Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


den Kleidern das Gemüthe. Allein es ist ein
Unterscheid unter erbaren und närrischen Klei-
dern. AEstimirt man doch einen fahlen Pa-
pagoy höher/ als einen bundscheckigten-
Drumb ist es nicht die Meynung/ wenn man
solche Kleider verspricht/ als möchten sie nun
kein Hemde mehr waschen lassen/ die Hosen
möchten hinden und forn offen stehn/ und alle
Grobianisini möchten nun frey practicirt
werden. Sondern gleich wie der sündiget/
der in der Sache zu wenig thut/ also ist ein an-
der in gleichem Verdamniß/ der sich der Sa-
che zu übermässig annimmt. Hierauff spatzirte
der Teutsche Frantzose die Gasse hin/ und ließ
die Augen an alle Fenster fliegen sahe sich auch
bißweilen um/ ob iemand oben oder unten sich
über den schönen Herrn verwunderte. Ge-
lanor
sagte/ wir wollen eine kleine Thorheit be-
gehen/ und dem Kerlen nachfolgen/ er wird
ohn Zweifel in solchem Oruat an einem vor-
nehmen Ort erscheinen [s]ollen. Nun gieng
es so langsam und gravitätisch/ als wäre er
darzu gedingt/ daß er die Fenster und die Dach-
ziegel zehlen solte/ und in Warheit/ hätte man
ihm einen Besem hinden hinein gesteckt/ so hät-
te ein Ehrnoester Rath derselben Stadt etli-
che Gassenkehrer ersparen können. Wann

sich
C v


den Kleidern das Gemuͤthe. Allein es iſt ein
Unterſcheid unter erbaren und naͤrꝛiſchen Klei-
dern. Æſtimirt man doch einen fahlen Pa-
pagoy hoͤher/ als einen bundſcheckigten-
Drumb iſt es nicht die Meynung/ wenn man
ſolche Kleider verſpricht/ als moͤchten ſie nun
kein Hemde mehr waſchen laſſen/ die Hoſen
moͤchten hinden und forn offen ſtehn/ und alle
Grobianiſini moͤchten nun frey practicirt
werden. Sondern gleich wie der ſuͤndiget/
der in der Sache zu wenig thut/ alſo iſt ein an-
der in gleichem Verdamniß/ der ſich der Sa-
che zu uͤbermaͤſſig annim̃t. Hierauff ſpatzirte
der Teutſche Frantzoſe die Gaſſe hin/ und ließ
die Augen an alle Fenſter fliegen ſahe ſich auch
bißweilen um/ ob iemand oben oder unten ſich
uͤber den ſchoͤnen Herrn verwunderte. Ge-
lanor
ſagte/ wir wollen eine kleine Thorheit be-
gehen/ und dem Kerlen nachfolgen/ er wird
ohn Zweifel in ſolchem Oruat an einem vor-
nehmen Ort erſcheinen [ſ]ollen. Nun gieng
es ſo langſam und gravitaͤtiſch/ als waͤre er
daꝛzu gedingt/ daß er die Fenſter und die Dach-
ziegel zehlen ſolte/ und in Warheit/ haͤtte man
ihm einen Beſem hindẽ hinein geſteckt/ ſo haͤt-
te ein Ehrnoeſter Rath derſelben Stadt etli-
che Gaſſenkehrer erſparen koͤnnen. Wann

ſich
C v
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0063" n="57"/><lb/>
den Kleidern das Gemu&#x0364;the. Allein es i&#x017F;t ein<lb/>
Unter&#x017F;cheid unter erbaren und na&#x0364;r&#xA75B;i&#x017F;chen Klei-<lb/>
dern. <hi rendition="#aq">Æ&#x017F;timirt</hi> man doch einen fahlen Pa-<lb/>
pagoy ho&#x0364;her/ als einen bund&#x017F;checkigten-<lb/>
Drumb i&#x017F;t es nicht die Meynung/ wenn man<lb/>
&#x017F;olche Kleider ver&#x017F;pricht/ als mo&#x0364;chten &#x017F;ie nun<lb/>
kein Hemde mehr wa&#x017F;chen la&#x017F;&#x017F;en/ die Ho&#x017F;en<lb/>
mo&#x0364;chten hinden und forn offen &#x017F;tehn/ und alle<lb/><hi rendition="#aq">Grobiani&#x017F;ini</hi> mo&#x0364;chten nun frey <hi rendition="#aq">practicirt</hi><lb/>
werden. Sondern gleich wie der &#x017F;u&#x0364;ndiget/<lb/>
der in der Sache zu wenig thut/ al&#x017F;o i&#x017F;t ein an-<lb/>
der in gleichem Verdamniß/ der &#x017F;ich der Sa-<lb/>
che zu u&#x0364;berma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig annim&#x0303;t. Hierauff &#x017F;patzirte<lb/>
der Teut&#x017F;che <hi rendition="#fr">F</hi>rantzo&#x017F;e die Ga&#x017F;&#x017F;e hin/ und ließ<lb/>
die Augen an alle Fen&#x017F;ter fliegen &#x017F;ahe &#x017F;ich auch<lb/>
bißweilen um/ ob iemand oben oder unten &#x017F;ich<lb/>
u&#x0364;ber den &#x017F;cho&#x0364;nen Herrn verwunderte. <hi rendition="#aq">Ge-<lb/>
lanor</hi> &#x017F;agte/ wir wollen eine kleine Thorheit be-<lb/>
gehen/ und dem Kerlen nachfolgen/ er wird<lb/>
ohn Zweifel in &#x017F;olchem Oruat an einem vor-<lb/>
nehmen Ort er&#x017F;cheinen <supplied>&#x017F;</supplied>ollen. Nun gieng<lb/>
es &#x017F;o lang&#x017F;am und gravita&#x0364;ti&#x017F;ch/ als wa&#x0364;re er<lb/>
da&#xA75B;zu gedingt/ daß er die Fen&#x017F;ter und die Dach-<lb/>
ziegel zehlen &#x017F;olte/ und in Warheit/ ha&#x0364;tte man<lb/>
ihm einen Be&#x017F;em hinde&#x0303; hinein ge&#x017F;teckt/ &#x017F;o ha&#x0364;t-<lb/>
te ein Ehrnoe&#x017F;ter Rath der&#x017F;elben Stadt etli-<lb/>
che Ga&#x017F;&#x017F;enkehrer er&#x017F;paren ko&#x0364;nnen. Wann<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C v</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ich</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0063] den Kleidern das Gemuͤthe. Allein es iſt ein Unterſcheid unter erbaren und naͤrꝛiſchen Klei- dern. Æſtimirt man doch einen fahlen Pa- pagoy hoͤher/ als einen bundſcheckigten- Drumb iſt es nicht die Meynung/ wenn man ſolche Kleider verſpricht/ als moͤchten ſie nun kein Hemde mehr waſchen laſſen/ die Hoſen moͤchten hinden und forn offen ſtehn/ und alle Grobianiſini moͤchten nun frey practicirt werden. Sondern gleich wie der ſuͤndiget/ der in der Sache zu wenig thut/ alſo iſt ein an- der in gleichem Verdamniß/ der ſich der Sa- che zu uͤbermaͤſſig annim̃t. Hierauff ſpatzirte der Teutſche Frantzoſe die Gaſſe hin/ und ließ die Augen an alle Fenſter fliegen ſahe ſich auch bißweilen um/ ob iemand oben oder unten ſich uͤber den ſchoͤnen Herrn verwunderte. Ge- lanor ſagte/ wir wollen eine kleine Thorheit be- gehen/ und dem Kerlen nachfolgen/ er wird ohn Zweifel in ſolchem Oruat an einem vor- nehmen Ort erſcheinen ſollen. Nun gieng es ſo langſam und gravitaͤtiſch/ als waͤre er daꝛzu gedingt/ daß er die Fenſter und die Dach- ziegel zehlen ſolte/ und in Warheit/ haͤtte man ihm einen Beſem hindẽ hinein geſteckt/ ſo haͤt- te ein Ehrnoeſter Rath derſelben Stadt etli- che Gaſſenkehrer erſparen koͤnnen. Wann ſich C v

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/63
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/63>, abgerufen am 21.11.2024.