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Wartmann, Sigismund Friedrich: Germaniae Pertvrbatae et Restavratae sive Vnpartheyischer wolmeynender Theologo-Politicorum Discvrsvm Ander vnd dritter Theil. Frankfurt (Main), 1650.

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Dritter Theil.
schweig geschrieben/ sich bey diesem Convent einzustellen: hette in der Achts Erklä-
rung deß Pfaltzgraffen seine Capitulation nicht vergessen noch vberschritten. Die
Zeiten weren aber damals so beschaffen gewesen/ daß er wegen gedachter Acht we-
der gegenwertig/ noch Schrifftlich handeln können/ in deme der Pfaltzgraff im-
mer fortgefahren jn zubeleydigen: Zumal auch auff dem Tag zu Mühlhausen diese
Straff wider den Vngehorsamen vor rechtmässig erkant worden. Die Chur-
Dignität könde jhme nit leiben/ doch solte jhm die Kayserliche Gnad/ wann er
Zeichen seiner Rewesehen ließ/ allzeit offen stehen/ vnd die Bestraffung/ auch an
Land vnd Leuthen/ wegen hohen Jntercessionen gemiltert werden. Die Refor-
mation in Böhmen gehörte nicht an diesen Orth/ weil solche einem jeden Stand
im Reich frey stünde: darumb auch hierauß niemand einigen Argwohn zuschöpf-
fen: als würde die Kayserliche Capitulation/ wegen deß Religionfriedens nicht ge-
halten. Sachsen/ Brandenburg vnd Darmbstatt wiederholten jhre vorige Mey-
nung/ vnd stiessen sich an deme/ daß die Acht vnnd Translation absolut vnd ohne
Maßgebung geschehen. Maintzvnnd Trier bedachten sich auff Moderations-
mittel/ vnd brachten dem Kayser besonderlich vor/ wann dem Pfaltzgraffen etwas
auß Gnaden wieder führe/ daß sie jhre vralte Pfandschilling möchten an sich zie-
hen: dem König in Engelland zu lieb/ solte man deß Pfaltzgraffen Kinder vnnd
Agnaten von der Chur nicht außschliessen damit es nicht wider die Güldene Bull/
vnd Königliche Capitulation lieffe. Vnd würde Bayern diese Moderation sich
nicht entgegen seynlassen. Jn dessen wurd auch gehandelt/ wie man Bayern bey
der Chur erhalten könde: zu welchen ende der Caraffa bey dem Bapst zu Rom fünff
tausend Mann erhalten. Hierwider setzten sich die Sächsische vnd Brandenbur-
gische Abgesanden/ nach jnhalt jhrer Jnstruction. Darmbstatt wiese die Transla-
tion den Churfürsten anheym/ vnd triebe die Reformation/ aber mit so wenigem
Ernst/ daß man spüren konde/ wie er nur seine Marpurgische Händel suchte zube-
haupten. Aber Hertzog Wolffgang Wilhelm/ Pfaltzgraff zu Neuburg/ bracht
nicht ohne Vngestüm vor/ er wer der Gülden Bull vngemäß vberschritten/ vnnd
nach deß Pfaltzgraffen Bruder/ der allernechste/ vnschuldige Agnatus vnd Erbe.
Jhm war ein gewaltiger Herr bey Hoff wolgewogen/ die andern aber alle dem
Hertzogen auß Bayern darauß dann nicht wenig Mißtrawen erwachsen. Man
verlangte vber die massen/ daß der Churfürst in Sachsen sich in Person einstellete/
vnnd wegen der Translation den Außschlag gebe. Der Bayrfürst mit seinem
Anhang machte sich die Rechnung/ so er diese Stim erhielte/ würde kein Mensch
mehr darwieder sprechen: so hoffeten die andern/ es würde Sachsen nimmer mehr
gestatten/ daß die Chur auff ein Catholischen verlegt/ vnd dem Evangelischen We-
sen ein so grosser Abbruch geschehen würde. Deß Persönlichen aussenbleibens
Schuld legtman auff die Reformation vnd Abschaffung der Evangelischen Pre-
diger im Königreich Böhmen: da doch der Churfürst nur einen Mantel gesucht/
sich mit seiner Abwesenheit bey den Evangelischen zubeschönen/ vnnd deß Kaysers

Vngnad/

Dritter Theil.
ſchweig geſchrieben/ ſich bey dieſem Convent einzuſtellen: hette in der Achts Erklaͤ-
rung deß Pfaltzgraffen ſeine Capitulation nicht vergeſſen noch vberſchritten. Die
Zeiten weren aber damals ſo beſchaffen geweſen/ daß er wegen gedachter Acht we-
der gegenwertig/ noch Schrifftlich handeln koͤnnen/ in deme der Pfaltzgraff im-
mer fortgefahren jn zubeleydigen: Zumal auch auff dem Tag zu Muͤhlhauſen dieſe
Straff wider den Vngehorſamen vor rechtmaͤſſig erkant worden. Die Chur-
Dignitaͤt koͤnde jhme nit leiben/ doch ſolte jhm die Kayſerliche Gnad/ wann er
Zeichen ſeiner Reweſehen ließ/ allzeit offen ſtehen/ vnd die Beſtraffung/ auch an
Land vnd Leuthen/ wegen hohen Jnterceſſionen gemiltert werden. Die Refor-
mation in Boͤhmen gehoͤrte nicht an dieſen Orth/ weil ſolche einem jeden Stand
im Reich frey ſtuͤnde: darumb auch hierauß niemand einigen Argwohn zuſchoͤpf-
fen: als wuͤrde die Kayſerliche Capitulation/ wegen deß Religionfriedens nicht ge-
halten. Sachſen/ Brandenburg vnd Darmbſtatt wiederholten jhre vorige Mey-
nung/ vnd ſtieſſen ſich an deme/ daß die Acht vnnd Translation abſolut vnd ohne
Maßgebung geſchehen. Maintzvnnd Trier bedachten ſich auff Moderations-
mittel/ vnd brachten dem Kayſer beſonderlich vor/ wann dem Pfaltzgraffen etwas
auß Gnaden wieder fuͤhre/ daß ſie jhre vralte Pfandſchilling moͤchten an ſich zie-
hen: dem Koͤnig in Engelland zu lieb/ ſolte man deß Pfaltzgraffen Kinder vnnd
Agnaten von der Chur nicht außſchlieſſen damit es nicht wider die Guͤldene Bull/
vnd Koͤnigliche Capitulation lieffe. Vnd wuͤrde Bayern dieſe Moderation ſich
nicht entgegen ſeynlaſſen. Jn deſſen wurd auch gehandelt/ wie man Bayern bey
der Chur erhalten koͤnde: zu welchen ende der Caraffa bey dem Bapſt zu Rom fuͤnff
tauſend Mann erhalten. Hierwider ſetzten ſich die Saͤchſiſche vnd Brandenbur-
giſche Abgeſanden/ nach jnhalt jhrer Jnſtruction. Darmbſtatt wieſe die Transla-
tion den Churfuͤrſten anheym/ vnd triebe die Reformation/ aber mit ſo wenigem
Ernſt/ daß man ſpüren konde/ wie er nur ſeine Marpurgiſche Haͤndel ſuchte zube-
haupten. Aber Hertzog Wolffgang Wilhelm/ Pfaltzgraff zu Neuburg/ bracht
nicht ohne Vngeſtuͤm vor/ er wer der Guͤlden Bull vngemaͤß vberſchritten/ vnnd
nach deß Pfaltzgraffen Bruder/ der allernechſte/ vnſchuldige Agnatus vnd Erbe.
Jhm war ein gewaltiger Herꝛ bey Hoff wolgewogen/ die andern aber alle dem
Hertzogen auß Bayern darauß dann nicht wenig Mißtrawen erwachſen. Man
verlangte vber die maſſen/ daß der Churfuͤrſt in Sachſen ſich in Perſon einſtellete/
vnnd wegen der Translation den Außſchlag gebe. Der Bayrfuͤrſt mit ſeinem
Anhang machte ſich die Rechnung/ ſo er dieſe Stim erhielte/ wuͤrde kein Menſch
mehr darwieder ſprechen: ſo hoffeten die andern/ es wuͤrde Sachſen nimmer mehr
geſtatten/ daß die Chur auff ein Catholiſchen verlegt/ vnd dem Evangeliſchen We-
ſen ein ſo groſſer Abbruch geſchehen wuͤrde. Deß Perſoͤnlichen auſſenbleibens
Schuld legtman auff die Reformation vnd Abſchaffung der Evangeliſchen Pre-
diger im Koͤnigreich Boͤhmen: da doch der Churfuͤrſt nur einen Mantel geſucht/
ſich mit ſeiner Abweſenheit bey den Evangeliſchen zubeſchoͤnen/ vnnd deß Kayſers

Vngnad/
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[95/0343] Dritter Theil. ſchweig geſchrieben/ ſich bey dieſem Convent einzuſtellen: hette in der Achts Erklaͤ- rung deß Pfaltzgraffen ſeine Capitulation nicht vergeſſen noch vberſchritten. Die Zeiten weren aber damals ſo beſchaffen geweſen/ daß er wegen gedachter Acht we- der gegenwertig/ noch Schrifftlich handeln koͤnnen/ in deme der Pfaltzgraff im- mer fortgefahren jn zubeleydigen: Zumal auch auff dem Tag zu Muͤhlhauſen dieſe Straff wider den Vngehorſamen vor rechtmaͤſſig erkant worden. Die Chur- Dignitaͤt koͤnde jhme nit leiben/ doch ſolte jhm die Kayſerliche Gnad/ wann er Zeichen ſeiner Reweſehen ließ/ allzeit offen ſtehen/ vnd die Beſtraffung/ auch an Land vnd Leuthen/ wegen hohen Jnterceſſionen gemiltert werden. Die Refor- mation in Boͤhmen gehoͤrte nicht an dieſen Orth/ weil ſolche einem jeden Stand im Reich frey ſtuͤnde: darumb auch hierauß niemand einigen Argwohn zuſchoͤpf- fen: als wuͤrde die Kayſerliche Capitulation/ wegen deß Religionfriedens nicht ge- halten. Sachſen/ Brandenburg vnd Darmbſtatt wiederholten jhre vorige Mey- nung/ vnd ſtieſſen ſich an deme/ daß die Acht vnnd Translation abſolut vnd ohne Maßgebung geſchehen. Maintzvnnd Trier bedachten ſich auff Moderations- mittel/ vnd brachten dem Kayſer beſonderlich vor/ wann dem Pfaltzgraffen etwas auß Gnaden wieder fuͤhre/ daß ſie jhre vralte Pfandſchilling moͤchten an ſich zie- hen: dem Koͤnig in Engelland zu lieb/ ſolte man deß Pfaltzgraffen Kinder vnnd Agnaten von der Chur nicht außſchlieſſen damit es nicht wider die Guͤldene Bull/ vnd Koͤnigliche Capitulation lieffe. Vnd wuͤrde Bayern dieſe Moderation ſich nicht entgegen ſeynlaſſen. Jn deſſen wurd auch gehandelt/ wie man Bayern bey der Chur erhalten koͤnde: zu welchen ende der Caraffa bey dem Bapſt zu Rom fuͤnff tauſend Mann erhalten. Hierwider ſetzten ſich die Saͤchſiſche vnd Brandenbur- giſche Abgeſanden/ nach jnhalt jhrer Jnſtruction. Darmbſtatt wieſe die Transla- tion den Churfuͤrſten anheym/ vnd triebe die Reformation/ aber mit ſo wenigem Ernſt/ daß man ſpüren konde/ wie er nur ſeine Marpurgiſche Haͤndel ſuchte zube- haupten. Aber Hertzog Wolffgang Wilhelm/ Pfaltzgraff zu Neuburg/ bracht nicht ohne Vngeſtuͤm vor/ er wer der Guͤlden Bull vngemaͤß vberſchritten/ vnnd nach deß Pfaltzgraffen Bruder/ der allernechſte/ vnſchuldige Agnatus vnd Erbe. Jhm war ein gewaltiger Herꝛ bey Hoff wolgewogen/ die andern aber alle dem Hertzogen auß Bayern darauß dann nicht wenig Mißtrawen erwachſen. Man verlangte vber die maſſen/ daß der Churfuͤrſt in Sachſen ſich in Perſon einſtellete/ vnnd wegen der Translation den Außſchlag gebe. Der Bayrfuͤrſt mit ſeinem Anhang machte ſich die Rechnung/ ſo er dieſe Stim erhielte/ wuͤrde kein Menſch mehr darwieder ſprechen: ſo hoffeten die andern/ es wuͤrde Sachſen nimmer mehr geſtatten/ daß die Chur auff ein Catholiſchen verlegt/ vnd dem Evangeliſchen We- ſen ein ſo groſſer Abbruch geſchehen wuͤrde. Deß Perſoͤnlichen auſſenbleibens Schuld legtman auff die Reformation vnd Abſchaffung der Evangeliſchen Pre- diger im Koͤnigreich Boͤhmen: da doch der Churfuͤrſt nur einen Mantel geſucht/ ſich mit ſeiner Abweſenheit bey den Evangeliſchen zubeſchoͤnen/ vnnd deß Kayſers Vngnad/

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Zitationshilfe: Wartmann, Sigismund Friedrich: Germaniae Pertvrbatae et Restavratae sive Vnpartheyischer wolmeynender Theologo-Politicorum Discvrsvm Ander vnd dritter Theil. Frankfurt (Main), 1650, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wartmann_germania0203_1650/343>, abgerufen am 22.11.2024.