Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] *39 Es geht zu, wie auf dem tauchaer Jahrmarkt.

Taucha ist eine kleine Stadt im Königreich Sachsen, mit etwa 2500 Einwohnern, ungefähr 2 Stunden von Leipzig entfernt. Der Jahrmarkt, welcher in der ersten Hälfte des September abgehalten wird, ist ein Volksfest, das sich auf dem Wege von Leipzig nach Taucha vollzieht. An diesem Tage zieht die leipziger Jugend in allerhand Vermummungen in den Strassen umher, mittels verschiedener Instrumente einen Heidenlärm machend. Das Fest hat folgenden Ursprung, dessen ehemalige Tendenz allerdings jetzt vergessen und eine andere geworden ist. Leipzig hatte bereits 1180 zwei Märkte, zu Jubilate und Michaelis, und zwar mit dem Privileg, dass eine Stunde im Umkreis kein ihr nachtheiliger Jahrmarkt abgehalten werden durfte. Als aber Markgraf Dietrich der Bedrängte, welcher die Landschaft Meissen geerbt hatte, Leipzig eroberte und die Stadt sich ein paarmal gegen ihn erhob, nahm er ihr zur Strafe ihre Privilegien und Märkte; die fremden Kaufleute wandten sich nun nach Taucha. Erst vom Jahr 1248 an fing der Handel Leipzigs an, sich wieder zu erheben, und 1268 kamen ihre Märkte und Privilegien aufs neue zu Leben. Von da an entspann sich ein langer Kampf zwischen den beiden Städten, bis endlich Leipzig nach mancher heissen und blutigen Fehde den Sieg davontrug. Nun rächten sich die Leipziger dadurch an den Tauchaern, dass sie alljährlich zum Herbstmarkte scharenweis nach Taucha hinauszogen und den Bewohnern daselbst allerhand Mummenschanz zum Possen trieben. Der gehässige Zweck dieser Züge wurde nun zwar vergessen, aber sie selbst blieben, und es bildete sich daraus eine Art Volksfest. Näheres darüber vgl. Jahreszeiten, XXVI. Jahrg., Hamburg 1867, Nr. 36, S. 574.

*40 Es geht zu, wie auf der Hasenjagd.

*41 Es geht zu, wie auf einem polnischen Reichstage. - Eiselein, 514; Simrock, 7965; Frischbier, 582; Frischbier, II, 2974.

Jüdisch-deutsch in Warschau: A Porzondek wie auf jüdische Chassenes (Hochzeiten). Porzadek, polnisch = Ordnung. Man sagt in Warschau aber auch: A Porzondek wie auf a pojlischen Zjaza (polnische Zusammenkunft, Reichstag). Beide Redensarten werden gebraucht, wenn man eine grosse Unordnung, ein wildes Durcheinander bezeichnen will.

Lat.: Syrbenae chorus. (Philippi, II, 209.)

*42 Es geht zu, wie auf einer Bauernkirmiss.

In der Schweiz: Es goht zue wie uf een Buurechilbs. (Sutermeister, 77.)

*43 Es geht zu, wie auf Matzen's Hochzeit. (Schles.) - Weinhold, 61.

Sehr bunt, sehr durcheinander. 'S ging zu wie uf Moze's Hochzeit. (Gomolcke, 949.)

*44 Es geht zu, wie bei der Milchtheilung in Breslau.

Bezieht sich wahrscheinlich auf den Witz, den sich der Herzog Boleslaw I. von Münsterberg (gestorben 1341) einmal in Breslau machte. Er liess auf dem Neumarkte, wo er wohnte, alle Milch zusammenbringen, und vor seinem Fenster in eine grosse Bütte giessen. Als die Milchweiber Bezahlung forderten, erklärte er, er brauche die Milch nicht, es könne sich jede ihre Milch wiedernehmen. Jetzt erhob sich unter den betheiligten Weibern ein Lärm und Raufen ohne Gleichen; sie gossen einander die Milch ins Gesicht, und mehr als eine ward in die Bütte während der Balgerei hineingestürzt. Nachdem sich Boleslaw an dem Schauspiel sattsam ergetzt hatte, liess er die Weiber mit ihren blutenden Nasen und Mäulern und zerrauften Haaren in sein Zimmer kommen und bezahlte ihnen die Milch zur Genüge. (Breslauer Erzähler, 1862, S. 436.)

*45 Es geht zu, wie bei der Zerstörung Jerusalem.

Holl.: Het is gelijk de verwoesting van Jerusalem. (Harrebomee, II, 375a.)

*46 Es geht zu, wie bei König Artus' Hofe; die Hunde tragen ganze Köpfe davon. - Schottel, 1139b; Simplic., I, 736; Simrock, 585.

Lat.: Haud unquam arcet ostium. (Philippi, I, 174.)

*47 Es geht zu, wie beim babylonischen Thurmbau.

*48 Es geht zu wie beim Guldbrige.

Diese Redensart hört man häufig auf dem Lande in der Gegend von Goldberg in Schlesien. Sie verdankt ihren Ursprung einer Kriegszeit; ob sie aus dem Jahre 1813, als sich die Franzosen in der Nähe befanden, oder schon aus den Zeiten der schlesischen Kriege, wol gar dem Dreissigjährigen Kriege herstammt, habe ich nicht ermitteln können.

*49 Es geht zu, wie beim reichen Mann, wo der Hund am Strohseile hängt. - Schles. Provinzial-Blätter, 1873, S. 239.

*50 Es geht zu, wie im Himmelreich. - Eyering, II, 479.

[Spaltenumbruch] *51 Es geht zu wie im Karnöffelspiel.

Die Mindern stechen die Mehreren, die Untern die Obern und das Karnöffel sticht sie alle. (Eiselein, 362.)

*52 Es geht zu wie im Krieg. - Eiselein, 396.

Lat.: Nulla fides pietasque viris, qui castra sequuntur. (Eiselein, 396.)

*53 Es geht zu, wie im polnischen Kriege. (Schles.)

*54 Es geht zu, wie im Schlaraffenlande.

Lat.: Extis pluit. (Binder I, 483; II, 1045; Erasm., 117.)

*55 Es geht zu, wie in einem Taubenschlage.

Frz.: Cette maison est une arche de Noe. (Lendroy, 58.)

*56 Es geht zu, wie in einer Judenschule.

In böhmisch Friedland: 'S giht zu wie a ar Judenschul. Die Juden, besonders die rechtgläubigen, pflegen die Synagoge "Schule" zu nennen. Die orthodoxen gehen zur bestimmten Zeit dorthin, stellen sich jeder an einen gewissen Platz, und sprechen ein Gebet in hebräischer Sprache. Anfangs ist es ein leises Gemurmel, dann erhebt der Betende die Stimme, um sie gleich darauf wieder fallen zu lassen, sodass das Ganze einem äusserst monotonen Gesange gleicht; da dies aber jeder für sich thut, und durchaus nicht im Einklange mit der Gemeinde, so kann man sich denken, was bei einer Versammlung von mehreren hundert Personen für ein Tumult entstehen muss. (Vgl. Grenzboten, 1858, Nr. 11; S. 429.)

Lat.: Mosea hirundinum. (Eiselein, 351.)

*57 Es geht zu, wie unter Schulzens Schuppen.

Lustig; vielleicht: auf Regiments Unkosten.

*58 Es geht zu, wie zu Sodom und Gomorra.

In Bezug auf grosse Ungehörigkeiten, Unsittlichkeiten u. s. w. Jüdisch-deutsch: Es is gur Maasse S'doni. Es sind die Thaten Sodoms. (Vgl. Tendlau 3.)

*59 Es goht drin zue wie im Ebige dernäbe. - Sutermeister, 77.

*60 Es goht zue, dass d' Chatze hinder em Ofe nüt inne werdet. - Sutermeister, 81.

Von ärmlichen Bewirthungen und Festen.

*61 Es ist zugegangen wie zu Harlem. - Schuppius, Sprüche, II, 915; Beiche, 226.

Bei der siebenmonatlichen Belagerung der Stadt durch Don Federigo von Toledo, den Sohn des Herzogs von Alba, infolge der sie sich 1572 auf Gnade und Ungnade ergeben musste. Alle Uebergabe-Bedingungen wurden mit den Worten zurückgewiesen: Ich habe keine andern Schlüssel als mein Geschütz.

*62 He geiht drop to, as de Buck up 'n Haversack. (Oldenburg.) - Firmenich, I, 232, 6.

*63 Hier geht es zu, wie in einem Taubenhause.

*64 'S gieht zu wie beim reiche Manne. - Robinson, 639.

*65 'S giht zu wie am Pitschen1 Kriege. - Gomolcke, 957; Robinson, 354.

1) Polnisch: Przin, eine kleine schlesische Stadt (Regierungsbezirk Oppeln, Kreis Kreuzburg). Dort wurde am 24. Januar 1588 der Erzherzog Maximilian von Oesterreich als Bewerber um die polnische Krone durch seinen Gegenkönig, Sigismund von Schweden, nach einem blutigen Treffen gefangen.

*66 Um den geht es heute zu. - Klement, S. 46.

Etwa: Um den reisst man sich heute förmlich!


Zugehören.

1 Dat häärt met to as de Düümlink to 'n Handsken. - Lyra, 42.

2 Was niemand zugehöret, das gehört dem Könige. - Graf, 129, 351.

Alles, worüber niemand seinen rechtmässigen Besitz nachweisen kann, gehört dem Staate, der Gesellschaft, durch den König, das Staatsoberhaupt, vertreten.


Zügel.

1 Der eine braucht die Zügel, der andere die Sporen.

It.: Taluno ha bisogna di sprone, taluno di briglia. (Pazzaglia, 363, 2.)

2 Der Zügel des Pferdes passt dem Esel nicht. - Cibot, 158.

3 Die Zügel gehören den Alten.

Lat.: Opportuna senis series mandatur habenis. (Reuterdahl, 655.)

Schwed.: Laet thaen gambla radha. (Reuterdahl, 655.)

4 Es hält mancher die Zügel, der das Joch tragen sollte.

Von rohen Fuhrleuten, Knechten u. s. w., welche die Zugthiere mishandeln.

Lat.: Multi frena tenent (lora ferent), sed perpessi iuga merent. (Reuterdahl, 534.)

Schwed.: Mange aero köre swena vaerstaer han som dragher. (Reuterdahl, 534.)

[Spaltenumbruch] *39 Es geht zu, wie auf dem tauchaer Jahrmarkt.

Taucha ist eine kleine Stadt im Königreich Sachsen, mit etwa 2500 Einwohnern, ungefähr 2 Stunden von Leipzig entfernt. Der Jahrmarkt, welcher in der ersten Hälfte des September abgehalten wird, ist ein Volksfest, das sich auf dem Wege von Leipzig nach Taucha vollzieht. An diesem Tage zieht die leipziger Jugend in allerhand Vermummungen in den Strassen umher, mittels verschiedener Instrumente einen Heidenlärm machend. Das Fest hat folgenden Ursprung, dessen ehemalige Tendenz allerdings jetzt vergessen und eine andere geworden ist. Leipzig hatte bereits 1180 zwei Märkte, zu Jubilate und Michaelis, und zwar mit dem Privileg, dass eine Stunde im Umkreis kein ihr nachtheiliger Jahrmarkt abgehalten werden durfte. Als aber Markgraf Dietrich der Bedrängte, welcher die Landschaft Meissen geerbt hatte, Leipzig eroberte und die Stadt sich ein paarmal gegen ihn erhob, nahm er ihr zur Strafe ihre Privilegien und Märkte; die fremden Kaufleute wandten sich nun nach Taucha. Erst vom Jahr 1248 an fing der Handel Leipzigs an, sich wieder zu erheben, und 1268 kamen ihre Märkte und Privilegien aufs neue zu Leben. Von da an entspann sich ein langer Kampf zwischen den beiden Städten, bis endlich Leipzig nach mancher heissen und blutigen Fehde den Sieg davontrug. Nun rächten sich die Leipziger dadurch an den Tauchaern, dass sie alljährlich zum Herbstmarkte scharenweis nach Taucha hinauszogen und den Bewohnern daselbst allerhand Mummenschanz zum Possen trieben. Der gehässige Zweck dieser Züge wurde nun zwar vergessen, aber sie selbst blieben, und es bildete sich daraus eine Art Volksfest. Näheres darüber vgl. Jahreszeiten, XXVI. Jahrg., Hamburg 1867, Nr. 36, S. 574.

*40 Es geht zu, wie auf der Hasenjagd.

*41 Es geht zu, wie auf einem polnischen Reichstage.Eiselein, 514; Simrock, 7965; Frischbier, 582; Frischbier, II, 2974.

Jüdisch-deutsch in Warschau: A Poržondek wie auf jüdische Chassenes (Hochzeiten). Porządek, polnisch = Ordnung. Man sagt in Warschau aber auch: A Poržondek wie auf a pojlischen Zjaza (polnische Zusammenkunft, Reichstag). Beide Redensarten werden gebraucht, wenn man eine grosse Unordnung, ein wildes Durcheinander bezeichnen will.

Lat.: Syrbenae chorus. (Philippi, II, 209.)

*42 Es geht zu, wie auf einer Bauernkirmiss.

In der Schweiz: Es goht zue wie uf een Buurechilbs. (Sutermeister, 77.)

*43 Es geht zu, wie auf Matzen's Hochzeit. (Schles.) – Weinhold, 61.

Sehr bunt, sehr durcheinander. 'S ging zu wie uf Moze's Hochzeit. (Gomolcke, 949.)

*44 Es geht zu, wie bei der Milchtheilung in Breslau.

Bezieht sich wahrscheinlich auf den Witz, den sich der Herzog Boleslaw I. von Münsterberg (gestorben 1341) einmal in Breslau machte. Er liess auf dem Neumarkte, wo er wohnte, alle Milch zusammenbringen, und vor seinem Fenster in eine grosse Bütte giessen. Als die Milchweiber Bezahlung forderten, erklärte er, er brauche die Milch nicht, es könne sich jede ihre Milch wiedernehmen. Jetzt erhob sich unter den betheiligten Weibern ein Lärm und Raufen ohne Gleichen; sie gossen einander die Milch ins Gesicht, und mehr als eine ward in die Bütte während der Balgerei hineingestürzt. Nachdem sich Boleslaw an dem Schauspiel sattsam ergetzt hatte, liess er die Weiber mit ihren blutenden Nasen und Mäulern und zerrauften Haaren in sein Zimmer kommen und bezahlte ihnen die Milch zur Genüge. (Breslauer Erzähler, 1862, S. 436.)

*45 Es geht zu, wie bei der Zerstörung Jerusalem.

Holl.: Het is gelijk de verwoesting van Jerusalem. (Harrebomée, II, 375a.)

*46 Es geht zu, wie bei König Artus' Hofe; die Hunde tragen ganze Köpfe davon.Schottel, 1139b; Simplic., I, 736; Simrock, 585.

Lat.: Haud unquam arcet ostium. (Philippi, I, 174.)

*47 Es geht zu, wie beim babylonischen Thurmbau.

*48 Es geht zu wie beim Guldbrige.

Diese Redensart hört man häufig auf dem Lande in der Gegend von Goldberg in Schlesien. Sie verdankt ihren Ursprung einer Kriegszeit; ob sie aus dem Jahre 1813, als sich die Franzosen in der Nähe befanden, oder schon aus den Zeiten der schlesischen Kriege, wol gar dem Dreissigjährigen Kriege herstammt, habe ich nicht ermitteln können.

*49 Es geht zu, wie beim reichen Mann, wo der Hund am Strohseile hängt.Schles. Provinzial-Blätter, 1873, S. 239.

*50 Es geht zu, wie im Himmelreich.Eyering, II, 479.

[Spaltenumbruch] *51 Es geht zu wie im Karnöffelspiel.

Die Mindern stechen die Mehreren, die Untern die Obern und das Karnöffel sticht sie alle. (Eiselein, 362.)

*52 Es geht zu wie im Krieg.Eiselein, 396.

Lat.: Nulla fides pietasque viris, qui castra sequuntur. (Eiselein, 396.)

*53 Es geht zu, wie im polnischen Kriege. (Schles.)

*54 Es geht zu, wie im Schlaraffenlande.

Lat.: Extis pluit. (Binder I, 483; II, 1045; Erasm., 117.)

*55 Es geht zu, wie in einem Taubenschlage.

Frz.: Cette maison est une arche de Noë. (Lendroy, 58.)

*56 Es geht zu, wie in einer Judenschule.

In böhmisch Friedland: 'S giht zu wie a âr Judenschul. Die Juden, besonders die rechtgläubigen, pflegen die Synagoge „Schule“ zu nennen. Die orthodoxen gehen zur bestimmten Zeit dorthin, stellen sich jeder an einen gewissen Platz, und sprechen ein Gebet in hebräischer Sprache. Anfangs ist es ein leises Gemurmel, dann erhebt der Betende die Stimme, um sie gleich darauf wieder fallen zu lassen, sodass das Ganze einem äusserst monotonen Gesange gleicht; da dies aber jeder für sich thut, und durchaus nicht im Einklange mit der Gemeinde, so kann man sich denken, was bei einer Versammlung von mehreren hundert Personen für ein Tumult entstehen muss. (Vgl. Grenzboten, 1858, Nr. 11; S. 429.)

Lat.: Mosea hirundinum. (Eiselein, 351.)

*57 Es geht zu, wie unter Schulzens Schuppen.

Lustig; vielleicht: auf Regiments Unkosten.

*58 Es geht zu, wie zu Sodom und Gomorra.

In Bezug auf grosse Ungehörigkeiten, Unsittlichkeiten u. s. w. Jüdisch-deutsch: Es is gur Maasse S'doni. Es sind die Thaten Sodoms. (Vgl. Tendlau 3.)

*59 Es goht drin zue wie im Ebige dernäbe.Sutermeister, 77.

*60 Es goht zue, dass d' Chatze hinder em Ofe nüt inne werdet.Sutermeister, 81.

Von ärmlichen Bewirthungen und Festen.

*61 Es ist zugegangen wie zu Harlem.Schuppius, Sprüche, II, 915; Beiche, 226.

Bei der siebenmonatlichen Belagerung der Stadt durch Don Federigo von Toledo, den Sohn des Herzogs von Alba, infolge der sie sich 1572 auf Gnade und Ungnade ergeben musste. Alle Uebergabe-Bedingungen wurden mit den Worten zurückgewiesen: Ich habe keine andern Schlüssel als mein Geschütz.

*62 He geiht drop to, as de Buck up 'n Haversack. (Oldenburg.) – Firmenich, I, 232, 6.

*63 Hier geht es zu, wie in einem Taubenhause.

*64 'S gieht zu wie beim reiche Manne.Robinson, 639.

*65 'S giht zu wie am Pitschen1 Kriege.Gomolcke, 957; Robinson, 354.

1) Polnisch: Przin, eine kleine schlesische Stadt (Regierungsbezirk Oppeln, Kreis Kreuzburg). Dort wurde am 24. Januar 1588 der Erzherzog Maximilian von Oesterreich als Bewerber um die polnische Krone durch seinen Gegenkönig, Sigismund von Schweden, nach einem blutigen Treffen gefangen.

*66 Um den geht es heute zu.Klement, S. 46.

Etwa: Um den reisst man sich heute förmlich!


Zugehören.

1 Dat häärt met to as de Düümlink to 'n Handsken.Lyra, 42.

2 Was niemand zugehöret, das gehört dem Könige.Graf, 129, 351.

Alles, worüber niemand seinen rechtmässigen Besitz nachweisen kann, gehört dem Staate, der Gesellschaft, durch den König, das Staatsoberhaupt, vertreten.


Zügel.

1 Der eine braucht die Zügel, der andere die Sporen.

It.: Taluno ha bisogna di sprone, taluno di briglia. (Pazzaglia, 363, 2.)

2 Der Zügel des Pferdes passt dem Esel nicht.Cibot, 158.

3 Die Zügel gehören den Alten.

Lat.: Opportuna senis series mandatur habenis. (Reuterdahl, 655.)

Schwed.: Laet thaen gambla radha. (Reuterdahl, 655.)

4 Es hält mancher die Zügel, der das Joch tragen sollte.

Von rohen Fuhrleuten, Knechten u. s. w., welche die Zugthiere mishandeln.

Lat.: Multi frena tenent (lora ferent), sed perpessi iuga merent. (Reuterdahl, 534.)

Schwed.: Mange aero köre swena vaerstaer han som dragher. (Reuterdahl, 534.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"><pb facs="#f0324" n="[312]"/><cb n="623"/>
*39 Es geht zu, wie auf dem tauchaer Jahrmarkt.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Taucha ist eine kleine Stadt im Königreich Sachsen, mit etwa 2500 Einwohnern, ungefähr 2 Stunden von Leipzig entfernt. Der Jahrmarkt, welcher in der ersten Hälfte des September abgehalten wird, ist ein Volksfest, das sich auf dem Wege von Leipzig nach Taucha vollzieht. An diesem Tage zieht die leipziger Jugend in allerhand Vermummungen in den Strassen umher, mittels verschiedener Instrumente einen Heidenlärm machend. Das Fest hat folgenden Ursprung, dessen ehemalige Tendenz allerdings jetzt vergessen und eine andere geworden ist. Leipzig hatte bereits 1180 zwei Märkte, zu Jubilate und Michaelis, und zwar mit dem Privileg, dass eine Stunde im Umkreis kein ihr nachtheiliger Jahrmarkt abgehalten werden durfte. Als aber Markgraf Dietrich der Bedrängte, welcher die Landschaft Meissen geerbt hatte, Leipzig eroberte und die Stadt sich ein paarmal gegen ihn erhob, nahm er ihr zur Strafe ihre Privilegien und Märkte; die fremden Kaufleute wandten sich nun nach Taucha. Erst vom Jahr 1248 an fing der Handel Leipzigs an, sich wieder zu erheben, und 1268 kamen ihre Märkte und Privilegien aufs neue zu Leben. Von da an entspann sich ein langer Kampf zwischen den beiden Städten, bis endlich Leipzig nach mancher heissen und blutigen Fehde den Sieg davontrug. Nun rächten sich die Leipziger dadurch an den Tauchaern, dass sie alljährlich zum Herbstmarkte scharenweis nach Taucha hinauszogen und den Bewohnern daselbst allerhand Mummenschanz zum Possen trieben. Der gehässige Zweck dieser Züge wurde nun zwar vergessen, aber sie selbst blieben, und es bildete sich daraus eine Art Volksfest. Näheres darüber vgl. <hi rendition="#i">Jahreszeiten, XXVI. Jahrg., Hamburg 1867, Nr. 36, S. 574.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*40 Es geht zu, wie auf der Hasenjagd.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*41 Es geht zu, wie auf einem polnischen Reichstage.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 514; Simrock, 7965; Frischbier, 582; Frischbier, II, 2974.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Jüdisch-deutsch in Warschau: A Por&#x017E;ondek wie auf jüdische Chassenes (Hochzeiten). Porz&#x0105;dek, polnisch = Ordnung. Man sagt in Warschau aber auch: A Por&#x017E;ondek wie auf a pojlischen Zjaza (polnische Zusammenkunft, Reichstag). Beide Redensarten werden gebraucht, wenn man eine grosse Unordnung, ein wildes Durcheinander bezeichnen will.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Syrbenae chorus. (<hi rendition="#i">Philippi, II, 209.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*42 Es geht zu, wie auf einer Bauernkirmiss.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">In der Schweiz: Es goht zue wie uf een Buurechilbs. (<hi rendition="#i">Sutermeister, 77.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*43 Es geht zu, wie auf Matzen's Hochzeit.</hi> (<hi rendition="#i">Schles.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Weinhold, 61.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Sehr bunt, sehr durcheinander. 'S ging zu wie uf Moze's Hochzeit. (<hi rendition="#i">Gomolcke, 949.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*44 Es geht zu, wie bei der Milchtheilung in Breslau.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Bezieht sich wahrscheinlich auf den Witz, den sich der Herzog Boleslaw I. von Münsterberg (gestorben 1341) einmal in Breslau machte. Er liess auf dem Neumarkte, wo er wohnte, alle Milch zusammenbringen, und vor seinem Fenster in eine grosse Bütte giessen. Als die Milchweiber Bezahlung forderten, erklärte er, er brauche die Milch nicht, es könne sich jede ihre Milch wiedernehmen. Jetzt erhob sich unter den betheiligten Weibern ein Lärm und Raufen ohne Gleichen; sie gossen einander die Milch ins Gesicht, und mehr als eine ward in die Bütte während der Balgerei hineingestürzt. Nachdem sich Boleslaw an dem Schauspiel sattsam ergetzt hatte, liess er die Weiber mit ihren blutenden Nasen und Mäulern und zerrauften Haaren in sein Zimmer kommen und bezahlte ihnen die Milch zur Genüge. (<hi rendition="#i">Breslauer Erzähler, 1862, S. 436.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*45 Es geht zu, wie bei der Zerstörung Jerusalem.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Het is gelijk de verwoesting van Jerusalem. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 375<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*46 Es geht zu, wie bei König Artus' Hofe; die Hunde tragen ganze Köpfe davon.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schottel, 1139<hi rendition="#sup">b</hi>; Simplic., I, 736; Simrock, 585.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Haud unquam arcet ostium. (<hi rendition="#i">Philippi, I, 174.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*47 Es geht zu, wie beim babylonischen Thurmbau.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*48 Es geht zu wie beim Guldbrige.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Diese Redensart hört man häufig auf dem Lande in der Gegend von Goldberg in Schlesien. Sie verdankt ihren Ursprung einer Kriegszeit; ob sie aus dem Jahre 1813, als sich die Franzosen in der Nähe befanden, oder schon aus den Zeiten der schlesischen Kriege, wol gar dem Dreissigjährigen Kriege herstammt, habe ich nicht ermitteln können.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*49 Es geht zu, wie beim reichen Mann, wo der Hund am Strohseile hängt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schles. Provinzial-Blätter, 1873, S. 239.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*50 Es geht zu, wie im Himmelreich.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eyering, II, 479.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"><cb n="624"/>
*51 Es geht zu wie im Karnöffelspiel.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Mindern stechen die Mehreren, die Untern die Obern und das Karnöffel sticht sie alle. (<hi rendition="#i">Eiselein, 362.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*52 Es geht zu wie im Krieg.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 396.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Nulla fides pietasque viris, qui castra sequuntur. (<hi rendition="#i">Eiselein, 396.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*53 Es geht zu, wie im polnischen Kriege.</hi> (<hi rendition="#i">Schles.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*54 Es geht zu, wie im Schlaraffenlande.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Extis pluit. (<hi rendition="#i">Binder I, 483; II, 1045; Erasm., 117.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*55 Es geht zu, wie in einem Taubenschlage.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Cette maison est une arche de Noë. (<hi rendition="#i">Lendroy, 58.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*56 Es geht zu, wie in einer Judenschule.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">In böhmisch Friedland: 'S giht zu wie a âr Judenschul. Die Juden, besonders die rechtgläubigen, pflegen die Synagoge &#x201E;Schule&#x201C; zu nennen. Die orthodoxen gehen zur bestimmten Zeit dorthin, stellen sich jeder an einen gewissen Platz, und sprechen ein Gebet in hebräischer Sprache. Anfangs ist es ein leises Gemurmel, dann erhebt der Betende die Stimme, um sie gleich darauf wieder fallen zu lassen, sodass das Ganze einem äusserst monotonen Gesange gleicht; da dies aber jeder für sich thut, und durchaus nicht im Einklange mit der Gemeinde, so kann man sich denken, was bei einer Versammlung von mehreren hundert Personen für ein Tumult entstehen muss. (Vgl. <hi rendition="#i">Grenzboten, 1858, Nr. 11; S. 429.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Mosea hirundinum. (<hi rendition="#i">Eiselein, 351.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*57 Es geht zu, wie unter Schulzens Schuppen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Lustig; vielleicht: auf Regiments Unkosten.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*58 Es geht zu, wie zu Sodom und Gomorra.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">In Bezug auf grosse Ungehörigkeiten, Unsittlichkeiten u. s. w. Jüdisch-deutsch: Es is gur Maasse S'doni. Es sind die Thaten Sodoms. (Vgl. <hi rendition="#i">Tendlau 3.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*59 Es goht drin zue wie im Ebige dernäbe.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutermeister, 77.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*60 Es goht zue, dass d' Chatze hinder em Ofe nüt inne werdet.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutermeister, 81.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Von ärmlichen Bewirthungen und Festen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*61 Es ist zugegangen wie zu Harlem.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schuppius, Sprüche, II, 915; Beiche, 226.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Bei der siebenmonatlichen Belagerung der Stadt durch Don Federigo von Toledo, den Sohn des Herzogs von Alba, infolge der sie sich 1572 auf Gnade und Ungnade ergeben musste. Alle Uebergabe-Bedingungen wurden mit den Worten zurückgewiesen: Ich habe keine andern Schlüssel als mein Geschütz.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*62 He geiht drop to, as de Buck up 'n Haversack.</hi> (<hi rendition="#i">Oldenburg.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Firmenich, I, 232, 6.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*63 Hier geht es zu, wie in einem Taubenhause.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*64 'S gieht zu wie beim reiche Manne.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Robinson, 639.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*65 'S giht zu wie am Pitschen<hi rendition="#sup">1</hi> Kriege.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gomolcke, 957; Robinson, 354.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Polnisch: Przin, eine kleine schlesische Stadt (Regierungsbezirk Oppeln, Kreis Kreuzburg). Dort wurde am 24. Januar 1588 der Erzherzog Maximilian von Oesterreich als Bewerber um die polnische Krone durch seinen Gegenkönig, Sigismund von Schweden, nach einem blutigen Treffen gefangen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*66 Um den geht es heute zu.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Klement, S. 46.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Etwa: Um den reisst man sich heute förmlich!</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Zugehören.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Dat häärt met to as de Düümlink to 'n Handsken.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lyra, 42.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Was niemand zugehöret, das gehört dem Könige.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 129, 351.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Alles, worüber niemand seinen rechtmässigen Besitz nachweisen kann, gehört dem Staate, der Gesellschaft, durch den König, das Staatsoberhaupt, vertreten.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Zügel.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Der eine braucht die Zügel, der andere die Sporen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Taluno ha bisogna di sprone, taluno di briglia. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 363, 2.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Der Zügel des Pferdes passt dem Esel nicht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Cibot, 158.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Die Zügel gehören den Alten.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Opportuna senis series mandatur habenis. (<hi rendition="#i">Reuterdahl, 655.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Schwed.</hi>: Laet thaen gambla radha. (<hi rendition="#i">Reuterdahl, 655.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">4 Es hält mancher die Zügel, der das Joch tragen sollte.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Von rohen Fuhrleuten, Knechten u. s. w., welche die Zugthiere mishandeln.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Multi frena tenent (lora ferent), sed perpessi iuga merent. (<hi rendition="#i">Reuterdahl, 534.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Schwed.</hi>: Mange aero köre swena vaerstaer han som dragher. (<hi rendition="#i">Reuterdahl, 534.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[312]/0324] *39 Es geht zu, wie auf dem tauchaer Jahrmarkt. Taucha ist eine kleine Stadt im Königreich Sachsen, mit etwa 2500 Einwohnern, ungefähr 2 Stunden von Leipzig entfernt. Der Jahrmarkt, welcher in der ersten Hälfte des September abgehalten wird, ist ein Volksfest, das sich auf dem Wege von Leipzig nach Taucha vollzieht. An diesem Tage zieht die leipziger Jugend in allerhand Vermummungen in den Strassen umher, mittels verschiedener Instrumente einen Heidenlärm machend. Das Fest hat folgenden Ursprung, dessen ehemalige Tendenz allerdings jetzt vergessen und eine andere geworden ist. Leipzig hatte bereits 1180 zwei Märkte, zu Jubilate und Michaelis, und zwar mit dem Privileg, dass eine Stunde im Umkreis kein ihr nachtheiliger Jahrmarkt abgehalten werden durfte. Als aber Markgraf Dietrich der Bedrängte, welcher die Landschaft Meissen geerbt hatte, Leipzig eroberte und die Stadt sich ein paarmal gegen ihn erhob, nahm er ihr zur Strafe ihre Privilegien und Märkte; die fremden Kaufleute wandten sich nun nach Taucha. Erst vom Jahr 1248 an fing der Handel Leipzigs an, sich wieder zu erheben, und 1268 kamen ihre Märkte und Privilegien aufs neue zu Leben. Von da an entspann sich ein langer Kampf zwischen den beiden Städten, bis endlich Leipzig nach mancher heissen und blutigen Fehde den Sieg davontrug. Nun rächten sich die Leipziger dadurch an den Tauchaern, dass sie alljährlich zum Herbstmarkte scharenweis nach Taucha hinauszogen und den Bewohnern daselbst allerhand Mummenschanz zum Possen trieben. Der gehässige Zweck dieser Züge wurde nun zwar vergessen, aber sie selbst blieben, und es bildete sich daraus eine Art Volksfest. Näheres darüber vgl. Jahreszeiten, XXVI. Jahrg., Hamburg 1867, Nr. 36, S. 574. *40 Es geht zu, wie auf der Hasenjagd. *41 Es geht zu, wie auf einem polnischen Reichstage. – Eiselein, 514; Simrock, 7965; Frischbier, 582; Frischbier, II, 2974. Jüdisch-deutsch in Warschau: A Poržondek wie auf jüdische Chassenes (Hochzeiten). Porządek, polnisch = Ordnung. Man sagt in Warschau aber auch: A Poržondek wie auf a pojlischen Zjaza (polnische Zusammenkunft, Reichstag). Beide Redensarten werden gebraucht, wenn man eine grosse Unordnung, ein wildes Durcheinander bezeichnen will. Lat.: Syrbenae chorus. (Philippi, II, 209.) *42 Es geht zu, wie auf einer Bauernkirmiss. In der Schweiz: Es goht zue wie uf een Buurechilbs. (Sutermeister, 77.) *43 Es geht zu, wie auf Matzen's Hochzeit. (Schles.) – Weinhold, 61. Sehr bunt, sehr durcheinander. 'S ging zu wie uf Moze's Hochzeit. (Gomolcke, 949.) *44 Es geht zu, wie bei der Milchtheilung in Breslau. Bezieht sich wahrscheinlich auf den Witz, den sich der Herzog Boleslaw I. von Münsterberg (gestorben 1341) einmal in Breslau machte. Er liess auf dem Neumarkte, wo er wohnte, alle Milch zusammenbringen, und vor seinem Fenster in eine grosse Bütte giessen. Als die Milchweiber Bezahlung forderten, erklärte er, er brauche die Milch nicht, es könne sich jede ihre Milch wiedernehmen. Jetzt erhob sich unter den betheiligten Weibern ein Lärm und Raufen ohne Gleichen; sie gossen einander die Milch ins Gesicht, und mehr als eine ward in die Bütte während der Balgerei hineingestürzt. Nachdem sich Boleslaw an dem Schauspiel sattsam ergetzt hatte, liess er die Weiber mit ihren blutenden Nasen und Mäulern und zerrauften Haaren in sein Zimmer kommen und bezahlte ihnen die Milch zur Genüge. (Breslauer Erzähler, 1862, S. 436.) *45 Es geht zu, wie bei der Zerstörung Jerusalem. Holl.: Het is gelijk de verwoesting van Jerusalem. (Harrebomée, II, 375a.) *46 Es geht zu, wie bei König Artus' Hofe; die Hunde tragen ganze Köpfe davon. – Schottel, 1139b; Simplic., I, 736; Simrock, 585. Lat.: Haud unquam arcet ostium. (Philippi, I, 174.) *47 Es geht zu, wie beim babylonischen Thurmbau. *48 Es geht zu wie beim Guldbrige. Diese Redensart hört man häufig auf dem Lande in der Gegend von Goldberg in Schlesien. Sie verdankt ihren Ursprung einer Kriegszeit; ob sie aus dem Jahre 1813, als sich die Franzosen in der Nähe befanden, oder schon aus den Zeiten der schlesischen Kriege, wol gar dem Dreissigjährigen Kriege herstammt, habe ich nicht ermitteln können. *49 Es geht zu, wie beim reichen Mann, wo der Hund am Strohseile hängt. – Schles. Provinzial-Blätter, 1873, S. 239. *50 Es geht zu, wie im Himmelreich. – Eyering, II, 479. *51 Es geht zu wie im Karnöffelspiel. Die Mindern stechen die Mehreren, die Untern die Obern und das Karnöffel sticht sie alle. (Eiselein, 362.) *52 Es geht zu wie im Krieg. – Eiselein, 396. Lat.: Nulla fides pietasque viris, qui castra sequuntur. (Eiselein, 396.) *53 Es geht zu, wie im polnischen Kriege. (Schles.) *54 Es geht zu, wie im Schlaraffenlande. Lat.: Extis pluit. (Binder I, 483; II, 1045; Erasm., 117.) *55 Es geht zu, wie in einem Taubenschlage. Frz.: Cette maison est une arche de Noë. (Lendroy, 58.) *56 Es geht zu, wie in einer Judenschule. In böhmisch Friedland: 'S giht zu wie a âr Judenschul. Die Juden, besonders die rechtgläubigen, pflegen die Synagoge „Schule“ zu nennen. Die orthodoxen gehen zur bestimmten Zeit dorthin, stellen sich jeder an einen gewissen Platz, und sprechen ein Gebet in hebräischer Sprache. Anfangs ist es ein leises Gemurmel, dann erhebt der Betende die Stimme, um sie gleich darauf wieder fallen zu lassen, sodass das Ganze einem äusserst monotonen Gesange gleicht; da dies aber jeder für sich thut, und durchaus nicht im Einklange mit der Gemeinde, so kann man sich denken, was bei einer Versammlung von mehreren hundert Personen für ein Tumult entstehen muss. (Vgl. Grenzboten, 1858, Nr. 11; S. 429.) Lat.: Mosea hirundinum. (Eiselein, 351.) *57 Es geht zu, wie unter Schulzens Schuppen. Lustig; vielleicht: auf Regiments Unkosten. *58 Es geht zu, wie zu Sodom und Gomorra. In Bezug auf grosse Ungehörigkeiten, Unsittlichkeiten u. s. w. Jüdisch-deutsch: Es is gur Maasse S'doni. Es sind die Thaten Sodoms. (Vgl. Tendlau 3.) *59 Es goht drin zue wie im Ebige dernäbe. – Sutermeister, 77. *60 Es goht zue, dass d' Chatze hinder em Ofe nüt inne werdet. – Sutermeister, 81. Von ärmlichen Bewirthungen und Festen. *61 Es ist zugegangen wie zu Harlem. – Schuppius, Sprüche, II, 915; Beiche, 226. Bei der siebenmonatlichen Belagerung der Stadt durch Don Federigo von Toledo, den Sohn des Herzogs von Alba, infolge der sie sich 1572 auf Gnade und Ungnade ergeben musste. Alle Uebergabe-Bedingungen wurden mit den Worten zurückgewiesen: Ich habe keine andern Schlüssel als mein Geschütz. *62 He geiht drop to, as de Buck up 'n Haversack. (Oldenburg.) – Firmenich, I, 232, 6. *63 Hier geht es zu, wie in einem Taubenhause. *64 'S gieht zu wie beim reiche Manne. – Robinson, 639. *65 'S giht zu wie am Pitschen1 Kriege. – Gomolcke, 957; Robinson, 354. 1) Polnisch: Przin, eine kleine schlesische Stadt (Regierungsbezirk Oppeln, Kreis Kreuzburg). Dort wurde am 24. Januar 1588 der Erzherzog Maximilian von Oesterreich als Bewerber um die polnische Krone durch seinen Gegenkönig, Sigismund von Schweden, nach einem blutigen Treffen gefangen. *66 Um den geht es heute zu. – Klement, S. 46. Etwa: Um den reisst man sich heute förmlich! Zugehören. 1 Dat häärt met to as de Düümlink to 'n Handsken. – Lyra, 42. 2 Was niemand zugehöret, das gehört dem Könige. – Graf, 129, 351. Alles, worüber niemand seinen rechtmässigen Besitz nachweisen kann, gehört dem Staate, der Gesellschaft, durch den König, das Staatsoberhaupt, vertreten. Zügel. 1 Der eine braucht die Zügel, der andere die Sporen. It.: Taluno ha bisogna di sprone, taluno di briglia. (Pazzaglia, 363, 2.) 2 Der Zügel des Pferdes passt dem Esel nicht. – Cibot, 158. 3 Die Zügel gehören den Alten. Lat.: Opportuna senis series mandatur habenis. (Reuterdahl, 655.) Schwed.: Laet thaen gambla radha. (Reuterdahl, 655.) 4 Es hält mancher die Zügel, der das Joch tragen sollte. Von rohen Fuhrleuten, Knechten u. s. w., welche die Zugthiere mishandeln. Lat.: Multi frena tenent (lora ferent), sed perpessi iuga merent. (Reuterdahl, 534.) Schwed.: Mange aero köre swena vaerstaer han som dragher. (Reuterdahl, 534.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T09:51:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T09:51:52Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon05_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon05_1880/324
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880, S. [312]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon05_1880/324>, abgerufen am 22.11.2024.