Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.Vom Unterscheid der Sachen Das VIII. Raum/ umb welchen so grosse Sorge getragen/ und nach welchem sosehr gestrebet wird im gemeinen Wesen/ zumahl in volckreichen Städ- ten/ ober gleich an und vor sich nur in einer abstraction und Einbil- dung bestehet/ wann er vor sich und allein ohne die Cörperlichen Dinge sich vorstellig machen soll. §. 6. Von dem Raum besitzet ein ieder Haußvater/ vermittels §. 7. Doch hat ein Privat-Person nicht mehr daran zu prae- §. 8. Nun sind/ wie droben gedacht/ 860. teutsche Meilen/ Uber das/ so sind die Cörperlichen Sachen (3.) entweder mehr von Natur (4) oder
Vom Unterſcheid der Sachen Das VIII. Raum/ umb welchen ſo groſſe Sorge getragen/ und nach welchem ſoſehr geſtrebet wird im gemeinen Weſen/ zumahl in volckreichen Staͤd- ten/ ober gleich an und vor ſich nur in einer abſtraction und Einbil- dung beſtehet/ wann er vor ſich und allein ohne die Coͤrperlichen Dinge ſich vorſtellig machen ſoll. §. 6. Von dem Raum beſitzet ein ieder Haußvater/ vermittels §. 7. Doch hat ein Privat-Perſon nicht mehr daran zu præ- §. 8. Nun ſind/ wie droben gedacht/ 860. teutſche Meilen/ Uber das/ ſo ſind die Coͤrperlichen Sachen (3.) entweder mehr von Natur (4) oder
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Vom Unterſcheid der Sachen Das VIII.
Raum/ umb welchen ſo groſſe Sorge getragen/ und nach welchem ſo
ſehr geſtrebet wird im gemeinen Weſen/ zumahl in volckreichen Staͤd-
ten/ ober gleich an und vor ſich nur in einer abſtraction und Einbil-
dung beſtehet/ wann er vor ſich und allein ohne die Coͤrperlichen Dinge
ſich vorſtellig machen ſoll.
§. 6. Von dem Raum beſitzet ein ieder Haußvater/ vermittels
ſeinesliegenden Grund und Bodens/ einen Pyramiden oder Kegel/
deſſen Spitze biß ins Centrum der Erden hinein langet; die Seiten-Li-
nien aber gehen neben dem Umkraͤis oder Umfang ſeines Grund und
Bodens oben hinaus immer weiter und weiter von einander/ biß ſie an
einem gleichfoͤrmigen Stuͤck des euſſerſten Himmels als an einem Bo-
den erſt auff- oder anſtehen/ und die pyramidiſche Figur ſchlieſſen.
§. 7. Doch hat ein Privat-Perſon nicht mehr daran zu præ-
tendiren/ als ſo viel zu ſeiner Nothdurfft von noͤthen: nemlich unter
der Flaͤche des Erdbodens/ ſo tief er einen Keller oder Bronnen be-
darff; uͤber der Flaͤche/ ſo hoch er in die Hoͤhe bauen darff. Das
uͤbrige ſtehet dem gemeinen Weſen zu. Wiewol ſich allhier die Publiq-
Berechtigung auch nicht uͤber das Menſchliche Vermoͤgen/ das iſt/
nicht gar zutief hinunter/ und nicht gar zu hoch hinauff/ erſtrecket. Und
muͤſſens die Menſchen in dieſem Stuͤck mit ihrer Einbildung wol beym
gleichen bleiben laſſen.
§. 8. Nun ſind/ wie droben gedacht/ 860. teutſche Meilen/
das iſt/ 8. Millionen Elen und dazu noch 6mal hundert-tauſend Elen/
biß ins Centrum hinunter: aber zum wenigſten vierzehen tauſend mal
ſo weit hinauff biß zum euſſerſten Himmel. Hilff lieber Gott/ was
traͤgts denn aus/ was wir gegen der Tiefe ſcharren und kratzen/ und
was wir in die Hoͤhe zubauen ſchuͤrgen und ſchieben? Antwort/ ſo viel
als nichts. Was iſts dann/ warum wir uns alſo zerren und reiſſen/
ſchlagen und ſchmeiſſen/ betriegen und behudeln/ bemuͤhen und beſu-
deln? noch weniger als nichts. Ach wie gern nimt der/ ſo dieſes
recht bedenckt/ mit ſeinem wenig vor lieb/ wie willig laͤſt er einem ieden
das Seine/ weil es doch nichts außtraͤgt: wie fro iſt er/ daß ein anderer
auch neben ihm wohnt/ und er in dieſer unbegreifflichen Weitſchafft
nicht allein iſt.
Uber das/ ſo ſind die Coͤrperlichen Sachen
(3.) entweder mehr von Natur
(4) oder
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