Weber, Max: Politik als Beruf. In: Geistige Arbeit als Beruf. Vier Vorträge vor dem Freistudentischen Bund. Zweiter Vortrag. München, 1919.im Bundessenat. Denn da die Senatoren an der Amtspatronage Der Boss hat keine festen politischen "Prinzipien", er ist Hier ist also ein stark kapitalistischer, von oben bis unten im Bundesſenat. Denn da die Senatoren an der Amtspatronage Der Boss hat keine feſten politiſchen „Prinzipien“, er iſt Hier iſt alſo ein ſtark kapitaliſtiſcher, von oben bis unten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0043" n="43"/> im Bundesſenat. Denn da die Senatoren an der Amtspatronage<lb/> kraft Verfaſſung beteiligt ſind, ſitzen die leitenden <hi rendition="#aq">Bosses</hi> oft<lb/> in Perſon in dieſer Körperſchaft. Die Vergebung der Ämter<lb/> erfolgt in erſter Linie nach der Leiſtung für die Partei. Aber<lb/> auch der Zuſchlag gegen Geldgebote kam vielfach vor, und<lb/> es exiſtierten für einzelne Ämter beſtimmte Taxen: ein Ämter-<lb/> verkaufsſyſtem, wie es die Monarchien des 17. und 18. Jahr-<lb/> hunderts mit Einſchluß des Kirchenſtaates ja auch vielfach<lb/> kannten.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#aq">Boss</hi> hat keine feſten politiſchen „Prinzipien“, er iſt<lb/> vollkommen geſinnungslos und fragt nur: Was fängt Stimmen?<lb/> Er iſt nicht ſelten ein ziemlich ſchlecht erzogener Mann. Er<lb/> pflegt aber in ſeinem Privatleben einwandfrei und korrekt zu<lb/> leben. Nur in ſeiner politiſchen Ethik paßt er ſich natur-<lb/> gemäß der einmal gegebenen Durchſchnittsethik des politiſchen<lb/> Handelns an, wie ſehr viele von uns in der Zeit des Hamſterns<lb/> auch auf dem Gebiete der ökonomiſchen Ethik getan haben<lb/> dürften. Daß man ihn als <hi rendition="#aq">„professional“</hi>, als Berufspolitiker,<lb/> geſellſchaftlich verachtet, ficht ihn nicht an. Daß er ſelbſt nicht<lb/> in die großen Ämter der Union gelangt und gelangen will, hat<lb/> dabei den Vorzug: daß nicht ſelten parteifremde Jntelligenzen:<lb/> Notabilitäten alſo, und nicht immer wieder die alten Partei-<lb/> honoratioren wie bei uns, in die Kandidatur hineinkommen,<lb/> wenn die <hi rendition="#aq">Bosses</hi> ſich davon Zugkraft bei den Wahlen ver-<lb/> ſprechen. Gerade die Struktur dieſer geſinnungsloſen Parteien<lb/> mit ihren geſellſchaftlich verachteten Machthabern hat daher<lb/> tüchtigen Männern zur Präſidentſchaft verholfen, die bei uns<lb/> niemals hochgekommen wären. Freilich, gegen einen <hi rendition="#aq">Outsider</hi>,<lb/> der ihren Geld- und Machtquellen gefährlich werden könnte,<lb/> ſträuben ſich die <hi rendition="#aq">Bosses</hi>. Aber im Konkurrenzkampf um die<lb/> Gunſt der Wähler haben ſie nicht ſelten ſich zur Akzeptierung<lb/> gerade von ſolchen Kandidaten herbeilaſſen müſſen, die als<lb/> Korruptionsgegner galten.</p><lb/> <p>Hier iſt alſo ein ſtark kapitaliſtiſcher, von oben bis unten<lb/> ſtraff durchorganiſierter Parteibetrieb vorhanden, geſtützt auch<lb/> durch die überaus feſten, ordensartig organiſierten Klubs von<lb/> der Art von <hi rendition="#aq">Tammany Hall</hi>, die ausſchließlich die Profiterzielung<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [43/0043]
im Bundesſenat. Denn da die Senatoren an der Amtspatronage
kraft Verfaſſung beteiligt ſind, ſitzen die leitenden Bosses oft
in Perſon in dieſer Körperſchaft. Die Vergebung der Ämter
erfolgt in erſter Linie nach der Leiſtung für die Partei. Aber
auch der Zuſchlag gegen Geldgebote kam vielfach vor, und
es exiſtierten für einzelne Ämter beſtimmte Taxen: ein Ämter-
verkaufsſyſtem, wie es die Monarchien des 17. und 18. Jahr-
hunderts mit Einſchluß des Kirchenſtaates ja auch vielfach
kannten.
Der Boss hat keine feſten politiſchen „Prinzipien“, er iſt
vollkommen geſinnungslos und fragt nur: Was fängt Stimmen?
Er iſt nicht ſelten ein ziemlich ſchlecht erzogener Mann. Er
pflegt aber in ſeinem Privatleben einwandfrei und korrekt zu
leben. Nur in ſeiner politiſchen Ethik paßt er ſich natur-
gemäß der einmal gegebenen Durchſchnittsethik des politiſchen
Handelns an, wie ſehr viele von uns in der Zeit des Hamſterns
auch auf dem Gebiete der ökonomiſchen Ethik getan haben
dürften. Daß man ihn als „professional“, als Berufspolitiker,
geſellſchaftlich verachtet, ficht ihn nicht an. Daß er ſelbſt nicht
in die großen Ämter der Union gelangt und gelangen will, hat
dabei den Vorzug: daß nicht ſelten parteifremde Jntelligenzen:
Notabilitäten alſo, und nicht immer wieder die alten Partei-
honoratioren wie bei uns, in die Kandidatur hineinkommen,
wenn die Bosses ſich davon Zugkraft bei den Wahlen ver-
ſprechen. Gerade die Struktur dieſer geſinnungsloſen Parteien
mit ihren geſellſchaftlich verachteten Machthabern hat daher
tüchtigen Männern zur Präſidentſchaft verholfen, die bei uns
niemals hochgekommen wären. Freilich, gegen einen Outsider,
der ihren Geld- und Machtquellen gefährlich werden könnte,
ſträuben ſich die Bosses. Aber im Konkurrenzkampf um die
Gunſt der Wähler haben ſie nicht ſelten ſich zur Akzeptierung
gerade von ſolchen Kandidaten herbeilaſſen müſſen, die als
Korruptionsgegner galten.
Hier iſt alſo ein ſtark kapitaliſtiſcher, von oben bis unten
ſtraff durchorganiſierter Parteibetrieb vorhanden, geſtützt auch
durch die überaus feſten, ordensartig organiſierten Klubs von
der Art von Tammany Hall, die ausſchließlich die Profiterzielung
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