Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weerth, Georg: Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Hamburg, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

ich liefe noch - und Alles um eine Portion Häringssalat! Man sollte sagen, daß ich den schrecklichsten Katzenjammer haben müßte.

Aber wie meine Leser wissen, war dem nicht so. Ich hatte den ganzen Morgen mit meinem beschränkten Unterthanen-Humor an den Pforten des Domes gestanden und mich mehr des wohlfeilen Regenwassers als des kostspieligen Weines erfreut. Endlich war der Reichsverweser und der König erschienen, endlich hatte ich beide bewundert und endlich konnte ich naß wie ein Pudel nach Hause gehen, um für das bevorstehende Diner Toilette zu machen.

Schön wie ein Gott und hungrig wie ein Wolf trat ich in den Saal. Schon auf der Schwelle hätte ich vor Erstaunen fast einen Purzelbaum geschlagen. War das der Gürzenich? O. seltsame Aendrung!

Ach, ich kenne den Gürzenich aus meinen Jugendjahren, aus jener Zeit, wo ich in der Sternengasse, nicht weit von dem berühmten Hause wohnte, von dem mir einst ein todt ernster Kölner erzählte, daß der Herr Peter Paul Rubens darin geboren und daß die Medicäische Venus darin gestorben sei! - Ach, damals hatte ich noch meine fünf Sinne beieinander und hielt es für meine Pflicht, jedesmal um die Karnevalszeit Schulden zu machen und meine Uhr zu verkaufen, um hinter dem Rücken meiner

ich liefe noch – und Alles um eine Portion Häringssalat! Man sollte sagen, daß ich den schrecklichsten Katzenjammer haben müßte.

Aber wie meine Leser wissen, war dem nicht so. Ich hatte den ganzen Morgen mit meinem beschränkten Unterthanen-Humor an den Pforten des Domes gestanden und mich mehr des wohlfeilen Regenwassers als des kostspieligen Weines erfreut. Endlich war der Reichsverweser und der König erschienen, endlich hatte ich beide bewundert und endlich konnte ich naß wie ein Pudel nach Hause gehen, um für das bevorstehende Diner Toilette zu machen.

Schön wie ein Gott und hungrig wie ein Wolf trat ich in den Saal. Schon auf der Schwelle hätte ich vor Erstaunen fast einen Purzelbaum geschlagen. War das der Gürzenich? O. seltsame Aendrung!

Ach, ich kenne den Gürzenich aus meinen Jugendjahren, aus jener Zeit, wo ich in der Sternengasse, nicht weit von dem berühmten Hause wohnte, von dem mir einst ein todt ernster Kölner erzählte, daß der Herr Peter Paul Rubens darin geboren und daß die Medicäische Venus darin gestorben sei! – Ach, damals hatte ich noch meine fünf Sinne beieinander und hielt es für meine Pflicht, jedesmal um die Karnevalszeit Schulden zu machen und meine Uhr zu verkaufen, um hinter dem Rücken meiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0246" n="240"/>
ich liefe noch &#x2013; und Alles um eine Portion Häringssalat! Man sollte sagen, daß ich den schrecklichsten Katzenjammer haben müßte.</p>
          <p>Aber wie meine Leser wissen, war dem nicht so. Ich hatte den ganzen Morgen mit meinem beschränkten Unterthanen-Humor an den Pforten des Domes gestanden und mich mehr des wohlfeilen Regenwassers als des kostspieligen Weines erfreut. Endlich war der Reichsverweser und der König erschienen, endlich hatte ich beide bewundert und endlich konnte ich naß wie ein Pudel nach Hause gehen, um für das bevorstehende Diner Toilette zu machen.</p>
          <p>Schön wie ein Gott und hungrig wie ein Wolf trat ich in den Saal. Schon auf der Schwelle hätte ich vor Erstaunen fast einen Purzelbaum geschlagen. War das der Gürzenich? O. seltsame Aendrung!</p>
          <p>Ach, ich kenne den Gürzenich aus meinen Jugendjahren, aus jener Zeit, wo ich in der Sternengasse, nicht weit von dem berühmten Hause wohnte, von dem mir einst ein todt ernster Kölner erzählte, daß der Herr Peter Paul Rubens darin geboren und daß die Medicäische Venus darin gestorben sei! &#x2013; Ach, damals hatte ich noch meine fünf Sinne beieinander und hielt es für meine Pflicht, jedesmal um die Karnevalszeit Schulden zu machen und meine Uhr zu verkaufen, um hinter dem Rücken meiner
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0246] ich liefe noch – und Alles um eine Portion Häringssalat! Man sollte sagen, daß ich den schrecklichsten Katzenjammer haben müßte. Aber wie meine Leser wissen, war dem nicht so. Ich hatte den ganzen Morgen mit meinem beschränkten Unterthanen-Humor an den Pforten des Domes gestanden und mich mehr des wohlfeilen Regenwassers als des kostspieligen Weines erfreut. Endlich war der Reichsverweser und der König erschienen, endlich hatte ich beide bewundert und endlich konnte ich naß wie ein Pudel nach Hause gehen, um für das bevorstehende Diner Toilette zu machen. Schön wie ein Gott und hungrig wie ein Wolf trat ich in den Saal. Schon auf der Schwelle hätte ich vor Erstaunen fast einen Purzelbaum geschlagen. War das der Gürzenich? O. seltsame Aendrung! Ach, ich kenne den Gürzenich aus meinen Jugendjahren, aus jener Zeit, wo ich in der Sternengasse, nicht weit von dem berühmten Hause wohnte, von dem mir einst ein todt ernster Kölner erzählte, daß der Herr Peter Paul Rubens darin geboren und daß die Medicäische Venus darin gestorben sei! – Ach, damals hatte ich noch meine fünf Sinne beieinander und hielt es für meine Pflicht, jedesmal um die Karnevalszeit Schulden zu machen und meine Uhr zu verkaufen, um hinter dem Rücken meiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-04T15:10:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitätsbibliothek Frankfurt am Main: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-04T15:10:31Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Faksimile 0150) (2013-01-04T15:10:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-04T15:10:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen
  • Sonderzeichen und nicht-lateinische Schriftzeichen werden möglichst originalgetreu wiedergegeben
  • Das lange s (ſ) wird als normales s wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weerth_schnapphahnski_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weerth_schnapphahnski_1849/246
Zitationshilfe: Weerth, Georg: Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Hamburg, 1849, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weerth_schnapphahnski_1849/246>, abgerufen am 18.05.2024.