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Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673.

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den die prächtigsten Uberzüge der Boß-
heit zu einer gebrechlichen Spinnenwe-
be/ die dickesten Nebel zertrieben/ und al-
les Verborgene höret auff verborgen zu
seyn/ alle Finsternüß werden lichte/ und
das gefälschte zur Warheit. Der un-
glückselige Fürsten-Anweiser Nicolo
Machiavelli,
wo er nicht den Gottlosen
durch Heraußstreichung der Scheinhei-
ligkeit der Pietet Nothwendigkeit ein-
halten wollen/ sondern den Schein der
Gottseligkeit selbsten vorziehet/ in Be-
trachtung der Pöfel mehr durch die eus-
serliche Gestalt/ als die Sache selbst affi-
ciret
werde/ verdienet keine Entschuldi-
gung/ dieser ungerechte Staatist machet
bloß einen Fürsten zum Schein/ und be-
trachtet dessen Großwerdung mit gar zu
niedergeschlagenen Augen/ ein Fürst sol
nicht allein unter sich/ sondern auch über
sich/ nicht nur auff die Unterthanen/ son-
dern auch auff Gott sehen/ ohne Gott ist
die Machiavellische Glückseligkeit nich-
tig/ erbärmlich/ und gleich einem Traum/
darüber man sich ergötzet/ aber in War-
heit das Wiederspiel empfindet: Jst denn

der

den die praͤchtigſten Uberzuͤge der Boß-
heit zu einer gebrechlichen Spinnenwe-
be/ die dickeſten Nebel zertrieben/ und al-
les Verborgene hoͤret auff verborgen zu
ſeyn/ alle Finſternuͤß werden lichte/ und
das gefaͤlſchte zur Warheit. Der un-
gluͤckſelige Fuͤrſten-Anweiſer Nicolo
Machiavelli,
wo er nicht den Gottloſen
durch Heraußſtreichung der Scheinhei-
ligkeit der Pietet Nothwendigkeit ein-
halten wollen/ ſondern den Schein der
Gottſeligkeit ſelbſten vorziehet/ in Be-
trachtung der Poͤfel mehr durch die euſ-
ſerliche Geſtalt/ als die Sache ſelbſt affi-
ciret
werde/ verdienet keine Entſchuldi-
gung/ dieſer ungerechte Staatiſt machet
bloß einen Fuͤrſten zum Schein/ und be-
trachtet deſſen Großwerdung mit gar zu
niedergeſchlagenen Augen/ ein Fuͤrſt ſol
nicht allein unter ſich/ ſondern auch uͤber
ſich/ nicht nuꝛ auff die Unterthanen/ ſon-
dern auch auff Gott ſehen/ ohne Gott iſt
die Machiavelliſche Gluͤckſeligkeit nich-
tig/ erbaͤrmlich/ und gleich einem Tꝛaum/
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[0220] den die praͤchtigſten Uberzuͤge der Boß- heit zu einer gebrechlichen Spinnenwe- be/ die dickeſten Nebel zertrieben/ und al- les Verborgene hoͤret auff verborgen zu ſeyn/ alle Finſternuͤß werden lichte/ und das gefaͤlſchte zur Warheit. Der un- gluͤckſelige Fuͤrſten-Anweiſer Nicolo Machiavelli, wo er nicht den Gottloſen durch Heraußſtreichung der Scheinhei- ligkeit der Pietet Nothwendigkeit ein- halten wollen/ ſondern den Schein der Gottſeligkeit ſelbſten vorziehet/ in Be- trachtung der Poͤfel mehr durch die euſ- ſerliche Geſtalt/ als die Sache ſelbſt affi- ciret werde/ verdienet keine Entſchuldi- gung/ dieſer ungerechte Staatiſt machet bloß einen Fuͤrſten zum Schein/ und be- trachtet deſſen Großwerdung mit gar zu niedergeſchlagenen Augen/ ein Fuͤrſt ſol nicht allein unter ſich/ ſondern auch uͤber ſich/ nicht nuꝛ auff die Unterthanen/ ſon- dern auch auff Gott ſehen/ ohne Gott iſt die Machiavelliſche Gluͤckſeligkeit nich- tig/ erbaͤrmlich/ und gleich einem Tꝛaum/ daruͤber man ſich ergoͤtzet/ aber in War- heit das Wiederſpiel empfindet: Jſt denn der

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Zitationshilfe: Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/220>, abgerufen am 29.11.2024.