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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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Gegend zu sehen wäre? der Wirth gab zur
Antwort/ es wäre ein schlechter Ort/ da man
viel Raritäten nicht antreffen-würde: Doch
könte er dieses rühmen/ daß eine Meile von dar
ein Warmes Bad sey/ da nicht allein die
Natur viel vortreffliche Wunderwercke
zu erweisen pflege: Sondern da auch al-
lerhand Gattung von grossen und geringen
Leuten/ sich häuffig antreffen liessen. Sie
baten/ weil sie des Weges nicht kündig/ möch-
te er ihnen das Geleite geben/ und solte er vor
gute Belohnung nicht sorgen. Er bedachte
sich etwas; doch nach wiederholter Bitte sag-
te er ja/ und ward also noch den Abend zu der
Reise gewisse Anstalt gemacht. Hierauff wur-
den sie in ihre Schlaff-kammer gewiesen/ und
hatte sich Florindo schon außgekleidet/ als der
Mahler geschwind gelauffen kam/ mit dem
Bericht/ wofern sie wolten einen Ertznarren
finden/ solten sie ihm folgen. Sie waren froh/
und liessen sich nicht auffhalten/ kamen auch in
aller Stille vor des Wirthes Kammerthür/
da höreten sie/ wie die Frau mit dem Manne
expostulirte. Was/ sagte sie/ du ehrverges-
sener Vogel/ wilstu wieder aus dem Hause
lauffen/ und mir die schweren Haussorgen al-
lein auf dem Halse lassen? Hätten dich die kah-
len Schüffte vor 2. Jahren gemiethet/ so möch-

ten


Gegend zu ſehen waͤre? der Wirth gab zur
Antwort/ es waͤre ein ſchlechter Ort/ da man
viel Raritaͤten nicht antreffen-wuͤrde: Doch
koͤnte er dieſes ruͤhmen/ daß eine Meile von dar
ein Warmes Bad ſey/ da nicht allein die
Natur viel vortreffliche Wunderwercke
zu erweiſen pflege: Sondern da auch al-
lerhand Gattung von groſſen und geringen
Leuten/ ſich haͤuffig antreffen lieſſen. Sie
baten/ weil ſie des Weges nicht kuͤndig/ moͤch-
te er ihnen das Geleite geben/ und ſolte er vor
gute Belohnung nicht ſorgen. Er bedachte
ſich etwas; doch nach wiederholter Bitte ſag-
te er ja/ und ward alſo noch den Abend zu der
Reiſe gewiſſe Anſtalt gemacht. Hierauff wur-
den ſie in ihre Schlaff-kammer gewieſen/ und
hatte ſich Florindo ſchon außgekleidet/ als der
Mahler geſchwind gelauffen kam/ mit dem
Bericht/ wofern ſie wolten einen Ertznarren
finden/ ſolten ſie ihm folgen. Sie waren froh/
und lieſſen ſich nicht auffhalten/ kamen auch in
aller Stille vor des Wirthes Kammerthuͤr/
da hoͤreten ſie/ wie die Frau mit dem Manne
expoſtulirte. Was/ ſagte ſie/ du ehrvergeſ-
ſener Vogel/ wilſtu wieder aus dem Hauſe
lauffen/ und mir die ſchweren Hausſorgen al-
lein auf dem Halſe laſſen? Haͤtten dich die kah-
len Schuͤffte vor 2. Jahren gemiethet/ ſo moͤch-

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[17/0023] Gegend zu ſehen waͤre? der Wirth gab zur Antwort/ es waͤre ein ſchlechter Ort/ da man viel Raritaͤten nicht antreffen-wuͤrde: Doch koͤnte er dieſes ruͤhmen/ daß eine Meile von dar ein Warmes Bad ſey/ da nicht allein die Natur viel vortreffliche Wunderwercke zu erweiſen pflege: Sondern da auch al- lerhand Gattung von groſſen und geringen Leuten/ ſich haͤuffig antreffen lieſſen. Sie baten/ weil ſie des Weges nicht kuͤndig/ moͤch- te er ihnen das Geleite geben/ und ſolte er vor gute Belohnung nicht ſorgen. Er bedachte ſich etwas; doch nach wiederholter Bitte ſag- te er ja/ und ward alſo noch den Abend zu der Reiſe gewiſſe Anſtalt gemacht. Hierauff wur- den ſie in ihre Schlaff-kammer gewieſen/ und hatte ſich Florindo ſchon außgekleidet/ als der Mahler geſchwind gelauffen kam/ mit dem Bericht/ wofern ſie wolten einen Ertznarren finden/ ſolten ſie ihm folgen. Sie waren froh/ und lieſſen ſich nicht auffhalten/ kamen auch in aller Stille vor des Wirthes Kammerthuͤr/ da hoͤreten ſie/ wie die Frau mit dem Manne expoſtulirte. Was/ ſagte ſie/ du ehrvergeſ- ſener Vogel/ wilſtu wieder aus dem Hauſe lauffen/ und mir die ſchweren Hausſorgen al- lein auf dem Halſe laſſen? Haͤtten dich die kah- len Schuͤffte vor 2. Jahren gemiethet/ ſo moͤch- ten

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/23>, abgerufen am 24.11.2024.