Sigismundus Freyberger [i. e. Wartmann, Sigismund Friedrich]: Germania Pertubata et Restaurata: Das ist [...] Theologo-Historica Politische Discursus, Vom Zustand deß gantzen Römischen Reichs. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1650.ET RESTAVR. DISCVRS. IX. zutragen/ vnd besser fortzugehen/ als derselbige; welches dann vmbso viel schädlicher ist/ wann das dumme Glück sich erlustiget/ daß es der Weisen jederweilen spottet/ den Blinden läßt ein Huffeisen finden/ vnnd dem schlaffenden Mönch eine Abtey durch Ludovi- cum XI. oder dem Timoleon die veste Stätte in das Garn zu- neiget vnd anweiset. Darzu auch der Schmeichler Narrenthey- digung kompt/ daß mancher Clitus sein Leben muß lassen/ wann er den klugen Vatter mehr preiset/ als den tollen Sohn; vnd etwan eine Königliche Princessin den Tod jhres leiblichen Bruders nicht beweinen darff/ sondern ein hoch weiser Vasall sagen muß: Der Vatter sey herrlicher dann der Sohn/ eben deß wegen/ daß der Sohn noch nicht solchen Reichs-Erben gezeuget: Da er auch billig sa- gen sollen/ wie der Priester: Setze dein Bild nicht vber Zoroa- strem, dann du bist bey weitem noch nicht an seine Thaten fortge- geschritten. Hingegen hat die Clerisey hierinn einen besondern Vorzug; ver- M iij
ET RESTAVR. DISCVRS. IX. zutragen/ vnd beſſer fortzugehen/ als derſelbige; welches dann vmbſo viel ſchaͤdlicher iſt/ wann das dumme Gluͤck ſich erluſtiget/ daß es der Weiſen jederweilen ſpottet/ den Blinden laͤßt ein Huffeiſen finden/ vnnd dem ſchlaffenden Moͤnch eine Abtey durch Ludovi- cum XI. oder dem Timoleon die veſte Staͤtte in das Garn zu- neiget vnd anweiſet. Darzu auch der Schmeichler Narꝛenthey- digung kompt/ daß mancher Clitus ſein Leben muß laſſen/ wann er den klugen Vatter mehr preiſet/ als den tollen Sohn; vnd etwan eine Koͤnigliche Princeſſin den Tod jhres leiblichen Bruders nicht beweinen darff/ ſondern ein hoch weiſer Vaſall ſagen muß: Der Vatter ſey herꝛlicher dann der Sohn/ eben deß wegen/ daß der Sohn noch nicht ſolchen Reichs-Erben gezeuget: Da er auch billig ſa- gen ſollen/ wie der Prieſter: Setze dein Bild nicht vber Zoroa- ſtrem, dann du biſt bey weitem noch nicht an ſeine Thaten fortge- geſchritten. Hingegen hat die Cleriſey hierinn einen beſondern Vorzug; ver- M iij
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ET RESTAVR. DISCVRS. IX.
zutragen/ vnd beſſer fortzugehen/ als derſelbige; welches dann vmb
ſo viel ſchaͤdlicher iſt/ wann das dumme Gluͤck ſich erluſtiget/ daß
es der Weiſen jederweilen ſpottet/ den Blinden laͤßt ein Huffeiſen
finden/ vnnd dem ſchlaffenden Moͤnch eine Abtey durch Ludovi-
cum XI. oder dem Timoleon die veſte Staͤtte in das Garn zu-
neiget vnd anweiſet. Darzu auch der Schmeichler Narꝛenthey-
digung kompt/ daß mancher Clitus ſein Leben muß laſſen/ wann
er den klugen Vatter mehr preiſet/ als den tollen Sohn; vnd etwan
eine Koͤnigliche Princeſſin den Tod jhres leiblichen Bruders nicht
beweinen darff/ ſondern ein hoch weiſer Vaſall ſagen muß: Der
Vatter ſey herꝛlicher dann der Sohn/ eben deß wegen/ daß der Sohn
noch nicht ſolchen Reichs-Erben gezeuget: Da er auch billig ſa-
gen ſollen/ wie der Prieſter: Setze dein Bild nicht vber Zoroa-
ſtrem, dann du biſt bey weitem noch nicht an ſeine Thaten fortge-
geſchritten.
Hingegen hat die Cleriſey hierinn einen beſondern Vorzug;
darumb ſie auch ſpricht: Sie ſey geſchorn (geweyhet) drumb werde
ſie erkorn: Wer jener nicht geborn (nach dem Lehen vnd Erbrecht)
wuͤrde er nimmer erkorn/ vnd kaͤme zu keinem hohen Ampt/ welches
Tugend vnnd Erfahrenheit erfordert. Gleich wie nun in dem
Kriegsweſen/ ein Marius durch Tugend/ vnter dem gemeinen
Hauffen herfuͤr kreucht/ vnnd zum ſiebenden mal Bürgermeiſter
wird/ dieweil das Kleinod jederman da ſtecket; alſo ſtehen offen auch
die hohe Aempter/ denen/ ſo andern mitten vnter der Cleriſey an Tu-
gend herfuͤr leuchten. Auß ſolchem Fundament ſtehet das Rad
in dem Maintziſchen Wappen/ vnd ſind ſo viel arme vnedele Kin-
der zum krummen Staab/ ja zu der dreyfachen Cron erhoben wor-
den/ da freylich weder Gewalt/ noch Gelt/ ſondern allein die Tu-
gend gelten koͤnnen. Solches haben die Hoch- vnd Wol- oder E-
delgeborne deſto mehr Schand/ daß ſie ſolche Mittel/ die jhnen von
den Voraͤltern ſehr thewer erworben/ vnd hinderlaſſen ſind/ ſich ſo
wenig in dem Wettlauff der Ehren bedienen: Gleich wie eines rei-
chen Kauffmanns Sohn deſſen wenig Ehr haben muß/ wann er
ver-
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