Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Uberflüssiger gedancken VI. Die heimliche Falschheit. DU werther courtisan/ Wie blüth dein gut gelücke/ Schau dein betrübnüß an/ Diß weicht ja nun zurücke. 2. Nunmehr sind voller freuden/ Die deine freunde sind/ Die deine wolfahrt neiden/ Verstieben wie der wind. 3. Es kommt vortrefflich schön/ Was dein gemüthe dencket/ Worauf die feinde gehn/ Dasselbe wird gekräncket. 4. Der fortgang muß sich enden Jn seiner neider lust/ Jn deinen sichern händen Jst lauter trost bewust. 5. Jetzt kommt zur reiffen frucht/ Was du zuvor erworben/ Was du vorlängst verflucht/ Das ist bey dir verdorben. 6. Die liebe kehrt den rücken Auf deiner feinde ruh/ Auf dein entzücktes blicken Geht alls nach wunsche zu. 7. Du schmeckst ohn unterlaß Das honig von den küssen/ Das herbe thränen-maß Mag auf die andern fliessen. 8. Die trauer-wolcken schlagen Die wiederpart allein/ Dein
Uberfluͤſſiger gedancken VI. Die heimliche Falſchheit. DU werther courtiſan/ Wie bluͤth dein gut geluͤcke/ Schau dein betruͤbnuͤß an/ Diß weicht ja nun zuruͤcke. 2. Nunmehr ſind voller freuden/ Die deine freunde ſind/ Die deine wolfahrt neiden/ Verſtieben wie der wind. 3. Es kommt vortrefflich ſchoͤn/ Was dein gemuͤthe dencket/ Worauf die feinde gehn/ Daſſelbe wird gekraͤncket. 4. Der fortgang muß ſich enden Jn ſeiner neider luſt/ Jn deinen ſichern haͤnden Jſt lauter troſt bewuſt. 5. Jetzt kommt zur reiffen frucht/ Was du zuvor erworben/ Was du vorlaͤngſt verflucht/ Das iſt bey dir verdorben. 6. Die liebe kehrt den ruͤcken Auf deiner feinde ruh/ Auf dein entzuͤcktes blicken Geht alls nach wunſche zu. 7. Du ſchmeckſt ohn unterlaß Das honig von den kuͤſſen/ Das herbe thraͤnen-maß Mag auf die andern flieſſen. 8. Die trauer-wolcken ſchlagen Die wiederpart allein/ Dein
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Uberfluͤſſiger gedancken
VI.
Die heimliche Falſchheit.
DU werther courtiſan/
Wie bluͤth dein gut geluͤcke/
Schau dein betruͤbnuͤß an/
Diß weicht ja nun zuruͤcke.
2. Nunmehr ſind voller freuden/
Die deine freunde ſind/
Die deine wolfahrt neiden/
Verſtieben wie der wind.
3. Es kommt vortrefflich ſchoͤn/
Was dein gemuͤthe dencket/
Worauf die feinde gehn/
Daſſelbe wird gekraͤncket.
4. Der fortgang muß ſich enden
Jn ſeiner neider luſt/
Jn deinen ſichern haͤnden
Jſt lauter troſt bewuſt.
5. Jetzt kommt zur reiffen frucht/
Was du zuvor erworben/
Was du vorlaͤngſt verflucht/
Das iſt bey dir verdorben.
6. Die liebe kehrt den ruͤcken
Auf deiner feinde ruh/
Auf dein entzuͤcktes blicken
Geht alls nach wunſche zu.
7. Du ſchmeckſt ohn unterlaß
Das honig von den kuͤſſen/
Das herbe thraͤnen-maß
Mag auf die andern flieſſen.
8. Die trauer-wolcken ſchlagen
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