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Wartmann, Sigismund Friedrich: Germaniae Pertvrbatae et Restavratae sive Vnpartheyischer wolmeynender Theologo-Politicorum Discvrsvm Ander vnd dritter Theil. Frankfurt (Main), 1650.

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Germaniae Perturbatae & Restauratae
auch genannt Interim. Als aber solch Buch nach Rom kommen/ war Jeder-
männiglich sehr darüber bestürtzt/ daß ein weltlicher Herr/ in einer weltlichen
Versamlung von Religionssachen tractiert/ vnd einen Schluß gemacht; vnd
zwar nicht in einem allein/ sondern in allen Artickeln/ so strittig worden. Die Ge-
lehrten erholten auß den vhralten Geschichten/ daß Zenon ein Enoticum, Hera-
clius,
ein Ecthesin, vnd Constans die Typos auffgesetzt/ vnd wie zu mehr-
malen so grosse Tyranney in der heiligen Kirchen durch die Constitutiones Im-
peratorum
wären vervrsacht worden: Sonsten/ oberzehlte drey Stück/ hätten
vor diesen Zeiten nichts guts/ sondern nur grosse Spaltung in der Kirchen an-
gerichtet: Darzu könte man wol das Interim Caroli V. vor das vierdte hinzu-
setzen; vnd waren fast in den Gedancken/ als ob es der Keyser Henrico VIII. in
Engelland nach thun/ vnnd sich zu einem Haupt der Kirchen machen wolte.
Dahero dann desto grösser Gefahr zubesorgen/ weil solche Oberherrschafft in Re-
ligionssachen nicht nur eine eintzige Jnsul/ sondern Spanien/ Jtalien/ Teutsch-
vnd andere vmbligende Länder begreiffen thäte: Vnd zwar eusserlichem Anse-
hen nach/ solch Interim Catholisch/ aber an sich selbsten vnd in der Wahrheit der
Catholischen Lehr gantz zuwider wäre; wie dann solches von Puncten zu Pun-
cten sich erwiese/ sonderlich in dem Capitel von der heiligen Kirchen/ da die Ei-
nigkeit derselben nicht auff ein sichtbarliches Haupt/ so doch das fürnembste/ ge-
richtet sey: Vnd das noch das ärgste/ so würde darinnen von einer vnsichtba-
ren/ in Einigkeit der Christlichen Lieb versamleten Kirch geredet/ welche doch
auch hernacher vor vnsichtbar gehalten werde; dardurch sein artig/ jedoch schein-
licher Weiß/ die Hierarchia vernichtet/ falle/ vnd Lutheri Meynung gestärcket/
wachse. Vnd sonderlich werde darinnen vor das rechte Kennzeichen der wah-
ren Kirchen/ die Lauterkeit vnd Wahrhafftigkeit der Lehre/ vnd der rechte Ge-
brauch der heiligen Sacramenten vorgestelt: Das erste Gemerck aber/ so da ist
der Gehorsam gegen Päpstlicher Heiligkeit zu Rom/ außgelassen; welches in
keinem Weg zugesta[unleserliches Material - 2 Zeichen fehlen]en: Wie auch dieses nicht/ daß der Papst in remedium
schismatis,
vnd die Bischoffe de jure divino gesetzt werden: Neben Gestattung
der Priester-Ehe.

An dem gantzen Päpstischen Hoff hörete man nichts anders/ als daß es
de summa rerum gespielt/ daß die Fundament der Kirchen erschöllert/ vnd also
hochnöhtig wäre/ sich mit aller Macht in Weg zulegen. Der Papst aber sahe
biß auff den Grund/ vnd merckte/ daß der Keyser eygennützig/ vnd hochmühtig
wäre/ als würde kein Widerstand mehr zu finden seyn/ welcher sich doch bald auff
beyden Seiten nach der Publication eräugen solte/ wie auch geschahe. Dann der
Bapst/ damit man seinen Widerwillen nicht merckete/ ließ dem Keyser auff dem
Reichstag durch Sfondrat nur etliche Puncten fürhalten: Der Gebrauch deß
Kelchs im Abendmahl wäre allbereit durch alte Gewohnheit der Kirchen abge-
than; stünde derowegen bey dem Bapst/ denselben wider zuerstatten. Jnglei-

chem

Germaniæ Perturbatæ & Reſtauratæ
auch genannt Interim. Als aber ſolch Buch nach Rom kommen/ war Jeder-
maͤnniglich ſehr daruͤber beſtuͤrtzt/ daß ein weltlicher Herꝛ/ in einer weltlichen
Verſamlung von Religionsſachen tractiert/ vnd einen Schluß gemacht; vnd
zwar nicht in einem allein/ ſondern in allen Artickeln/ ſo ſtrittig worden. Die Ge-
lehrten erholten auß den vhralten Geſchichten/ daß Zenon ein Enoticum, Hera-
clius,
ein Ectheſin, vnd Conſtans die Typos auffgeſetzt/ vnd wie zu mehr-
malen ſo groſſe Tyranney in der heiligen Kirchen durch die Conſtitutiones Im-
peratorum
waͤren vervrſacht worden: Sonſten/ oberzehlte drey Stuͤck/ haͤtten
vor dieſen Zeiten nichts guts/ ſondern nur groſſe Spaltung in der Kirchen an-
gerichtet: Darzu koͤnte man wol das Interim Caroli V. vor das vierdte hinzu-
ſetzen; vnd waren faſt in den Gedancken/ als ob es der Keyſer Henrico VIII. in
Engelland nach thun/ vnnd ſich zu einem Haupt der Kirchen machen wolte.
Dahero dann deſto groͤſſer Gefahr zubeſorgen/ weil ſolche Oberherꝛſchafft in Re-
ligionsſachen nicht nur eine eintzige Jnſul/ ſondern Spanien/ Jtalien/ Teutſch-
vnd andere vmbligende Laͤnder begreiffen thaͤte: Vnd zwar euſſerlichem Anſe-
hen nach/ ſolch Interim Catholiſch/ aber an ſich ſelbſten vnd in der Wahrheit der
Catholiſchen Lehr gantz zuwider waͤre; wie dann ſolches von Puncten zu Pun-
cten ſich erwieſe/ ſonderlich in dem Capitel von der heiligen Kirchen/ da die Ei-
nigkeit derſelben nicht auff ein ſichtbarliches Haupt/ ſo doch das fuͤrnembſte/ ge-
richtet ſey: Vnd das noch das aͤrgſte/ ſo wuͤrde darinnen von einer vnſichtba-
ren/ in Einigkeit der Chriſtlichen Lieb verſamleten Kirch geredet/ welche doch
auch hernacher vor vnſichtbar gehalten werde; dardurch ſein artig/ jedoch ſchein-
licher Weiß/ die Hierarchia vernichtet/ falle/ vnd Lutheri Meynung geſtaͤrcket/
wachſe. Vnd ſonderlich werde darinnen vor das rechte Kennzeichen der wah-
ren Kirchen/ die Lauterkeit vnd Wahrhafftigkeit der Lehre/ vnd der rechte Ge-
brauch der heiligen Sacramenten vorgeſtelt: Das erſte Gemerck aber/ ſo da iſt
der Gehorſam gegen Paͤpſtlicher Heiligkeit zu Rom/ außgelaſſen; welches in
keinem Weg zugeſta[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]en: Wie auch dieſes nicht/ daß der Papſt in remedium
ſchiſmatis,
vnd die Biſchoffe de jure divino geſetzt werden: Neben Geſtattung
der Prieſter-Ehe.

An dem gantzen Paͤpſtiſchen Hoff hoͤrete man nichts anders/ als daß es
de ſumma rerum geſpielt/ daß die Fundament der Kirchen erſchoͤllert/ vnd alſo
hochnoͤhtig waͤre/ ſich mit aller Macht in Weg zulegen. Der Papſt aber ſahe
biß auff den Grund/ vnd merckte/ daß der Keyſer eygennuͤtzig/ vnd hochmuͤhtig
waͤre/ als wuͤrde kein Widerſtand mehr zu finden ſeyn/ welcher ſich doch bald auff
beyden Seiten nach der Publication eraͤugen ſolte/ wie auch geſchahe. Dann der
Bapſt/ damit man ſeinen Widerwillen nicht merckete/ ließ dem Keyſer auff dem
Reichstag durch Sfondrat nur etliche Puncten fürhalten: Der Gebrauch deß
Kelchs im Abendmahl waͤre allbereit durch alte Gewohnheit der Kirchen abge-
than; ſtuͤnde derowegen bey dem Bapſt/ denſelben wider zuerſtatten. Jnglei-

chem
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[44/0052] Germaniæ Perturbatæ & Reſtauratæ auch genannt Interim. Als aber ſolch Buch nach Rom kommen/ war Jeder- maͤnniglich ſehr daruͤber beſtuͤrtzt/ daß ein weltlicher Herꝛ/ in einer weltlichen Verſamlung von Religionsſachen tractiert/ vnd einen Schluß gemacht; vnd zwar nicht in einem allein/ ſondern in allen Artickeln/ ſo ſtrittig worden. Die Ge- lehrten erholten auß den vhralten Geſchichten/ daß Zenon ein Enoticum, Hera- clius, ein Ectheſin, vnd Conſtans die Typos auffgeſetzt/ vnd wie zu mehr- malen ſo groſſe Tyranney in der heiligen Kirchen durch die Conſtitutiones Im- peratorum waͤren vervrſacht worden: Sonſten/ oberzehlte drey Stuͤck/ haͤtten vor dieſen Zeiten nichts guts/ ſondern nur groſſe Spaltung in der Kirchen an- gerichtet: Darzu koͤnte man wol das Interim Caroli V. vor das vierdte hinzu- ſetzen; vnd waren faſt in den Gedancken/ als ob es der Keyſer Henrico VIII. in Engelland nach thun/ vnnd ſich zu einem Haupt der Kirchen machen wolte. Dahero dann deſto groͤſſer Gefahr zubeſorgen/ weil ſolche Oberherꝛſchafft in Re- ligionsſachen nicht nur eine eintzige Jnſul/ ſondern Spanien/ Jtalien/ Teutſch- vnd andere vmbligende Laͤnder begreiffen thaͤte: Vnd zwar euſſerlichem Anſe- hen nach/ ſolch Interim Catholiſch/ aber an ſich ſelbſten vnd in der Wahrheit der Catholiſchen Lehr gantz zuwider waͤre; wie dann ſolches von Puncten zu Pun- cten ſich erwieſe/ ſonderlich in dem Capitel von der heiligen Kirchen/ da die Ei- nigkeit derſelben nicht auff ein ſichtbarliches Haupt/ ſo doch das fuͤrnembſte/ ge- richtet ſey: Vnd das noch das aͤrgſte/ ſo wuͤrde darinnen von einer vnſichtba- ren/ in Einigkeit der Chriſtlichen Lieb verſamleten Kirch geredet/ welche doch auch hernacher vor vnſichtbar gehalten werde; dardurch ſein artig/ jedoch ſchein- licher Weiß/ die Hierarchia vernichtet/ falle/ vnd Lutheri Meynung geſtaͤrcket/ wachſe. Vnd ſonderlich werde darinnen vor das rechte Kennzeichen der wah- ren Kirchen/ die Lauterkeit vnd Wahrhafftigkeit der Lehre/ vnd der rechte Ge- brauch der heiligen Sacramenten vorgeſtelt: Das erſte Gemerck aber/ ſo da iſt der Gehorſam gegen Paͤpſtlicher Heiligkeit zu Rom/ außgelaſſen; welches in keinem Weg zugeſta__en: Wie auch dieſes nicht/ daß der Papſt in remedium ſchiſmatis, vnd die Biſchoffe de jure divino geſetzt werden: Neben Geſtattung der Prieſter-Ehe. An dem gantzen Paͤpſtiſchen Hoff hoͤrete man nichts anders/ als daß es de ſumma rerum geſpielt/ daß die Fundament der Kirchen erſchoͤllert/ vnd alſo hochnoͤhtig waͤre/ ſich mit aller Macht in Weg zulegen. Der Papſt aber ſahe biß auff den Grund/ vnd merckte/ daß der Keyſer eygennuͤtzig/ vnd hochmuͤhtig waͤre/ als wuͤrde kein Widerſtand mehr zu finden ſeyn/ welcher ſich doch bald auff beyden Seiten nach der Publication eraͤugen ſolte/ wie auch geſchahe. Dann der Bapſt/ damit man ſeinen Widerwillen nicht merckete/ ließ dem Keyſer auff dem Reichstag durch Sfondrat nur etliche Puncten fürhalten: Der Gebrauch deß Kelchs im Abendmahl waͤre allbereit durch alte Gewohnheit der Kirchen abge- than; ſtuͤnde derowegen bey dem Bapſt/ denſelben wider zuerſtatten. Jnglei- chem

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Zitationshilfe: Wartmann, Sigismund Friedrich: Germaniae Pertvrbatae et Restavratae sive Vnpartheyischer wolmeynender Theologo-Politicorum Discvrsvm Ander vnd dritter Theil. Frankfurt (Main), 1650, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wartmann_germania0203_1650/52>, abgerufen am 21.11.2024.