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Weerth, Georg: Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Hamburg, 1849.

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Gab es je ein trefflicheres Regenwetter als das, welches den Tag verherrlichte, wo der Protekter des Doms, König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, und der Erzherzog Reichsverweser die riesige Säulenhalle gemeinschaftlich besuchten? In die konstitutionellen Könige der Erde vertieft, hatte das Volk die absoluten Monarchen des Himmels vergessen, den Wolkenversammler Zeus, der ärgerlich darüber, plötzlich seine Schleusen öffnete und die gottvergessene Menge in so nachdrücklicher Weise von aller Unsauberkeit reinigte, daß wirklich an den meisten Menschen kein einziger sündhafter Zoll mehr zu waschen übrig blieb.

Man muß gestehen, das Schicksal hat den Göttern nicht nur den Nektar gegeben, sondern auch das Regenwasser und das letztere in so großer Menge, daß es ihnen eben nicht darauf ankommt, sich gerade dann ihres Ueberflusses zu entledigen, wenn die armen trocknen Menschenkinder des Befeuchtens am Allerwenigsten bedürfen.

Leider sollte ich dem berühmten Festregen der Dombautage eben nicht aus einem sichern Versteck zusehen. Tollkühn genug, hatte ich mich gerade vor das Portal des Domes gepflanzt, fest entschlossen meinen Posten zu behaupten, denn ich sollte ja auf drei Schritt den Reichsverweser sehen und den König - ich muß gestehen, ich befand mich in einer eigenthümlich

Gab es je ein trefflicheres Regenwetter als das, welches den Tag verherrlichte, wo der Protekter des Doms, König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, und der Erzherzog Reichsverweser die riesige Säulenhalle gemeinschaftlich besuchten? In die konstitutionellen Könige der Erde vertieft, hatte das Volk die absoluten Monarchen des Himmels vergessen, den Wolkenversammler Zeus, der ärgerlich darüber, plötzlich seine Schleusen öffnete und die gottvergessene Menge in so nachdrücklicher Weise von aller Unsauberkeit reinigte, daß wirklich an den meisten Menschen kein einziger sündhafter Zoll mehr zu waschen übrig blieb.

Man muß gestehen, das Schicksal hat den Göttern nicht nur den Nektar gegeben, sondern auch das Regenwasser und das letztere in so großer Menge, daß es ihnen eben nicht darauf ankommt, sich gerade dann ihres Ueberflusses zu entledigen, wenn die armen trocknen Menschenkinder des Befeuchtens am Allerwenigsten bedürfen.

Leider sollte ich dem berühmten Festregen der Dombautage eben nicht aus einem sichern Versteck zusehen. Tollkühn genug, hatte ich mich gerade vor das Portal des Domes gepflanzt, fest entschlossen meinen Posten zu behaupten, denn ich sollte ja auf drei Schritt den Reichsverweser sehen und den König – ich muß gestehen, ich befand mich in einer eigenthümlich

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[231/0237] Gab es je ein trefflicheres Regenwetter als das, welches den Tag verherrlichte, wo der Protekter des Doms, König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, und der Erzherzog Reichsverweser die riesige Säulenhalle gemeinschaftlich besuchten? In die konstitutionellen Könige der Erde vertieft, hatte das Volk die absoluten Monarchen des Himmels vergessen, den Wolkenversammler Zeus, der ärgerlich darüber, plötzlich seine Schleusen öffnete und die gottvergessene Menge in so nachdrücklicher Weise von aller Unsauberkeit reinigte, daß wirklich an den meisten Menschen kein einziger sündhafter Zoll mehr zu waschen übrig blieb. Man muß gestehen, das Schicksal hat den Göttern nicht nur den Nektar gegeben, sondern auch das Regenwasser und das letztere in so großer Menge, daß es ihnen eben nicht darauf ankommt, sich gerade dann ihres Ueberflusses zu entledigen, wenn die armen trocknen Menschenkinder des Befeuchtens am Allerwenigsten bedürfen. Leider sollte ich dem berühmten Festregen der Dombautage eben nicht aus einem sichern Versteck zusehen. Tollkühn genug, hatte ich mich gerade vor das Portal des Domes gepflanzt, fest entschlossen meinen Posten zu behaupten, denn ich sollte ja auf drei Schritt den Reichsverweser sehen und den König – ich muß gestehen, ich befand mich in einer eigenthümlich

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Zitationshilfe: Weerth, Georg: Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Hamburg, 1849, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weerth_schnapphahnski_1849/237>, abgerufen am 25.11.2024.