ist der Unterschied dieser Gewölbegattung von allen anderen Gewölben ausgesprochen, bei welchen die gewölbte Oberfläche der bestimmte Factor und zugleich der einzige Gegenstand ist, auf welchen Rücksicht genommen wird. Bei den Rippengewölben ist die gewölbte Oberfläche nebensächlich, nur Ausfüllung, daher auch untergeordnet und liegt der bestimmende Zug in den Rippen.
Die Rippen treten an dem Intrados hervor und sind meistens profilirt. Aber nicht allein die Grate werden aus Rippen gebildet, sondern auch diejenigen Theile, welche zwei nebeneinander befindliche Gewölbe von einander trennen, haben vorspringende Profile. Hier- nach unterscheidet man:
Eine einfache Gewölbeanlage dieser Art zeigt Fig. 442; es ist hier ein langer Raum dargestellt, der in der Querrichtung in rechteckige Felder mittelst Querrippen eingetheilt wurde; neben dem Fuße der Querrippen steigen die Diagonalrippen empor, welche im Scheitel des Gewölbes gegen einen Kranz B (Schlußstein) stoßen. Alle Rippen sind spitzbogig und bilden ein festes Gerüst; die dreieckigen Felder innerhalb dieses Steinscelettes werden mit Kappen ausgefüllt. Letztere haben busenförmige Aufwölbungen, die meistens nach Kreisbögen gebildet sind. Der Querschnitt ist an der rechten Seite durch die Querrippen gedacht.
Ein bedeutend größeres Beispiel erkennen wir in Fig. 443, welche die Deckenconstruktion der St. Catharinen-Kirche zu Lübeck darstellt. A giebt den Querschnitt der dreischiffigen Hallenkirche, B den Längen- schnitt; rechts in demselben (bei c) ist der Chorraum. Die Gewölbe setzen sich auf sehr kräftige Bündelpfeiler und werden der Länge nach durch zwei spitzbogige Gurtbogen mit 6,7m weiten Axen getrennt. Der mittlere Theil ist 10m breit, die beiden Seitenschiffe sind je 4,5m breit. In der Querrichtung werden die Gewölbe durch 6,7m auseinander stehende Querrippen getrennt. Die Querrippen des Mittelschiffes sind halbkreisförmig, die der Seitenschiffe spitzbogig und gestelzt.
Der Vorsprung der Rippen hängt von der Spannweite und dem Material ab. Die kleinsten Werksteinrippen für den Grat erhalten
Die Conſtruktion der Kreuzgewölbe.
iſt der Unterſchied dieſer Gewölbegattung von allen anderen Gewölben ausgeſprochen, bei welchen die gewölbte Oberfläche der beſtimmte Factor und zugleich der einzige Gegenſtand iſt, auf welchen Rückſicht genommen wird. Bei den Rippengewölben iſt die gewölbte Oberfläche nebenſächlich, nur Ausfüllung, daher auch untergeordnet und liegt der beſtimmende Zug in den Rippen.
Die Rippen treten an dem Intrados hervor und ſind meiſtens profilirt. Aber nicht allein die Grate werden aus Rippen gebildet, ſondern auch diejenigen Theile, welche zwei nebeneinander befindliche Gewölbe von einander trennen, haben vorſpringende Profile. Hier- nach unterſcheidet man:
Eine einfache Gewölbeanlage dieſer Art zeigt Fig. 442; es iſt hier ein langer Raum dargeſtellt, der in der Querrichtung in rechteckige Felder mittelſt Querrippen eingetheilt wurde; neben dem Fuße der Querrippen ſteigen die Diagonalrippen empor, welche im Scheitel des Gewölbes gegen einen Kranz B (Schlußſtein) ſtoßen. Alle Rippen ſind ſpitzbogig und bilden ein feſtes Gerüſt; die dreieckigen Felder innerhalb dieſes Steinſcelettes werden mit Kappen ausgefüllt. Letztere haben buſenförmige Aufwölbungen, die meiſtens nach Kreisbögen gebildet ſind. Der Querſchnitt iſt an der rechten Seite durch die Querrippen gedacht.
Ein bedeutend größeres Beiſpiel erkennen wir in Fig. 443, welche die Deckenconſtruktion der St. Catharinen-Kirche zu Lübeck darſtellt. A giebt den Querſchnitt der dreiſchiffigen Hallenkirche, B den Längen- ſchnitt; rechts in demſelben (bei c) iſt der Chorraum. Die Gewölbe ſetzen ſich auf ſehr kräftige Bündelpfeiler und werden der Länge nach durch zwei ſpitzbogige Gurtbogen mit 6,7m weiten Axen getrennt. Der mittlere Theil iſt 10m breit, die beiden Seitenſchiffe ſind je 4,5m breit. In der Querrichtung werden die Gewölbe durch 6,7m auseinander ſtehende Querrippen getrennt. Die Querrippen des Mittelſchiffes ſind halbkreisförmig, die der Seitenſchiffe ſpitzbogig und geſtelzt.
Der Vorſprung der Rippen hängt von der Spannweite und dem Material ab. Die kleinſten Werkſteinrippen für den Grat erhalten
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Die Conſtruktion der Kreuzgewölbe.
iſt der Unterſchied dieſer Gewölbegattung von allen anderen Gewölben
ausgeſprochen, bei welchen die gewölbte Oberfläche der beſtimmte
Factor und zugleich der einzige Gegenſtand iſt, auf welchen Rückſicht
genommen wird. Bei den Rippengewölben iſt die gewölbte Oberfläche
nebenſächlich, nur Ausfüllung, daher auch untergeordnet und liegt der
beſtimmende Zug in den Rippen.
Die Rippen treten an dem Intrados hervor und ſind meiſtens
profilirt. Aber nicht allein die Grate werden aus Rippen gebildet,
ſondern auch diejenigen Theile, welche zwei nebeneinander befindliche
Gewölbe von einander trennen, haben vorſpringende Profile. Hier-
nach unterſcheidet man:
erſtens: Diagonalrippen,
zweitens: Querrippen, Quergurte, Transverſalrippen,
drittens: Longitudinalrippen, Längengurte,
viertens: Schildbogenrippen, Wandrippen, Wandgurte.
Eine einfache Gewölbeanlage dieſer Art zeigt Fig. 442; es iſt hier
ein langer Raum dargeſtellt, der in der Querrichtung in rechteckige
Felder mittelſt Querrippen eingetheilt wurde; neben dem Fuße der
Querrippen ſteigen die Diagonalrippen empor, welche im Scheitel des
Gewölbes gegen einen Kranz B (Schlußſtein) ſtoßen. Alle Rippen ſind
ſpitzbogig und bilden ein feſtes Gerüſt; die dreieckigen Felder innerhalb
dieſes Steinſcelettes werden mit Kappen ausgefüllt. Letztere haben
buſenförmige Aufwölbungen, die meiſtens nach Kreisbögen gebildet
ſind. Der Querſchnitt iſt an der rechten Seite durch die Querrippen
gedacht.
Ein bedeutend größeres Beiſpiel erkennen wir in Fig. 443, welche
die Deckenconſtruktion der St. Catharinen-Kirche zu Lübeck darſtellt.
A giebt den Querſchnitt der dreiſchiffigen Hallenkirche, B den Längen-
ſchnitt; rechts in demſelben (bei c) iſt der Chorraum. Die Gewölbe
ſetzen ſich auf ſehr kräftige Bündelpfeiler und werden der Länge nach
durch zwei ſpitzbogige Gurtbogen mit 6,7m weiten Axen getrennt.
Der mittlere Theil iſt 10m breit, die beiden Seitenſchiffe ſind je
4,5m breit. In der Querrichtung werden die Gewölbe durch 6,7m
auseinander ſtehende Querrippen getrennt. Die Querrippen des
Mittelſchiffes ſind halbkreisförmig, die der Seitenſchiffe ſpitzbogig und
geſtelzt.
Der Vorſprung der Rippen hängt von der Spannweite und dem
Material ab. Die kleinſten Werkſteinrippen für den Grat erhalten
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Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zwei Bänden. Die Ausgabe von 1877/1878 ist die 2., gänzlich umgearbarbeitete und sehr vermehrte Auflage und wurde aufgrund der besseren verfügbarkeit für das DTA digitalisiert.
Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/443>, abgerufen am 26.06.2024.
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