Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.[Spaltenumbruch] (tuberositas), vorn aber die Köpfe der Mittelfussknochen. Selbst die geschickteste Tänzerin steht nicht auf der Zehenspitze, sondern auf den Köpfen der Mittelknochen." (Vgl. Breslauer Zeitung, 1869, Nr. 561.) *2 Noch für eine Zehenspitze Raum gewinnen. "Den Bläsi treibt sein böser Stern, er muss. Für die letzte Zehenspitze gewinnt er kümmerliche Bahn." (Wild- und Weidmannsbilder, S. 87.) Zehn. 1 Besser zehn ehrlich gemacht, als einen zum Schelm. 2 Es lauft eins höher als zehn. 3 Es müssen Zehen neben einem verderben biss einer reich wird. - Petri, II, 289. 4 Ick bün vör Tein nich bang, so lang ick allein bün. - Raabe, 8; für Jever: Frommann, III, 38, 20. 5 Wer zehnen die Zähne gegeben, der wird ihnen auch zu essen geben. *6 Alle Zehn danach lecken (strecken). *7 Er wird sich vor zehn nicht fürchten, wenn er allein ist. - Sailer, 105. Wie das Sprichwort im Vordersatz dem Feigen Muth gibt, um ihm denselben im Nachsatz wieder absprechen zu können. *8 Mit allen Zehnen (nämlich Fingern) darnach langen. Frz.: Il y met les quatre doigts et le pouce. *9 Von Zehn bis Mittag. (Oberösterr.) Also kurze Zeit. *10 Zehne suchen (sehen) die Gefahr, und einer rettet sich. Zehngebote. * Einem die Zehngebote ins Gesicht schreiben. D. h. ihm mit den zehn Fingernägeln kratzend über das Angesicht fahren. Dies mishandelnde Verfahren hat sich einen biblischen Ausdruck zur verhüllenden Bezeichnung gewählt. Laurillard hat im dritten Abschnitt seiner Preisschrift (S. 23-27) die Sprichwörter, sprichwörtlichen Ausdrücke und Redensarten zusammengestellt, welche sich an biblische Gebräuche, Sitten, festliche Vorgänge u. s. w. anlehnen. Es finden sich da: De zondebok zijn. (Mos. 16, 5; 7-10, 21, 22.) Grooten verzoendag houden. Men roept zoo lang Paschen tot het komt. Als Paschen komt op een zondag is elk een kind van zijn eigen vader. Als 't Palmzondag is, zal 't haast Paschen zijn. Hij laat Paschen en Pinksteren zien. Als Paschen en Pinksteren op een dag komen. Purim maken Sabbathskleed. Sabbaths-schennis. Het slacht offer zijn. Eene wet van Meden en Perzen. (Esther, 1, 19, Dan. 6, 9, 13-16.) Het Heilige der Heiligen. (2 Mos. 26, 33, Mos. 16, 2; Makk. 1, 11; Hebr. 9, 7.) Hij werpt er zijn schoen op. (Ruth 4, 7, 8, Ps. 108, 10.) Ergens niet zonder kleerscheuren afkomen. (Hiob 1, 20.) Hij is uit de synagoge gebannen. (Luk. 4, 20-29: Joh. 9, 22; 12, 42; 16, 2.) Jemand de Levieten lezen. Zehnte. 1 Da ist mein Zehnter, sagte der Dieb zum Pfaffen, da sollte er das zehnte mal ins Loch, wo er schon neunmal gesteckt. 2 Ein jeglicher Zehent seinem Gut. - Graf, 122, 319. Der Zehent gehört nebst Fronen und Zinsen zu den Reallasten, ist die vornehmste Art derselben und ruht auf dem Gute. 3 Ich bringe den Zehnten, sagte der Bauer zum Pfaffen, der von allen Dingen den Zehnten haben wollte, und übergab ihm das zehnte Kind, das ihm seine Frau geboren hatte. "Ein Bawr ward allezeit im zehntgeben von seinem Priester hart angestrengt, derentwegen all sein Fraw des zehenden Kindes in das Kindesbeth war kommen, waren sie zwey der Sachen eins, dass sie das Kindt, weil es das zehend war vnnd der Pfaff von allen dingen den zehenden haben wolt, jhm das wolten zu hauss schicken, welches sie dann thäten. Der Pfaff wolt das keinerley weg annemen. Wäre es der zehende gulden von dem, das der Bawr vermocht, gewesen; er solt davor erschrocken seyn, gleich eim Hundt vor einer Bratwurst oder seiten Speck." (Zinkgref, IV, 185.) 4 Wer den Zehnt nach rechter Gewohnheit gibt, der hat ihn recht gegeben. - Graf, 123, 341. Dies Sprichwort sagt, dass es keineswegs genügte, den Zehnt nach seiner rechtmässigen Grösse und Beschaffenheit zu verabreichen, es musste auch unter den üblichen Förmlichkeiten geschehen. Mhd.: Swer den zehenden nach rehter gewonheit gibt, der hat in wol gegeben. (Sachsenspiegel, II, 48, 10.) 5 Wer den Zehnten austheilt, muss den Frauen zuerst geben. [Spaltenumbruch] 6 Wer den Zehnten nicht bezahlt, dem sollen auch die neun Theile genommen werden. - Graf, 123, 339. Dies aus den Gesetzen der Angelsachsen (vgl. R. Schmid, I, 68, 69) entlehnte Sprichwort schildert die Strenge, mit der bisweilen der Zehnt eingefordert wurde, und die so weit ging, dass sie den Verlust des zehntpflichtigen Gutes zur Folge haben konnte. 7 Wer den Zehnten nicht gibt, dem nimmt man den Fünften. *8 Den Zehnten von Stroh geben. Sehr peinlich in Erfüllung religiöser Satzungen sein, zur Bezeichnung von Frömmlern, Heuchlern, Pharisäern. Jüdisch-deutsch in Warschau: Ejssev git Maasser vün Stroj, d. i. Esau gibt Zehnten von Stroh. Nach der Sage soll nämlich Esau seinen Vater, um ihm eine hohe Vorstellung von seiner Frömmigkeit beizubringen, gefragt haben, ob man auch von leerem, ausgedroschenem Stroh den Armen Zehnten geben müsse. (Vgl. Tendlau, 8.) Zehnter. 1 Der Zehnte bekommt kaum etwas zu Rom. Hoffmann von Fallersleben bemerkt zu dem Sprichwort: "Weil nur wenige im Besitz der Mittel sind, durch Bestechung mit Geld etwas zu erreichen; denn zu Rom herrscht das Geld, der pfenninc, der nummus." (Vgl. die Gedichte in Haupt's Zeitschrift, VI, 301-302.) Die Klagen, namentlich der Dichter, über die Bestechlichkeit, den Geiz, die Habsucht des römischen Hofes gehen das ganze Mittelalter hindurch. Vgl. W. Grimm's Einleitung zum Freidank, S. LXII fg. Bei Tunnicius (942): De teinde kricht nouwe wat to Rome. (Romae vix decimo fragilis fortuna secunda.) 2 Der Zehnte weiss nicht, wo den Elften der Schuh drückt. - Simrock, 12000. 3 Der Zehnte weiss nicht, wovon der Elfte lebt. - Simrock, 11999; Körte, 7069. Im Harz: Dr Zahnte wäss net, wu sich dr Elfte dervon nährt. (Lohrengel, II, 175.) Holl.: De tiende weet altijd niet, hoe de elfde aan den kost komt. (Harrebomee, II, 330a.) *4 Das kann der Zehnte nicht vertragen. - Klix, 124. Zehntes. Wer das Zehnte haben will, muss neun opfern. - Schlechta, 293. Zehren. 1 Czer ich, so verdirb ich; spar ich, so stirb ich; doch ist besser geczert vnd verdorben, denn gespart vnd gestorben. - Werdea, Aiiij. 2 Da ist schlecht zehren, wo weder Brot noch Wasser ist. Bei Tunnicius (883): Dar is quat teren, dar noch brot noch water is. (Estur ibi prave, nihil est ubi panis et undae.) 3 Das Zehren muss nach dem Gute sein; der Weise glaubt, der Narr sagt: nein. 4 Es lässt sich besser zehren vom Vollen als vom Leeren. Lat.: Suave est, ex magno acervo tollere. (Philippi, II, 203.) 5 Hast du mit mir gezehrt, so kannst du mit mir zahlen. - Sutor, 652. 6 Man zehrt besser beim Wirth als beim Wirthle. - Sailer, 286. 7 Tumblich zeren und boslich sparen, süln selten Guot und Ere bewaren. 8 Viel zehren und gasten lert (Küche), Keller vnd Kasten. - Gruter, III, 88; Lehmann, II, 799, 66; Simrock, 12002; Körte, 7070. 9 Vil zeeren und gasten lürt käller und kasten. - Bullinger, 79b. 10 Wenn alle gezehrt haben, streitet man sich über die Zeche. Aehnlich die Chinesen. (Cibot, 160.) 11 Wer wenig zehrt, hat viel (lange) zu zehren. Lat.: Frugalitas viaticum vitae optimum. (Sailer, Sprüche, 37.) 12 Wer zehrt ohn' Ehr' und Gott, wird bald der Leute Spott. 13 Zehr spärlich vom gewinn. - Henisch, 1601, 52. 14 Zehre heut, dass du morgen auch zu zehren habest. - Petri, II, 820. 15 Zehre kerglich, kleide dich zierlich; man sihet einem auff, nicht in den Leib. - Petri, II, 858.
[Spaltenumbruch] (tuberositas), vorn aber die Köpfe der Mittelfussknochen. Selbst die geschickteste Tänzerin steht nicht auf der Zehenspitze, sondern auf den Köpfen der Mittelknochen.“ (Vgl. Breslauer Zeitung, 1869, Nr. 561.) *2 Noch für eine Zehenspitze Raum gewinnen. „Den Bläsi treibt sein böser Stern, er muss. Für die letzte Zehenspitze gewinnt er kümmerliche Bahn.“ (Wild- und Weidmannsbilder, S. 87.) Zehn. 1 Besser zehn ehrlich gemacht, als einen zum Schelm. 2 Es lauft eins höher als zehn. 3 Es müssen Zehen neben einem verderben biss einer reich wird. – Petri, II, 289. 4 Ick bün vör Tein nich bang, so lang ick allein bün. – Raabe, 8; für Jever: Frommann, III, 38, 20. 5 Wer zehnen die Zähne gegeben, der wird ihnen auch zu essen geben. *6 Alle Zehn danach lecken (strecken). *7 Er wird sich vor zehn nicht fürchten, wenn er allein ist. – Sailer, 105. Wie das Sprichwort im Vordersatz dem Feigen Muth gibt, um ihm denselben im Nachsatz wieder absprechen zu können. *8 Mit allen Zehnen (nämlich Fingern) darnach langen. Frz.: Il y met les quatre doigts et le pouce. *9 Von Zehn bis Mittag. (Oberösterr.) Also kurze Zeit. *10 Zehne suchen (sehen) die Gefahr, und einer rettet sich. Zehngebote. * Einem die Zehngebote ins Gesicht schreiben. D. h. ihm mit den zehn Fingernägeln kratzend über das Angesicht fahren. Dies mishandelnde Verfahren hat sich einen biblischen Ausdruck zur verhüllenden Bezeichnung gewählt. Laurillard hat im dritten Abschnitt seiner Preisschrift (S. 23-27) die Sprichwörter, sprichwörtlichen Ausdrücke und Redensarten zusammengestellt, welche sich an biblische Gebräuche, Sitten, festliche Vorgänge u. s. w. anlehnen. Es finden sich da: De zondebok zijn. (Mos. 16, 5; 7-10, 21, 22.) Grooten verzoendag houden. Men roept zoo lang Paschen tot het komt. Als Paschen komt op een zondag is elk een kind van zijn eigen vader. Als 't Palmzondag is, zal 't haast Paschen zijn. Hij laat Paschen en Pinksteren zien. Als Paschen en Pinksteren op één dag komen. Purim maken Sabbathskleed. Sabbaths-schennis. Het slacht offer zijn. Eene wet van Meden en Perzen. (Esther, 1, 19, Dan. 6, 9, 13-16.) Het Heilige der Heiligen. (2 Mos. 26, 33, Mos. 16, 2; Makk. 1, 11; Hebr. 9, 7.) Hij werpt er zijn schoen op. (Ruth 4, 7, 8, Ps. 108, 10.) Ergens niet zonder kleerscheuren afkomen. (Hiob 1, 20.) Hij is uit de synagoge gebannen. (Luk. 4, 20-29: Joh. 9, 22; 12, 42; 16, 2.) Jemand de Levieten lezen. Zehnte. 1 Da ist mein Zehnter, sagte der Dieb zum Pfaffen, da sollte er das zehnte mal ins Loch, wo er schon neunmal gesteckt. 2 Ein jeglicher Zehent seinem Gut. – Graf, 122, 319. 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Esau gibt Zehnten von Stroh. Nach der Sage soll nämlich Esau seinen Vater, um ihm eine hohe Vorstellung von seiner Frömmigkeit beizubringen, gefragt haben, ob man auch von leerem, ausgedroschenem Stroh den Armen Zehnten geben müsse. (Vgl. Tendlau, 8.) Zehnter. 1 Der Zehnte bekommt kaum etwas zu Rom. Hoffmann von Fallersleben bemerkt zu dem Sprichwort: „Weil nur wenige im Besitz der Mittel sind, durch Bestechung mit Geld etwas zu erreichen; denn zu Rom herrscht das Geld, der pfenninc, der nummus.“ (Vgl. die Gedichte in Haupt's Zeitschrift, VI, 301-302.) Die Klagen, namentlich der Dichter, über die Bestechlichkeit, den Geiz, die Habsucht des römischen Hofes gehen das ganze Mittelalter hindurch. Vgl. W. Grimm's Einleitung zum Freidank, S. LXII fg. Bei Tunnicius (942): De teinde kricht nouwe wat to Rome. 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(Philippi, II, 203.) 5 Hast du mit mir gezehrt, so kannst du mit mir zahlen. – Sutor, 652. 6 Man zehrt besser beim Wirth als beim Wirthle. – Sailer, 286. 7 Tumblich zeren und boslich sparen, süln selten Guot und Ere bewaren. 8 Viel zehren und gasten lert (Küche), Keller vnd Kasten. – Gruter, III, 88; Lehmann, II, 799, 66; Simrock, 12002; Körte, 7070. 9 Vil zeeren und gasten lürt käller und kasten. – Bullinger, 79b. 10 Wenn alle gezehrt haben, streitet man sich über die Zeche. Aehnlich die Chinesen. (Cibot, 160.) 11 Wer wenig zehrt, hat viel (lange) zu zehren. Lat.: Frugalitas viaticum vitae optimum. (Sailer, Sprüche, 37.) 12 Wer zehrt ohn' Ehr' und Gott, wird bald der Leute Spott. 13 Zehr spärlich vom gewinn. – Henisch, 1601, 52. 14 Zehre heut, dass du morgen auch zu zehren habest. – Petri, II, 820. 15 Zehre kerglich, kleide dich zierlich; man sihet einem auff, nicht in den Leib. – Petri, II, 858.
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(tuberositas), vorn aber die Köpfe der Mittelfussknochen. Selbst die geschickteste Tänzerin steht nicht auf der Zehenspitze, sondern auf den Köpfen der Mittelknochen.“ (Vgl. Breslauer Zeitung, 1869, Nr. 561.)
*2 Noch für eine Zehenspitze Raum gewinnen.
„Den Bläsi treibt sein böser Stern, er muss. Für die letzte Zehenspitze gewinnt er kümmerliche Bahn.“ (Wild- und Weidmannsbilder, S. 87.)
Zehn.
1 Besser zehn ehrlich gemacht, als einen zum Schelm.
2 Es lauft eins höher als zehn.
3 Es müssen Zehen neben einem verderben biss einer reich wird. – Petri, II, 289.
4 Ick bün vör Tein nich bang, so lang ick allein bün. – Raabe, 8; für Jever: Frommann, III, 38, 20.
5 Wer zehnen die Zähne gegeben, der wird ihnen auch zu essen geben.
*6 Alle Zehn danach lecken (strecken).
*7 Er wird sich vor zehn nicht fürchten, wenn er allein ist. – Sailer, 105.
Wie das Sprichwort im Vordersatz dem Feigen Muth gibt, um ihm denselben im Nachsatz wieder absprechen zu können.
*8 Mit allen Zehnen (nämlich Fingern) darnach langen.
Frz.: Il y met les quatre doigts et le pouce.
*9 Von Zehn bis Mittag. (Oberösterr.)
Also kurze Zeit.
*10 Zehne suchen (sehen) die Gefahr, und einer rettet sich.
Zehngebote.
* Einem die Zehngebote ins Gesicht schreiben.
D. h. ihm mit den zehn Fingernägeln kratzend über das Angesicht fahren. Dies mishandelnde Verfahren hat sich einen biblischen Ausdruck zur verhüllenden Bezeichnung gewählt. Laurillard hat im dritten Abschnitt seiner Preisschrift (S. 23-27) die Sprichwörter, sprichwörtlichen Ausdrücke und Redensarten zusammengestellt, welche sich an biblische Gebräuche, Sitten, festliche Vorgänge u. s. w. anlehnen. Es finden sich da: De zondebok zijn. (Mos. 16, 5; 7-10, 21, 22.) Grooten verzoendag houden. Men roept zoo lang Paschen tot het komt. Als Paschen komt op een zondag is elk een kind van zijn eigen vader. Als 't Palmzondag is, zal 't haast Paschen zijn. Hij laat Paschen en Pinksteren zien. Als Paschen en Pinksteren op één dag komen. Purim maken Sabbathskleed. Sabbaths-schennis. Het slacht offer zijn. Eene wet van Meden en Perzen. (Esther, 1, 19, Dan. 6, 9, 13-16.) Het Heilige der Heiligen. (2 Mos. 26, 33, Mos. 16, 2; Makk. 1, 11; Hebr. 9, 7.) Hij werpt er zijn schoen op. (Ruth 4, 7, 8, Ps. 108, 10.) Ergens niet zonder kleerscheuren afkomen. (Hiob 1, 20.) Hij is uit de synagoge gebannen. (Luk. 4, 20-29: Joh. 9, 22; 12, 42; 16, 2.) Jemand de Levieten lezen.
Zehnte.
1 Da ist mein Zehnter, sagte der Dieb zum Pfaffen, da sollte er das zehnte mal ins Loch, wo er schon neunmal gesteckt.
2 Ein jeglicher Zehent seinem Gut. – Graf, 122, 319.
Der Zehent gehört nebst Fronen und Zinsen zu den Reallasten, ist die vornehmste Art derselben und ruht auf dem Gute.
3 Ich bringe den Zehnten, sagte der Bauer zum Pfaffen, der von allen Dingen den Zehnten haben wollte, und übergab ihm das zehnte Kind, das ihm seine Frau geboren hatte.
„Ein Bawr ward allezeit im zehntgeben von seinem Priester hart angestrengt, derentwegen all sein Fraw des zehenden Kindes in das Kindesbeth war kommen, waren sie zwey der Sachen eins, dass sie das Kindt, weil es das zehend war vnnd der Pfaff von allen dingen den zehenden haben wolt, jhm das wolten zu hauss schicken, welches sie dann thäten. Der Pfaff wolt das keinerley weg annemen. Wäre es der zehende gulden von dem, das der Bawr vermocht, gewesen; er solt davor erschrocken seyn, gleich eim Hundt vor einer Bratwurst oder seiten Speck.“ (Zinkgref, IV, 185.)
4 Wer den Zehnt nach rechter Gewohnheit gibt, der hat ihn recht gegeben. – Graf, 123, 341.
Dies Sprichwort sagt, dass es keineswegs genügte, den Zehnt nach seiner rechtmässigen Grösse und Beschaffenheit zu verabreichen, es musste auch unter den üblichen Förmlichkeiten geschehen.
Mhd.: Swer den zehenden nach rehter gewonheit gibt, der hat in wol gegeben. (Sachsenspiegel, II, 48, 10.)
5 Wer den Zehnten austheilt, muss den Frauen zuerst geben.
6 Wer den Zehnten nicht bezahlt, dem sollen auch die neun Theile genommen werden. – Graf, 123, 339.
Dies aus den Gesetzen der Angelsachsen (vgl. R. Schmid, I, 68, 69) entlehnte Sprichwort schildert die Strenge, mit der bisweilen der Zehnt eingefordert wurde, und die so weit ging, dass sie den Verlust des zehntpflichtigen Gutes zur Folge haben konnte.
7 Wer den Zehnten nicht gibt, dem nimmt man den Fünften.
*8 Den Zehnten von Stroh geben.
Sehr peinlich in Erfüllung religiöser Satzungen sein, zur Bezeichnung von Frömmlern, Heuchlern, Pharisäern. Jüdisch-deutsch in Warschau: Ejssev git Maasser vün Stroj, d. i. Esau gibt Zehnten von Stroh. Nach der Sage soll nämlich Esau seinen Vater, um ihm eine hohe Vorstellung von seiner Frömmigkeit beizubringen, gefragt haben, ob man auch von leerem, ausgedroschenem Stroh den Armen Zehnten geben müsse. (Vgl. Tendlau, 8.)
Zehnter.
1 Der Zehnte bekommt kaum etwas zu Rom.
Hoffmann von Fallersleben bemerkt zu dem Sprichwort: „Weil nur wenige im Besitz der Mittel sind, durch Bestechung mit Geld etwas zu erreichen; denn zu Rom herrscht das Geld, der pfenninc, der nummus.“ (Vgl. die Gedichte in Haupt's Zeitschrift, VI, 301-302.) Die Klagen, namentlich der Dichter, über die Bestechlichkeit, den Geiz, die Habsucht des römischen Hofes gehen das ganze Mittelalter hindurch. Vgl. W. Grimm's Einleitung zum Freidank, S. LXII fg. Bei Tunnicius (942): De teinde kricht nouwe wat to Rome. (Romae vix decimo fragilis fortuna secunda.)
2 Der Zehnte weiss nicht, wo den Elften der Schuh drückt. – Simrock, 12000.
3 Der Zehnte weiss nicht, wovon der Elfte lebt. – Simrock, 11999; Körte, 7069.
Im Harz: Dr Zahnte wäss net, wu sich dr Elfte dervon nährt. (Lohrengel, II, 175.)
Holl.: De tiende weet altijd niet, hoe de elfde aan den kost komt. (Harrebomée, II, 330a.)
*4 Das kann der Zehnte nicht vertragen. – Klix, 124.
Zehntes.
Wer das Zehnte haben will, muss neun opfern. – Schlechta, 293.
Zehren.
1 Czer ich, so verdirb ich; spar ich, so stirb ich; doch ist besser geczert vnd verdorben, denn gespart vnd gestorben. – Werdea, Aiiij.
2 Da ist schlecht zehren, wo weder Brot noch Wasser ist.
Bei Tunnicius (883): Dâr is quât teren, dâr noch brôt noch water is. (Estur ibi prave, nihil est ubi panis et undae.)
3 Das Zehren muss nach dem Gute sein; der Weise glaubt, der Narr sagt: nein.
4 Es lässt sich besser zehren vom Vollen als vom Leeren.
Lat.: Suave est, ex magno acervo tollere. (Philippi, II, 203.)
5 Hast du mit mir gezehrt, so kannst du mit mir zahlen. – Sutor, 652.
6 Man zehrt besser beim Wirth als beim Wirthle. – Sailer, 286.
7 Tumblich zeren und boslich sparen, süln selten Guot und Ere bewaren.
8 Viel zehren und gasten lert (Küche), Keller vnd Kasten. – Gruter, III, 88; Lehmann, II, 799, 66; Simrock, 12002; Körte, 7070.
9 Vil zeeren und gasten lürt käller und kasten. – Bullinger, 79b.
10 Wenn alle gezehrt haben, streitet man sich über die Zeche.
Aehnlich die Chinesen. (Cibot, 160.)
11 Wer wenig zehrt, hat viel (lange) zu zehren.
Lat.: Frugalitas viaticum vitae optimum. (Sailer, Sprüche, 37.)
12 Wer zehrt ohn' Ehr' und Gott, wird bald der Leute Spott.
13 Zehr spärlich vom gewinn. – Henisch, 1601, 52.
14 Zehre heut, dass du morgen auch zu zehren habest. – Petri, II, 820.
15 Zehre kerglich, kleide dich zierlich; man sihet einem auff, nicht in den Leib. – Petri, II, 858.
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