Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.
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Gelanor ſeiner an/ und redete ſein Wort. Laßt
ihn einen Narren ſeyn/ ſagte er/ was kan er
davor? ſeine Natur bringet es nicht anders
mit ſich. Er hat ein Melancholiſch verdrieß-
liches Temperament, dadurch er von aller
Luſt und Kuꝛtzweil abgehalten wiꝛd. Muß man
doch leiden/ daß in einer Compagnie/ da alle
Kaͤſe eſſen/ einer die Naſe zuhaͤlt und nicht mit
macht. Mancher iſſet keine Buttermilch ein
ander trinckt kein Bier/ ja man findet Leu-
the/ die kein Brot riechen koͤnnen. Gleich
wie nun ſolche Menſchen deßwegen vor kei-
ne Narren zu halten ſeyn/ ob ſie gleich daſ-
ſelbe nicht nachthun/ was andern angenehm
iſt: Alſo muß man auch von dieſen urtheilen/
die an Schertz und andern Luſtigkeiten gleich-
ſam von Natur einen Abſcheu haben. Doch
ſolte ein ſolcher Menſch ſich entweder der Ge-
ſellſchafft gantz aͤuſſern/ und ſein Vergnuͤgen
in der Einſamkeit ſuchen: Oder wenn er ja
nicht Umbgang nehmen koͤnte/ bey Leuthen zu
ſeyn/ ſo ſolte er ſeine Natur zwingen/ und nicht
alles mit ſo groſſer und laͤcherlicher Unge-
dult aufnehmen. Denn was hat einander
darvon/ daß er ſeine Worte ſo uͤbel außlegen
laſſen/ und daß er ſeiner Freymuͤthigkeit we-
gen ſich allerhand Ungelegenheit uͤber den
Hals ziehen ſoll.
Cap.
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