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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Erstes Kapitel. Die Stärke der Mauern.
ohnehin beträchtlich vermehren, so daß schon jetzt die Miethen
für viele Gesellschaftsklassen fast unerschwinglich sind und viel-
fach 20 -- 25 % des ganzen Einkommens verschlingen, ist die
Wohnungsfrage ein sehr wichtiger Factor der socialen Verhält-
nisse geworden und im Interesse derselben haben besonders die
Bautechniker die Verpflichtung, mit ihrem Einfluß auf die bestmög-
lichste Lösung der Wohnungsfrage hinzuarbeiten; dies geschieht
einestheils auch durch richtige Verwendung der Materialmassen.

Da hingegen

zweitens die Umfangs- und einige innere Mauern vornehmlich
die Witterungseinflüsse von den Wohnräumen fern halten und
letztere gesund und wohnlich machen sollen, so darf die Wand-
dicke nicht geringer als ein gewisses Minimum sein, weil sonst
nicht nur die Feuchtigkeit durch die Wand dringen würde, son-
dern auch behufs Erwärmung der Räume so viel Brennma-
terial erforderlich wäre, daß die Ausgaben hierfür sehr hoch
ausfallen. Dieses Minimum beträgt aber 11/2 Ziegel.

Weiß sagt in einem interessanten Aufsatze *) recht treffend unge-
fähr Folgendes:

a) Die hin und wieder geäußerte und auf Schätzung oder ober-
flächliche Rechnung gestützte Ansicht, daß es vortheilhaft sein würde,
den Umfassungen unserer Wohnungen wesentlich größere Dicke, als
bisher üblich, zu geben, weil dadurch die Heizungskosten beträchtlich
vermindert werden, ist unrichtig. Wenn auch die Kosten bei Anwen-
dung starker Mauern geringer ausfallen, so wird diese Ersparniß
doch durch die Mehrkosten für die stärkere Mauer in dem Maße pa-
ralysirt, daß es sogar vortheilhaft erscheint, die Mauerdicken möglichst
gering zu nehmen.

b) Bei Anwendung von gewöhnlichen Oefen oder sonstigen, billig
zu beschaffenden Heizapparaten, sollte die Mauerdicke nicht geringer
als 1 -- 11/2' (0,3 -- 0,45m), bei Anwendung kostspieliger Heizsysteme,
wie Warmwasser- und Dampfheizapparaten, nicht größer als 11/2 -- 2'
(0,45 -- 0,6m) genommen werden.

In den meisten Fällen wird daher die Anforderung der
Stabilität allein über die zu wählende Dicke der Mauern

*) Weiß, die vortheilhafteste Wanddicke der Gebäude, Allgemeine Bauzeitung
1869/70.
Erſtes Kapitel. Die Stärke der Mauern.
ohnehin beträchtlich vermehren, ſo daß ſchon jetzt die Miethen
für viele Geſellſchaftsklaſſen faſt unerſchwinglich ſind und viel-
fach 20 — 25 % des ganzen Einkommens verſchlingen, iſt die
Wohnungsfrage ein ſehr wichtiger Factor der ſocialen Verhält-
niſſe geworden und im Intereſſe derſelben haben beſonders die
Bautechniker die Verpflichtung, mit ihrem Einfluß auf die beſtmög-
lichſte Löſung der Wohnungsfrage hinzuarbeiten; dies geſchieht
einestheils auch durch richtige Verwendung der Materialmaſſen.

Da hingegen

zweitens die Umfangs- und einige innere Mauern vornehmlich
die Witterungseinflüſſe von den Wohnräumen fern halten und
letztere geſund und wohnlich machen ſollen, ſo darf die Wand-
dicke nicht geringer als ein gewiſſes Minimum ſein, weil ſonſt
nicht nur die Feuchtigkeit durch die Wand dringen würde, ſon-
dern auch behufs Erwärmung der Räume ſo viel Brennma-
terial erforderlich wäre, daß die Ausgaben hierfür ſehr hoch
ausfallen. Dieſes Minimum beträgt aber 1½ Ziegel.

Weiß ſagt in einem intereſſanten Aufſatze *) recht treffend unge-
fähr Folgendes:

a) Die hin und wieder geäußerte und auf Schätzung oder ober-
flächliche Rechnung geſtützte Anſicht, daß es vortheilhaft ſein würde,
den Umfaſſungen unſerer Wohnungen weſentlich größere Dicke, als
bisher üblich, zu geben, weil dadurch die Heizungskoſten beträchtlich
vermindert werden, iſt unrichtig. Wenn auch die Koſten bei Anwen-
dung ſtarker Mauern geringer ausfallen, ſo wird dieſe Erſparniß
doch durch die Mehrkoſten für die ſtärkere Mauer in dem Maße pa-
ralyſirt, daß es ſogar vortheilhaft erſcheint, die Mauerdicken möglichſt
gering zu nehmen.

b) Bei Anwendung von gewöhnlichen Oefen oder ſonſtigen, billig
zu beſchaffenden Heizapparaten, ſollte die Mauerdicke nicht geringer
als 1 — 1½′ (0,3 — 0,45m), bei Anwendung koſtſpieliger Heizſyſteme,
wie Warmwaſſer- und Dampfheizapparaten, nicht größer als 1½ — 2′
(0,45 — 0,6m) genommen werden.

In den meiſten Fällen wird daher die Anforderung der
Stabilität allein über die zu wählende Dicke der Mauern

*) Weiß, die vortheilhafteſte Wanddicke der Gebäude, Allgemeine Bauzeitung
1869/70.
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[182/0198] Erſtes Kapitel. Die Stärke der Mauern. ohnehin beträchtlich vermehren, ſo daß ſchon jetzt die Miethen für viele Geſellſchaftsklaſſen faſt unerſchwinglich ſind und viel- fach 20 — 25 % des ganzen Einkommens verſchlingen, iſt die Wohnungsfrage ein ſehr wichtiger Factor der ſocialen Verhält- niſſe geworden und im Intereſſe derſelben haben beſonders die Bautechniker die Verpflichtung, mit ihrem Einfluß auf die beſtmög- lichſte Löſung der Wohnungsfrage hinzuarbeiten; dies geſchieht einestheils auch durch richtige Verwendung der Materialmaſſen. Da hingegen zweitens die Umfangs- und einige innere Mauern vornehmlich die Witterungseinflüſſe von den Wohnräumen fern halten und letztere geſund und wohnlich machen ſollen, ſo darf die Wand- dicke nicht geringer als ein gewiſſes Minimum ſein, weil ſonſt nicht nur die Feuchtigkeit durch die Wand dringen würde, ſon- dern auch behufs Erwärmung der Räume ſo viel Brennma- terial erforderlich wäre, daß die Ausgaben hierfür ſehr hoch ausfallen. Dieſes Minimum beträgt aber 1½ Ziegel. Weiß ſagt in einem intereſſanten Aufſatze *) recht treffend unge- fähr Folgendes: a) Die hin und wieder geäußerte und auf Schätzung oder ober- flächliche Rechnung geſtützte Anſicht, daß es vortheilhaft ſein würde, den Umfaſſungen unſerer Wohnungen weſentlich größere Dicke, als bisher üblich, zu geben, weil dadurch die Heizungskoſten beträchtlich vermindert werden, iſt unrichtig. Wenn auch die Koſten bei Anwen- dung ſtarker Mauern geringer ausfallen, ſo wird dieſe Erſparniß doch durch die Mehrkoſten für die ſtärkere Mauer in dem Maße pa- ralyſirt, daß es ſogar vortheilhaft erſcheint, die Mauerdicken möglichſt gering zu nehmen. b) Bei Anwendung von gewöhnlichen Oefen oder ſonſtigen, billig zu beſchaffenden Heizapparaten, ſollte die Mauerdicke nicht geringer als 1 — 1½′ (0,3 — 0,45m), bei Anwendung koſtſpieliger Heizſyſteme, wie Warmwaſſer- und Dampfheizapparaten, nicht größer als 1½ — 2′ (0,45 — 0,6m) genommen werden. In den meiſten Fällen wird daher die Anforderung der Stabilität allein über die zu wählende Dicke der Mauern *) Weiß, die vortheilhafteſte Wanddicke der Gebäude, Allgemeine Bauzeitung 1869/70.

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/198>, abgerufen am 21.11.2024.