seiner Gestaltung zuläßt, er daher Gelegenheit giebt, den lichten Raum unter dem Gewölbe je nach Erforderniß zu vergrößern, was bei anderen Curven, die nach bestimmten geometrischen Gesetzen er- zeugt sind, nicht der Fall ist.
Uebrigens besitzt die Ellipse diese Biegsamkeit in noch höherem Grade als der Korbbogen, und wird ihre Verwendung bei großen Spannweiten, bei welchen die Mittelpunkte für die Korbbögen zu weit entfernt liegen, den Vorzug verdienen. Bemerkt soll aber noch werden, daß Tonnengewölbe aus Werksteinen niemals nach einer Ellipse con- struirt werden dürfen.
Bildet die Wölbungslinie einen sogenannten Spitzbogen, so heißt das Gewölbe ein spitzbogiges Tonnengewölbe. Ferner ge- hören die steigenden Tonnengewölbe noch hierher, und man unter-
[Abbildung]
Fig. 264.
[Abbildung]
Fig. 265
scheidet das aufsteigende Tonnengewölbe mit horizontalem Gewölbescheitel (auch einhüftiges genannt) und das steigende Tonnengewölbe mit steigendem Gewölbescheitel und Axe (Fig. 264). Die Kämpferlinien steigen hier parallel mit der Gewölbe- axe; dieses Gewölbe findet aber nur bei Ueberdeckung und Unter- stützung der Treppen Anwendung. Alle bisher betrachteten Gewölbe heißen gerade Gewölbe, weil die Horizontalprojection der Stirnen derselben senkrecht zur Gewölbeaxe stehen.
Ist dies nicht der Fall, so heißen dieselben schiefe Gewölbe (Fig. 265). Diese kommen eigentlich nur beim Brückenbau vor, wo man sie aber, ihrer schwierigen Herstellung wegen, möglichst selten anordnet. Die bisher erwähnten Tonnengewölbe sind die wichtigsten mit horizon- taler und geneigter Axe; es giebt aber auch Tonnengewölbe mit
Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
ſeiner Geſtaltung zuläßt, er daher Gelegenheit giebt, den lichten Raum unter dem Gewölbe je nach Erforderniß zu vergrößern, was bei anderen Curven, die nach beſtimmten geometriſchen Geſetzen er- zeugt ſind, nicht der Fall iſt.
Uebrigens beſitzt die Ellipſe dieſe Biegſamkeit in noch höherem Grade als der Korbbogen, und wird ihre Verwendung bei großen Spannweiten, bei welchen die Mittelpunkte für die Korbbögen zu weit entfernt liegen, den Vorzug verdienen. Bemerkt ſoll aber noch werden, daß Tonnengewölbe aus Werkſteinen niemals nach einer Ellipſe con- ſtruirt werden dürfen.
Bildet die Wölbungslinie einen ſogenannten Spitzbogen, ſo heißt das Gewölbe ein ſpitzbogiges Tonnengewölbe. Ferner ge- hören die ſteigenden Tonnengewölbe noch hierher, und man unter-
[Abbildung]
Fig. 264.
[Abbildung]
Fig. 265
ſcheidet das aufſteigende Tonnengewölbe mit horizontalem Gewölbeſcheitel (auch einhüftiges genannt) und das ſteigende Tonnengewölbe mit ſteigendem Gewölbeſcheitel und Axe (Fig. 264). Die Kämpferlinien ſteigen hier parallel mit der Gewölbe- axe; dieſes Gewölbe findet aber nur bei Ueberdeckung und Unter- ſtützung der Treppen Anwendung. Alle bisher betrachteten Gewölbe heißen gerade Gewölbe, weil die Horizontalprojection der Stirnen derſelben ſenkrecht zur Gewölbeaxe ſtehen.
Iſt dies nicht der Fall, ſo heißen dieſelben ſchiefe Gewölbe (Fig. 265). Dieſe kommen eigentlich nur beim Brückenbau vor, wo man ſie aber, ihrer ſchwierigen Herſtellung wegen, möglichſt ſelten anordnet. Die bisher erwähnten Tonnengewölbe ſind die wichtigſten mit horizon- taler und geneigter Axe; es giebt aber auch Tonnengewölbe mit
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0272"n="256"/><fwplace="top"type="header">Zweites Kapitel. Die Gewölbe.</fw><lb/>ſeiner Geſtaltung zuläßt, er daher Gelegenheit giebt, den lichten<lb/>
Raum unter dem Gewölbe je nach Erforderniß zu vergrößern, was<lb/>
bei anderen Curven, die nach beſtimmten geometriſchen Geſetzen er-<lb/>
zeugt ſind, nicht der Fall iſt.</p><lb/><p>Uebrigens beſitzt die Ellipſe dieſe Biegſamkeit in noch höherem<lb/>
Grade als der Korbbogen, und wird ihre Verwendung bei großen<lb/>
Spannweiten, bei welchen die Mittelpunkte für die Korbbögen zu weit<lb/>
entfernt liegen, den Vorzug verdienen. Bemerkt ſoll aber noch werden,<lb/>
daß Tonnengewölbe aus Werkſteinen niemals nach einer Ellipſe con-<lb/>ſtruirt werden dürfen.</p><lb/><p>Bildet die Wölbungslinie einen ſogenannten Spitzbogen, ſo heißt<lb/>
das Gewölbe ein <hirendition="#g">ſpitzbogiges Tonnengewölbe</hi>. Ferner ge-<lb/>
hören die ſteigenden Tonnengewölbe noch hierher, und man unter-<lb/><figure><head>Fig. 264.</head></figure><lb/><figure><head>Fig. 265</head></figure><lb/>ſcheidet das <hirendition="#g">aufſteigende Tonnengewölbe mit horizontalem<lb/>
Gewölbeſcheitel</hi> (auch einhüftiges genannt) und das <hirendition="#g">ſteigende<lb/>
Tonnengewölbe</hi> mit <hirendition="#g">ſteigendem Gewölbeſcheitel</hi> und <hirendition="#g">Axe</hi><lb/>
(Fig. 264). Die Kämpferlinien ſteigen hier parallel mit der Gewölbe-<lb/>
axe; dieſes Gewölbe findet aber nur bei Ueberdeckung und Unter-<lb/>ſtützung der Treppen Anwendung. Alle bisher betrachteten Gewölbe<lb/>
heißen <hirendition="#g">gerade Gewölbe</hi>, weil die Horizontalprojection der Stirnen<lb/>
derſelben ſenkrecht zur Gewölbeaxe ſtehen.</p><lb/><p>Iſt dies nicht der Fall, ſo heißen dieſelben <hirendition="#g">ſchiefe Gewölbe</hi><lb/>
(Fig. 265). Dieſe kommen eigentlich nur beim Brückenbau vor, wo man<lb/>ſie aber, ihrer ſchwierigen Herſtellung wegen, möglichſt ſelten anordnet.<lb/>
Die bisher erwähnten Tonnengewölbe ſind die wichtigſten mit <hirendition="#g">horizon-<lb/>
taler</hi> und <hirendition="#g">geneigter Axe</hi>; es giebt aber auch Tonnengewölbe mit<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[256/0272]
Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
ſeiner Geſtaltung zuläßt, er daher Gelegenheit giebt, den lichten
Raum unter dem Gewölbe je nach Erforderniß zu vergrößern, was
bei anderen Curven, die nach beſtimmten geometriſchen Geſetzen er-
zeugt ſind, nicht der Fall iſt.
Uebrigens beſitzt die Ellipſe dieſe Biegſamkeit in noch höherem
Grade als der Korbbogen, und wird ihre Verwendung bei großen
Spannweiten, bei welchen die Mittelpunkte für die Korbbögen zu weit
entfernt liegen, den Vorzug verdienen. Bemerkt ſoll aber noch werden,
daß Tonnengewölbe aus Werkſteinen niemals nach einer Ellipſe con-
ſtruirt werden dürfen.
Bildet die Wölbungslinie einen ſogenannten Spitzbogen, ſo heißt
das Gewölbe ein ſpitzbogiges Tonnengewölbe. Ferner ge-
hören die ſteigenden Tonnengewölbe noch hierher, und man unter-
[Abbildung Fig. 264.]
[Abbildung Fig. 265]
ſcheidet das aufſteigende Tonnengewölbe mit horizontalem
Gewölbeſcheitel (auch einhüftiges genannt) und das ſteigende
Tonnengewölbe mit ſteigendem Gewölbeſcheitel und Axe
(Fig. 264). Die Kämpferlinien ſteigen hier parallel mit der Gewölbe-
axe; dieſes Gewölbe findet aber nur bei Ueberdeckung und Unter-
ſtützung der Treppen Anwendung. Alle bisher betrachteten Gewölbe
heißen gerade Gewölbe, weil die Horizontalprojection der Stirnen
derſelben ſenkrecht zur Gewölbeaxe ſtehen.
Iſt dies nicht der Fall, ſo heißen dieſelben ſchiefe Gewölbe
(Fig. 265). Dieſe kommen eigentlich nur beim Brückenbau vor, wo man
ſie aber, ihrer ſchwierigen Herſtellung wegen, möglichſt ſelten anordnet.
Die bisher erwähnten Tonnengewölbe ſind die wichtigſten mit horizon-
taler und geneigter Axe; es giebt aber auch Tonnengewölbe mit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zwei Bänden. Die Ausgabe von 1877/1878 ist die 2., gänzlich umgearbarbeitete und sehr vermehrte Auflage und wurde aufgrund der besseren verfügbarkeit für das DTA digitalisiert.
Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/272>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.