nevdĕčný host. (Čelakovsky, 214.)

8 Unwissenheit ist keine Sünde.

Unter Umständen doch.

Holl.: Onwetenheid is geene zende. (Harrebomée, II, 140b.)

9 Unwissenheit ist kühn.Simrock, 10788; Eiselein, 613.

Luther (Tischreden, 6) sagt von sich: „Gott hat mich hieran geführt wie einen Gaul, dem die Augen geblendet sind, dass er nicht sehe, sonst wär' ich nimmer so kühn gewesen, dass ich den Papst und schier alle Menschen angegriffen hätte.“

Holl.: Onwetendheid is doof. (Harrebomée, II, 140b.)

Lat.: Inscitia confidentiam parit. (Philippi, I, 203.)

10 Unwissenheit schadet (oft) mehr als Bosheit.

Ein Aufsatz über dieses Sprichwort findet sich in Beyer's Neuer Monatschrift, Jauer 1800, S. 156 fg.

11 Unwissenheit und Prahlerei kriechen aus einem Ei.

Holl.: Onwetendheid en laat dunkendheid gaan te zonen. – Onwetendheid baart stout moedigheid. (Harrebomée, II, 140b.)

12 Unwissenheit zeugt Irrthümer; aus Irrthümern entstehen betrogene Hoffnungen, und betrogene Hoffnungen und Elend sind eins.

Die Chinesen: Unwissenheit ist die Nacht des Geistes, und eine Nacht ohne Mond und Sterne. (Cibot, 177.)

Lat.: Omnium pestium pestilentissima est superstitio. (Junker und Pfaffen, II, 127.)

13 Vnwissenheit ist der Weissheit feind.Lehmann, II, 792, 120.

Lat.: Scientia nescit hostem praeter ignorantem. (Bovill, II, 157.)

14 Vnwissenheit ist ein Art der vnsinnigkeit.Lehmann, II, 792, 120.

15 Vnwissenheit ist ein vbel ohne Schmertzen.Lehmann, II, 792, 120.

Wie gut wär's, wenn's manchmal stäche und juckte.

16 Vnwissenheit vnd Heuchelei stiften Vnglück mancherley.Petri, II, 565.

17 Wo die Unwissenheit ein Segen ist, da ist es Thorheit gescheit (klug, verständig) sein zu wollen.


Unwitz.

1 Der Vnwitz bawt Häuser in Lufft.Lehmann, 807, 5.

2 Der Vnwitz ladet Gäst zum Kalbskopff, eh die Kuh kälbert.Lehmann, 807, 5.

3 Vnwitz gibt der Tochter einen Mann, ehe sie geborn.Lehmann, 807, 5.

4 Vnwitz ist leichtfertig vnd vermessen.Lehmann, 452, 3.


Unwürdiger.

1 Eim vnwirdigen zu flehe kommen ist schand.Franck, I, 69b.

Lat.: Ingenuitatem laedis, cum indignum rogas. (Franck, I, 69b.)

2 Einem vnwirdigen gereicht grosse Ehr zur schand.Petri, II, 178.


[Spaltenumbruch]
Unze.

Besser eine Unze geben, als einen Centner versprechen.Winckler, IX, 10.


Unzählig.

*1 Unzählig wie der Sand am Meere.

*2 Unzählig wie die Sterne des Himmels.

Ein birmanisches Sprichwort sagt: Zahllos wie die Tempel von Pupan. (Vgl. Daheim, Nr. 1, S. 45.)


Unzeit.

1 Besser zur Vnzeit als nimmer (oder: als gar unterlassen).Lehmann, 849, 1; Schottel, 1121b; Sailer, 112.

Holl.: Beter ten ontijde dan nimmermeer. (Harrebomée, II, 139b.)

Lat.: Non satis in nimis. (Bovill, III, 178.)

2 Wer etwas zur Unzeit thut, der hat es gar nicht gethan.

Dän.: At gjøre i utide og daarligen, er snart det samme. (Prov. dan., 425.)

3 Wer zur Unzeit isst, muss fasten zur Zeit.

Dän.: Hvo som aeder i utiide skal faste i utiide. (Prov. dan., 9.)

Lat.: Intempestus (intempestatus) edax cum fas jubet esse famescat. (Reuterdahl, 434.)

Schwed.: Hwa som i otidh aether han skal fasta aetande tiidh. (Reuterdahl, 434.)

4 Zur Vnzeit lauffen sie, zur Vnzeit keltern sie.Petri, II, 827.


Unzertrennlich.

* Sie sind so unzertrennlich wie Weiber und Flöhe. (Westf.)


Unzucht.

1 All vnzucht ist gern darbey, wo sich last finden füllerey.

Lat.: Impletus uenter, uult luxuriari libenter. (Loci comm., 56.)

2 Geheime Unzucht, offenbare Schande.Simrock, 10790.

Die Spuren des geheim getriebenen Lasters zeigen sich endlich offen dem Auge am Körper dessen, der sie übte.

3 Sollte jede Unzucht die Nase verlieren, so müssten gar viele ohne Nase spazieren.

4 Unzucht trägt böse Frucht.

Schwed.: Otucht gjör elack lucht. – Skj örlefnad får ond trefnad. (Grubb, 658 u. 731.)

5 Vnzucht ist offtmals also gross, dass man sie kennet bey der nass.

Lat.: Noscitur ad nasum mulier, que uendit omasum. (Loci comm., 208.)

6 Vnzucht wird mit Vnzucht gestraft.Petri, II, 565.

7 Wer nichts von Unzucht weiss, muss nach Interlaken ins Kloster gehen.Klosterspiegel, 60, 23.

8 Wer Vnzucht vnd Völlerei liebt, der ist einer Saw gleich.Petri, II, 775.

9 Zu vnzucht reitzt der müssiggang, darumb von arbeit bleib nicht lang.Loci comm., 149.


Unzüchtig.

Die unzüchtig reden mit ihrem Munde, sind des Teufels Jagdhunde.


Unzüchtiger.

Bei Unzüchtigen lernt man Galanisiren (oder Geilanisiren). (S. Pech 5.) – Chaos, 931.


Unzufriedener.

1 Der Unzufriedene hat nimmer genug.

Lat.: Quem Cos non nutrit, illum nutrit Aegyptus. (Gaal, 1593.)

2 Der Unzufriedene hat oft zu viel, aber nie genug.Simrock, 10791.

3 Wer mit Unzufriedenen lebt in Mitte, wohnt mit Schlangen in einer Hütte. (Tamul.)

Es ist hier von innerlich mit sich zerfallenen Menschen die Rede.


Unzuverlässig.

* So unzuverlässig wie eine Thurmuhr.

Das Sprichwort: „so unzuverlässig wie eine Thurmuhr“ ist mit Recht noch im Gebrauch. Schles. Presse vom 18. Sept. 1873, Nr. 183, in einem Artikel, der die Aufmerksamkeit auf bessere Uhren dieser Art auf der wiener Weltausstellung und in der Eppner'schen Fabrik in Silberberg richtet.


Upgallen.

* Dat sall die upgallen (bekommen) as den Juden dat Speck. (Husum.) – Schütze, II, 8.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <pb facs="#f0752" n="[746]"/>
          <cb n="1491"/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unwissenheit.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Der Unwissenheit entgehet manche Freud'.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Schwed.</hi>: Ovett hugnar intet. (<hi rendition="#i">Grubb, 659.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Unwissenheit entschuldigt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 22, 251.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Streng genommen, soll jeder sein Recht wissen, denn für den, der es nicht weiss, besteht es eigentlich nicht; man entschuldigt aber nach Anleitung des römischen Rechts jede Rechtsunwissenheit bei Bauern, Weibern und Rittern. Nach dieser Lehre, bemerkt <hi rendition="#i">Graf,</hi> müsste man dem ritterlichen Verfasser des <hi rendition="#i">Sachsenspiegels</hi> zwar einen Rechtsirrthum verzeihen, nicht aber einem Bürger, der vom Bauer nur durch die Mauer geschieden war. (S.  Bürger 2.) In Kleve: Onwytschap ontschuldigt. (<hi rendition="#i">Kamptz, III, 32.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Onwetendheid maakt schuld. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 140<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Unwissenheit hilft nicht, denn jeder muss sein Recht wissen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 22, 250.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">In Kleve: Onwytschap en hulpe oen nyt, want eyn ygelyk sal syn Recht weten. <hi rendition="#i">(Kamptz, III, 32; Cleve, 70.)</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Lovens uvidenhed undskylder ei (thi at vide og skulle vide er her eet). (<hi rendition="#i">Prov. dan., 392.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">4 Unwissenheit ist der theuerste Hausrath.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Unwissenheit ist die grösste Armuth.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Unwissenheit ist ein gutes Schlummerkissen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: De onwetendheid is een zacht oorkussen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 140<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">7 Unwissenheit ist ein undankbarer Gast.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Neznámost &#x010D;ini nemilost. &#x2013; Neznámost jest nevd&#x0115;&#x010D;ný host. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 214.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">8 Unwissenheit ist keine Sünde.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Unter Umständen doch.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Onwetenheid is geene zende. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 140<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Unwissenheit ist kühn.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 10788; Eiselein, 613.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#i">Luther (Tischreden, 6)</hi> sagt von sich: &#x201E;Gott hat mich hieran geführt wie einen Gaul, dem die Augen geblendet sind, dass er nicht sehe, sonst wär' ich nimmer so kühn gewesen, dass ich den Papst und schier alle Menschen angegriffen hätte.&#x201C;</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Onwetendheid is doof. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 140<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Inscitia confidentiam parit. (<hi rendition="#i">Philippi, I, 203.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">10 Unwissenheit schadet (oft) mehr als Bosheit.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Ein Aufsatz über dieses Sprichwort findet sich in <hi rendition="#i">Beyer's Neuer Monatschrift, Jauer 1800, S. 156 fg.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">11 Unwissenheit und Prahlerei kriechen aus einem Ei.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Onwetendheid en laat dunkendheid gaan te zonen. &#x2013; Onwetendheid baart stout moedigheid. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 140<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">12 Unwissenheit zeugt Irrthümer; aus Irrthümern entstehen betrogene Hoffnungen, und betrogene Hoffnungen und Elend sind eins.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Chinesen: Unwissenheit ist die Nacht des Geistes, und eine Nacht ohne Mond und Sterne. (<hi rendition="#i">Cibot, 177.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Omnium pestium pestilentissima est superstitio. (<hi rendition="#i">Junker und Pfaffen, II, 127.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">13 Vnwissenheit ist der Weissheit feind.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, II, 792, 120.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Scientia nescit hostem praeter ignorantem. (<hi rendition="#i">Bovill, II, 157.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">14 Vnwissenheit ist ein Art der vnsinnigkeit.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, II, 792, 120.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">15 Vnwissenheit ist ein vbel ohne Schmertzen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, II, 792, 120.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Wie gut wär's, wenn's manchmal stäche und juckte.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">16 Vnwissenheit vnd Heuchelei stiften Vnglück mancherley.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 565.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">17 Wo die Unwissenheit ein Segen ist, da ist es Thorheit gescheit (klug, verständig) sein zu wollen.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unwitz.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Der Vnwitz bawt Häuser in Lufft.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 807, 5.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Der Vnwitz ladet Gäst zum Kalbskopff, eh die Kuh kälbert.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 807, 5.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Vnwitz gibt der Tochter einen Mann, ehe sie geborn.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 807, 5.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Vnwitz ist leichtfertig vnd vermessen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 452, 3.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unwürdiger.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Eim vnwirdigen zu flehe kommen ist schand.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Franck, I, 69<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Ingenuitatem laedis, cum indignum rogas. (<hi rendition="#i">Franck, I, 69<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Einem vnwirdigen gereicht grosse Ehr zur schand.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 178.</hi></p><lb/>
        </div>
        <cb n="1492"/>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unze.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Besser eine Unze geben, als einen Centner versprechen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Winckler, IX, 10.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unzählig.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*1 Unzählig wie der Sand am Meere.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*2 Unzählig wie die Sterne des Himmels.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Ein birmanisches Sprichwort sagt: Zahllos wie die Tempel von Pupan. (Vgl. <hi rendition="#i">Daheim, Nr. 1, S. 45.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unzeit.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Besser zur Vnzeit als nimmer (oder: als gar unterlassen).</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 849, 1; Schottel, 1121<hi rendition="#sup">b;</hi> Sailer, 112.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Beter ten ontijde dan nimmermeer. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 139<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Non satis in nimis. (<hi rendition="#i">Bovill, III, 178.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Wer etwas zur Unzeit thut, der hat es gar nicht gethan.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: At gjøre i utide og daarligen, er snart det samme. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 425.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Wer zur Unzeit isst, muss fasten zur Zeit.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Hvo som aeder i utiide skal faste i utiide. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 9.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Intempestus (intempestatus) edax cum fas jubet esse famescat. (<hi rendition="#i">Reuterdahl, 434.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Schwed.</hi>: Hwa som i otidh aether han skal fasta aetande tiidh. (<hi rendition="#i">Reuterdahl, 434.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Zur Vnzeit lauffen sie, zur Vnzeit keltern sie.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 827.</hi></p><lb/>
          <p/><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unzertrennlich.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Sie sind so unzertrennlich wie Weiber und Flöhe.</hi> (<hi rendition="#i">Westf.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unzucht.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 All vnzucht ist gern darbey, wo sich last finden füllerey.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Impletus uenter, uult luxuriari libenter. (<hi rendition="#i">Loci comm., 56.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Geheime Unzucht, offenbare Schande.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 10790.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Spuren des geheim getriebenen Lasters zeigen sich endlich offen dem Auge am Körper dessen, der sie übte.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Sollte jede Unzucht die Nase verlieren, so müssten gar viele ohne Nase spazieren.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">4 Unzucht trägt böse Frucht.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Schwed.</hi>: Otucht gjör elack lucht. &#x2013; Skj örlefnad får ond trefnad. (<hi rendition="#i">Grubb, 658 u. 731.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Vnzucht ist offtmals also gross, dass man sie kennet bey der nass.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Noscitur ad nasum mulier, que uendit omasum. (<hi rendition="#i">Loci comm., 208.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Vnzucht wird mit Vnzucht gestraft.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 565.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Wer nichts von Unzucht weiss, muss nach Interlaken ins Kloster gehen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Klosterspiegel, 60, 23.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Wer Vnzucht vnd Völlerei liebt, der ist einer Saw gleich.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 775.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Zu vnzucht reitzt der müssiggang, darumb von arbeit bleib nicht lang.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Loci comm., 149.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unzüchtig.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Die unzüchtig reden mit ihrem Munde, sind des Teufels Jagdhunde.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unzüchtiger.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Bei Unzüchtigen lernt man Galanisiren (oder Geilanisiren).</hi> (S.  Pech 5.) &#x2013; <hi rendition="#i">Chaos, 931.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unzufriedener.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Der Unzufriedene hat nimmer genug.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Quem Cos non nutrit, illum nutrit Aegyptus. (<hi rendition="#i">Gaal, 1593.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Der Unzufriedene hat oft zu viel, aber nie genug.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 10791.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Wer mit Unzufriedenen lebt in Mitte, wohnt mit Schlangen in einer Hütte.</hi> (<hi rendition="#i">Tamul.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Es ist hier von innerlich mit sich zerfallenen Menschen die Rede.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Unzuverlässig.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* So unzuverlässig wie eine Thurmuhr.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Das Sprichwort: &#x201E;so unzuverlässig wie eine Thurmuhr&#x201C; ist mit Recht noch im Gebrauch. <hi rendition="#i">Schles. Presse vom 18. Sept. 1873, Nr. 183</hi>, in einem Artikel, der die Aufmerksamkeit auf bessere Uhren dieser Art auf der wiener Weltausstellung und in der Eppner'schen Fabrik in Silberberg richtet.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Upgallen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Dat sall die upgallen (bekommen) as den Juden dat Speck.</hi> (<hi rendition="#i">Husum.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schütze, II, 8.</hi></p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[746]/0752] Unwissenheit. 1 Der Unwissenheit entgehet manche Freud'. Schwed.: Ovett hugnar intet. (Grubb, 659.) 2 Unwissenheit entschuldigt. – Graf, 22, 251. Streng genommen, soll jeder sein Recht wissen, denn für den, der es nicht weiss, besteht es eigentlich nicht; man entschuldigt aber nach Anleitung des römischen Rechts jede Rechtsunwissenheit bei Bauern, Weibern und Rittern. Nach dieser Lehre, bemerkt Graf, müsste man dem ritterlichen Verfasser des Sachsenspiegels zwar einen Rechtsirrthum verzeihen, nicht aber einem Bürger, der vom Bauer nur durch die Mauer geschieden war. (S. Bürger 2.) In Kleve: Onwytschap ontschuldigt. (Kamptz, III, 32.) Holl.: Onwetendheid maakt schuld. (Harrebomée, II, 140b.) 3 Unwissenheit hilft nicht, denn jeder muss sein Recht wissen. – Graf, 22, 250. In Kleve: Onwytschap en hulpe oen nyt, want eyn ygelyk sal syn Recht weten. (Kamptz, III, 32; Cleve, 70.) Dän.: Lovens uvidenhed undskylder ei (thi at vide og skulle vide er her eet). (Prov. dan., 392.) 4 Unwissenheit ist der theuerste Hausrath. 5 Unwissenheit ist die grösste Armuth. 6 Unwissenheit ist ein gutes Schlummerkissen. Holl.: De onwetendheid is een zacht oorkussen. (Harrebomée, II, 140b.) 7 Unwissenheit ist ein undankbarer Gast. Böhm.: Neznámost čini nemilost. – Neznámost jest nevdĕčný host. (Čelakovsky, 214.) 8 Unwissenheit ist keine Sünde. Unter Umständen doch. Holl.: Onwetenheid is geene zende. (Harrebomée, II, 140b.) 9 Unwissenheit ist kühn. – Simrock, 10788; Eiselein, 613. Luther (Tischreden, 6) sagt von sich: „Gott hat mich hieran geführt wie einen Gaul, dem die Augen geblendet sind, dass er nicht sehe, sonst wär' ich nimmer so kühn gewesen, dass ich den Papst und schier alle Menschen angegriffen hätte.“ Holl.: Onwetendheid is doof. (Harrebomée, II, 140b.) Lat.: Inscitia confidentiam parit. (Philippi, I, 203.) 10 Unwissenheit schadet (oft) mehr als Bosheit. Ein Aufsatz über dieses Sprichwort findet sich in Beyer's Neuer Monatschrift, Jauer 1800, S. 156 fg. 11 Unwissenheit und Prahlerei kriechen aus einem Ei. Holl.: Onwetendheid en laat dunkendheid gaan te zonen. – Onwetendheid baart stout moedigheid. (Harrebomée, II, 140b.) 12 Unwissenheit zeugt Irrthümer; aus Irrthümern entstehen betrogene Hoffnungen, und betrogene Hoffnungen und Elend sind eins. Die Chinesen: Unwissenheit ist die Nacht des Geistes, und eine Nacht ohne Mond und Sterne. (Cibot, 177.) Lat.: Omnium pestium pestilentissima est superstitio. (Junker und Pfaffen, II, 127.) 13 Vnwissenheit ist der Weissheit feind. – Lehmann, II, 792, 120. Lat.: Scientia nescit hostem praeter ignorantem. (Bovill, II, 157.) 14 Vnwissenheit ist ein Art der vnsinnigkeit. – Lehmann, II, 792, 120. 15 Vnwissenheit ist ein vbel ohne Schmertzen. – Lehmann, II, 792, 120. Wie gut wär's, wenn's manchmal stäche und juckte. 16 Vnwissenheit vnd Heuchelei stiften Vnglück mancherley. – Petri, II, 565. 17 Wo die Unwissenheit ein Segen ist, da ist es Thorheit gescheit (klug, verständig) sein zu wollen. Unwitz. 1 Der Vnwitz bawt Häuser in Lufft. – Lehmann, 807, 5. 2 Der Vnwitz ladet Gäst zum Kalbskopff, eh die Kuh kälbert. – Lehmann, 807, 5. 3 Vnwitz gibt der Tochter einen Mann, ehe sie geborn. – Lehmann, 807, 5. 4 Vnwitz ist leichtfertig vnd vermessen. – Lehmann, 452, 3. Unwürdiger. 1 Eim vnwirdigen zu flehe kommen ist schand. – Franck, I, 69b. Lat.: Ingenuitatem laedis, cum indignum rogas. (Franck, I, 69b.) 2 Einem vnwirdigen gereicht grosse Ehr zur schand. – Petri, II, 178. Unze. Besser eine Unze geben, als einen Centner versprechen. – Winckler, IX, 10. Unzählig. *1 Unzählig wie der Sand am Meere. *2 Unzählig wie die Sterne des Himmels. Ein birmanisches Sprichwort sagt: Zahllos wie die Tempel von Pupan. (Vgl. Daheim, Nr. 1, S. 45.) Unzeit. 1 Besser zur Vnzeit als nimmer (oder: als gar unterlassen). – Lehmann, 849, 1; Schottel, 1121b; Sailer, 112. Holl.: Beter ten ontijde dan nimmermeer. (Harrebomée, II, 139b.) Lat.: Non satis in nimis. (Bovill, III, 178.) 2 Wer etwas zur Unzeit thut, der hat es gar nicht gethan. Dän.: At gjøre i utide og daarligen, er snart det samme. (Prov. dan., 425.) 3 Wer zur Unzeit isst, muss fasten zur Zeit. Dän.: Hvo som aeder i utiide skal faste i utiide. (Prov. dan., 9.) Lat.: Intempestus (intempestatus) edax cum fas jubet esse famescat. (Reuterdahl, 434.) Schwed.: Hwa som i otidh aether han skal fasta aetande tiidh. (Reuterdahl, 434.) 4 Zur Vnzeit lauffen sie, zur Vnzeit keltern sie. – Petri, II, 827. Unzertrennlich. * Sie sind so unzertrennlich wie Weiber und Flöhe. (Westf.) Unzucht. 1 All vnzucht ist gern darbey, wo sich last finden füllerey. Lat.: Impletus uenter, uult luxuriari libenter. (Loci comm., 56.) 2 Geheime Unzucht, offenbare Schande. – Simrock, 10790. Die Spuren des geheim getriebenen Lasters zeigen sich endlich offen dem Auge am Körper dessen, der sie übte. 3 Sollte jede Unzucht die Nase verlieren, so müssten gar viele ohne Nase spazieren. 4 Unzucht trägt böse Frucht. Schwed.: Otucht gjör elack lucht. – Skj örlefnad får ond trefnad. (Grubb, 658 u. 731.) 5 Vnzucht ist offtmals also gross, dass man sie kennet bey der nass. Lat.: Noscitur ad nasum mulier, que uendit omasum. (Loci comm., 208.) 6 Vnzucht wird mit Vnzucht gestraft. – Petri, II, 565. 7 Wer nichts von Unzucht weiss, muss nach Interlaken ins Kloster gehen. – Klosterspiegel, 60, 23. 8 Wer Vnzucht vnd Völlerei liebt, der ist einer Saw gleich. – Petri, II, 775. 9 Zu vnzucht reitzt der müssiggang, darumb von arbeit bleib nicht lang. – Loci comm., 149. Unzüchtig. Die unzüchtig reden mit ihrem Munde, sind des Teufels Jagdhunde. Unzüchtiger. Bei Unzüchtigen lernt man Galanisiren (oder Geilanisiren). (S. Pech 5.) – Chaos, 931. Unzufriedener. 1 Der Unzufriedene hat nimmer genug. Lat.: Quem Cos non nutrit, illum nutrit Aegyptus. (Gaal, 1593.) 2 Der Unzufriedene hat oft zu viel, aber nie genug. – Simrock, 10791. 3 Wer mit Unzufriedenen lebt in Mitte, wohnt mit Schlangen in einer Hütte. (Tamul.) Es ist hier von innerlich mit sich zerfallenen Menschen die Rede. Unzuverlässig. * So unzuverlässig wie eine Thurmuhr. Das Sprichwort: „so unzuverlässig wie eine Thurmuhr“ ist mit Recht noch im Gebrauch. Schles. Presse vom 18. Sept. 1873, Nr. 183, in einem Artikel, der die Aufmerksamkeit auf bessere Uhren dieser Art auf der wiener Weltausstellung und in der Eppner'schen Fabrik in Silberberg richtet. Upgallen. * Dat sall die upgallen (bekommen) as den Juden dat Speck. (Husum.) – Schütze, II, 8.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:19Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/752
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [746]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/752>, abgerufen am 22.11.2024.