Weber, Max: Politik als Beruf. In: Geistige Arbeit als Beruf. Vier Vorträge vor dem Freistudentischen Bund. Zweiter Vortrag. München, 1919.nicht auch für ihre privaten ökonomischen Jnteressen auszunutzen nicht auch für ihre privaten ökonomiſchen Jntereſſen auszunutzen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0014" n="14"/> nicht auch für ihre privaten ökonomiſchen Jntereſſen auszunutzen<lb/> pflegte. Davon iſt natürlich gar keine Rede. Es hat keine<lb/> Schicht gegeben, die das nicht irgendwie getan hätte. Nur<lb/> dies bedeutet es: daß die Berufspolitiker nicht unmittelbar<lb/><hi rendition="#g">für</hi> ihre politiſche Leiſtung Entgelt zu ſuchen genötigt ſind,<lb/> wie das jeder Mittelloſe ſchlechthin in Anſpruch nehmen muß.<lb/> Und andrerſeits bedeutet es nicht etwa, daß vermögensloſe<lb/> Politiker lediglich oder auch nur vornehmlich ihre privatwirt-<lb/> ſchaftliche Verſorgung durch die Politik im Auge hätten, nicht<lb/> oder doch nicht vornehmlich „an die Sache“ dächten. Nichts wäre<lb/> unrichtiger. Dem vermögenden Mann iſt die Sorge um die<lb/> ökonomiſche „Sekurität“ ſeiner Exiſtenz erfahrungsgemäß – be-<lb/> wußt oder unbewußt – ein Kardinalpunkt ſeiner ganzen Lebens-<lb/> orientierung. Der ganz rückſichts- und vorausſetzungsloſe<lb/> politiſche Jdealismus findet ſich, wenn nicht ausſchließlich, ſo<lb/> doch wenigſtens gerade, bei den infolge ihrer Vermögensloſig-<lb/> keit ganz außerhalb der an der Erhaltung der ökonomiſchen<lb/> Ordnung einer beſtimmten Geſellſchaft ſtehenden Schichten:<lb/> das gilt zumal in außeralltäglichen, alſo revolutionären,<lb/> Epochen. Sondern nur dies bedeutet es: daß eine <hi rendition="#g">nicht</hi><lb/> plutokratiſche Rekrutierung der politiſchen Jntereſſenten, der<lb/> Führerſchaft und ihrer Gefolgſchaft, an die ſelbſtverſtändliche<lb/> Vorausſetzung gebunden iſt, daß dieſen Jntereſſenten aus dem<lb/> Betrieb der Politik regelmäßige und verläßliche Einnahmen<lb/> zufließen. Die Politik kann entweder „ehrenamtlich“ und<lb/> dann von, wie man zu ſagen pflegt, „unabhängigen“, d. h.<lb/> vermögenden Leuten, Rentnern vor allem, geführt werden. Oder<lb/> aber ihre Führung wird Vermögensloſen zugänglich gemacht,<lb/> und dann muß ſie entgolten werden. Der <hi rendition="#g">von</hi> der Politik<lb/> lebende Berufspolitiker kann ſein: reiner „Pfründner“ oder be-<lb/> ſoldeter „Beamter“. Entweder bezieht er dann Einnahmen<lb/> aus Gebühren und Sporteln für beſtimmte Leiſtungen – Trink-<lb/> gelder und Beſtechungsſummen ſind nur eine regelloſe und<lb/> formell illegale Abart dieſer Kategorie von Einkünften –,<lb/> oder er bezieht ein feſtes Naturaliendeputat oder Geldgehalt,<lb/> oder beides nebeneinander. Er kann den Charakter eines<lb/> „Unternehmers“ annehmen, wie der Kondottiere oder der Amts-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [14/0014]
nicht auch für ihre privaten ökonomiſchen Jntereſſen auszunutzen
pflegte. Davon iſt natürlich gar keine Rede. Es hat keine
Schicht gegeben, die das nicht irgendwie getan hätte. Nur
dies bedeutet es: daß die Berufspolitiker nicht unmittelbar
für ihre politiſche Leiſtung Entgelt zu ſuchen genötigt ſind,
wie das jeder Mittelloſe ſchlechthin in Anſpruch nehmen muß.
Und andrerſeits bedeutet es nicht etwa, daß vermögensloſe
Politiker lediglich oder auch nur vornehmlich ihre privatwirt-
ſchaftliche Verſorgung durch die Politik im Auge hätten, nicht
oder doch nicht vornehmlich „an die Sache“ dächten. Nichts wäre
unrichtiger. Dem vermögenden Mann iſt die Sorge um die
ökonomiſche „Sekurität“ ſeiner Exiſtenz erfahrungsgemäß – be-
wußt oder unbewußt – ein Kardinalpunkt ſeiner ganzen Lebens-
orientierung. Der ganz rückſichts- und vorausſetzungsloſe
politiſche Jdealismus findet ſich, wenn nicht ausſchließlich, ſo
doch wenigſtens gerade, bei den infolge ihrer Vermögensloſig-
keit ganz außerhalb der an der Erhaltung der ökonomiſchen
Ordnung einer beſtimmten Geſellſchaft ſtehenden Schichten:
das gilt zumal in außeralltäglichen, alſo revolutionären,
Epochen. Sondern nur dies bedeutet es: daß eine nicht
plutokratiſche Rekrutierung der politiſchen Jntereſſenten, der
Führerſchaft und ihrer Gefolgſchaft, an die ſelbſtverſtändliche
Vorausſetzung gebunden iſt, daß dieſen Jntereſſenten aus dem
Betrieb der Politik regelmäßige und verläßliche Einnahmen
zufließen. Die Politik kann entweder „ehrenamtlich“ und
dann von, wie man zu ſagen pflegt, „unabhängigen“, d. h.
vermögenden Leuten, Rentnern vor allem, geführt werden. Oder
aber ihre Führung wird Vermögensloſen zugänglich gemacht,
und dann muß ſie entgolten werden. Der von der Politik
lebende Berufspolitiker kann ſein: reiner „Pfründner“ oder be-
ſoldeter „Beamter“. Entweder bezieht er dann Einnahmen
aus Gebühren und Sporteln für beſtimmte Leiſtungen – Trink-
gelder und Beſtechungsſummen ſind nur eine regelloſe und
formell illegale Abart dieſer Kategorie von Einkünften –,
oder er bezieht ein feſtes Naturaliendeputat oder Geldgehalt,
oder beides nebeneinander. Er kann den Charakter eines
„Unternehmers“ annehmen, wie der Kondottiere oder der Amts-
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