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Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673.

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keit zugleich verordnet. Uber dieses ist
nicht tiar/ wie groß die Noth seyn solle
oder außgemacht/ daß sich ein solcher
Fall begeben könne; * So behau-
pten wider den Grotium viel Rechtsge-
lehrte/ daß ein solcher Noth-Diebstahl
dennoch ein Diebstahl verbleibe/ und
wenn gleich die euserste Noth des Hun-
gers oder Blösse einer Billigkeit oder
Mitleiden in sich zu haben schiene/ so wä-
re es doch nicht sicher/ derogleichen Leh-
re außzubreiten/ als durch welchen Vor-
wand viel Verbrechungen würden
Schutz und Behuff suchen wollen: Von
derogleichen hefftigen Nothfällen behal-
ten wir die Worte/ welche der heilige
Augustinus von den Noth-Lügen ge-
brauchet/ weil wir einem damit nutzen
können/ so folget nicht bald/ daß eine
Lügen nicht eine Sünde sey; Wir kön-
nen auch mit Stehlen nutzen/ so der ar-
me/ dem offentlich gegeben wird/ froh-
men/ und der Reiche/ deme es genom-
men wird/ nicht schaden empfindet/ des-
sentwegen würde keiner sagen/ daß ein

sol-
* Caspar. Ziegler. in Not. ad Grot. l. 2. c. 2. §. 6.

keit zugleich verordnet. Uber dieſes iſt
nicht tiar/ wie groß die Noth ſeyn ſolle
oder außgemacht/ daß ſich ein ſolcher
Fall begeben koͤnne; * So behau-
pten wider den Grotium viel Rechtsge-
lehrte/ daß ein ſolcher Noth-Diebſtahl
dennoch ein Diebſtahl verbleibe/ und
wenn gleich die euſerſte Noth des Hun-
gers oder Bloͤſſe einer Billigkeit oder
Mitleiden in ſich zu haben ſchiene/ ſo waͤ-
re es doch nicht ſicher/ derogleichen Leh-
re außzubreiten/ als durch welchen Vor-
wand viel Verbrechungen wuͤrden
Schutz und Behuff ſuchen wollen: Von
derogleichen hefftigen Nothfaͤllen behal-
ten wir die Worte/ welche der heilige
Auguſtinus von den Noth-Luͤgen ge-
brauchet/ weil wir einem damit nutzen
koͤnnen/ ſo folget nicht bald/ daß eine
Luͤgen nicht eine Suͤnde ſey; Wir koͤn-
nen auch mit Stehlen nutzen/ ſo der ar-
me/ dem offentlich gegeben wird/ froh-
men/ und der Reiche/ deme es genom-
men wird/ nicht ſchaden empfindet/ deſ-
ſentwegen wuͤrde keiner ſagen/ daß ein

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* Caſpar. Ziegler. in Not. ad Grot. l. 2. c. 2. §. 6.
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[0280] keit zugleich verordnet. Uber dieſes iſt nicht tiar/ wie groß die Noth ſeyn ſolle oder außgemacht/ daß ſich ein ſolcher Fall begeben koͤnne; * So behau- pten wider den Grotium viel Rechtsge- lehrte/ daß ein ſolcher Noth-Diebſtahl dennoch ein Diebſtahl verbleibe/ und wenn gleich die euſerſte Noth des Hun- gers oder Bloͤſſe einer Billigkeit oder Mitleiden in ſich zu haben ſchiene/ ſo waͤ- re es doch nicht ſicher/ derogleichen Leh- re außzubreiten/ als durch welchen Vor- wand viel Verbrechungen wuͤrden Schutz und Behuff ſuchen wollen: Von derogleichen hefftigen Nothfaͤllen behal- ten wir die Worte/ welche der heilige Auguſtinus von den Noth-Luͤgen ge- brauchet/ weil wir einem damit nutzen koͤnnen/ ſo folget nicht bald/ daß eine Luͤgen nicht eine Suͤnde ſey; Wir koͤn- nen auch mit Stehlen nutzen/ ſo der ar- me/ dem offentlich gegeben wird/ froh- men/ und der Reiche/ deme es genom- men wird/ nicht ſchaden empfindet/ deſ- ſentwegen wuͤrde keiner ſagen/ daß ein ſol- * Caſpar. Ziegler. in Not. ad Grot. l. 2. c. 2. §. 6.

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Zitationshilfe: Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/280>, abgerufen am 21.11.2024.