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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Erstes Kapitel. Die Stärke der Mauern.

Hohe Wände mit Pultdächern, welche frei stehen, müssen
bei Stuhlwänden 1 Stein stark, fehlen letztere, so daß die Wand
ganz massiv
ist, durchweg 11/2 -- 2 Stein stark sein. Nichtfrei-
stehende
Pultdächer werden wie Grenzgiebel betrachtet.

Die Seiten- oder Giebelmauern kann man, da sie keine Be-
lastung durch die Balkenlagen etc. erhalten, 1/2 Stein schwächer anlegen,
als die Frontmauern; auch können mehrere Etagen gleiche Stärke
bekommen. Im Dachboden ordnet man meistens 11/2 Stein starke
Giebelmauern an; bei großer Länge werden sie mit Vorlagen ver-
stärkt; falls die Gesimse aber weit ausladen, haben die Giebelwände
im Dachboden dieselbe Stärke, wie die Seiten-Drempelwände.

Unter 1 Stein nimmt man freistehende Giebel, der durchschla-
genden Feuchtigkeit wegen, nie an.

Giebelmauern, welche Walme tragen, sind wie Frontmauern
zu behandeln.

Gemeinschaftliche Giebelmauern (solche, welche bei zwei anein-
ander stehenden Gebäuden die Scheidewand bilden) erhalten 1 Stein
zur Stärke.

Scheidemauern bekommen, falls sie unbelastet bleiben, durch
mehrere Stockwerke nur 1 Stein zur Stärke; nur bei hohen Sälen,
Treppenhäusern etc. ist eine entsprechende größere Stärke nöthig.

Häufig ersetzt man die massiven Scheidemauern durch eine Fach-
werkswand. In Berlin erhalten die Scheidemauern, wenn sie nicht
über 6m lang sind und mit guten Ziegeln in verlängertem Cement-
mörtel bei guter Verankerung ausgeführt werden, bei 3 Stockwerk
hohen Gebäuden in sämmtlichen Stockwerken eine Stärke von 1/2 Stein.
Für die Thüröffnungen, welche man gewöhnlich übereinander anlegt,
fügt man je zwei Stiele ein, die von Geschoß zu Geschoß reichen
(Hirnholz auf Hirnholz) und von den Balken der Geschosse zangen-
artig umfaßt und gehalten werden.

Auch den Mittelwänden muß man eine hinreichende Stärke
geben, da auf ihnen die sämmtlichen Balken ruhen; besonders eignet
sich die Mittelwand vermöge ihrer Stärke zur Aufnahme von Schorn-
stein- und Ventilationsröhren. Beim Vorhandensein einer Mittel-
wand erhält letztere dieselbe Stärke wie die Umfangsmauer; die ge-
ringste Stärke ist im Erdgeschoß 1/2 Stein schwächer, als die der
Umfangsmauer. Sind zwei Mittelmauern vorhanden, so kann eine
jede derselben durch alle Stockwerke 11/2 Stein zur Stärke erhalten;

Erſtes Kapitel. Die Stärke der Mauern.

Hohe Wände mit Pultdächern, welche frei ſtehen, müſſen
bei Stuhlwänden 1 Stein ſtark, fehlen letztere, ſo daß die Wand
ganz maſſiv
iſt, durchweg 1½ — 2 Stein ſtark ſein. Nichtfrei-
ſtehende
Pultdächer werden wie Grenzgiebel betrachtet.

Die Seiten- oder Giebelmauern kann man, da ſie keine Be-
laſtung durch die Balkenlagen ꝛc. erhalten, ½ Stein ſchwächer anlegen,
als die Frontmauern; auch können mehrere Etagen gleiche Stärke
bekommen. Im Dachboden ordnet man meiſtens 1½ Stein ſtarke
Giebelmauern an; bei großer Länge werden ſie mit Vorlagen ver-
ſtärkt; falls die Geſimſe aber weit ausladen, haben die Giebelwände
im Dachboden dieſelbe Stärke, wie die Seiten-Drempelwände.

Unter 1 Stein nimmt man freiſtehende Giebel, der durchſchla-
genden Feuchtigkeit wegen, nie an.

Giebelmauern, welche Walme tragen, ſind wie Frontmauern
zu behandeln.

Gemeinſchaftliche Giebelmauern (ſolche, welche bei zwei anein-
ander ſtehenden Gebäuden die Scheidewand bilden) erhalten 1 Stein
zur Stärke.

Scheidemauern bekommen, falls ſie unbelaſtet bleiben, durch
mehrere Stockwerke nur 1 Stein zur Stärke; nur bei hohen Sälen,
Treppenhäuſern ꝛc. iſt eine entſprechende größere Stärke nöthig.

Häufig erſetzt man die maſſiven Scheidemauern durch eine Fach-
werkswand. In Berlin erhalten die Scheidemauern, wenn ſie nicht
über 6m lang ſind und mit guten Ziegeln in verlängertem Cement-
mörtel bei guter Verankerung ausgeführt werden, bei 3 Stockwerk
hohen Gebäuden in ſämmtlichen Stockwerken eine Stärke von ½ Stein.
Für die Thüröffnungen, welche man gewöhnlich übereinander anlegt,
fügt man je zwei Stiele ein, die von Geſchoß zu Geſchoß reichen
(Hirnholz auf Hirnholz) und von den Balken der Geſchoſſe zangen-
artig umfaßt und gehalten werden.

Auch den Mittelwänden muß man eine hinreichende Stärke
geben, da auf ihnen die ſämmtlichen Balken ruhen; beſonders eignet
ſich die Mittelwand vermöge ihrer Stärke zur Aufnahme von Schorn-
ſtein- und Ventilationsröhren. Beim Vorhandenſein einer Mittel-
wand erhält letztere dieſelbe Stärke wie die Umfangsmauer; die ge-
ringſte Stärke iſt im Erdgeſchoß ½ Stein ſchwächer, als die der
Umfangsmauer. Sind zwei Mittelmauern vorhanden, ſo kann eine
jede derſelben durch alle Stockwerke 1½ Stein zur Stärke erhalten;

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[192/0208] Erſtes Kapitel. Die Stärke der Mauern. Hohe Wände mit Pultdächern, welche frei ſtehen, müſſen bei Stuhlwänden 1 Stein ſtark, fehlen letztere, ſo daß die Wand ganz maſſiv iſt, durchweg 1½ — 2 Stein ſtark ſein. Nichtfrei- ſtehende Pultdächer werden wie Grenzgiebel betrachtet. Die Seiten- oder Giebelmauern kann man, da ſie keine Be- laſtung durch die Balkenlagen ꝛc. erhalten, ½ Stein ſchwächer anlegen, als die Frontmauern; auch können mehrere Etagen gleiche Stärke bekommen. Im Dachboden ordnet man meiſtens 1½ Stein ſtarke Giebelmauern an; bei großer Länge werden ſie mit Vorlagen ver- ſtärkt; falls die Geſimſe aber weit ausladen, haben die Giebelwände im Dachboden dieſelbe Stärke, wie die Seiten-Drempelwände. Unter 1 Stein nimmt man freiſtehende Giebel, der durchſchla- genden Feuchtigkeit wegen, nie an. Giebelmauern, welche Walme tragen, ſind wie Frontmauern zu behandeln. Gemeinſchaftliche Giebelmauern (ſolche, welche bei zwei anein- ander ſtehenden Gebäuden die Scheidewand bilden) erhalten 1 Stein zur Stärke. Scheidemauern bekommen, falls ſie unbelaſtet bleiben, durch mehrere Stockwerke nur 1 Stein zur Stärke; nur bei hohen Sälen, Treppenhäuſern ꝛc. iſt eine entſprechende größere Stärke nöthig. Häufig erſetzt man die maſſiven Scheidemauern durch eine Fach- werkswand. In Berlin erhalten die Scheidemauern, wenn ſie nicht über 6m lang ſind und mit guten Ziegeln in verlängertem Cement- mörtel bei guter Verankerung ausgeführt werden, bei 3 Stockwerk hohen Gebäuden in ſämmtlichen Stockwerken eine Stärke von ½ Stein. Für die Thüröffnungen, welche man gewöhnlich übereinander anlegt, fügt man je zwei Stiele ein, die von Geſchoß zu Geſchoß reichen (Hirnholz auf Hirnholz) und von den Balken der Geſchoſſe zangen- artig umfaßt und gehalten werden. Auch den Mittelwänden muß man eine hinreichende Stärke geben, da auf ihnen die ſämmtlichen Balken ruhen; beſonders eignet ſich die Mittelwand vermöge ihrer Stärke zur Aufnahme von Schorn- ſtein- und Ventilationsröhren. Beim Vorhandenſein einer Mittel- wand erhält letztere dieſelbe Stärke wie die Umfangsmauer; die ge- ringſte Stärke iſt im Erdgeſchoß ½ Stein ſchwächer, als die der Umfangsmauer. Sind zwei Mittelmauern vorhanden, ſo kann eine jede derſelben durch alle Stockwerke 1½ Stein zur Stärke erhalten;

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/208>, abgerufen am 26.05.2024.