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Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673.

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Begierde zu herrschen ist bey Fürsten La
prima cosa che concepiscono,
das er-
ste/ welches sie empfangen/ il primoge-
nito de i affecti,
der Erstgebohrne der
Begierden. Was bey dem Menschen
ins gemein so mächtig eingewurtzelt/ brei-
tet sich bey denen Fürsten viel herrlicher
auß/ und scheinet einen Stral von dem
Glantz Jhrer Hoheit zu entlehnen/ so
gar/ daß/ was bey gemeinen Leuten ver-
werfflich an sich selbsten ist/ der Maffeo
Veniero Idalba
bey den grossen nach-
dencklich heisset Peccato illustre: Der
Regirungs-Kelch ist so anmuttig/ daß er
niemahlen sättiget/ je mehr darauß ge-
truncken wird/ desto hefftiger wird der
Durst vermehret. Wann nun dazu
kommen der Vorwand eines Rechtes/
damit alle unmäßige und unrechtmäßi-
ge Begierden bemäntelt worden/ davor
man Ratio Status angezogen/ wie weit
ist Thor und Fenster allen mehr als
Heydnischen Greueln aufgemacht wor-
den? Die Gelehrten bezeugen mit be-
weglichen Wehklagen/ was vor Athei-
sterey und Gottlosigkeit unter der Frey-

heit

Begierde zu herꝛſchen iſt bey Fuͤrſten La
prima coſa che concepiſcono,
das er-
ſte/ welches ſie empfangen/ il primoge-
nito de i affecti,
der Erſtgebohrne der
Begierden. Was bey dem Menſchen
ins gemein ſo maͤchtig eingewuꝛtzelt/ bꝛei-
tet ſich bey denen Fuͤrſten viel herꝛlicher
auß/ und ſcheinet einen Stral von dem
Glantz Jhrer Hoheit zu entlehnen/ ſo
gar/ daß/ was bey gemeinen Leuten ver-
werfflich an ſich ſelbſten iſt/ der Maffeo
Veniero Idalba
bey den groſſen nach-
dencklich heiſſet Peccato illuſtre: Der
Regirungs-Kelch iſt ſo anmuttig/ daß er
niemahlen ſaͤttiget/ je mehr darauß ge-
truncken wird/ deſto hefftiger wird der
Durſt vermehret. Wann nun dazu
kommen der Vorwand eines Rechtes/
damit alle unmaͤßige und unrechtmaͤßi-
ge Begierden bemaͤntelt worden/ davor
man Ratio Status angezogen/ wie weit
iſt Thor und Fenſter allen mehr als
Heydniſchen Greueln aufgemacht wor-
den? Die Gelehrten bezeugen mit be-
weglichen Wehklagen/ was vor Athei-
ſterey und Gottloſigkeit unter der Frey-

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[0080] Begierde zu herꝛſchen iſt bey Fuͤrſten La prima coſa che concepiſcono, das er- ſte/ welches ſie empfangen/ il primoge- nito de i affecti, der Erſtgebohrne der Begierden. Was bey dem Menſchen ins gemein ſo maͤchtig eingewuꝛtzelt/ bꝛei- tet ſich bey denen Fuͤrſten viel herꝛlicher auß/ und ſcheinet einen Stral von dem Glantz Jhrer Hoheit zu entlehnen/ ſo gar/ daß/ was bey gemeinen Leuten ver- werfflich an ſich ſelbſten iſt/ der Maffeo Veniero Idalba bey den groſſen nach- dencklich heiſſet Peccato illuſtre: Der Regirungs-Kelch iſt ſo anmuttig/ daß er niemahlen ſaͤttiget/ je mehr darauß ge- truncken wird/ deſto hefftiger wird der Durſt vermehret. Wann nun dazu kommen der Vorwand eines Rechtes/ damit alle unmaͤßige und unrechtmaͤßi- ge Begierden bemaͤntelt worden/ davor man Ratio Status angezogen/ wie weit iſt Thor und Fenſter allen mehr als Heydniſchen Greueln aufgemacht wor- den? Die Gelehrten bezeugen mit be- weglichen Wehklagen/ was vor Athei- ſterey und Gottloſigkeit unter der Frey- heit

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Zitationshilfe: Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/80>, abgerufen am 21.11.2024.