Weber, Max: Politik als Beruf. In: Geistige Arbeit als Beruf. Vier Vorträge vor dem Freistudentischen Bund. Zweiter Vortrag. München, 1919.Pferden, oder was sonst immer, sich befinden, oder ob der Einen politischen Verband, bei dem die sachlichen Verwaltungs- Überall aber, bis in die frühesten politischen Bildungen Pferden, oder was ſonſt immer, ſich befinden, oder ob der Einen politiſchen Verband, bei dem die ſachlichen Verwaltungs- Überall aber, bis in die früheſten politiſchen Bildungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0008" n="8"/> Pferden, oder was ſonſt immer, ſich befinden, oder ob der<lb/> Verwaltungsſtab von den Verwaltungsmitteln „getrennt“ iſt, im<lb/> gleichen Sinn, wie heute der Angeſtellte und Proletarier inner-<lb/> halb des kapitaliſtiſchen Betriebes „getrennt“ iſt von den ſach-<lb/> lichen Produktionsmitteln. Ob alſo der Gewalthaber die Ver-<lb/> waltung in <hi rendition="#g">eigener</hi> von ihm organiſierter <hi rendition="#g">Regie</hi> hat und<lb/> durch perſönliche Diener oder angeſtellte Beamte oder perſönliche<lb/> Günſtlinge und Vertraute verwalten läßt, welche nicht Eigen-<lb/> tümer: Beſitzer zu eigenem Recht, der ſachlichen Betriebsmittel<lb/> ſind, ſondern vom Herrn darin dirigiert werden, oder ob das<lb/> Gegenteil der Fall iſt. Der Unterſchied geht durch alle Ver-<lb/> waltungsorganiſationen der Vergangenheit hindurch.</p><lb/> <p>Einen politiſchen Verband, bei dem die ſachlichen Verwaltungs-<lb/> mittel ganz oder teilweiſe in der Eigenmacht des abhängigen<lb/> Verwaltungsſtabes ſich befinden, wollen wir einen „<hi rendition="#g">ſtän-<lb/> diſch</hi>“ gegliederten Verband nennen. Der Vaſall z. B. im<lb/> Lehnsverband beſtritt die Verwaltung und Rechtspflege des<lb/> ihm verlehnten Bezirks aus eigener Taſche, equipierte und ver-<lb/> proviantierte ſich ſelbſt für den Krieg; ſeine Untervaſallen<lb/> taten das gleiche. Das hatte natürlich Konſequenzen für die<lb/> Machtſtellung des Herrn, die nur auf dem perſönlichen Treu-<lb/> bund und darauf ruhte, daß der Lehnsbeſitz und die ſoziale<lb/> Ehre des Vaſallen ihre „Legitimität“ vom Herrn ableiteten.</p><lb/> <p>Überall aber, bis in die früheſten politiſchen Bildungen<lb/> zurück, finden wir auch die eigene Regie des Herrn: durch<lb/> perſönlich von ihm Abhängige: Sklaven, Hausbeamte, Dienſt-<lb/> leute, perſönliche „Günſtlinge“ und aus ſeinen Vorratskammern<lb/> mit Natural- und Gelddeputaten entlehnte Pfründner ſucht er<lb/> die Verwaltung in eigene Hand zu bekommen, die Mittel aus<lb/> eigener Taſche, aus Erträgniſſen ſeines Patrimoniums zu be-<lb/> ſtreiten, ein rein perſönlich von ihm abhängiges, weil aus<lb/> ſeinen Speichern, Magazinen, Rüſtkammern equipiertes und<lb/> verproviantiertes Heer zu ſchaffen. Während im „ſtändiſchen“<lb/> Verband der Herr mit Hilfe einer eigenſtändigen „Ariſtokratie“<lb/> herrſcht, alſo mit ihr die Herrſchaft teilt, ſtützt er ſich hier<lb/> entweder auf Haushörige oder auf Plebejer: beſitzloſe, der<lb/> eigenen ſozialen Ehre entbehrende Schichten, die materiell<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [8/0008]
Pferden, oder was ſonſt immer, ſich befinden, oder ob der
Verwaltungsſtab von den Verwaltungsmitteln „getrennt“ iſt, im
gleichen Sinn, wie heute der Angeſtellte und Proletarier inner-
halb des kapitaliſtiſchen Betriebes „getrennt“ iſt von den ſach-
lichen Produktionsmitteln. Ob alſo der Gewalthaber die Ver-
waltung in eigener von ihm organiſierter Regie hat und
durch perſönliche Diener oder angeſtellte Beamte oder perſönliche
Günſtlinge und Vertraute verwalten läßt, welche nicht Eigen-
tümer: Beſitzer zu eigenem Recht, der ſachlichen Betriebsmittel
ſind, ſondern vom Herrn darin dirigiert werden, oder ob das
Gegenteil der Fall iſt. Der Unterſchied geht durch alle Ver-
waltungsorganiſationen der Vergangenheit hindurch.
Einen politiſchen Verband, bei dem die ſachlichen Verwaltungs-
mittel ganz oder teilweiſe in der Eigenmacht des abhängigen
Verwaltungsſtabes ſich befinden, wollen wir einen „ſtän-
diſch“ gegliederten Verband nennen. Der Vaſall z. B. im
Lehnsverband beſtritt die Verwaltung und Rechtspflege des
ihm verlehnten Bezirks aus eigener Taſche, equipierte und ver-
proviantierte ſich ſelbſt für den Krieg; ſeine Untervaſallen
taten das gleiche. Das hatte natürlich Konſequenzen für die
Machtſtellung des Herrn, die nur auf dem perſönlichen Treu-
bund und darauf ruhte, daß der Lehnsbeſitz und die ſoziale
Ehre des Vaſallen ihre „Legitimität“ vom Herrn ableiteten.
Überall aber, bis in die früheſten politiſchen Bildungen
zurück, finden wir auch die eigene Regie des Herrn: durch
perſönlich von ihm Abhängige: Sklaven, Hausbeamte, Dienſt-
leute, perſönliche „Günſtlinge“ und aus ſeinen Vorratskammern
mit Natural- und Gelddeputaten entlehnte Pfründner ſucht er
die Verwaltung in eigene Hand zu bekommen, die Mittel aus
eigener Taſche, aus Erträgniſſen ſeines Patrimoniums zu be-
ſtreiten, ein rein perſönlich von ihm abhängiges, weil aus
ſeinen Speichern, Magazinen, Rüſtkammern equipiertes und
verproviantiertes Heer zu ſchaffen. Während im „ſtändiſchen“
Verband der Herr mit Hilfe einer eigenſtändigen „Ariſtokratie“
herrſcht, alſo mit ihr die Herrſchaft teilt, ſtützt er ſich hier
entweder auf Haushörige oder auf Plebejer: beſitzloſe, der
eigenen ſozialen Ehre entbehrende Schichten, die materiell
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Zitationshilfe: | Weber, Max: Politik als Beruf. In: Geistige Arbeit als Beruf. Vier Vorträge vor dem Freistudentischen Bund. Zweiter Vortrag. München, 1919, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weber_politik_1919/8>, abgerufen am 16.07.2024. |