Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_018.001 Hier ist nun auch der Ort, auf das Schicksal der deutschen Literaturwissenschaft pwe_018.017 Bei dem nun einsetzenden Zwischenspiel einer "volkhaften Literaturwissenschaft" pwe_018.035 1 pwe_018.036 Horst Oppel, Die Literaturwissenschaft in der Gegenwart. Methodologie und pwe_018.037 Wissenschaftslehre. Stuttgart 1939. 2 pwe_018.038 Hermann Pongs, Neue Aufgaben der Literaturwissenschaft. DuV 38 (1937) pwe_018.039 1 ff., 273 ff. 3 pwe_018.040
ZfdPh 65 (1940) 194 ff. pwe_018.001 Hier ist nun auch der Ort, auf das Schicksal der deutschen Literaturwissenschaft pwe_018.017 Bei dem nun einsetzenden Zwischenspiel einer „volkhaften Literaturwissenschaft“ pwe_018.035 1 pwe_018.036 Horst Oppel, Die Literaturwissenschaft in der Gegenwart. Methodologie und pwe_018.037 Wissenschaftslehre. Stuttgart 1939. 2 pwe_018.038 Hermann Pongs, Neue Aufgaben der Literaturwissenschaft. DuV 38 (1937) pwe_018.039 1 ff., 273 ff. 3 pwe_018.040
ZfdPh 65 (1940) 194 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0024" n="18"/><lb n="pwe_018.001"/> wo es sich um abstrakte Programme und nicht um die konkrete Arbeit an <lb n="pwe_018.002"/> der Dichtung selbst handelt. <hi rendition="#k">Horst Oppel</hi><note xml:id="PWE_018_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_018.036"/> Horst Oppel, <hi rendition="#i">Die Literaturwissenschaft in der Gegenwart. Methodologie und <lb n="pwe_018.037"/> Wissenschaftslehre.</hi> Stuttgart 1939.</note> hat 1939 die verschiedenen <lb n="pwe_018.003"/> methodischen Positionen der Literaturwissenschaft im Rahmen einer allgemeinen <lb n="pwe_018.004"/> Wissenschaftslehre beredet und diskutiert, ohne allerdings ein <lb n="pwe_018.005"/> eigenes System zu entwickeln. Er orientiert sich ähnlich wie <hi rendition="#k">Pongs</hi> am Begriff <lb n="pwe_018.006"/> einer existentialistischen Forschung, d. h. „der Erforschung der symbolischen <lb n="pwe_018.007"/> Existenz des Dichtwerks“, also gleicherweise einer Untersuchung <lb n="pwe_018.008"/> des „Lebens der künstlerischen Form“, wie der darin zu findenden Gestaltung <lb n="pwe_018.009"/> von „Mensch und Menschenwelt in ihren tragenden Kräften, von der <lb n="pwe_018.010"/> unaufhebbaren Verzweiflung des Einzelnen bis zur richtenden und ordnenden <lb n="pwe_018.011"/> Gewalt des in Volk und Staat verkörperten Miteinanderseins“<note xml:id="PWE_018_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_018.038"/> Hermann Pongs, <hi rendition="#i">Neue Aufgaben der Literaturwissenschaft.</hi> DuV 38 (1937) <lb n="pwe_018.039"/> 1 ff., 273 ff.</note>. <lb n="pwe_018.012"/> Es ist amüsant zu sehen, wie dies von nazistischer Seite<note xml:id="PWE_018_3" place="foot" n="3"><lb n="pwe_018.040"/> ZfdPh 65 (1940) 194 ff.</note> als überwundener <lb n="pwe_018.013"/> Standpunkt eines neugierigen Individualismus abgelehnt wurde, wogegen <lb n="pwe_018.014"/> <hi rendition="#k">E. Lunding</hi> darin einen Verrat am echten Kierkegaardschen Existenzbegriff <lb n="pwe_018.015"/> feststellte.</p> <lb n="pwe_018.016"/> <p> Hier ist nun auch der Ort, auf das Schicksal der <hi rendition="#g">deutschen Literaturwissenschaft <lb n="pwe_018.017"/> zwischen 1933 und 1945</hi> einzugehen. <lb n="pwe_018.018"/> Vor allem in der germanistischen Wissenschaft ist hier von außen durch <lb n="pwe_018.019"/> staatliche Gewalt und von innen durch eine Art Psychose das freie Spiel <lb n="pwe_018.020"/> der Kräfte gelähmt worden. Innerhalb einer seit der Neufundierung der <lb n="pwe_018.021"/> Geisteswissenschaften besonders im Laufe der 1920er Jahre reich und verwirrend <lb n="pwe_018.022"/> entwickelten Fülle der Gesichtspunkte und Methoden bildet sich <lb n="pwe_018.023"/> eine mehr oder weniger offizielle, der politischen Macht konforme Richtung <lb n="pwe_018.024"/> immer stärker aus. Die Suggestion einer „volkhaften“ oder „politischen“ <lb n="pwe_018.025"/> Orientierung als Gebot der Stunde bemächtigt sich auch ehrenwerter <lb n="pwe_018.026"/> Gelehrter; die problematisch gewordene Vielfalt der Gesichtspunkte, die <lb n="pwe_018.027"/> in Deutschland typische Überlastung der Geisteswissenschaften mit Metaphysik <lb n="pwe_018.028"/> verführt zu einer Überkompensation: man findet im volksmäßigen <lb n="pwe_018.029"/> Gedanken den Ausweg und setzt „anstelle des wissenschaftlichen Selbstzwecks <lb n="pwe_018.030"/> den Dienst an der Nation“ (<hi rendition="#k">Heinz Kindermann</hi>). Der freiwillige <lb n="pwe_018.031"/> „Abbau der Kultur“ wird durch äußere Eingriffe verstärkt. Entlassungen, <lb n="pwe_018.032"/> Emigration, Drohung, physische Vernichtung zerstören und verfälschen das <lb n="pwe_018.033"/> Leben der Wissenschaft vollends.</p> <lb n="pwe_018.034"/> <p> Bei dem nun einsetzenden Zwischenspiel einer „volkhaften Literaturwissenschaft“ <lb n="pwe_018.035"/> oder wie immer sie sich nennt, handelt es sich um zwei </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0024]
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wo es sich um abstrakte Programme und nicht um die konkrete Arbeit an pwe_018.002
der Dichtung selbst handelt. Horst Oppel 1 hat 1939 die verschiedenen pwe_018.003
methodischen Positionen der Literaturwissenschaft im Rahmen einer allgemeinen pwe_018.004
Wissenschaftslehre beredet und diskutiert, ohne allerdings ein pwe_018.005
eigenes System zu entwickeln. Er orientiert sich ähnlich wie Pongs am Begriff pwe_018.006
einer existentialistischen Forschung, d. h. „der Erforschung der symbolischen pwe_018.007
Existenz des Dichtwerks“, also gleicherweise einer Untersuchung pwe_018.008
des „Lebens der künstlerischen Form“, wie der darin zu findenden Gestaltung pwe_018.009
von „Mensch und Menschenwelt in ihren tragenden Kräften, von der pwe_018.010
unaufhebbaren Verzweiflung des Einzelnen bis zur richtenden und ordnenden pwe_018.011
Gewalt des in Volk und Staat verkörperten Miteinanderseins“ 2. pwe_018.012
Es ist amüsant zu sehen, wie dies von nazistischer Seite 3 als überwundener pwe_018.013
Standpunkt eines neugierigen Individualismus abgelehnt wurde, wogegen pwe_018.014
E. Lunding darin einen Verrat am echten Kierkegaardschen Existenzbegriff pwe_018.015
feststellte.
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Hier ist nun auch der Ort, auf das Schicksal der deutschen Literaturwissenschaft pwe_018.017
zwischen 1933 und 1945 einzugehen. pwe_018.018
Vor allem in der germanistischen Wissenschaft ist hier von außen durch pwe_018.019
staatliche Gewalt und von innen durch eine Art Psychose das freie Spiel pwe_018.020
der Kräfte gelähmt worden. Innerhalb einer seit der Neufundierung der pwe_018.021
Geisteswissenschaften besonders im Laufe der 1920er Jahre reich und verwirrend pwe_018.022
entwickelten Fülle der Gesichtspunkte und Methoden bildet sich pwe_018.023
eine mehr oder weniger offizielle, der politischen Macht konforme Richtung pwe_018.024
immer stärker aus. Die Suggestion einer „volkhaften“ oder „politischen“ pwe_018.025
Orientierung als Gebot der Stunde bemächtigt sich auch ehrenwerter pwe_018.026
Gelehrter; die problematisch gewordene Vielfalt der Gesichtspunkte, die pwe_018.027
in Deutschland typische Überlastung der Geisteswissenschaften mit Metaphysik pwe_018.028
verführt zu einer Überkompensation: man findet im volksmäßigen pwe_018.029
Gedanken den Ausweg und setzt „anstelle des wissenschaftlichen Selbstzwecks pwe_018.030
den Dienst an der Nation“ (Heinz Kindermann). Der freiwillige pwe_018.031
„Abbau der Kultur“ wird durch äußere Eingriffe verstärkt. Entlassungen, pwe_018.032
Emigration, Drohung, physische Vernichtung zerstören und verfälschen das pwe_018.033
Leben der Wissenschaft vollends.
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Bei dem nun einsetzenden Zwischenspiel einer „volkhaften Literaturwissenschaft“ pwe_018.035
oder wie immer sie sich nennt, handelt es sich um zwei
1 pwe_018.036
Horst Oppel, Die Literaturwissenschaft in der Gegenwart. Methodologie und pwe_018.037
Wissenschaftslehre. Stuttgart 1939.
2 pwe_018.038
Hermann Pongs, Neue Aufgaben der Literaturwissenschaft. DuV 38 (1937) pwe_018.039
1 ff., 273 ff.
3 pwe_018.040
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