Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weerth, Georg: Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Hamburg, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

Polen wurde nicht gewissenhafter getheilt als diese Torte. Man bot mir natürlich sofort an, daß ich die Rolle Rußland's bei der Theilung übernehmen und der Dritte in dem schönen Bunde sei solle. Ich verweigerte dies aber, mehr aus innerlichen als aus politischen Gründen, indem ich versicherte, daß mir die Geschichte zu schwer im Magen liegen dürfte.

Da hinten, setzte ich hinzu, befindet sich aber ein Mann, der mich gerne remplaziren wird. Er ist ein Westphale und deshalb nicht viel besser als ein Kosacke. Der Mann liebt die Torten über Alles. Sollen wir ihn nicht einladen? "Allerdings!" rief der Preuße und: "Ich halte es sogar für sehr nöthig, ihn hinzuzuziehen!" bemerkte der Oesterreicher. Da erhob ich mich, um meinen hungrigen Cerberus herbeizuschleifen. Aber ach, ich hatte kaum zwei Schritte gethan, da nahte unser Freund schon ungerufen. Sein Kopf glühte von Wein, Zorn und Gesundheit; er bemerkte mich gar nicht, denn steif war sein Auge auf die Torte gerichtet. Mit einem schmunzelnden Lächeln schmiegte sich der westphälische Russe zwischen Oesterreicher und Preuße; ich winkte sofort, daß dies der rechte Mann sei und keine Minute verstrich, da waren sie auch schon am Fressen nach Herzenslust, alle drei, und die hübschen Verzierungen des armen Kuchens brachen knisternd zusammen.

Polen wurde nicht gewissenhafter getheilt als diese Torte. Man bot mir natürlich sofort an, daß ich die Rolle Rußland’s bei der Theilung übernehmen und der Dritte in dem schönen Bunde sei solle. Ich verweigerte dies aber, mehr aus innerlichen als aus politischen Gründen, indem ich versicherte, daß mir die Geschichte zu schwer im Magen liegen dürfte.

Da hinten, setzte ich hinzu, befindet sich aber ein Mann, der mich gerne remplaziren wird. Er ist ein Westphale und deshalb nicht viel besser als ein Kosacke. Der Mann liebt die Torten über Alles. Sollen wir ihn nicht einladen? „Allerdings!“ rief der Preuße und: „Ich halte es sogar für sehr nöthig, ihn hinzuzuziehen!“ bemerkte der Oesterreicher. Da erhob ich mich, um meinen hungrigen Cerberus herbeizuschleifen. Aber ach, ich hatte kaum zwei Schritte gethan, da nahte unser Freund schon ungerufen. Sein Kopf glühte von Wein, Zorn und Gesundheit; er bemerkte mich gar nicht, denn steif war sein Auge auf die Torte gerichtet. Mit einem schmunzelnden Lächeln schmiegte sich der westphälische Russe zwischen Oesterreicher und Preuße; ich winkte sofort, daß dies der rechte Mann sei und keine Minute verstrich, da waren sie auch schon am Fressen nach Herzenslust, alle drei, und die hübschen Verzierungen des armen Kuchens brachen knisternd zusammen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0273" n="267"/>
          <p>Polen wurde nicht gewissenhafter getheilt als diese Torte. Man bot mir natürlich sofort an, daß ich die Rolle Rußland&#x2019;s bei der Theilung übernehmen und der Dritte in dem schönen Bunde sei solle. Ich verweigerte dies aber, mehr aus innerlichen als aus politischen Gründen, indem ich versicherte, daß mir die Geschichte zu schwer im Magen liegen dürfte.</p>
          <p>Da hinten, setzte ich hinzu, befindet sich aber ein Mann, der mich gerne remplaziren wird. Er ist ein Westphale und deshalb nicht viel besser als ein Kosacke. Der Mann liebt die Torten über Alles. Sollen wir ihn nicht einladen? &#x201E;Allerdings!&#x201C; rief der Preuße und: &#x201E;Ich halte es sogar für sehr nöthig, ihn hinzuzuziehen!&#x201C; bemerkte der Oesterreicher. Da erhob ich mich, um meinen hungrigen Cerberus herbeizuschleifen. Aber ach, ich hatte kaum zwei Schritte gethan, da nahte unser Freund schon ungerufen. Sein Kopf glühte von Wein, Zorn und Gesundheit; er bemerkte mich gar nicht, denn steif war sein Auge auf die Torte gerichtet. Mit einem schmunzelnden Lächeln schmiegte sich der westphälische Russe zwischen Oesterreicher und Preuße; ich winkte sofort, daß dies der rechte Mann sei und keine Minute verstrich, da waren sie auch schon am Fressen nach Herzenslust, alle drei, und die hübschen Verzierungen des armen Kuchens brachen knisternd zusammen.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0273] Polen wurde nicht gewissenhafter getheilt als diese Torte. Man bot mir natürlich sofort an, daß ich die Rolle Rußland’s bei der Theilung übernehmen und der Dritte in dem schönen Bunde sei solle. Ich verweigerte dies aber, mehr aus innerlichen als aus politischen Gründen, indem ich versicherte, daß mir die Geschichte zu schwer im Magen liegen dürfte. Da hinten, setzte ich hinzu, befindet sich aber ein Mann, der mich gerne remplaziren wird. Er ist ein Westphale und deshalb nicht viel besser als ein Kosacke. Der Mann liebt die Torten über Alles. Sollen wir ihn nicht einladen? „Allerdings!“ rief der Preuße und: „Ich halte es sogar für sehr nöthig, ihn hinzuzuziehen!“ bemerkte der Oesterreicher. Da erhob ich mich, um meinen hungrigen Cerberus herbeizuschleifen. Aber ach, ich hatte kaum zwei Schritte gethan, da nahte unser Freund schon ungerufen. Sein Kopf glühte von Wein, Zorn und Gesundheit; er bemerkte mich gar nicht, denn steif war sein Auge auf die Torte gerichtet. Mit einem schmunzelnden Lächeln schmiegte sich der westphälische Russe zwischen Oesterreicher und Preuße; ich winkte sofort, daß dies der rechte Mann sei und keine Minute verstrich, da waren sie auch schon am Fressen nach Herzenslust, alle drei, und die hübschen Verzierungen des armen Kuchens brachen knisternd zusammen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-04T15:10:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitätsbibliothek Frankfurt am Main: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-04T15:10:31Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Faksimile 0150) (2013-01-04T15:10:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-04T15:10:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen
  • Sonderzeichen und nicht-lateinische Schriftzeichen werden möglichst originalgetreu wiedergegeben
  • Das lange s (ſ) wird als normales s wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weerth_schnapphahnski_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weerth_schnapphahnski_1849/273
Zitationshilfe: Weerth, Georg: Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Hamburg, 1849, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weerth_schnapphahnski_1849/273>, abgerufen am 18.05.2024.