Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

I.

DJe Thorheit ist nichts anders/ als ein
Mangel der Klugheit. Darumb wer
die Klugheit erkennet/ [k]an auß dem Wieder-
spiel leicht abnehmen/ das ein Narr sey.

II. Es bestehet aber die Klugheit vornehm-
lich in Erwehlung des Guten und vermei-
dung des Bösen/ also daß der jenige vor den
Klügsten gehalten wird/ der sich am besten
vor der instehenden Gefahr hüten/ und seinen
Nutzen in allen Stücken befördern kan.

III. Und hierauß folget/ daß derjenige ein
Narr sey/ der entweder das Böse dem Guten
vorsetzt/ oder doch die Sachen/ welche an sich
selbst gut genug sind/ nicht recht unterscheiden
kan.

IV. Zwar die Natur hat einen jedweden
so klug gemacht/ daß niemand mit Wissen und
Willen etwas verlangen oder erwehlen wird/
welches er vor Böß hielte. Dannenhero wenn
Leute gefunden werden/ die sich selbst den Tod
anthun/ geschicht solches/ weil sie den Tod vor
gut und angenehm halten/ als dadurch sie ih-
rer Gefahr und anderer Widerwärtigkeit
entsetzet würden.

V. Unterdessen ist diß zu beklagen/ daß etli-
che Sachen zwar recht und in der Warheit

gut
R vij

I.

DJe Thorheit iſt nichts anders/ als ein
Mangel der Klugheit. Darumb wer
die Klugheit erkennet/ [k]an auß dem Wieder-
ſpiel leicht abnehmen/ das ein Narr ſey.

II. Es beſtehet aber die Klugheit vornehm-
lich in Erwehlung des Guten und vermei-
dung des Boͤſen/ alſo daß der jenige vor den
Kluͤgſten gehalten wird/ der ſich am beſten
vor der inſtehenden Gefahr huͤten/ und ſeinen
Nutzen in allen Stuͤcken befoͤrdern kan.

III. Und hierauß folget/ daß derjenige ein
Narr ſey/ der entweder das Boͤſe dem Guten
vorſetzt/ oder doch die Sachen/ welche an ſich
ſelbſt gut genug ſind/ nicht recht unterſcheiden
kan.

IV. Zwar die Natur hat einen jedweden
ſo klug gemacht/ daß niemand mit Wiſſen und
Willen etwas verlangen oder erwehlen wird/
welches er vor Boͤß hielte. Dannenhero weñ
Leute gefunden werden/ die ſich ſelbſt den Tod
anthun/ geſchicht ſolches/ weil ſie den Tod vor
gut und angenehm halten/ als dadurch ſie ih-
rer Gefahr und anderer Widerwaͤrtigkeit
entſetzet wuͤrden.

V. Unterdeſſen iſt diß zu beklagen/ daß etli-
che Sachen zwar recht und in der Warheit

gut
R vij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0403" n="397"/><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">I.</hi> </hi> </p><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>Je Thorheit i&#x017F;t nichts anders/ als ein<lb/>
Mangel der Klugheit. Darumb wer<lb/>
die Klugheit erkennet/ <supplied>k</supplied>an auß dem Wieder-<lb/>
&#x017F;piel leicht abnehmen/ das ein Narr &#x017F;ey.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">II.</hi> Es be&#x017F;tehet aber die Klugheit vornehm-<lb/>
lich in Erwehlung des Guten und vermei-<lb/>
dung des Bo&#x0364;&#x017F;en/ al&#x017F;o daß der jenige vor den<lb/>
Klu&#x0364;g&#x017F;ten gehalten wird/ der &#x017F;ich am be&#x017F;ten<lb/>
vor der in&#x017F;tehenden Gefahr hu&#x0364;ten/ und &#x017F;einen<lb/>
Nutzen in allen Stu&#x0364;cken befo&#x0364;rdern kan.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">III.</hi> Und hierauß folget/ daß derjenige ein<lb/>
Narr &#x017F;ey/ der entweder das Bo&#x0364;&#x017F;e dem Guten<lb/>
vor&#x017F;etzt/ oder doch die Sachen/ welche an &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t gut genug &#x017F;ind/ nicht recht unter&#x017F;cheiden<lb/>
kan.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">IV.</hi> Zwar die Natur hat einen jedweden<lb/>
&#x017F;o klug gemacht/ daß niemand mit Wi&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
Willen etwas verlangen oder erwehlen wird/<lb/>
welches er vor Bo&#x0364;ß hielte. Dannenhero wen&#x0303;<lb/>
Leute gefunden werden/ die &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t den Tod<lb/>
anthun/ ge&#x017F;chicht &#x017F;olches/ weil &#x017F;ie den Tod vor<lb/>
gut und angenehm halten/ als dadurch &#x017F;ie ih-<lb/>
rer Gefahr und anderer Widerwa&#x0364;rtigkeit<lb/>
ent&#x017F;etzet wu&#x0364;rden.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">V.</hi> Unterde&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t diß zu beklagen/ daß etli-<lb/>
che Sachen zwar recht und in der Warheit<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R vij</fw><fw place="bottom" type="catch">gut</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[397/0403] I. DJe Thorheit iſt nichts anders/ als ein Mangel der Klugheit. Darumb wer die Klugheit erkennet/ kan auß dem Wieder- ſpiel leicht abnehmen/ das ein Narr ſey. II. Es beſtehet aber die Klugheit vornehm- lich in Erwehlung des Guten und vermei- dung des Boͤſen/ alſo daß der jenige vor den Kluͤgſten gehalten wird/ der ſich am beſten vor der inſtehenden Gefahr huͤten/ und ſeinen Nutzen in allen Stuͤcken befoͤrdern kan. III. Und hierauß folget/ daß derjenige ein Narr ſey/ der entweder das Boͤſe dem Guten vorſetzt/ oder doch die Sachen/ welche an ſich ſelbſt gut genug ſind/ nicht recht unterſcheiden kan. IV. Zwar die Natur hat einen jedweden ſo klug gemacht/ daß niemand mit Wiſſen und Willen etwas verlangen oder erwehlen wird/ welches er vor Boͤß hielte. Dannenhero weñ Leute gefunden werden/ die ſich ſelbſt den Tod anthun/ geſchicht ſolches/ weil ſie den Tod vor gut und angenehm halten/ als dadurch ſie ih- rer Gefahr und anderer Widerwaͤrtigkeit entſetzet wuͤrden. V. Unterdeſſen iſt diß zu beklagen/ daß etli- che Sachen zwar recht und in der Warheit gut R vij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/403
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/403>, abgerufen am 21.11.2024.