Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

Bild:
<< vorherige Seite
Vom Unterscheid des Standes Das X.

§. 13. Nach denen Formularien und dem Standes-Grund/
wollen wir auch die Materialien/ die Begriffe selbst/ und die Exempel des
absonderlich betrachten Standes und Gegenstandes im gemeinen We-
sen kürtzlich durchgehen. So findet sich nun vor allen Dingen der würck-
liche Stand des gantzen gemeinen Wesens/ welcher auch der Staat
heisset/ dessen warhafftige ratio, wie man sagt/ raison d'Estat, oder Be-
schaffenheit des Staats/ wann sie gut und beständig seyn soll/ be-
stehet

1. in einer Conjunction, und Zusammengehörung aller Personen/
der Obrigkeit und derer Unterthanen/ der Wohlgeachteten
und Mindergeachteten.
2. Jn einer Praecedentz etlicher Personen vor den andern/ nem-
lich der Obrigkeit vor den Unterthanen/ wie auch der Wohl-
geachten vor den Mindergeachten.
3. Jn einer Convergentz/ und Zusammenzielung auff den Zweck
der gemeinen Wohlfahrt/ nach Anweisung derer Gesetze samt
und sonders.
4. Jn einer Hinziehlung
1. der Obrigkeit gegen die Unterthanen durch treumeynende Re-
gierung;
2. der Unterthanen gegen die Obrigkeit durch treugeflissenen
Gehorsam:
3. der Wohlgeachteten gegen die Mindergeachteten durch wohl-
meynende affection;
4. der Mindergeachteten gegen die Wohlgeachteten durch wol-
meynenden Respect.

Und also bestehet die richtige Beschaffenheit des Staats in einem Te-
tract/ nemlich in vierfacher Gegenstandes-Ordnung.

Die unrichtige Beschaffenheit aber hat tausenderley Abwege/ de-
ren jede stracks den gantzen Staat in etwas verderbet: sind aber der
Abweichungen zuviel/ und die Verwirrungen zu groß/ so muß der gan-
tze Staat zu Grunde gehen.

§. 14. Hierauff so geben sich an die drey Haupt-Stände/ wel-
che mit dem vierdten/ als mit dem Eins/ die vier Cardinal-Stände
bey der Republiq machen/ dann da ist

1. der
Vom Unterſcheid des Standes Das X.

§. 13. Nach denen Formularien und dem Standes-Grund/
wollen wir auch die Materialien/ die Begriffe ſelbſt/ und die Exempel des
abſonderlich betrachten Standes und Gegenſtandes im gemeinen We-
ſen kuͤrtzlich durchgehen. So findet ſich nun vor allẽ Dingen der wuͤrck-
liche Stand des gantzen gemeinen Weſens/ welcher auch der Staat
heiſſet/ deſſen warhafftige ratio, wie man ſagt/ raiſon d’Eſtat, oder Be-
ſchaffenheit des Staats/ wann ſie gut und beſtaͤndig ſeyn ſoll/ be-
ſtehet

1. in einer Conjunction, und Zuſammengehoͤrung aller Perſonen/
der Obrigkeit und derer Unterthanen/ der Wohlgeachteten
und Mindergeachteten.
2. Jn einer Præcedentz etlicher Perſonen vor den andern/ nem-
lich der Obrigkeit vor den Unterthanen/ wie auch der Wohl-
geachten vor den Mindergeachten.
3. Jn einer Convergentz/ und Zuſammenzielung auff den Zweck
der gemeinen Wohlfahrt/ nach Anweiſung derer Geſetze ſamt
und ſonders.
4. Jn einer Hinziehlung
1. der Obrigkeit gegen die Unterthanen durch treumeynende Re-
gierung;
2. der Unterthanen gegen die Obrigkeit durch treugefliſſenen
Gehorſam:
3. der Wohlgeachteten gegen die Mindergeachteten durch wohl-
meynende affection;
4. der Mindergeachteten gegen die Wohlgeachteten durch wol-
meynenden Reſpect.

Und alſo beſtehet die richtige Beſchaffenheit des Staats in einem Te-
tract/ nemlich in vierfacher Gegenſtandes-Ordnung.

Die unrichtige Beſchaffenheit aber hat tauſenderley Abwege/ de-
ren jede ſtracks den gantzen Staat in etwas verderbet: ſind aber der
Abweichungen zuviel/ und die Verwirrungen zu groß/ ſo muß der gan-
tze Staat zu Grunde gehen.

§. 14. Hierauff ſo geben ſich an die drey Haupt-Staͤnde/ wel-
che mit dem vierdten/ als mit dem Eins/ die vier Cardinal-Staͤnde
bey der Republiq machen/ dann da iſt

1. der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0074" n="64"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vom Unter&#x017F;cheid des Standes Das <hi rendition="#aq">X.</hi></hi> </fw><lb/>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 13. Nach denen Formularien und dem Standes-Grund/<lb/>
wollen wir auch die Materialien/ die Begriffe &#x017F;elb&#x017F;t/ und die Exempel des<lb/>
ab&#x017F;onderlich betrachten Standes und Gegen&#x017F;tandes im gemeinen We-<lb/>
&#x017F;en ku&#x0364;rtzlich durchgehen. So findet &#x017F;ich nun vor alle&#x0303; Dingen der wu&#x0364;rck-<lb/>
liche Stand des gantzen gemeinen We&#x017F;ens/ welcher auch der Staat<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;et/ de&#x017F;&#x017F;en warhafftige <hi rendition="#aq">ratio,</hi> wie man &#x017F;agt/ <hi rendition="#aq">rai&#x017F;on d&#x2019;E&#x017F;tat,</hi> oder Be-<lb/>
&#x017F;chaffenheit des Staats/ wann &#x017F;ie gut und be&#x017F;ta&#x0364;ndig &#x017F;eyn &#x017F;oll/ be-<lb/>
&#x017F;tehet</p><lb/>
          <list>
            <item>1. in einer <hi rendition="#aq">Conjunction,</hi> und Zu&#x017F;ammengeho&#x0364;rung aller Per&#x017F;onen/<lb/>
der Obrigkeit und derer Unterthanen/ der Wohlgeachteten<lb/>
und Mindergeachteten.</item><lb/>
            <item>2. Jn einer Pr<hi rendition="#aq">æ</hi>cedentz etlicher Per&#x017F;onen vor den andern/ nem-<lb/>
lich der Obrigkeit vor den Unterthanen/ wie auch der Wohl-<lb/>
geachten vor den Mindergeachten.</item><lb/>
            <item>3. Jn einer <hi rendition="#aq">Convergen</hi>tz/ und Zu&#x017F;ammenzielung auff den Zweck<lb/>
der gemeinen Wohlfahrt/ nach Anwei&#x017F;ung derer Ge&#x017F;etze &#x017F;amt<lb/>
und &#x017F;onders.</item><lb/>
            <item>4. Jn einer Hinziehlung<lb/><list><item>1. der Obrigkeit gegen die Unterthanen durch treumeynende Re-<lb/>
gierung;</item><lb/><item>2. der Unterthanen gegen die Obrigkeit durch treugefli&#x017F;&#x017F;enen<lb/>
Gehor&#x017F;am:</item><lb/><item>3. der Wohlgeachteten gegen die Mindergeachteten durch wohl-<lb/>
meynende <hi rendition="#aq">affection;</hi></item><lb/><item>4. der Mindergeachteten gegen die Wohlgeachteten durch wol-<lb/>
meynenden Re&#x017F;pect.</item></list></item>
          </list><lb/>
          <p>Und al&#x017F;o be&#x017F;tehet die richtige Be&#x017F;chaffenheit des Staats in einem Te-<lb/>
tract/ nemlich in vierfacher Gegen&#x017F;tandes-Ordnung.</p><lb/>
          <p>Die unrichtige Be&#x017F;chaffenheit aber hat tau&#x017F;enderley Abwege/ de-<lb/>
ren jede &#x017F;tracks den gantzen Staat in etwas verderbet: &#x017F;ind aber der<lb/>
Abweichungen zuviel/ und die Verwirrungen zu groß/ &#x017F;o muß der gan-<lb/>
tze Staat zu Grunde gehen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 14. Hierauff &#x017F;o geben &#x017F;ich an die drey Haupt-Sta&#x0364;nde/ wel-<lb/>
che mit dem vierdten/ als mit dem Eins/ die vier Cardinal-Sta&#x0364;nde<lb/>
bey der Republiq machen/ dann da i&#x017F;t</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">1. der</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0074] Vom Unterſcheid des Standes Das X. §. 13. Nach denen Formularien und dem Standes-Grund/ wollen wir auch die Materialien/ die Begriffe ſelbſt/ und die Exempel des abſonderlich betrachten Standes und Gegenſtandes im gemeinen We- ſen kuͤrtzlich durchgehen. So findet ſich nun vor allẽ Dingen der wuͤrck- liche Stand des gantzen gemeinen Weſens/ welcher auch der Staat heiſſet/ deſſen warhafftige ratio, wie man ſagt/ raiſon d’Eſtat, oder Be- ſchaffenheit des Staats/ wann ſie gut und beſtaͤndig ſeyn ſoll/ be- ſtehet 1. in einer Conjunction, und Zuſammengehoͤrung aller Perſonen/ der Obrigkeit und derer Unterthanen/ der Wohlgeachteten und Mindergeachteten. 2. Jn einer Præcedentz etlicher Perſonen vor den andern/ nem- lich der Obrigkeit vor den Unterthanen/ wie auch der Wohl- geachten vor den Mindergeachten. 3. Jn einer Convergentz/ und Zuſammenzielung auff den Zweck der gemeinen Wohlfahrt/ nach Anweiſung derer Geſetze ſamt und ſonders. 4. Jn einer Hinziehlung 1. der Obrigkeit gegen die Unterthanen durch treumeynende Re- gierung; 2. der Unterthanen gegen die Obrigkeit durch treugefliſſenen Gehorſam: 3. der Wohlgeachteten gegen die Mindergeachteten durch wohl- meynende affection; 4. der Mindergeachteten gegen die Wohlgeachteten durch wol- meynenden Reſpect. Und alſo beſtehet die richtige Beſchaffenheit des Staats in einem Te- tract/ nemlich in vierfacher Gegenſtandes-Ordnung. Die unrichtige Beſchaffenheit aber hat tauſenderley Abwege/ de- ren jede ſtracks den gantzen Staat in etwas verderbet: ſind aber der Abweichungen zuviel/ und die Verwirrungen zu groß/ ſo muß der gan- tze Staat zu Grunde gehen. §. 14. Hierauff ſo geben ſich an die drey Haupt-Staͤnde/ wel- che mit dem vierdten/ als mit dem Eins/ die vier Cardinal-Staͤnde bey der Republiq machen/ dann da iſt 1. der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/74
Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/74>, abgerufen am 21.11.2024.