Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.Von der Geltung Das XVIII. dennoch vor eine vornehme/ wohlverdiente Person offtmahls gerechnetzu werden pfleget. Denn weil man im gemeinen Wesen nicht alles so genau durch- Gleichwie wir es selbst bey scharffer/ zum Exempel Astronomi- Eben also gehet es mit dem Werth der Sachen her/ man setzet/ Gleichwie aber all unser wissen in lauter Entgegenhaltung beste- Offtmahls aber siehet man den Nutzen nicht an/ sondern nach blo- Und weil die Menschen vor andern gerne gesehen seyn wollen/ so ten
Von der Geltung Das XVIII. dennoch vor eine vornehme/ wohlverdiente Perſon offtmahls gerechnetzu werden pfleget. Denn weil man im gemeinen Weſen nicht alles ſo genau durch- Gleichwie wir es ſelbſt bey ſcharffer/ zum Exempel Aſtronomi- Eben alſo gehet es mit dem Werth der Sachen her/ man ſetzet/ Gleichwie aber all unſer wiſſen in lauter Entgegenhaltung beſte- Offtmahls aber ſiehet man den Nutzen nicht an/ ſondern nach blo- Und weil die Menſchen vor andern gerne geſehen ſeyn wollen/ ſo ten
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Von der Geltung Das XVIII.
dennoch vor eine vornehme/ wohlverdiente Perſon offtmahls gerechnet
zu werden pfleget.
Denn weil man im gemeinen Weſen nicht alles ſo genau durch-
ſuchen kan/ gleichwohl aber jeder wiſſen muß/ woran er iſt/ und wie ſich
andere gegen ihn und er gegen ſie zu verhalten; So hat man die ſo ſehr
veraͤnderlichen Scrupeln und Minuten uͤberal außlaſſen/ und nur uͤber-
haupt/ jedem eine zum wenigſten auff eine merckliche Zeit lang beſtaͤn-
dige Quantitaͤt zuſchreiben muͤſſen/ er mag nun in der Zeit darinnen
ab- oder zugenommen/ mehr oder weniger meritiret haben: biß etwa
ſich Gelegenheit ereignet/ einen anderen Grad ihme nach genauen me-
riten zuzurechnen.
Gleichwie wir es ſelbſt bey ſcharffer/ zum Exempel Aſtronomi-
ſcher/ Rechnung machen/ da man die Minuten ſo lang negligirt, oder
bey Seite geſetzt ſeyn laͤſt/ biß ſie zu einen volligen Grad oder druͤber/
erwachſen/ als denn ſchreibet man der Zahl derer Graden/ ſolcher Mi-
nuten wegen/ noch eines zu/ und rechnet unterdeſſen einen weg als den
andern fort.
Eben alſo gehet es mit dem Werth der Sachen her/ man ſetzet/
nach Befindung/ auff eine ſo und ſo groſſe/ ſchwere/ ſtarcke/ geſchickte/
bequeme/ nuͤtzliche Sache/ einen ſo und ſo groſſen Preiß/ biß man einen
mercklichen Unterſcheid verſpuͤhret/ alsdenn endert man die Rechnung/
ſo gut man meinet/ daß man auskommen moͤge. Und gibt hierinnen
der natuͤrliche Verſtand genugſame Anleitung darzu.
Gleichwie aber all unſer wiſſen in lauter Entgegenhaltung beſte-
het/ zumahl ſolcher Sachen/ in welchen von Natur kein gewiſſes Stuͤck/
viel weniger das gantze/ ſeiner Quantitet nach eigentlich bekant iſt;
Alſo/ weil der Sachen ihr Preiß von Natur nicht eingeſchrencket; ſo
muͤſſen wir nur durch Entgegenhaltung den Preiß beniemen. Bey
welcher Entgegenhaltung wir vornehmlich auff den Nutzen ſehen.
Dahero wir einen Acker in eben ſolchen Preiß halten/ als dieſelbe
Wieſe/ von welcher wir eben ſo viel Nutzen ziehen koͤnnen.
Offtmahls aber ſiehet man den Nutzen nicht an/ ſondern nach blo-
ſer Moraliſcher Einbildung oder Empfindung/ machet man den Preiß.
Und weil die Menſchen vor andern gerne geſehen ſeyn wollen/ ſo
halten ſie ſehr viel auff rare Sachen die nicht ein jeder ſich ſchaffen
kan. Und dahero was rar iſt/ und ſonſt auch wegen anderer Qualitaͤ-
ten
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