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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
fläche, ist bei nicht zu flachen Thürmen kein Uebelstand,
da durch die Mörtelfuge die Ungleichmäßigkeit vollkommen
ausgeglichen wird. In der Ecke sind immer Formsteine
nöthig (Fig. 495).

Der im Mittelalter alleinigen Verwendung von Kalkmörtel steht
auch jetzt nichts entgegen, da Cementmauerwerk, wenn nicht die Fugen
groß, mit viel Wasser und unter sorgfältiger Aufsicht ausgeführt
wird, was bei der großen Höhe stets Schwierigkeiten hat, keine be-
sondere Garantie gewährt. Dagegen ist auf große Accuratesse in
Bezug auf die vollkommene Ebenheit der Flächen, Geradlinigkeit der
Grate, deren Mangel sehr unangenehm ins Auge fällt, bei der Aus-
führung zu achten, und daher fast immer ein vollständig oder doch
theilweise fest gezimmertes Gerüst zu empfehlen, dies auch na-
mentlich wegen des Schlusses der Spitze, der sich bei einem unvoll-
kommenen Gerüst leicht der Aufsicht entzieht.

Die häufig angewendeten Sicherheitsmaßregeln, Anker, Eckgrate,
Abstumpfung der Ecken und horizontale Gurtungen sind als über-
flüssig zu bezeichnen, da ein Bestreben nach Ausbauchung nicht vor-
liegt, das Gewicht des Mauerwerks vielmehr fast nur einen lothrechten

[Abbildung] Fig. 496.
Druck auf das am Fuße der Spitze befindliche
Mauerwerk ausübt. In letzterem ist dagegen
eine Verankerung zu empfehlen, nicht sowohl
gegen einen Schub der Spitze, als gegen die
bei so hohem Mauerwerk leicht eintretenden
ungleichen Senkungen und die Erschütterungen
des Thurmes durch Stürme und die Glocken
bei mangelhafter Construktion der Glockenstühle.

Eine Mauerstärke von 1/2 Stein ist im All-
gemeinen nicht zu empfehlen, gewährt auch gegen
eine Stärke von 1 Stein keine nennenswerthe
Ersparniß oder Erleichterung. Dagegen reicht
1 Stein schon auf die gewöhnlich vorkommen-
den Höhen von unten bis oben vollkommen
aus.

Die Ornamentirung der Thurmspitzen ist,
dem Material entsprechend, einfach zu halten,
und nur die Ecken durch profilirte Grate hervorzuheben, die an sich
schon aus Formsteinen bestehen müssen.

Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
fläche, iſt bei nicht zu flachen Thürmen kein Uebelſtand,
da durch die Mörtelfuge die Ungleichmäßigkeit vollkommen
ausgeglichen wird. In der Ecke ſind immer Formſteine
nöthig (Fig. 495).

Der im Mittelalter alleinigen Verwendung von Kalkmörtel ſteht
auch jetzt nichts entgegen, da Cementmauerwerk, wenn nicht die Fugen
groß, mit viel Waſſer und unter ſorgfältiger Aufſicht ausgeführt
wird, was bei der großen Höhe ſtets Schwierigkeiten hat, keine be-
ſondere Garantie gewährt. Dagegen iſt auf große Accurateſſe in
Bezug auf die vollkommene Ebenheit der Flächen, Geradlinigkeit der
Grate, deren Mangel ſehr unangenehm ins Auge fällt, bei der Aus-
führung zu achten, und daher faſt immer ein vollſtändig oder doch
theilweiſe feſt gezimmertes Gerüſt zu empfehlen, dies auch na-
mentlich wegen des Schluſſes der Spitze, der ſich bei einem unvoll-
kommenen Gerüſt leicht der Aufſicht entzieht.

Die häufig angewendeten Sicherheitsmaßregeln, Anker, Eckgrate,
Abſtumpfung der Ecken und horizontale Gurtungen ſind als über-
flüſſig zu bezeichnen, da ein Beſtreben nach Ausbauchung nicht vor-
liegt, das Gewicht des Mauerwerks vielmehr faſt nur einen lothrechten

[Abbildung] Fig. 496.
Druck auf das am Fuße der Spitze befindliche
Mauerwerk ausübt. In letzterem iſt dagegen
eine Verankerung zu empfehlen, nicht ſowohl
gegen einen Schub der Spitze, als gegen die
bei ſo hohem Mauerwerk leicht eintretenden
ungleichen Senkungen und die Erſchütterungen
des Thurmes durch Stürme und die Glocken
bei mangelhafter Conſtruktion der Glockenſtühle.

Eine Mauerſtärke von ½ Stein iſt im All-
gemeinen nicht zu empfehlen, gewährt auch gegen
eine Stärke von 1 Stein keine nennenswerthe
Erſparniß oder Erleichterung. Dagegen reicht
1 Stein ſchon auf die gewöhnlich vorkommen-
den Höhen von unten bis oben vollkommen
aus.

Die Ornamentirung der Thurmſpitzen iſt,
dem Material entſprechend, einfach zu halten,
und nur die Ecken durch profilirte Grate hervorzuheben, die an ſich
ſchon aus Formſteinen beſtehen müſſen.

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[476/0492] Zweites Kapitel. Die Gewölbe. fläche, iſt bei nicht zu flachen Thürmen kein Uebelſtand, da durch die Mörtelfuge die Ungleichmäßigkeit vollkommen ausgeglichen wird. In der Ecke ſind immer Formſteine nöthig (Fig. 495). Der im Mittelalter alleinigen Verwendung von Kalkmörtel ſteht auch jetzt nichts entgegen, da Cementmauerwerk, wenn nicht die Fugen groß, mit viel Waſſer und unter ſorgfältiger Aufſicht ausgeführt wird, was bei der großen Höhe ſtets Schwierigkeiten hat, keine be- ſondere Garantie gewährt. Dagegen iſt auf große Accurateſſe in Bezug auf die vollkommene Ebenheit der Flächen, Geradlinigkeit der Grate, deren Mangel ſehr unangenehm ins Auge fällt, bei der Aus- führung zu achten, und daher faſt immer ein vollſtändig oder doch theilweiſe feſt gezimmertes Gerüſt zu empfehlen, dies auch na- mentlich wegen des Schluſſes der Spitze, der ſich bei einem unvoll- kommenen Gerüſt leicht der Aufſicht entzieht. Die häufig angewendeten Sicherheitsmaßregeln, Anker, Eckgrate, Abſtumpfung der Ecken und horizontale Gurtungen ſind als über- flüſſig zu bezeichnen, da ein Beſtreben nach Ausbauchung nicht vor- liegt, das Gewicht des Mauerwerks vielmehr faſt nur einen lothrechten [Abbildung Fig. 496.] Druck auf das am Fuße der Spitze befindliche Mauerwerk ausübt. In letzterem iſt dagegen eine Verankerung zu empfehlen, nicht ſowohl gegen einen Schub der Spitze, als gegen die bei ſo hohem Mauerwerk leicht eintretenden ungleichen Senkungen und die Erſchütterungen des Thurmes durch Stürme und die Glocken bei mangelhafter Conſtruktion der Glockenſtühle. Eine Mauerſtärke von ½ Stein iſt im All- gemeinen nicht zu empfehlen, gewährt auch gegen eine Stärke von 1 Stein keine nennenswerthe Erſparniß oder Erleichterung. Dagegen reicht 1 Stein ſchon auf die gewöhnlich vorkommen- den Höhen von unten bis oben vollkommen aus. Die Ornamentirung der Thurmſpitzen iſt, dem Material entſprechend, einfach zu halten, und nur die Ecken durch profilirte Grate hervorzuheben, die an ſich ſchon aus Formſteinen beſtehen müſſen.

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/492>, abgerufen am 22.11.2024.