Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.
Liese P
Lieſe P
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0343" n="337"/><lb/> reden wolten/ fragte er/ was ſie von dieſer<lb/> Kirchen-Gauckeley hielten. Ob es nicht ein<lb/> Anhang waͤre von dem vermummten heiligen<lb/> Chriſto? <hi rendition="#aq">Sigmund</hi> gab zur Antwort/ in die-<lb/> ſem Stücke moͤchte er leicht zum <hi rendition="#aq">Purita</hi>ner<lb/> werden/ und die Papiſtiſchen Ceremonien<lb/> mit dem kindiſchen Kinderwiegen abſchaffen.<lb/> Die Leute wuͤrden zwar <hi rendition="#aq">delectirt,</hi> abſonder-<lb/> lich haͤtte es bey den Kindern gar ein ſchoͤnes<lb/> Anſehen/ doch wāre es beſſer/ man <hi rendition="#aq">delectir</hi>te<lb/> ſie mit geiſtlichen Weynacht-Liedern/ alß das<lb/> man ſie mit ſolchen <hi rendition="#aq">Vanitæ</hi>ten von der An-<lb/> dacht abfuͤhrte. Der Hof Rath ſagte/ das waͤ-<lb/> re ein geringes/ gegen den <hi rendition="#aq">Choſen,</hi> die ſonſten<lb/> auff der Orgel getrieben wuͤrden. Er waͤre<lb/> unlaͤngſt an einem Orte in der Kirche gewe-<lb/> ſen/ da haͤtte die Gemeine geſungen/ Erbarm<lb/> dich mein/ O HErre Gott. der Organiſt hāt-<lb/> te indeſſen drein geſpielet mit lauter ſechsvier-<lb/> theil und zwoͤlff achtheil <hi rendition="#aq">Tact,</hi> daß man alſo<lb/> lieber getantzet als die Suͤnden beweinet haͤt-<lb/> te. Jngleichen wuͤſte er anders wo einen Or-<lb/> ganiſten/ der haͤtte an ſtat des <hi rendition="#aq">Subjecti,</hi> das<lb/> altvaͤteriſche Lied durch gefuͤhrt; So wollẽ wir<lb/> auff den Eckartsberg gehn. Ja er haͤtte wol<lb/> eher in der Kirche <hi rendition="#aq">Sonaten</hi> gehoͤrt/ die nicht<lb/> viel geiſtreicher herauß kom̃en/ als Hertze-liebe<lb/> <fw place="bottom" type="sig">P</fw><fw place="bottom" type="catch">Lieſe</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [337/0343]
reden wolten/ fragte er/ was ſie von dieſer
Kirchen-Gauckeley hielten. Ob es nicht ein
Anhang waͤre von dem vermummten heiligen
Chriſto? Sigmund gab zur Antwort/ in die-
ſem Stücke moͤchte er leicht zum Puritaner
werden/ und die Papiſtiſchen Ceremonien
mit dem kindiſchen Kinderwiegen abſchaffen.
Die Leute wuͤrden zwar delectirt, abſonder-
lich haͤtte es bey den Kindern gar ein ſchoͤnes
Anſehen/ doch wāre es beſſer/ man delectirte
ſie mit geiſtlichen Weynacht-Liedern/ alß das
man ſie mit ſolchen Vanitæten von der An-
dacht abfuͤhrte. Der Hof Rath ſagte/ das waͤ-
re ein geringes/ gegen den Choſen, die ſonſten
auff der Orgel getrieben wuͤrden. Er waͤre
unlaͤngſt an einem Orte in der Kirche gewe-
ſen/ da haͤtte die Gemeine geſungen/ Erbarm
dich mein/ O HErre Gott. der Organiſt hāt-
te indeſſen drein geſpielet mit lauter ſechsvier-
theil und zwoͤlff achtheil Tact, daß man alſo
lieber getantzet als die Suͤnden beweinet haͤt-
te. Jngleichen wuͤſte er anders wo einen Or-
ganiſten/ der haͤtte an ſtat des Subjecti, das
altvaͤteriſche Lied durch gefuͤhrt; So wollẽ wir
auff den Eckartsberg gehn. Ja er haͤtte wol
eher in der Kirche Sonaten gehoͤrt/ die nicht
viel geiſtreicher herauß kom̃en/ als Hertze-liebe
Lieſe
P
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeBei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |